Zusammenfassung
„Viele Menschen, die in ländlichen Regionen leben ..., finden sich nicht wieder in den Debatten, die wir in der Hauptstadt führen ... Umgekehrt blicken viele Menschen in der Großstadt in einer Mischung aus Verklärung und Überheblichkeit auf die ländlichen Räume“, so äußerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Rede im Oktober 2022. Der vorliegende Beitrag plädiert für einen realistischen Blick auf ländliche Räume, auf deren Vielfalt und Herausforderungen. Die Förderung ländlicher Räume ist eine Querschnittsaufgabe, die alle staatlichen Ebenen betrifft. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips könnte eine Verbesserung der kommunalen Handlungsfähigkeit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung ländlicher Räume leisten und gleichzeitig den Bedarf an Fördermaßnahmen reduzieren.
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Notes
- 1.
„Raumpionier [der] Substantiv, maskulin, (1) Bahnbrecher, Wegbereiter. Raumpioniere sind Trendsetter gegen den Trend. Sie siedeln in Gebieten, denen andere den Rücken kehren.“ (Blendwerck o. J.).
- 2.
Die Thünen-Typologie differenziert die Kreisregionen in Deutschland nach Ländlichkeit (sehr ländlich, eher ländlich, nicht ländlich) und sozioökonomischer Lage (gut, weniger gut) (vgl. Küpper 2016). Im Landatlas (www.landatlas.de) werden Daten für über 90 Indikatoren für verschiedene Themenbereiche so kleinräumig wie möglich aufbereitet und kartographisch dargestellt, um differenzierte Perspektiven auf die Lebensverhältnisse in den ländlichen Räumen in Deutschland zu ermöglichen.
- 3.
Eine solche Verbesserung der kommunalen Handlungsfähigkeit könnte erreicht werden durch eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Kommunen, eine Berücksichtigung der Sonderbedarfe dünnbesiedelter Regionen in den Finanzausgleichssystemen und eine verpflichtende finanzielle Beteiligung der Standortgemeinden Erneuerbarer-Energie-Anlagen durch die Anlagenbetreiber.
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Weingarten, P. (2023). Ländliche Räume: Plädoyer für einen realistischen Blick. In: Korte, KR., Richter, P., von Schuckmann, A. (eds) Regieren in der Transformationsgesellschaft. Studien der NRW School of Governance. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41285-2_18
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