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Publikumsbeobachtung im digitalen Wandel

Zum Umgang von Zeitungsredaktionen mit Online-Nutzungsdaten

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Das sichtbare Publikum?
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Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der massenmedialen Publikumsbeobachtung im Internet. Es wird empirisch der Frage nachgegangen, wie Zeitungsredaktionen mit Online-Nutzungsdaten umgehen und welche neuen redaktionellen Sichtbarkeiten hierdurch erzeugt werden. So ist in dem „digital turn“ der Zeitungsredaktionen beobachtbar, dass durch das Berufen auf Online-Nutzungsdaten redaktionell relevante Bezugsrealitäten hergestellt werden und Daten sowie die Auseinandersetzung mit ihnen zunehmend von der Peripherie ins Zentrum rücken. Unter Hervorhebung der Bedeutsamkeit der Organisationsebene der Massenmedien zeigt der Beitrag, dass durch das Erheben und Auswerten von Online-Nutzungsdaten nicht nur eine neue Sichtbarkeit des Publikums entsteht, sondern auch neue und folgenreiche Einsichten in das Redaktionsgeschehen und die Umwelt. Der Umgang mit den Online-Nutzungsdaten gestaltet sich aus binnenorganisatorischer Sicht indessen alles andere als einfach. So sind große medienorganisatorische Aufwendungen für die Herstellung kommunikativer Anschlussfähigkeit an die Daten notwendig. Die zeitungsredaktionelle Publikumsbeobachtung im Internet sowie die damit einhergehende Einführung von Daten in das Redaktionssystem ist demnach als ein komplexes, entscheidungsbedürftiges und transformatives sowie strukturell und sozial folgenreiches medienorganisationale Geschehen zu verstehen.

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Notes

  1. 1.

    Folgt man der grundsätzlichen Differenzierung Luhmanns zwischen drei verschiedenen Ebenen bzw. Typen sozialer Systeme (Funktionssysteme, Organisationssysteme und Interaktionssysteme) steht in den folgenden Ausführungen ausdrücklich die Organisationsebene der Massenmedien im Fokus.

  2. 2.

    Der Name des Analysetools („Storyclash“) scheint von den Entwicklerinnen und Entwicklern alles andere als zufällig gewählt zu sein, beschreibt er doch das wettbewerbsförmige Aufeinanderprallen von Nachrichtenartikeln – oder, etwas freier formuliert: den verdateten Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer und den Kampf um die „beste(n)“ Geschichte(n).

  3. 3.

    Analog zu den gestiegenen Wettbewerbs- und Konkurrenzverhältnissen der Massenmedien im Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer könnte hier auch von einem Kampf der Datendienstleister um die Aufmerksamkeit und Überzeugung der Medienorganisationen für ihre angebotenen Technologien gesprochen werden.

  4. 4.

    SEO = search engine optimization (dt.: Suchmaschinenoptimierung).

  5. 5.

    Für eine bessere Lesbarkeit wurden die im nächsten Kapitel zitierten Transkriptausschnitte geglättet.

  6. 6.

    Darüber hinaus werden Online-Nutzungsdaten auch dazu genutzt, um bereits veröffentlichte Inhalte zu überarbeiten. Hierzu ein Beispiel aus einer Feldnotiz: „Der Homepage-Chef erzählt mir, dass der Artikel zum Frauenwahlrecht nicht gut klickt. Er ist seit einer Stunde auf der Homepage.‚ 13 Klicks in den letzten 5 min. Das ist schon sehr schlecht“, bewertet er die Daten. Diese ‚schlechten‘ Zahlen nimmt er als Anlass, einen Kollegen über diese Performance zu informieren. Er greift zum Telefonhörer und ruft ihn an: ‚Der Beitrag zu 100 Jahre Frauenrecht funktioniert sehr schlecht gerade, leider. Könnt ihr euch vielleicht nochmal eine neue Überschrift überlegen?‘, fragt er den Kollegen und gibt ihm damit gleichzeitig eine Handlungsanweisung. Nach dem kurzen Telefonat erzählt er mir, dass er den Artikel inkl. selbstproduziertem Video jetzt noch nicht von der Homepage runterschmeißen möchte, weil er wisse, dass ‚da auch viel technische Arbeit drinsteckt‘. Generell müsse man immer abwägen zwischen ‚Wie wichtig ist uns das Thema redaktionell?‘ und ‚Wie wird es von den Nutzern angenommen?‘. Nach ca. 15 bis 20 min berichtet er mir sichtlich erfreut: ‚Guck mal da hat es jetzt was gebracht mit der Überschriftumstellung‘. Die Zugriffszahlen haben sich von einem unterdurchschnittlichen auf einen durchschnittlichen Wert verbessert“.

  7. 7.

    IVW = Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.

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Pieper, K. (2023). Publikumsbeobachtung im digitalen Wandel. In: Muhle, F., Sutter, T., Wehner, J. (eds) Das sichtbare Publikum?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41172-5_5

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