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Die soziale Welt als kommunikative Konstruktion

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Die mediale Konstruktion der Wirklichkeit
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Zusammenfassung

Will man den Wandel einer grundlegend von Medien durchdrungenen sozialen Welt erklären, muss man fragen, wie Kommunikation – insbesondere medienvermittelte Kommunikation – zur Konstruktion der sozialen Welt beiträgt.

Um zu erfassen, welch tiefgreifende, konsistente und sich selbst verstärkende Rolle die Medien beim Konstruieren der sozialen Welt ausüben, hilft die Sichtweise, dass es sich nicht um Prozesse bloßer Medienvermittlung (engl. „mediation“), sondern um solche der Mediatisierung (engl. „mediatization“) handelt, denen die soziale Welt unterliegt. Dabei ist es nicht hilfreich, simpel zwischen vermeintlich ‚reiner‘ Face-to-Face-Kommunikation und dem, wie die Welt sich den Menschen ‚durch‘ die Medien präsentiert, zu unterscheiden. Denn etliche der kommunikativen Praktiken, mit denen die Menschen ihre soziale Welt konstruieren, sind mit Mediennutzung verbunden. Und ihre Alltagskommunikation umfasst weitaus mehr als Face-to-Face-Kommunikation.

Um eine sichere Grundlage für einen solchen Ansatz zu schaffen, argumentieren die Autoren in drei Schritten. Zunächst erläutern sie, was sie unter dem Begriff ‚soziale Welt‘ verstehen. Zweitens skizzieren sie, wie die Konstruktion der sozialen Welt und ihrer Alltagswirklichkeit abläuft. Und drittens entwickeln sie ein Verständnis davon, welche Komplexität die Rolle der Medien und der Kommunikation in diesem Konstruktionsprozess aufweist.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Giddens’ Idee, dass soziale Strukturen soziale Praktiken „rekursiv organisieren“ (1995 [1984]: 77).

  2. 2.

    In letzterem Punkt stimmen wir mit Boltanski und Thévenot (2014 [1991]: 290) überein, dass wir die Idee aufgeben müssen, dass „Welten in Verbindung mit Gruppen gebracht werden“ dürfen.

  3. 3.

    Wir vermeiden diesen Begriff jedoch, weil er von der soziologischen Spezifizität von Institutionen abgekoppelt zu sein scheint. Allerdings kommen wir später auf das Wesen von Institutionalisierung zurück.

  4. 4.

    Boltanski (2010: 82) unterstreicht die Gemeinsamkeiten zwischen seinem Verständnis und dem der Sozialphänomenologie, indem er sich ausdrücklich auf das Werk von Alfred Schütz bezieht, während er gleichzeitig einer zu einvernehmlichen Lesart des Begriffs ‚Institutionen‘ zutiefst kritisch und misstrauisch gegenübersteht (2010: 82–88).

  5. 5.

    Boltanski bezeichnet diesen größeren Raum als ‚Welt‘, im Gegensatz zur ‚Wirklichkeit‘ – bzw. zu dem, was wir als solche verstehen. Siehe auch die Diskussion bei Couldry (2012: 61 f.).

  6. 6.

    Boltanskis Formulierung lautet im Original „la realité de la realité“ (2009: 62).

  7. 7.

    Was wir hier finden, ist eine sehr frühe Form der Argumentation, die später von Benedict Anderson (2005 [1983]) und John B. Thompson vorgebracht wurde (1995), nämlich, dass wir die Entstehung des modernen Nationalstaats nicht verstehen können, ohne die (Massen‑)Medien zu berücksichtigen.

  8. 8.

    Vgl. Christensen (2009: 444 f.) über Berger und Luckmann.

  9. 9.

    Das berühmte Thomas-Theorem – „Wenn die Menschen Situationen als wirklich definieren, sind sie in ihren Konsequenzen wirklich“ – von W. I. Thomas und D. S. Thomas (1928: 571) ist daher nicht weitreichend genug.

  10. 10.

    Bestimmte Arten von Inhalten werden jedoch mehr über spezifische Kommunikationsformen kommuniziert als andere. Dies wird deutlich, wenn wir institutionalisierte Kommunikationskontexte betrachten, z. B. im Bereich der Religion. Hier werden religiöse Inhalte über spezifische Kommunikationsformen – das ‚Gebet‘, die ‚Predigt‘ usw. – kommuniziert, die wir anhand ihrer Formen als religiös erkennen. Diese religiösen Formen können jedoch auf andere Kontexte übertragen werden, z. B. wenn eine bestimmte Form der religiösen Präsentation verwendet wird, um jemanden in einer politischen Rede zu überzeugen. Beispiele wie diese zeigen, dass es gewisse Verbindungen zwischen Form und Inhalt gibt und dass wir sie nicht als voneinander völlig unabhängig betrachten können. Analytisch gesehen ist es jedoch wichtig, zwischen ihnen zu unterscheiden, wenn wir verstehen wollen, wie Kommunikation sowohl als Handlung als auch als Praxis stattfindet.

  11. 11.

    Wie wir in der Terminologie der Akteur-Netzwerk-Theorie sagen könnten, werden kommunikative Praktiken in Netzwerken von „Menschen“ und „nicht-menschlichen Wesen“ durchgeführt (Latour 2010 [1967]: 131 f.).

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Couldry, N., Hepp, A. (2023). Die soziale Welt als kommunikative Konstruktion. In: Die mediale Konstruktion der Wirklichkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37713-7_2

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