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Zusammenfassung

Angesichts dessen, dass die ‚Wirklichkeit‘ der Menschen, die nun mal zusammenleben müssen, durch soziale Prozesse konstruiert wird, fragen die Autoren: Wenn das Soziale selbst ohnehin ‚medial konstruiert‘, d. h. durch Medien geformt und geprägt ist, was folgt daraus für diese Wirklichkeit?

Um dieser Frage umfassend nachzugehen, erörtern die Autoren zunächst die Grundbegriffe des Sozialen und der Medien. Dabei messen sie spezifischen Medientexten, -darstellungen und imaginativen Medienformen weniger Gewicht bei, als es in einem Buch getan würde, das ausschließlich die Medien selbst in den Blick nimmt. Ebenso wenig beziehen sie sich, wenn sie von ‚Wirklichkeit‘ sprechen, auf spezifische Medienrepräsentationen oder Inszenierungen von Wirklichkeit bzw. des Synonyms ‚Realität‘ (z. B. ‚Reality-TV‘). Vielmehr handelt dieses Buch von dem erschaffenen Gefühl von einer sozialen Welt, zu der Medienpraktiken wesentlich beitragen.

Die Argumentation berücksichtigt sowohl gegenwärtige konzeptuelle als auch historische, bestehende Forschung und geht dabei insbesondere auf die Konzepte Mediatisierung, Figuration und Agency ein. Der argumentative Bogen wird getragen von einer Aufarbeitung des Ansatzes von Peter L. Berger und Thomas Luckmann zur gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit. Angestrebt wird, eine materialistische Phänomenologie zu entwickeln, die digitale Medien nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern vielmehr die neuartigen datengesteuerten Infrastrukturen und Kommunikationsweisen grundlegend berücksichtigt, auf denen die heutigen sozialen Interfaces zunehmend beruhen.

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Notes

  1. 1.

    Friedrich Nietzsche eröffnete das Vorwort zu seinem größten Werk „Jenseits von Gut und Böse“ (2013 [1886]: 3) mit der Frage: „Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist –, wie?“ Zur Zeit der zutiefst patriarchalischen Gesellschaft, in der Nietzsche schrieb, stellte für ihn das Voraussetzen von ‚Wahrheit‘ – als philosophischem Kernbegriff – als ‚Weib‘ den denkbar schockierendsten Weg dar. Wir adaptieren seine Frage, um den Kernbegriff der Soziologie, das ‚Soziale‘, zu durchbrechen.

  2. 2.

    Siehe insbesondere Latour (2010 [1967]).

  3. 3.

    Vgl. Durkheim (2014 [1912]).

  4. 4.

    Vgl. Kracauer (1995); Boorstin (1961); Brunsdon und Morley (1978); Hall (1980); und Meyrowitz (1985).

  5. 5.

    Vgl. Scannell (1996) und Douglas (1987).

  6. 6.

    Vgl. Sewell (2005: 329).

  7. 7.

    Wir haben uns hier von Sewells Formulierung inspirieren lassen (2005: 320 f.): Dabei machen wir beim zweiten Begriff eine Anleihe bei ihm, wohingegen der erste von uns stammt, angepasst an seine „language games“ (Sprachspiele), ein Begriff, der mehr philosophischen Hintergrund voraussetzt, als wir in diesem Stadium unserer Argumentation benötigen.

  8. 8.

    Vgl. zum Humanismus in der Forschung z. B. den verstorbenen britischen Philosophen Bernard Williams (Williams 2006).

  9. 9.

    Das hat sie wohl auch nie getan. Daher nimmt Ian Hacking Berger und Luckmanns Buch von 1966, in dessen Kielwasser unser Buch in gewisser Weise folgt, von seiner Polemik gegen den sozialen Konstruktionismus aus: Paradoxerweise, angesichts des heutzutage weitaus höheren Stellenwerts von Latours Werk gegenüber Berger und Luckmann, ist es Latours frühe Wissenschaftssoziologie, die von Hacking wegen ihres sozialen Konstruktionismus stark kritisiert wird!

  10. 10.

    Für eine der wenigen Arbeiten hierzu siehe die explorative Forschung von Adoni und Mane (1984).

  11. 11.

    Vgl. die jüngste Forderung nach einer neuen ‚Medien- und Kommunikationssoziologie‘ (Waisbord 2014).

  12. 12.

    Vgl. Illich (1991b: 12, eig. Hervorh.).

  13. 13.

    Viele aktuelle Entwicklungen, wie z. B. das aufstrebende Forschungsfeld der Software Studies, können als Teil derselben ‚kognitiven‘ Wende in den Geistes- und Sozialwissenschaften interpretiert werden.

  14. 14.

    In jedem Fall sagt Luhmann sehr wenig über Medien (für eine Ausnahme siehe Luhmann 2017 [1995]). Mansell (2012, Kap. 5) und Rosa (2005) zeigen Wege auf, das Beste aus der Systemtheorie herauszuholen und gleichzeitig ihre Grenzen zu überwinden.

  15. 15.

    Ian Hackings unverblümte, aber nicht unsympathische Zurückweisung von Latours eigener Ablehnung von Agency ist es wert, hier wiederholt zu werden: „Wenn meine Handlungsmöglichkeiten sich ändern, macht mich das, wenn Latour so will, zu einem neuen Agenten. Aber eine Pistole in die Hand zu nehmen, macht mich nicht zu einem neuen Agenten. Pistolen sind keine Agenten. Es gibt keine hybriden Pistolen-Menschen […] Es ist möglich, dass Cyborgs Hybride sind; aber das bedeutet nicht, dass alles hybrid ist.“ (Hacking 1999: 13, Rezension von Latour)

  16. 16.

    Vgl. den analytischen Philosophen John McDowell (1998, 4. Vorlesung).

  17. 17.

    Für einen weitgehend aristotelischen Ansatz siehe Lovibond (2002); McDowell (1998); und für die hegelsche Tradition Pinkard (2012) und Pippin (2008).

  18. 18.

    McDowell, ein Philosoph, der auf ungewöhnliche Weise die neoaristotelische und die hegelsche Tradition verbindet, schlägt dafür den deutschen Begriff ‚Bildung‘ vor. Dieser Begriff ist nicht nur wegen seiner unglücklichen Verbindung mit bestimmten bürgerlichen Vorstellungen von Elitewissen diskreditiert worden, sondern neigt auch dazu, in einem individualistischen Sinne verwendet zu werden. Dabei beziehen sowohl wir uns als auch McDowell sich auf eine Form der sich entwickelnden Ordnung, die von Natur aus transindividuell ist, oder, wie Wittgenstein es ausdrückte: „Befehlen, fragen, erzählen, plauschen gehören zu unserer Naturgeschichte so wie gehen, essen, trinken, spielen“ (Wittgenstein 1978 [1953]: 12, Abs. 25, eig. Hervorh., zit. nach McDowell 1998: 121).

  19. 19.

    Vgl. Boltanski (2010), Schatzki (1996: 202).

  20. 20.

    Wir erläutern das Konzept der ‚Mannigfaltigkeit der Medien‘ in Kap. 3.

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Couldry, N., Hepp, A. (2023). Einleitung. In: Die mediale Konstruktion der Wirklichkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37713-7_1

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