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Techno-Politiken des Alters – Die diskursive Konfiguration von Alter und Technik im Förderprogramm „Altersgerechte Assistenzsysteme“

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Assistiert Altern

Part of the book series: Altern & Gesellschaft ((AG))

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Zusammenfassung

Ziel dieses Kapitels ist es zu zeigen, wie das staatliche Förderprogramm „Altersgerechte Assistenzsysteme“die Entwicklung und den Einsatz technischer Assistenzsysteme für ältere Menschen bestimmt. Hierfür wird in einem ersten Schritt der Frage nachgegangen, wie Technikentwicklung und demografischer Wandel im Rahmen des Förderprogramms miteinander verschränkt werden und welche politischen Ziele damit verbunden sind. Dazu werde ich die Entwicklung des Förderprogramms „Altersgerechte Assistenzsysteme“ von 2008 bis 2016 nachzeichnen.

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Notes

  1. 1.

    In der Arbeit wird der Begriff „Altersgerechte Assistenzsysteme“ sowohl für die Bezeichnung des BMBF Förderschwerpunkts als auch das dahinterstehende Förderprogramm verwendet. Das Förderprogramm selbst firmierte in der Zeit von 2008 bis 2016 unter unterschiedlichen Bezeichnungen. So wurde zu Beginn das Förderprogramms die Bezeichnung „Selbstbestimmt Leben: Altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben“ gewählt (BMBF, 2008). Ab 2012 trug das Programm den Titel „Mensch-Technik-Interaktion im Demografischen Wandel“ (BMBF, 2012).

  2. 2.

    Bereits in den 1980er und 1990er Jahren lassen sich erste Anstrengungen beobachten, Technologien zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedarfe älterer Menschen ausgerichtet sind und darauf abzielen, diese in der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben zu unterstützen (vgl. Meyer, 2016), doch sind diese Bemühungen nicht systematisch als politisches Steuerungsinstrument institutionalisiert worden, wie es kennzeichnend für die Förderung technischer Assistenzsysteme durch das BMBF ist.

  3. 3.

    Darüber hinaus wird in eben jener Hightech-Strategie auch die Stärkung und der Ausbau der „Präventions- und Altersforschung“ ab 2006 durch das BMBF festgelegt (vgl. BMBF, 2006, S. 37).

  4. 4.

    Die Zahl der Projekte variiert in den Publikationen des BMBF zwischen 17 und 18 Projekten (vgl. BMBF, o. J.a, o. J.b). In späteren Publikationen ist jedoch stets von 18 Projekten die Rede, weshalb diese Zahl hier verwendet wird (vgl. BMBF, 2013d; Schelisch, 2016a).

  5. 5.

    Dem Start des Förderprogramms geht 2007 der Förderschwerpunkt „Technologie und Dienstleistung im demografischen Wandel“ im Rahmen des Förderprogramms „Innovationen mit Dienstleistungen“ voran (vgl. DLR Projektträger, o. J.). Im Rahmen dieses Schwerpunkts werden 16 Verbundprojekte bis 2011 gefördert (vgl. PT-DLR, 2011). Zwei dieser Projekte – AlterLeben und easyCare – werden im Förderprogramm „Altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben“ weiter gefördert.

  6. 6.

    Die Aufzählung bezieht sich allein auf den hier vorgelegten Untersuchungszeitraum von 2008 bis 2016.

  7. 7.

    Eine SSA ist ein förderpolitisches Instrument auf EU-Ebene, das die Umsetzung von Förderprogrammen auf forschungspraktischer Ebene vorbereitet.

  8. 8.

    Dem voraus geht 2007 der Aktionsplan „Informations- und Kommunikationstechnologien für eine alternde Gesellschaft“, welcher ebenfalls die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Zusammenhang mit persönlichen Dienstleistungen für ältere Menschen in der Europäischen Union (EU) fördern und koordinieren (vgl. Europäische Kommission, 2007). Das AAL-JP schließt daran an und tritt nach Artikel 169 des EG-Vertrags 2008 im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms (2007–2013) in Kraft (vgl. European Parliament and Council, 2008).

  9. 9.

    Siehe dazu auch Absatz 7 der Decision No 554/2014/EU: „[…] the fact that demographic ageing is one of the main challenges facing all the Member States and that increased use of new technologies could help to control costs, improve well-being and promote the active participation in society of elderly people, as well as improving the competitiveness of Union economy.“ (European Parliament and Council, 2014); zu Deutschland (vgl. u. a. BMBF/VDE Innovationspartnerschaft AAL, 2011; BMBF, o. J.a; BITKOM, 2012).

  10. 10.

    Zum marktwirtschaftlichen Potential siehe in kritischer Perspektive u. a. Fachinger et al. (2012, 2014), Garlipp et al. (2010) sowie Marschollek und Künemund (2014).

  11. 11.

    https://www.vdivde-it.de/wir-ueber-uns/team/demographischer-wandel [zuletzt aufgerufen am 06.06.2020].

  12. 12.

    Ähnliche Überblicksdarstellungen finden sich bei Meyer (2016, S. 5) und Johanneum Research/Prognos (2019, S. 16). Die Angaben variieren in allen Darstellungen leicht in Bezug auf Anzahl der geförderten Projekte, dem Fördervolumen und der Laufzeit. Zudem nehmen sie unterschiedliche Bekanntmachungen in die Auswahl auf.

  13. 13.

    Dazu werden sechs Forschungsfelder (Grundsatzfragen, Arbeitswelt, Gesundheit, Mobilität, Wohnen und Pflege) benannt, wobei die Agenda mit Blick auf Technik vor allem „die Entwicklung von Mobilitäts- und Kommunikationstechnologien, die die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen unterstützen, sowie Innovationen, mit denen Wohn- und Lebensräume altersgerecht gestaltet werden“ (BMBF, 2011b, S. 4) können, zum Ziel hat. Zur Evaluation der Forschungsagenda siehe Johanneum Research/prognos (2019).

  14. 14.

    2013 folgt dann das Wissenschaftsjahr „Die demografische Chance“ (http://www.demografische-chance.de/ [zuletzt aufgerufen am 06.06.2020]), das vor allem dazu dient, die Forschungsvorhaben und die ihnen zugrunde liegenden politischen Zielstellungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

  15. 15.

    Eine ähnliche Wirkung entfaltet auch die Bezeichnung der Technologien als altersgerecht. Sie schreibt den zur Disposition stehenden Technologien eine moralische Agency als gut für ältere Menschen und ihren Ansprüchen und Bedürfnissen gerecht werdend zu. Was an diesen Technologien gut und gerecht für ältere Menschen ist, ist jedoch noch völlig offen.

  16. 16.

    Van Dyk unterscheidet die politischen Maßnahmen zur Ausgestaltung eines aktiven Alter(n)s in drei Aktivitätsfelder: Erwerbsarbeit, heteroproduktive Aktivitäten im Ruhestand (hier v. a. ehrenamtliches und nachbarschaftliches Engagement im sozialen Nahraum) und autoproduktive Aktivitäten (vgl. van Dyk, 2015, S. 99, s. a. Denninger et al., 2014, S. 127–163). Die Anwendung assistiver Technologien zielt vor allem auf die heteroproduktiven und autoproduktiven Aktivitäten.

  17. 17.

    Diese Potentiale lassen sich empirisch gegenwärtig noch nicht feststellen bzw. müssen entsprechende Ergebnisse differenziert betrachtet werden, da sie stark kontextabhängig sind (vgl. u. a. Fuchs-Frohnhofen et al., 2018; Hülsken-Giesler & Krings, 2015; Hülsken-Giesler & Remmers, 2017; Kehl, 2018a; Maxie Lutze et al., 2019).

  18. 18.

    Im Förderschwerpunkt „Selbstbestimmt Leben im Alter“ werden in der Folge 17 Projekte mit einer Gesamtfördersumme von 45 Millionen Euro von 2009 bis 2013 gefördert (vgl. BMBF, 2009).. Neun der bewilligten Projekte adressieren direkt den Wohnraum als Anwendungsort technischer Assistenz (AAL@Home, AlterLeben, AUTAGEF, PAALiativ, sens@home, SensFloor, Smart Senior, VAMOS, WohnSelbst). Die verbleibenden acht Projekte zielen auf technische Anwendungen, die den Kontakt zu Angehörigen, der Nachbarschaft oder dem Pflegedienst verbessern (DCJ, SAMDY, SELBST, SmartAssist und TSA) oder die individuelle mentale oder körperliche Gesundheit trainieren (GEWOS, Motivation60 + und WebDA).

  19. 19.

    Auf Sturzerkennung zielen auch intelligente Fußmatten und Teppiche ab – sogenannte Sturzteppiche –, die ebenfalls mit Sensoren ausgestattet sind, um einen Sturz zu erkennen und Hilfe leistende Personen zu informieren. Zu den Vorstellungen von Alter und Stürzen, die in der Gestaltung eines Sturzsensors eine Rolle spielen, siehe Endter (2017), zum Verhältnis des stürzenden Körpers und gegenwärtigen Altersaktivierungspolitiken siehe Katz (2015b, 2015a).

  20. 20.

    Dabei werden andere Formen des Wohnens und der wohnräumlich verorteten Sorge umeinander, wie beispielsweise intergenerationelle Wohnformen in Mehrgenerationenhäusern oder Wohngemeinschaften und -projekte, die sich auch als sorgende Gemeinschaften verstehen, marginalisiert. Zudem wird vernachlässigt, dass das eigene Zuhause für viele ältere Menschen aufgrund seiner bautechnischen Ausstattung, steigenden Mieten oder der Instandhaltung auch zu einer Belastung werden kann.

  21. 21.

    In diese Gruppe fallen folgende Projekte: EMN-MOVES (Region Nürnberg), inDAgo (Darmstadt), S-Mobil 100 (Siegen-Wittgenstein) (vgl. BMBF, 2011c).

  22. 22.

    COMPAGNO, MOBIA, namo, PASSAge, SenioMobil, SIMBA, ViBe, WikiNavi (addressiert eingeschränkte Menschen im Allgemeinen) (vgl. BMBF, 2011c).

  23. 23.

    ACCESS, PASS, URAiS (vgl. BMBF, 2011c).

  24. 24.

    Lebensqualität umfasst dabei laut BMBF die „Stärkung der Selbstbestimmung, der gesellschaftlichen Teilhabe und des körperlichen und seelischen Wohlbefindens der Betroffenen“ (BMBF, 2014d).

  25. 25.

    Auf die Digitalisierung ländlicher Räume zielt zudem das Konzept des „Smart Country“, dass auf die Digitalisierung verschiedener Infrastrukturen und Dienstleistungen in ländlichen Räumen abzielt, um Daseinsvorsorge zu sichern und die Wirtschaftsleistung zu erhöhen. (vgl. https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/smart-country/ [letzter Zugriff am 29.12.2019]).

  26. 26.

    Diese Figurierung älterer Menschen als aktive und produktive Alte rekurriert auf eine „sozialpolitische Entdeckung der Aktivierbarkeit des Alters“ (van Dyk & Lessenich, 2009b, S. 10; siehe auch Schroeter, 2002, 2009; Denninger et al., 2014; Pfaller & Schweda, 2017).

  27. 27.

    Diese Bekanntmachung richtet sich zwar schon an dem Programm „Pflegeinnovationen 2020“ aus, erfolgt aber noch auf Grundlage der Hightech-Strategie 2020. Das Programm „Pflegeinnovationen 2020“ geht dann 2014 in die Neue Hightech-Strategie – Innovationen für Deutschland über und wird dem Förderschwerpunkt „Gesundes Leben“ zugeordnet.

  28. 28.

    Ganz abgesehen davon, dass das entsprechende technische Gerät gewartet und die richtige Bedienung gewährleistet werden sowie eine entsprechende technische Infrastruktur vorhanden sein muss, um das Funktionieren des Geräts und damit überhaupt die Möglichkeit einer verlässlichen Verantwortungsübernahme und einer Entlastung der Pflegenden zu gewährleisten, stellt sich hier die Frage, warum technische Assistenz tatsächlich Abhängigkeitsverhältnisse und prekäre Arbeitsbedingungen aufheben können sollte oder ob assistive Technologien diese bestehenden Care-Settings nicht vielmehr verfestigen. Siehe hierzu auch die Arbeiten von Annemarie Mol (2008); Mol, Moser und Pols (2010a), Pols (2012), Newerla (2012), Thelen (2014), Ouart (2014) und Compagna (2011).

  29. 29.

    Dass es Bereiche des Lebens gibt, die sich sowohl Aktivierung als auch Leistung entziehen, wird mit Blick auf das hohe Alter wie auch auf dementiell Erkrankte mehr als deutlich. Dass für diese Formen des Aushaltens von Verletzlichkeit und der würdevollen Versorgung Technik nur bedingt eine Lösung darstellen kann, muss auch in Technikentwicklung und -förderung unangetastet bleiben (vgl. Deutsche Bundesregierung, 2020).

  30. 30.

    Zu Foucaults Begriff der Problematisierung in Bezug auf Alter bzw. Demenz siehe ausführlich Grebe (2019).

  31. 31.

    Damit verbunden ist das Ziel, „originär politische Entscheidungen im Bereich der Sozial- und Wirtschaftspolitik durch den Verweis auf die Bevölkerungsstruktur und -größe zu naturalisieren und sie als Sachzwang erscheinen zu lassen“ (van Dyk, 2015, S. 92). Dazu zählen Kürzungen und Teilprivatisierungen der gesetzlichen Rentenbezüge ebenso wie die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters sowie die Absenkung des Rentenniveaus (vgl. ebd., siehe auch Endter & Kienitz, 2017a).

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Endter, C. (2021). Techno-Politiken des Alters – Die diskursive Konfiguration von Alter und Technik im Förderprogramm „Altersgerechte Assistenzsysteme“. In: Assistiert Altern . Altern & Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34656-0_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-34656-0_5

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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