Zusammenfassung
Die Kultusministerkonferenz (KMK) dient den Bundesländern seit ihrer Gründung 1948 zur horizontalen Selbstkoordination ihrer Bildungssysteme und steht damit exemplarisch für den „kooperativen Föderalismus“ deutscher Prägung. Der Beitrag problematisiert die jüngsten Bestrebungen der KMK zu einer Reform der eigenen Strukturen, die zwar zwischenzeitlich einmal mehr gescheitert sind, aber demnächst wieder auf der politischen Agenda stehen dürften. Dabei soll mit der Schaffung eines „Nationalen Bildungsrates“ der Versuch unternommen werden, die Bildungspolitiken der Länder durch eine Standardisierung der Anforderungen hinsichtlich Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit übergreifend abzustimmen und zu koordinieren. Auf diese Weise wird ein schon seit längerem zu beobachtender „Ausweichansatz“ fortgeführt, indem die politischen Schwierigkeiten einer grundlegenden institutionellen Reform der KMK durch die Neuschaffung eines „institutionellen Satellitensystems“ um die KMK herum umgangen werden. Denn schon in den vergangenen Jahren sind verschiedene bildungswissenschaftliche Institutionen aufgebaut worden, deren Aufgaben vor allem im Bildungsmonitoring und in der Entwicklung von Ansätzen zur Qualitätsverbesserung des Bildungswesens bestehen. Durch Studien und Beratungsleistungen dieser Institutionen wächst der Druck auf die Bildungspolitik und -verwaltung, dem sich vor allem die KMK und die in ihr vertretenen Bundesländer stellen müssen.
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Scheller, H. (2020). Zur Reform des Bildungsföderalismus in der Bundesrepublik. In: Knüpling, F., Kölling, M., Kropp, S., Scheller, H. (eds) Reformbaustelle Bundesstaat. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31237-4_20
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