Zusammenfassung
Derzeit fehlt es an Daten zur Bewertung von Eingriffen in das Landschaftsbild durch den Ausbau des Stromnetzes in Deutschland, die auf einer homogenen Methodik und einheitlichen Datengrundlage basieren und alle im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) genannten Bewertungskriterien abbilden. Der folgende Beitrag behandelt einen GIS-basierten Ansatz der Landschaftsbildbewertung, der auf Basis empirischer Daten eine statistische Modellierung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes erstellt. Die Modelle basieren auf Bewertungen von über 800 Landschaftsfotos durch über 3500 Personen in einer Onlineumfrage. Die Modellgüte (Bestimmtheitsmaß R2) der drei linearen Regressionsmodelle liegt zwischen 64 und 65 %. Jedes der drei Modelle wurde flächendeckend angewendet. Die Ergebnisdarstellung erfolgt in bundesweiten Karten, von denen die Karte zur Schönheit des Landschaftsbildes hier stellvertretend vorgestellt wird. Die statistischen Modelle werden untereinander verglichen. Neben grundlegenden gemeinsamen Bewertungsfaktoren wie dem Hemerobiegrad, dem Wald- und Gewässeranteil sowie der Ausprägung des Reliefs wird deutlich, dass die in § 1 BNatSchG genannten Kriterien zur Landschaftsbildbewertung (Vielfalt, Eigenart und Schönheit) sich durch jeweils spezifische Berechnungsfaktoren zusammensetzen.
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Notes
- 1.
Siehe hierzu weiterführend in diesem Band: Kangler (2021).
- 2.
Als GIS wurde ESRI ArcGIS Desktop 10.6 verwendet.
- 3.
Das OpenStreetMap-Projekt sammelt und strukturiert frei zugängliche Geodaten. Die so in einer Datenbank bereitgestellten Daten stehen unter einer freien Lizenz.
- 4.
Alle statistischen Analysen wurden mit IBM SPSS Statistics 24.0 durchgeführt.
- 5.
Zur Operationalisierung wurde der auf bundesweiten Daten basierende Hemerobie-Datensatz des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (Walz und Stein 2014) genutzt.
- 6.
Die Landschaftstypendiversität wird in der Analyse mit dem Shannon-Index gemessen (vgl. McGarigal und Marks 1995) und beschreibt, wie durchmischt Landbedeckungstypen auf einem Landschaftsfoto vorkommen.
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Hildebrandt, S., Roth, M., Raumer, HG.Sv., Roser, F. (2021). Bundesweite empirie- und modellgestützte Bewertung von Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes. In: Walsh, C., Kangler, G., Schaffert, M. (eds) Landschaftsbilder und Landschaftsverständnisse in Politik und Praxis. RaumFragen: Stadt – Region – Landschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30959-6_7
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