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Religion und Religiosität

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Integration von religiöser Vielfalt durch Religion?

Zusammenfassung

Wie beeinflussen Religion und Religiosität die Einstellungen zu Muslimen und verschiedenen religiösen Gruppen im Allgemeinen? Welche Islambilder konstruieren religiöse Menschen? Kommt dem einer jeden Religion inhärente Wahrheitsanspruch eine große Bedeutung bei der Beurteilung von anderen, insbesondere nichtchristlichen Religionsgemeinschaften zu?

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Notes

  1. 1.

    Eine Übersicht über die Vielfalt der Definitionsansätze findet sich bei Pollack (1995; 2003). Pollack differenziert in seiner systematischen Übersicht zwischen philosophischen, substantiellen, hermeneutischen und erklärenden Definitionsansätzen, die sich ihrerseits z. T. in zahlreiche Subansätze unterteilen lassen (vgl. Pollack 1995: 167–182; 2003: 31–45).

  2. 2.

    Dabei sind die Argumente der Kritiker einer Definition der Religion nicht nur unterschiedlich, sie stehen sich z. T. diametral gegenüber. Feil versteht Religion in der Moderne vornehmlich als Gefühl (vgl. Feil 1995: 442), das sich jedoch stetig abschwäche, weshalb auch der darauf basierende Religionsbegriff nicht mehr weitergeführt werden könne (vgl. Feil 1995: 447–450). Demgegenüber möchte Matthes Religion als diskursiven Tatbestand verstanden wissen, so dass Religion sich in der Reflexion gesellschaftlicher Diskurse über Religion ex post permanent rekonstituieren müsse (vgl. Matthes 1992: 129–132). Die Transformation des Verständnisses von Religion führt in dem einen Ansatz somit zu Aufgabe des Religionsbegriffs, in dem zweiten ist er konstitutiver Bestandteil. So kritisiert Matthes, Feil reflektiere die gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen der Entstehung seines Religionsverständnisses nicht hinreichend (vgl. Matthes 1995: 471).

  3. 3.

    Luckmann sieht Religion überall dort, wo Menschen aktuelle Erfahrungen in ein diese Erfahrungen überschreitendes Sinnsystem integrieren und somit ihre biologische Natur transzendieren (vgl. Luckmann 1991: 85–86), so dass jede Form der Sinnkonstruktion zu einem religiösen Vorgang (vgl. Pollack 2009: 56) werde. Bei Oevermann entstehe durch das Wissen um die eigene Endlichkeit eine dauerhafte Bewährungsproblematik, die durch die Konstruktion eines Bewährungsmythos zu lösen versucht wird, was den zentralen Bestandteil der Struktur von Religion ausmache (vgl. Oevermann 1995: 40–41; 1996: 33–36). Dadurch, dass er Struktur und Inhalt der Religion trennt, könnten auch nichtreligiöse Bewährungsmythen konstruiert werden, die gleichsam dennoch als Religion zu verstehen seien (vgl. Oevermann 1995: 63–64).

  4. 4.

    Dieser Aspekt in seiner Definition hat vor allem Luckmann zu recht viel Kritik eingebracht. So kritisiert Pollack, dass bei Luckmann eine Gleichsetzung von Religion und Kultur stattfinde (vgl. Pollack 2009: 49) und religiöser Inhalt und religiöse Funktion nicht mehr aufeinander bezogen seien (vgl. Pollack 2003: 43). Und auch Berger (1973) fragt, welche Brauchbarkeit eine Definition habe, „die Religion mit dem Menschlichen schlechthin gleichsetzt“ (Berger 1973: 167). Und Matthes merkt kritisch an, es handle bei Luckmanns Überlegungen um einen ahistorischen Religionsbegriff (vgl. Matthes 1967: 116–117).

  5. 5.

    Einen beachtenswerten Versuch, in einer quantitativen Untersuchung möglichst auf eine Vorabdefinition zu verzichten, stellt eine Studie von Andreas Feige und Carsten Gennerich (2008) zu Alltagethik, Moral und Religion bei Jugendlichen dar, die auf Basis vorgegebener Items versucht, sich über die emotionalen Dispositionen von Jugendlichen zu explizit oder implizit religiösen Semantiken und Weltentstehungsmodellen den Weltdeutungskategorien ihrer Befragten anzunähern (vgl. Feige/Gennerich 2008: 21).

  6. 6.

    Ähnliches gilt für klassische Studien, die religiösen Wandel in den Blick nehmen. So verweist Olaf Müller (2013) darauf, dass die Untersuchung religiöser Veränderungsprozesse vor dem Hintergrund von Säkularisierungs-, Individualisierungsthese und dem Rational Choice-Ansatz ohne die Angabe einiger substantieller Gehalte von Religion nicht vorstellbar wäre (vgl. Müller 2013: 79).

  7. 7.

    Dass der Verzicht auf eine Religionsdefinition zugleich den Verzicht auf eine repräsentative Umfrageforschung bedeutet, wodurch die Generierung von Aussagen über gesamte Bevölkerungen gar nicht mehr möglich ist, wird von Kritikern einer (vorab) erstellten Definition von Religion zudem leider nicht mit der wünschenswerten Deutlichkeit reflektiert.

  8. 8.

    So könne Bernt Schnettler (2004) zufolge beispielsweise nach konkreten Glaubensvorstellungen, religiösen Erfahrungen oder bestimmten Formen von Transzendenz gefragt werden (vgl. Schnettler 2004: 24).

  9. 9.

    Luckmann verknüpft seine Überlegungen im Ursprung mit Kritik an der religionssoziologischen Forschung der Nachkriegszeit, die sich nur noch als (empirische) Kirchensoziologie begriffen habe und hinter dem theoretischen Reflexionsniveau der (religions-)soziologischen Klassiker zurückgeblieben sei (vgl. Luckmann 1960: 315–316). Eine detaillierte Diskussion der empirischen Religions- und Kirchensoziologie in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts findet sich bei Andreas Feige (1990).

  10. 10.

    Als Kontingenz versteht Luhmann „alles, was zwar möglich, aber nicht notwendig ist“ (Luhmann 1977: 187).

  11. 11.

    Trillhaas betrachtet auch eine wie auch immer gestaltete religiöse Ethik als Bestandteil der Praxis der Religion (vgl. Trillhaas 1972: 34–35).

  12. 12.

    Glock geht vor allem in Bezug auf die letzte seiner Dimensionen davon aus, dass diese nicht unabhängig von den anderen untersucht werden könne, da die Konsequenzen in säkularen Lebensbereichen nur dann zur Messung von Religiosität herangezogen werden könnten, wenn sie sich auf religiöse Überzeugungen zurückführen ließen (vgl. Glock 1969: 153).

  13. 13.

    Darüber hinaus bestimmt Glock nicht nur den Inhalt des Glaubens, sondern berücksichtigt ebenfalls, welche Funktion der Glaube erfüllen könnte. Als Beispiele nennt er hier die Deutung der eigenen Existenz, den Umgang mit Leid und schwierigen Lebenslagen sowie die Beantwortung der Frage nach dem Sinn des Lebens (vgl. Glock 1969: 158). Insofern beinhaltet sein stärker substantiell angelegtes Modell zugleich auch funktionale Aspekte, die sich ihrerseits wiederum als Antwort auf das Kontingenzproblem interpretieren lassen.

  14. 14.

    Dies ist zugleich der Kern des von C. Daniel Batson (1976) entwickelten Konzepts der Quest-Orientierung, das in Abschnitt 3.2.2.2 eingehend behandelt wird.

  15. 15.

    Zudem unterzogen die Autoren die gefundenen Faktoren der Variante mit schiefwinkliger Rotation einer zweiten Faktorenanalyse, bei der dann nur noch ein Faktor extrahiert werden konnte (vgl. Clayton/Gladden 1974: 141).

  16. 16.

    Unter Zentralität versteht Huber „die Bedeutsamkeit, die religiöse Wirklichkeitskonstruktionen für einen Menschen besitzt. Je zentraler die Religiosität in der Persönlichkeit eines Menschen verankert ist, desto bedeutsamer erscheint sie ihm und desto stärker dürfte sie sein Erleben und Verhalten beeinflussen“ (Huber 2003: 144).

  17. 17.

    Entsprechend kritisiert Huber auch, dass die Zentralität der Religiosität in der Skalenkonstruktion von Glock nicht berücksichtigt worden sei, obgleich er theoretisch reflektiert habe, dass die Zustimmung zu religiösen Aussagen noch keine Rückschlüsse über die Bedeutsamkeit dieser Überzeugungen für das Individuum zulassen (vgl. Huber 2003: 145).

  18. 18.

    Huber argumentiert in eine ähnliche Richtung, wenn er die Ansicht vertritt, eine Konfundierung könne verhindert werden, indem in die Operationalisierung „nur solche theologischen Inhalte einfließen, die im Rahmen einer bestimmten religiösen Kultur einen möglichst allgemeinen Charakter haben“ (Huber 2003: 131).

  19. 19.

    So verweist Huber darauf, es sei problematisch, die intellektuelle Dimension ausschließlich über Bibelwissen zu erheben, da dieses vor allem im Protestantismus zentral sei, während im Katholizismus Tradition und kirchliche Hierarchie ähnlich bedeutsam seien (vgl. Huber 2003: 134).

  20. 20.

    Dem Aspekt der Identifikation mit der eigenen religiösen Gruppe wird auch in dieser Untersuchung große Bedeutung beigemessen. Dies geschieht allerdings vor einem anderen theoretischen Hintergrund als dies bei Pollack der Fall ist. Vgl. hierzu Abschnitt 3.2.5.

  21. 21.

    Die Antwortmöglichkeiten sind: „tief religiös“; „sehr religiös“; „eher religiös“; „weder religiös noch nicht religiös“; „eher nicht religiös“; „nicht religiös“; „überhaupt nicht religiös“.

  22. 22.

    Beim Gottesdienstbesuch sind die Antwortausprägungen: 1 = „jede Woche oder öfter“; 2 = 2–3 mal im Monat“; 3 = „ungefähr einmal im Monat“; 4 = „mehrmals im Jahr“; 5 = „seltener als einmal im Jahr“; 6 = „nie“. Bei der Gebetshäufigkeit bestehen die Optionen: 1 = „mehrmals am Tag“; 2 = „einmal am Tag“; 3 = „mehrmals in der Woche“; 4 = „einmal in der Woche“; 5 = „2–3 mal im Monat“; 6 = „ungefähr einmal im Monat“; 7 = „mehrmals im Jahr“; 8 = „ungefähr 1–2 mal im Jahr“; 9 = „seltener als einmal im Jahr“; 10 = „nie“.

  23. 23.

    Dieses Item wurde mithilfe einer vierstufigen Skala von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 4 = „stimme stark zu“ erhoben.

  24. 24.

    Auch dieses Item wurde auf einer vierstufigen Skala erhoben von 1 = „Nein, gar nicht“ bis 4 = „Ja, sehr viel“.

  25. 25.

    Die persönlichkeitspsychologische Fundierung ihres Modells zu intrinsischer und extrinsischer Religiosität basiert auf den Studien zum autoritären Charakter von Theodor Adorno (2013).

  26. 26.

    Allport/Ross verweisen darauf, dass diese Ambivalenz sich bereits auf der theoretischen Ebene widerspiegelt, da Religionen einerseits starke Konformität einfordern würden und jeweils in einem Wettbewerb zueinander stünden, andererseits aber auch Brüderlichkeit und Barmherzigkeit lehren würden (vgl. Allport/Ross 1967: 433).

  27. 27.

    Zwar beansprucht ihr Modell nicht explizit nur Geltung für Kirchgänger, diese stellen aber den Ausgangspunkt für ihre Überlegungen dar, wenn sie sagen, dass „regular attenders who go to church once a week or oftener […] are people who receive something of special ideological and experiential meaning“, wohingegen “[i]rregular, casual fringe members, on the other hand, regard their religious contacts as less binding, less absorbing, less integral with their personal lives” (Allport/Ross 1967: 343).

  28. 28.

    Da die Religion für extrinsisch orientierte Individuen zwar eine wichtige Funktion erfülle, diese aber nicht in der Religion selbst liege, könne angenommen werden, dass extrinsisch Gläubige auch nur gelegentliche Gottesdienstbesucher seien (vgl. Allport 1966: 455).

  29. 29.

    Die Überlegung, dass eine instrumentelle Verwendung von Religion zur eigenen Bedürfnisbefriedigung mit negativen Einstellungen anderer Gruppen gegenüber zusammenhängt, findet sich bereits bei W. Cody Wilson (1960), auf den Allport und Allport/Ross jeweils verweisen. In seiner Studie verwendet er auch bereits den Begriff einer extrinsischen religiösen Wertorientierung. Allerdings fehlt bei ihm der Aspekt der intrinsischen Orientierung vollkommen, so dass er lediglich zwischen dem Vorhandensein einer extrinsischen Orientierung und deren Abwesenheit unterscheidet (vgl. Wilson 1960: 286).

  30. 30.

    Interessanterweise taucht dieser Aspekt in den Überlegungen zu einem Modell von Zentralität der Religiosität von Stefan Huber (2003), das eine Kombination der Modelle von Allport/Ross und Glock darstellt, so nicht auf.

  31. 31.

    Die These maßgeblicher Überschneidungen beider Konzepte soll freilich nicht bedeuten, dass sie deckungsgleich wären. Dies wird allein daran deutlich, dass die Skala z. T. auch die anderen Glockschen Dimensionen abdeckt. So betreffen die Items 1, 2 und 4 eher die Praxisdimension, 5 die Dimension der religiösen Erfahrung und 6 die intellektuelle Dimension.

  32. 32.

    Donahue (1985) versieht in seiner Meta-Analyse verschiedener Studien die Differenz zwischen I und E noch mit einem etwas anderen Akzent, wenn er darauf hinweist, dass E weniger Religiosität als viel eher Einstellung zu Religion sei (vgl. Donahue 1985: 405).

  33. 33.

    Dass die reine Konzentration auf die Relevanz von Religion für das Individuum möglicherweise zu kurz greift, lässt sich aufgrund der Forschungsarbeiten von Rokeach 1968 vermuten. Demnach komme es bei der Untersuchung von religiösen Personen nicht nur darauf an, als wie wichtig sie ihre religiösen Werte einstufen (intrinsische Orientierung), sondern auch, welcher Stellenwert anderen Werten zukommt. So fand er bei zwei verschiedenen Gruppen von Religiösen, einer „open-minded“ und einer „closed-minded“, heraus, dass erstere soziale Werte als am zweitwichtigsten (nach den religiösen Werten) einstufte, während die zweite Gruppe nach den religiösen Werten politischen und ökonomischen Werten die höchste Priorität gab (vgl. Rokeach 1968: 195).

  34. 34.

    Allport weist jedoch bereits in dem Artikel von 1966 darauf hin, dass es einige Individuen gebe, die sowohl intrinsische als auch extrinsische Orientierungen in sich vereinen und in seinen Augen insofern eine gewisse Inkonsistenz zeigen (vgl. Allport 1966: 456).

  35. 35.

    Zwar konnten die Autoren an einzelnen Beispielen nachweisen, dass die von ihnen verwendeten Items sich aufgrund ihrer Formulierung zwar zum Teil tatsächlich formallogisch ausschlossen, dies galt bei weitem aber nicht für alle Items. Möglicherweise wäre man hier besser beraten gewesen, die Annahmen auch vor dem Hintergrund der formulierten Items grundsätzlich zu überdenken.

  36. 36.

    Aufgrund der Tatsache, dass in ihren Studien nur Personen befragt wurden, die zumindest hin und wieder den Gottesdienst besuchen, tauchte der vierte Typus in ihrer Stichprobe nicht auf (vgl. Allport/Ross 1967: 438).

  37. 37.

    Generell zeigte sich in ihren Befunden aber eine gewisse Inkonsistenz in Bezug auf die Ablehnung von Afroamerikanern. So zeigte in einigen Subgruppen der ‚indiscriminate type‘ weniger Ablehnung als der extrinsische Typus (Katholiken, Lutheraner, Nazarene), bei zwei Subgruppen (Presbyterianer, Methodisten) waren extrinsisch Orientierte sogar positiver eingestellt als intrinsisch Orientierte (vgl. Allport/Ross 1967: 436; 439).

  38. 38.

    Dies sei vor allem bei Personen der Fall, die ihre (soziale) Umwelt als bedrohlich wahrnehmen (vgl. Rokeach/Restle 1960: 62).

  39. 39.

    Vgl. hierzu auch die ausführliche Diskussion über Allports Vorurteilskonzeption in Abschnitt 2.2.1.

  40. 40.

    Batson bezieht diese Diagnose vor allem auf die Items 2, 3 und 9 (vgl. Tabelle 3.2). Seine Vermutungen dürften mit Sicherheit aber auch bei anderen Items zutreffen, so beispielsweise die Aussagen 7 und 8 in Tabelle 3.2.

  41. 41.

    Die Originalskala enthält lediglich 6 Items. Aufgrund der schlechten Reliabilität der Skala wurde die neue Version mit 12 Items konstruiert. Ein ausführlicher Bericht über die Reliabilität der Quest-Skala sowie die Entwicklung der neuen Items unter Einbeziehung unterschiedlicher Datensätze findet sich bei Batson/Schoenrade 1991b.

  42. 42.

    Einschränkend muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Items z. T. über beträchtliche Nebenladungen verfügten (vgl. Batson/Schoenrade 1991b: 440, Table 4).

  43. 43.

    Zur genauen inhaltlichen Beschreibung der Skalen, der Hypothesenbildung der Studie sowie der einzelnen Items vgl. Batson 1976.

  44. 44.

    Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Doctrinal Orthodoxy Scale keine religiöse Exklusivität und keinen Dogmatismus erhebt. Zur genauen Operationalisierung vgl. Batson 1976: 44.

  45. 45.

    Dabei verwendet Batson nicht dieselbe Terminologie wie Allport/Ross. Er differenziert zwischen „religion as a Means to other ends“, welche der extrinsischen Orientierung entspricht, „religion as an End in itself“, was die intrinsische Religiosität meint, und schließlich „religion as a Quest“ (Batson 1976: 33).

  46. 46.

    In einer Faktorenanalyse kam heraus, dass die extrinsische Orientierung einen Faktor bildete, die Quest-Orientierung ebenfalls einen eigenen Faktor darstellte und die anderen vier Skalen (intrinsisch, internal, external und orthodox) jeweils auf einem Faktor luden, den Batson dann als intrinsisch bzw. als „Religion as End“ interpretierte (vgl. Batson 1976: 35, Table 2). Dieses Ergebnis konnte in einer weiteren Studie von Batson, Naifeh und Pate (1978) weitgehend repliziert werden, mit der Ausnahme, dass die externale Skala hier auf dem Quest-Faktor lud (vgl. Batson/Naifeh/Pate 1978: 34, Table 1). Es muss aufgrund der von Allport/Ross abweichenden Messung der intrinsischen Dimension bei Batson also stets berücksichtigt werden, dass sein Konzept nicht eins zu eins dem von Allport bzw. Allport/Ross entspricht.

  47. 47.

    Einer der zentralen Kritikpunkte von Batson war ja von vornherein die methodische Umsetzung bei Allport/Ross. Daher hat er zusätzlich zu der Studie mit den Fragebögen noch zwei Experimente durchgeführt, bei denen der Zusammenhang der religiösen Orientierung mit prosozialem Verhalten untersucht wurde. Auch wenn auf diese Experimente hier nicht näher eingegangen werden soll, da sie nicht denselben Untersuchungsgegenstand behandeln, sei dennoch darauf verweisen, dass bei diesen Untersuchungen zwar eine Differenz bei den drei religiösen Orientierungen in der Art der angebotenen Hilfe gefunden werden konnte, nicht jedoch in Bezug auf die Frage, ob Hilfe überhaupt angeboten wurde (vgl. Batson 1976: 40). Für den genauen Versuchsaufbau der beiden Experimente vgl. Batson 1976: 38–40.

  48. 48.

    Zur Messung sozialer Erwünschtheit wurde die Marlowe-Crone Social Desirability Scale verwendet (vgl. Batson/Naifeh/Pate 1978: 33).

  49. 49.

    Vorurteile wurden in der Studie zum einen über die auch von Allport/Ross eingesetzte Anti-Negro Scale erhoben, zum anderen konnten die Probanden zwischen einem schwarzen und einem weißen Interviewer wählen, der sie in Bezug auf ihre Religiosität befragen sollte (vgl. Batson/Naifeh/Pate 1978: 33).

  50. 50.

    Als Beispiel führen Kirkpatrick/Hood die Tatsache an, dass Allport bei intrinsischer und extrinsischer Religiosität von einer Orientierung in Bezug auf Religion spreche, es sich bei IPR dann aber um eine bestimmte Art der Wahrnehmung handele (vgl. Kirkpatrick/Hood 1990: 450).

  51. 51.

    Kirkpatrick/Hood verweisen allerdings darauf, dass ihre beiden extrinsischen Faktoren weniger als neue Erkenntnis, sondern mehr als Problem betrachtet werden müssten, da sie theoretisch nicht fundiert seien (vgl. Kirkpatrick/Hood 1990: 448). McFarland (1989) hingegen verwendet \(E_{P}\) und \(E_{s}\), obwohl er die Subskalen faktorenanalytisch nicht nachweisen kann (vgl. McFarland 1989: 330). Da er feststellt, dass \(E_{s}\), nicht aber \(E_{P}\) positiv mit negativen Einstellungen gegenüber Schwarzen und Frauen korreliert (vgl. McFarland 1989: 330, Table 2), spricht er sich für eine Verwendung der beiden Subskalen in zukünftiger Forschung aus (vgl. McFarland 1989: 334).

  52. 52.

    Allerdings unterscheidet Huber nicht drei, sondern fünf Subskalen von E. Neben den beiden Subskalen des sozialen und persönlichen (psychischen) Nutzens differenziert er zwischen Items zum religiösen Selbstbild, zur ethischen Relevanz der Religion und zur sozialen Bedingtheit von Religion (vgl. Huber 2003: 55, Tab. 2.4). Dennoch – und dies wird auch von Hubers Erläuterungen auf den folgenden Seiten 54–56 unterstützt – handelt es sich im Wesentlichen um eine ähnliche Differenzierung, bei der soziale und persönliche Funktionen von Religion unterschieden werden von dem Ausmaß, in dem Religion als zentraler Bestandteil in der Persönlichkeit des Individuums repräsentiert ist.

  53. 53.

    Diese Überlegungen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Formulierungen der Items der extrinsischen Skala der instrumentelle Charakter der Motivation zum Teil klar zum Ausdruck kommt. Diesem Punkt gilt es folglich noch einmal in Abschnitt 3.2.2.4 bei der Operationalisierung der Konstrukte vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken.

  54. 54.

    Auch Kirkpatrick/Hood weisen jedoch darauf hin, dass die Items generell von nichtreligiösen Menschen nur schwer beantwortet werden könnten (vgl. Kirkpatrick/Hood 1990: 455).

  55. 55.

    Grundsätzlich sei bei der Verwendung unterschiedlich heterogener Stichproben in Bezug auf die Religiosität der Befragten zu beachten, dass insbesondere der Einfluss von I auf andere Merkmale inhaltlich unterschiedlich interpretiert werden müsste. Da Korrelationen und Regressionsgewichte auf dem Mittelwert einer Skala basieren, müsse bei Korrelations- und Regressionskoeffizienten berücksichtigt werden, dass diese in einer religiösen Stichprobe nur die Differenz zwischen ‚sehr religiös‘ und ‚moderat religiös‘ darstellen könnten, während sie in einer repräsentativen Stichprobe die Differenz zwischen ‚sehr religiös‘ und ‚nichtreligiös‘ beschreiben würden (vgl. Kirkpatrick/Hood 1990: 456).

  56. 56.

    Neben diesen beiden Aspekten kritisiert Donahue auf einer theoretischen Ebene auch die These Batsons, Glaubenszweifel seien schon für die Propheten zentral gewesen (vgl. Donahue 1985: 412–413). Außerdem hält er die ausschließliche Arbeit mit Stichproben von Studierenden für problematisch, da die Forschung gezeigt habe, dass in der Studienzeit ein höheres Maß an Reflexion über den eigenen Glauben zu finden sei als in den Phasen davor und danach (vgl. Donahue 1985: 414).

  57. 57.

    Es muss hierbei darauf verwiesen werden, dass die ‚Scale of Religious Conflict‘ nicht interreligiöses Konfliktpotential misst, sondern innerpsychische Konflikte um die eigene Religiosität erhebt. Vgl. hierzu die einzelnen Konflikt-Items der Skala (vgl. Kojetin et al. 1987: 113–114).

  58. 58.

    Batson/Schoenrade beziehen sich hier auf ein nicht veröffentlichtes Vortragsskript von Kojetin.

  59. 59.

    Allerdings müssen die Autoren einräumen, dass auch einige Konflikt-Items auf dem zweiten Faktor luden (vgl. Batson/Schoenrade 1991a: 425).

  60. 60.

    In der Studie sind für die Erhebung von E insgesamt vier Items eingesetzt worden. Das zweite Es-Item „Ein Grund für meine Kirchenmitgliedschaft ist für mich, dass diese Mitgliedschaft hilft, an meinem Wohnort anerkannt zu werden“ wird aber aus allen Analysen ausgeschlossen, da es aus formallogischen Gründen nur an Kirchenmitglieder gerichtet war und Konfessionslose ausgeschlossen wurden.

  61. 61.

    In der Sozialpsychologie wird das Selbst-Konzept allgemein als die Summe der vom Individuum subjektiv wahrgenommenen Eigenschaften bezogen auf das eigene Selbst verstanden (vgl. Smith/Mackie 2007: 96).

  62. 62.

    Es gilt zu reflektieren, dass eine Nichtzustimmung zu I zwar eine geringe Verankerung der Religiosität im Individuum messen dürfte, dies aber sowohl für ‚weniger religiöse‘ wie auch für ‚nichtreligiöse‘ Individuen gelten dürfte.

  63. 63.

    Einschränkend muss hier allerdings erwähnt werden, dass die deutlich höheren Werte für Cronbach’s Alpha höchst wahrscheinlich vor allem auf die Itemanzahl zurückzuführen ist. Dennoch sprechen die Ergebnisse dafür, dass speziell die ergänzten Items die Messung erheblich verbessern.

  64. 64.

    Die zweite Frage, inwieweit sich säkulare Personen überhaupt bei I, E und Q positionieren können, ist damit natürlich noch nicht beantwortet. Daher gilt es, in der Diskussion der deskriptiven Ergebnisse auch den Anteil der Befragten zu betrachten, die keine Antwort gegeben haben.

  65. 65.

    Vgl. hierfür die einzelnen Items der Subskala zu Orthodoxie bei Putney/Middleton 1961: 286.

  66. 66.

    Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. So thematisieren Ellison und Musick (1993) Fundamentalismus zwar theoretisch. In ihrem Konzept, das vier Aspekte umfasst, findet diese Trennung hingegen keinen Einzug. So beinhaltet Fundamentalismus für sie ein wörtliches Bibelverständnis (1), den Glauben an einen Gott, der richtet und aktiv in das Leben der Menschen eingreift (2), die permanente Präsenz der Sündhaftigkeit des Menschen (3) und schließlich den Glauben, dass nur die Befolgung der christlichen Lehren zu einer persönlichen Erlösung führen kann (4) (vgl. Ellison/Musick 1993: 381). Lediglich der vierte Aspekt kann m. E. dem Bereich der Struktur des Glaubens zugesprochen werden, während die anderen drei Aspekte recht deutlich die Inhalte des Glaubens im Blick haben.

  67. 67.

    Diese Theologien verorten die Autoren historisch als Bestandteil einer fundamentalistischen Bewegung im 19. Jahrhundert in den USA, welche sie als „Historic Fundamentalism“ bezeichnen (vgl. Ethridge/Feagin 1979: 37).

  68. 68.

    In Anlehnung an Rokeach/Restle (1960) zeichnet sich ein geschlossenes Persönlichkeitssystem dadurch aus, dass Informationen, die durch eine Autorität zur Verfügung gestellt werden, als absolut wahr angenommen werden, so dass bei einem solchen Persönlichkeitssystem keine Trennung zwischen der Information und der Informationsquelle vorgenommen wird (vgl. Rokeach/Restle 1960: 58 sowie die Erläuterungen in Abschnitt 3.2.2.1).

  69. 69.

    Altemeyer und Hunsberger (1992) definieren RWA als eine bestimmte Form von Autoritarismus, die im Wesentlichen aus drei Komponenten besteht: Die Unterwerfung unter Autoritäten, autoritäre Aggression und Konventionalismus (vgl. Altemeyer/Hunsberger 1992: 114 sowie die ausführlichere Thematisierung in Abschnitt 4.1.1.2).

  70. 70.

    Ein ähnlicher Zugang findet sich auch bei Jelen/Wilcox (1991). Sie thematisieren eine spezifische Reaktionsweise von Menschen mit einem wörtlichen Bibelverständnis, bezeichnen diesen Reaktionsstil in Anlehnung an Rokeach (1960) allerdings als Dogmatismus (vgl. Jelen/Wilcox 1991: 32–33). Trotz der begrifflichen Differenz finden sich jedoch große inhaltliche Übereinstimmungen zwischen den Konzepten.

  71. 71.

    Zur Messung von Orthodoxie wurde die Short Christian Orthodoxy Scale von Hunsberger (1989) eingesetzt.

  72. 72.

    Insgesamt fokussiert die Fundamentalismusskala von Altemeyer/Hunsberger (1992) stark auf den Aspekt der Abgrenzung. Allerdings finden sich erneut in Bezug auf die Heilige Schrift doch gewisse Überschneidungen mit der Skala zu christlicher Orthodoxie (vgl. Fullerton/Hunsberger 1982: 320, Table 1; Altemeyer/Hunsberger 1992: 130–131, Appendix B).

  73. 73.

    Altemeyer/Hunsberger (1992) berichten von Korrelationen zwischen ,60 und ,75 (vgl. Altemeyer/Hunsberger 1992: 119).

  74. 74.

    Die hier konstatierte Analogie von Fundamentalismus und Exklusivität findet sich in ähnlicher Weise auch bei Jürgen Leibold und Andrea Kummerer (2011), die zwar den Fundamentalismusbegriff verwenden, diesen aber „als Glaube an die Überlegenheit der eigenen religiösen Überzeugungen“ (Leibold/Kummerer 2011: 314) verstehen.

  75. 75.

    Herek verwendete in seiner Studie zur Messung von Orthodoxie allerdings nicht die von Batson entwickelte Skala, sondern eine Skala zur Messung religiöser Ideologie, die an die von Putney und Middelton (1961) entwickelte Orthodoxie-Skala angelehnt ist (vgl. Herek 1987: 37; Putney/Middelton 1961: 286).

  76. 76.

    Vgl. hierfür die einzelnen Items der Skala in Rokeach 1960: 73–80.

  77. 77.

    Als Scheinkorrelation wird ein statistischer Zusammenhang zwischen zwei Variablen bezeichnet, der bei Berücksichtigung einer dritten Variable verschwindet (vgl. Friedrichs 1990: 390; Atteslander 2008: 297).

  78. 78.

    In ihrer Metaanalyse wurden Studien einbezogen, die Intoleranz gegenüber ethnischen Gruppen, Homosexuellen, Frauen, Kommunisten und religiösen Fremdgruppen untersuchten. Außerdem wurden solche berücksichtigt, die Zusammenhänge mit Autoritarismus überprüften (vgl. Hunsberger/Jackson 2005: 811, Table 1).

  79. 79.

    Die Effekte von Q blieben auch bei statistischer Kontrolle nach Fundamentalismus weitgehend bestehen (vgl. McFarland 1989: 331, Table 3).

  80. 80.

    Es wurden in der Studie von Kirkpatrick Einstellungen zu denselben Gruppen untersucht wie bei McFarland.

  81. 81.

    Von den vielen Untersuchungen, die Hunsberger/Jackson in ihre Metaanalyse einbezogen, gab es allerdings nur drei, die den Zusammenhang zwischen Fundamentalismus und interreligiösen Vorurteilen untersuchten.

  82. 82.

    Die zitierten Ergebnisse lassen sich mit den in Kapitel 5 durchgeführten Analysen allerdings nur bedingt vergleichen. Dies liegt vor allem daran, dass in allen diesen Analysen die generelle Haltung zu Muslimen auf einer vierstufigen Skala (sehr positiv bis sehr negativ) als abhängige Variable verwendet wurde. Darüber hinaus sind größtenteils auch andere Prädiktorvariablen verwendet worden. Dennoch lassen die Ergebnisse deutliche Effekte für Exklusivität insbesondere bei den Einstellungen zu Muslimen erwarten, denn der Indikator war in fast allen Modellen signifikant.

  83. 83.

    Dabei dürfte für die vorliegende Untersuchung besonders interessant sein, dass die Autoren Toleranz über das Zugeständnis von zivilen Rechten für bestimmte Gruppen gemessen haben (vgl. Ellison/Musick 1993: 383–384), so dass eine große Nähe zu dem hier verwendeten Toleranzkonzept besteht.

  84. 84.

    Es muss dabei darauf hingewiesen werden, dass traditionell versus alternativ normalerweise nicht als Binnendifferenzierung im Bereich privatisierter Religiosität konzipiert ist. So lassen sich beide Formen sowohl im privaten wie im institutionellen Bereich finden (vgl. Müller 2013: 80–81). In diesem Abschnitt liegt die Konzentration aber auf den privatisierten Formen, weshalb alternative institutionalisierte Arten der Religiosität unberücksichtigt bleiben.

  85. 85.

    Die theoretischen Schilderungen zum Intergruppenvergleich dieses Kapitels stellen eine Kombination zweier zuvor bereits veröffentlichter Aufsätze dar. Es handelt sich hierbei um folgende Publikationen: Friedrichs, Nils (2012): Die Bilder der Deutschen vom Islam. Soziale Kategorisierung und die Entstehung von Feindbildern. In: Fürst, Alfons/Harutyunyan, Harutyun/Schrage, Eva-Maria/Voigt, Verena (Hrsg.): Von Ketzern und Terroristen. Interdisziplinäre Studien zur Konstruktion und Rezeption von Feindbildern, Münster, 191215 sowie Friedrichs, Nils (2014): Das Verhältnis von Christen zu Muslimen und Atheisten: Zur Bedeutung von sozialer Kategorisierung und Identifikation im Interreligiösen Vergleich. In: Pollack, Detlef/Müller, Olaf/Rosta, Gergely/Friedrichs, Nils/Yendell, Alexander: Grenzen der Toleranz. Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt in Europa, Wiesbaden, 155178. Die hier präsentierten Überlegungen können in gewisser Weise als eine Weiterentwicklung der angegebenen Aufsätze verstanden werden. Während in dem ersten Text der Fokus noch sehr klar auf einen interreligiösen Vergleich zwischen Muslimen und Christen gerichtet war, kam der Frage von Gruppenvergleichen zwischen Religiösen und Atheisten in dem Beitrag von 2014 bereits eine größere Bedeutung zu. Da die bisherigen Ergebnisse sehr klar für letzteren Vergleich sprechen, werden soziale Kategorisierungstheorien im vorliegenden Werk direkt zur Erklärung negativer Einstellungen von Atheisten herangezogen.

  86. 86.

    Individuelle Dispositionen werden in diesen Ansätzen aber nicht vollkommen ignoriert. Aber es wird angenommen, dass sie lediglich die Stärke der positiven oder negativen Einstellungen zu anderen Gruppen beeinflussen (vgl. Sherif 1970: 13).

  87. 87.

    Als Beispiele für explizit nicht-religionskritische Formen von Atheismus können Konzepte des frommen Atheisten (vgl. Schnädelbach 2008: 11) oder des Atheismus philosophicus und Atheismus practicus (Lilje 1965: 27; 35) angeführt werden.

  88. 88.

    Vereinzelt existieren jedoch auch Konzeptionen, aus denen sich zumindest implizit ableiten lässt, dass Atheismus mit einer kritischen Position gegenüber Religion zusammengedacht wird. So verweisen Rose/Wermke (2014) darauf, Konfessionslosigkeit sei „vielfach keine dezidiert eindeutig und konsequent ablehnende Haltung zur Religion […], wie sie mit den Begriffen Atheismus oder Areligiosität bezeichnet werden könnte“ (Rose/Wermke 2014: 10).

  89. 89.

    Es handelt sich hierbei um die fünfte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland.

  90. 90.

    Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass die beiden Aspekte Verhältnis Atheismus – Religionskritik (1) und Atheismus/Religionskritik – religiöse Vielfalt (2) theoretisch und empirisch nicht getrennt untersucht werden können und müssen. Im Gegenteil, beide Aspekte sind als zwei Schritte eines sozialen Bewertungsprozesses zu verstehen und als solche separat zu analysieren.

  91. 91.

    In der klassischen Variante, in der die Probanden zufällig in Gruppen aufgeteilt wurden und beliebig Geld an die Eigen- oder die Fremdgruppe verteilen sollten, stellte Tajfels fest, dass die Erzeugung einer maximalen Differenz zwischen den Gruppen angestrebt wurde (vgl. Tajfel et al. 1971: 172). Ebenso erwies sich die Ähnlichkeit der Gruppenmitglieder gegenüber dem Wissen um die eigene Zugehörigkeit als weniger bedeutsam (vgl. Billig/Tajfel 1973: 47–48).

  92. 92.

    Diese Ressourcen müssen nicht notwendigerweise materieller Art sein. So nennt Sherif unter anderem auch Werte, eine reale oder wahrgenommene Bedrohung der eigenen Gruppe, politische Ziele oder Prestige als mögliche Ressourcen (vgl. Sherif 1970: 15).

  93. 93.

    Tajfel leitet diese These von der Tatsache ab, dass sich in Sherifs Summer Camp Studies die Identifikationen mit der Eigengruppe nicht nur unter Konkurrenzbedingungen (z. B. sportliche Wettkämpfe) bildete, sondern es zeigten sich im Anschluss an die Einteilung in Gruppen generell Tendenzen zur Präferenz der Eigen- gegenüber der Fremdgruppe.

  94. 94.

    Zwar weisen auch Tajfel/Turner bereits darauf hin, dass nicht jede soziale Fremdgruppe für soziale Vergleiche herangezogen werde, die Schilderung der Bedingungen, unter denen eine Gruppe als relevante Vergleichsgruppe betrachtet wird, bleibt bei ihnen jedoch noch recht unsystematisch (vgl. Tajfel/Turner 1986: 16–17).

  95. 95.

    Eine bedeutsame Voraussetzung in diesem Modell liegt in der Annahme, dass soziale Gruppen (Kategorien) immer hierarchisch strukturiert sind, so dass jede Gruppe einerseits in unterschiedliche Subgruppen gegliedert werden kann, andererseits kann sie auch eine Subgruppe für eine übergeordnete Kategorie darstellen.

  96. 96.

    Ob sich dieser Befund auch in Bezug auf Einstellungen zum Islam bestätigt, ist insofern interessant, als dass die Einschätzung José Casanovas auf den Prüfstand gestellt würde, der die These vertritt, die Grenze der säkularen Toleranz sei erreicht, sobald es um den Islam gehe (vgl. Casanova 2007: 64).

  97. 97.

    Bei den Modellen von Huber/Krech sind allerdings einige Einschränkungen in Bezug auf die abhängige Variable zu nennen. Diese besteht aus den Aussagen „Für mich hat jede Religion einen wahren Kern“ und „Ich finde, man sollte gegenüber allen Religionen offen sein“ (vgl. Huber 2009: 28). Nichtreligiösen Befragten dürfte es schwerfallen der ersten Aussage zuzustimmen, da diese eine gewisse religiöse Bindung voraussetzen dürfte. Insofern erscheint dieser Befund m. E. tautologisch.

  98. 98.

    Die Autoren verweisen in diesem Zusammenhang jedoch auf die Bedeutung der historischen Position, die Religion in der amerikanischen Zivilgesellschaft einnimmt, so dass ihre Ergebnisse nur eingeschränkt auf die Situation in Deutschland übertragbar sein dürften (vgl. Edgell/Hartmann/Gerteis 2006: 230).

  99. 99.

    Einschränkend ist in Bezug auf die faktorenanalytischen Ergebnisse jedoch darauf hinzuweisen, dass Items, die eine gleichgültige Haltung zu Religion und Kirche messen, stärker laden als die religionskritischen Aussagen (vgl. Pickel/Spieß 2015: 254, Tab. 1).

  100. 100.

    So kommt Hendrik Lange (2016) auf Basis von Mehrebenenanalysen zu dem Ergebnis, dass sich das Ausmaß der Akzeptanz einer Verschränkung von Religion und Politik primär durch den Grad der eigenen Religiosität vorhersagen lässt (vgl. Lange 2016: 147–148, vor allem Tab. 5).

  101. 101.

    Zugleich darf auch dies nicht als selbstverständlich angenommen werden, wie sich an zahlreichen Konflikten zu der Frage, wie viel Raum Religion in der Schule einnehmen darf, deutlich wird. Vgl. hierzu die Übersicht von Rolf Schieder (2001), vor allem die Kapitel 9 und 10. Eine kontroverse Diskussion lässt sich in jüngerer Zeit auch für islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen beobachten (vgl. Schieder 2013: 86–89).

  102. 102.

    Es existieren zumindest Hinweise, dass sowohl konventionell religiöse als auch spirituelle Menschen eine Trennung von Religion und anderen Gesellschaftsbereichen eher ablehnen (vgl. Pickel/Pollack/Müller 2012: 246).

  103. 103.

    Dabei müssen einige kleinere Abweichungen zwischen der vorliegenden Stichprobe und den amtlichen Statistiken festgestellt werden. Hier beträgt der Anteil der Katholiken in Deutschland 30,2, der der Protestanten 29,2 und der Anteil Konfessionsloser liegt bei 30,3 Prozent. Hinzu kommen 10,1 Prozent, die einer anderen Religion angehören (vgl. Pollack/Müller 2013: 34, Abbildung 10). Dabei muss allerdings bedacht werden, dass im Bereich der Protestanten lediglich die Mitglieder der evangelischen Landeskirchen eingehen, während evangelisch-freikirchliche Christen zu den ‚anderen‘ Gemeinschaften zählen. In dieser Untersuchung sind diese aber in den Anteil der Evangelischen eingerechnet.

  104. 104.

    Dabei ist gewiss zu bedenken, dass Aussagen zu Handlungsvorhaben wie bei den Items I1 und Q1 weichere Indikatoren darstellen als die Häufigkeit des Gottesdienstbesuchs. Während ersterer sich prinzipiell objektiv erfassen lässt, lassen sich letztere kaum objektiv messen und bleiben somit selbst Teil von Einstellungsmessungen.

  105. 105.

    Bei der extrinsischen Orientierung wurden alle drei Items einbezogen, so dass die Differenzierung zwischen extrinsisch-personal und extrinsisch-sozial aufgegeben wurde.

  106. 106.

    Für die genaue Formulierung der Frage sowie der Antwortoptionen vgl. die Erläuterungen in Abschnitt 3.2.5.4.

  107. 107.

    Die Korrelationen zwischen beiden Variablen sind signifikant, p < ,001.

  108. 108.

    Bei diesem Vorgehen ist grundsätzlich die Frage zu stellen, inwieweit es nicht sinnvoller ist, die Einzeldimensionen der Identifikation, Ideologie und Praxis separat im Hinblick auf ihren Einfluss auf die Bewertung religiöser Pluralität zu untersuchen. Gerade für diese Frage liefert die Struktur hinter den fünf Einzelindikatoren Hinweise. Darüber hinaus kann in Anlehnung an Huber (2003; 2009) argumentiert werden, dass über diese klassischen religionssoziologischen Indikatoren die Intensität von Religiosität eingeschätzt werden kann.

  109. 109.

    Problematisch ist bei dieser Analyse jedoch, dass die Fragen zur öffentlichen und privaten Praxis, strenggenommen, ordinal skalierte Variablen darstellen.

  110. 110.

    Für die Berechnung von Cronbach’s Alpha werden allerdings nicht die Faktorwerte zugrunde gelegt, sondern die Mittelwerte der jeweiligen Skala. Lediglich die Zuordnung der einzelnen Items zu der entsprechenden Skala basiert auf den Ergebnissen der Faktorenanalysen.

  111. 111.

    Vgl. hierzu die Erläuterungen zur Bedeutung der Itemanzahl einer Skala für den Koeffizienten in Abschnitt 2.4.6.1.

  112. 112.

    Einschränkend muss jedoch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der CO-Faktor stärker durch Aussagen zur Trennung von Schule und Religion geprägt wird, ein Bereich, in dem ein Engagement religiöser Akteure in Deutschland z. T. erwünscht ist (vgl. Abschnitt 3.2.6).

  113. 113.

    Es sei einschränkend aber nochmals darauf verwiesen, dass inhaltliche Interpretationen in Ostdeutschland aufgrund der schiefen Verteilung und starken Ausprägung von RK schwierig ist.

  114. 114.

    Hierzu sind jedoch zwei Anmerkungen zu machen. Erstens entbindet das Argument empirischer Differenz bzw. Indifferenz nicht von der Pflicht, theoretisch fundierte Hypothesen zu entwickeln, basiert die getrennte Analyse der drei Einstellungsdimensionen schließlich in erster Linie auf theoretischen Überlegungen. Zweitens besteht die Möglichkeit, über die in Kapitel 5 durchzuführenden multivariaten Regressionsmodelle zu testen, ob Merkmale, die hoch miteinander korrelieren, z. T. doch durch unterschiedliche Variablen erklärt werden können und sich auf dieser Ebene gleichsam eine Differenz feststellen lässt, die in den Korrelationen in Abschnitt 2.5.2 nicht zutage getreten ist.

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Friedrichs, N. (2020). Religion und Religiosität. In: Integration von religiöser Vielfalt durch Religion?. Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30858-2_3

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