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Lügenpresse, gesunder Volkskörper, tatkräftiger Macher: Erzählformen des Populismus

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Narrative des Populismus

Zussamanfassung

Der globale Aufstieg des Populismus ist nicht nur für viele kritische Bürgerinnen und Bürger rätselhaft, sondern stellt auch die sozialwissenschaftliche Forschung vor die Herausforderung, überzeugende Erklärungsangebote anzubieten. Der Beitrag schließt an aktuelle Überlegungen aus der politikwissenschaftlichen und kultursoziologischen Populismusforschung an, in denen Wesensmerkmale und Politikstile identifiziert werden und versucht, aus einer stärker narratologischen Perspektive dominante Erzählformen herauszuarbeiten. Hierbei wird die These vertreten, dass sich der Erfolg populistischer Narrative nur in Wechselwirkung zur Vertrauenskrise einer unglaubwürdig gewordenen liberalen Erzählung eines allgemeinen Fortschrittsversprechens verstehen lässt. Der in vielen Ländern entstandene Antagonismus zwischen populistischen und liberalen Narrativen ist jedoch nicht auf der Ebene der rationalen Argumentation auflösbar – beispielsweise durch die Strategie des Faktenchecks – wodurch die gegenseitige Feindseligkeit eher reproduziert wird. Vielmehr bewegen sich populistische Narrative meist auf einer rein affektiven Ebene, binden liberale Elemente in einer pervertierten Weise in ihre Erzählformate ein und mobilisieren dadurch brüchig gewordene kollektive Identitäten. Fünf Erzählformen sind von zentraler Bedeutung: die Aversion gegen Establishment, Funktionseliten und Intellektualität, die mit dem Topos des Verrats verbunden ist; die Reaktivierung von Opfermythen und Heldengeschichten; die Beschwörung des zu schützenden „Volkskörpers“ durch externe Feindbildkonstruktionen, die auf die Mobilisierung von Ängsten abzielt; die „einfache Herkunft“ als Glaubwürdigkeitsversprechen und die Verklärung der Heimat; die widersprüchliche Inszenierung von Moral und Exzess.

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Gadinger, F. (2019). Lügenpresse, gesunder Volkskörper, tatkräftiger Macher: Erzählformen des Populismus. In: Müller, M., Precht, J. (eds) Narrative des Populismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22374-8_7

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