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Sozialität und Visualität: Traditionslinien eines Forschungsprogramms

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Soziologie Visueller Kommunikation
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Zusammenfassung

Artefakte gehören seit der frühesten Kulturgeschichte zu den Lebenswirklichkeiten des Menschen. Kleidung, Schmuck, Kultobjekte, Gebrauchsgegenstände, Behausungen, Bilder und viele Dinge mehr erlangen seit jeher ihre Zweckmäßigkeit nicht nur durch ihre Materialität und ihren praktischen Nutzen, sondern auch – und damit zusammenhängend – über ihre sinnhaften Bedeutungen. Die visuelle Erscheinungsform gestalteter Dinge hat hieran wesentlich Anteil. Das Kapitel führt in die Tradition sozial- und kulturwissenschaftlicher Auseinandersetzungen mit dem Visuellen ein, um die besondere Bedeutung der Soziologie für die (Re-)Konstruktion der Sozialbezüge visueller Kommunikation zu betonen.

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Notes

  1. 1.

    Geertz (1983, S. 29 [1973]) lehnt seine Formulierung an Max Webers Definition von Kultur als „ein vom Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens“ an (Weber 1982, S. 180 [1904], Hervorhebung im Original). Zur Reflexion des Kulturbegriffs für vorliegende Arbeit vgl. Abschn. 7.7.3.

  2. 2.

    Vgl. z. B. Althoff (2003); zu einem Überblick auch Köstler/Seidl (Hrsg. 1998).

  3. 3.

    Man denke z. B. an die Untersuchungen der Annales-Schule (vgl. Ariès/Duby/Veyne 1989).

  4. 4.

    Insbesondere Macht (Herrschaftshäuser und Papsttum), Religion und Wissenschaft sind hier relevante Bezugsgrößen.

  5. 5.

    Der Versuch der Dechiffrierung von kulturgebundenen wie einzelne Kulturen transzendierenden „Pathosformeln“ (2001) und mythologischen (Bild-)Narrationen des Projekts „Mnemosyne“ (Warburg 2003) belegen dies ebenso eindrucksvoll wie die Studie zum „Schlangenritual“ (vgl. Warburg (2011 [1938]), die die Analyse ästhetischer Formen (Körperbemalungen, Tänze, Architektur u. a.) einbindet in die Untersuchung von Ritualen, Zeremonien und anderen Praxisformen und daher unter theoretischen wie methodologischen und methodischen Gesichtspunkten weniger an eine kunstwissenschaftliche Untersuchung im traditionellen Sinne, denn an eine ethnografische Feldstudie erinnert.

  6. 6.

    Vgl. Pinder (1949 [1926]).

  7. 7.

    Vgl. Baxandall (1972), Bredekamp (1975), Warnke (1992).

  8. 8.

    Vgl. Warnke (Hrsg. 1988), Bredekamp (2010, S. 192–230), Warnke/Fleckner/Ziegler (Hrsg. 2011).

  9. 9.

    Vgl. Bredekamp (2010, S. 197–203), Vismann (2007).

  10. 10.

    Insbesondere im Kontext der Kultur- und Mediensemiotik steht das Visuelle schon länger im Fokus (vgl. Barthes (1964), Eco (1977)). Zu einem Überblick semiotischer Bild-Konzepte siehe Nöth (2000, S. 508–551). Zur Frage nach der genuin kulturellen Bedeutung von Bildern im Anschluss an semiotische Modelle vgl. Schelske (1997).

  11. 11.

    Vgl. z. B. die klassischen ethnologischen Studien von Malinowski (1929) und Bateson/Mead (1942). Fotos und Filme werden hier als Aufzeichnungs- und Speicher-Medien von (Feld-)Daten genutzt (zu einer kritischen Darstellung der kolonialistischen Perspektive ethnografischer Forschung Hägele (2011); zu einem Überblick vgl. Ball/Smith (1992), Petermann (2000), Pink (2001). Zur Geschichte der Visual Anthropology zwischen 1860–1920 vgl. Edwards (Hrsg. 1994)). Auch die Ethnomethodologie bezieht Visualität früh in ihre Methoden und Methodologien ein (z. B. Jalbert Hrsg. 1999; Goodwin 2001).

  12. 12.

    Klassische Studien sind z. B. Chalfen (1987) und Worth/Adair (1972); zu einem Überblick vgl. Schändlinger (1997). Eine neuere Entwicklung sind z. B. die „Performativen Sozialwissenschaften“ (vgl. Denzin 2008). Auch bildbezogene Befragungstechniken wie das „Photo-Interview“ (vgl. Wuggenig 1990) nutzen Bilder als Darstellungs- und Reflexionsmedien des Sozialen.

  13. 13.

    Z. B. mit dem Konzept der „Dingbedeutsamkeit“; zu einem Überblick vgl. König (2003); siehe weiterhin Gerndt/Haibl (Hrsg. 2005), Hörning (2001) und die Beiträge in Miller (Hrsg. 2009).

  14. 14.

    Vgl. z. B. Selle (1993; 1997) und Krippendorf (2006). Zu den Designwissenschaften als Wissenskulturen vgl. Mareis (2011).

  15. 15.

    Zu medienwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Phänomenen der Bildlichkeit vgl. weiterhin z. B. Baudrillard (1978; 1982), Flusser (1996), Keppler (2006), Virilio (1989). Zu einem Überblick über kommunikations- und medienwissenschaftliche Ansätze auch Müller und Geise (2015) sowie Lobinger (2012).

  16. 16.

    Zur Reflexion von „Image“ als Phänomen der Gegenwartsgesellschaft in Beziehung zu Bildmedienentwicklungen vgl. Kautt (2008); zu einer Übersicht über Fragestellungen und Themen der Filmsoziologie vgl. z. B. Winter (1992), Schroer (Hrsg. 2008), Heinze/Moebius/Reicher (Hrsg. 2012).

  17. 17.

    Vgl. Gattegno (1969), Bryson/Holly/Moxey (Hrsg. 1994), Jenks (Hrsg. 1995), Bird et al. (Hrsg. 1996), Burgin (1996), Mirzoeff (Hrsg. 2012), Barnard (1998), Evans/Hall (Hrsg. 1999), Heywood/Sandywell (Hrsg. 1999), Sturken/Cartwright (2009), Crouch/Lübbren (2003).

  18. 18.

    Eine frühe Variante der Visual Studies kann daher in kunstgeschichtlichen Untersuchungen gesehen werden, die Kunstwerke (inklusive ihrer Herstellung und Rezeption) sozialgeschichtlich kontextieren (vgl. exemplarisch Baxandall 1972).

  19. 19.

    Eine bahnbrechende Arbeit in diese Richtung ist die Studie über „die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie“ von Bourdieu u. a. (1983 [1965]). Sie zeigt, wie Inszenierungsformen und Diskursivierungen des Mediums in gruppenspezifische soziale Wirklichkeiten eingebunden sind, die ihrerseits durch die Kräfteverhältnisse der Klassen strukturiert werden. Vergleichbare Ansätze finden sich auch in der Kunstsoziologie (vgl. Paulsson 1955).

  20. 20.

    Vgl. Doy (2000), Hieber (2008a).

  21. 21.

    Vgl. Jones (2003), Carson/Pajaczkowska (2001).

  22. 22.

    Vgl. Avermaete/Karakayali/von Osten (Hrsg. 2010).

  23. 23.

    Vgl. Hieber/Villa (2007), Hieber (2008b), Schober (2009).

  24. 24.

    Insofern ist es nur konsequent, dass kunstwissenschaftliche Beiträge in sozialwissenschaftlichen Bänden zu Themen wie „Iconic Power“ (Alexander/Bartmanski/Giesen Hrsg. 2012) zu finden sind. Zur kunstgeschichtlichen Ikonografie des Politischen vgl. Warnke (1992). Dass im politischen Anspruch jenseits deskriptiver oder verstehender Perspektiven ein besonderes Merkmal der Cultural Studies im Reigen kultursoziologischer Konzepte zu sehen ist, pointiert Albrecht (2002, insb. S. 22–26).

  25. 25.

    Vgl. Raab (2008), Schnettler (2007), Bohnsack (2007).

  26. 26.

    Vgl. Knoblauch/Raab (2002).

  27. 27.

    Vgl. z. B. Latour/Woolgar (1979), Knorr Cetina (1999), Pauwels (Hrsg. 2006).

  28. 28.

    Vgl. z. B. Goffman (1969, 1986).

  29. 29.

    Zu rahmentheoretischen Bild-Analysen vgl. auch Willems (1997, S. 380–403) und Willems/Kautt (2003, S. 132–136). Für die Kommunikationswissenschaften vgl. Dahinden (2006).

  30. 30.

    Vgl. zur Kunst und zu den Massenmedien Luhmann (1995a, 1996); zur Werbung vgl. Kautt (2008).

  31. 31.

    Zu nennen wäre z. B. weiterhin die Philosophie, die bisweilen für eine stärkere Auseinandersetzung mit der sozialen Praxis im Umgang mit Bildern plädiert (vgl. z. B. Böhme 1999).

  32. 32.

    Siehe dazu im Blick auf die Einführung der Fotografie im 19. Jahrhundert ausführlich Kautt (2008, S. 36–97). Zur Reflexion und Spezifikation des Begriffs Kultur siehe Abschn. 7.7.3.

  33. 33.

    Georg Fuchs skizziert deren pädagogischen Wert folgendermaßen: „Denn eine Ästhetik der Zukunft wird nicht eine ‚Lehre vom Schönen‘ sein, sie wird niemals fragen: ‚Was ist schön?‘ – denn es ist uns längst geläufig, daß alles schön sein kann –, sondern sie wird eine Gymnastik sein, ein Training […], eine Gymnastik aller Organe, durch die wir in das Leben tauchen können, durch die wir es fühlen, fassen, schmecken, auskosten und ausschöpfen.“ (Fuchs 1904, zit. n. Kemp 1980, S. 259).

  34. 34.

    Vgl. zu dieser Debatte die Beiträge in Ehmer (Hrsg. 1971).

  35. 35.

    Die 1975 zunächst von Sol Worth herausgegebene Fachzeitschrift „Studies in the Anthropology of Visual Communication“ ist hierfür ein Beleg unter anderen. Seit 1980 erscheint das Journal unter dem Titel „Studies in Visual Communication“.

  36. 36.

    Vgl. Belting (2001). Zu einer anthropologischen Perspektive auf Bilder und Bildlichkeit vgl. auch Gehlen (1960), Joas (1994), Macho (2011) und Sachs-Hombach (2003).

  37. 37.

    Vgl. Mitchell (1986).

  38. 38.

    Vgl. Davis (2011).

  39. 39.

    Vgl. Bredekamp (2004).

  40. 40.

    Der Entwurf einer Allgemeinen Bildwissenschaft, die als Bezugspunkt verschiedener kultur- und sozialwissenschaftlicher Fachwissenschaften dienen könnte, ist ein fraglos schwieriges Unterfangen (vgl. Boehm (1994, S. 326), Mersmann (2004, S. 97) und Hornuff (2012).

  41. 41.

    Zu einem Überblick über den „visual turn“ vgl. z. B. Jay (2002), Dikovitskaya (2006) und Bachmann-Medick (2006).

  42. 42.

    Eine alternative Lesart von „pictorial turn“ bietet Mitchell, wenn er den Begriff als eine zeitspezifische „Wort/Bild-Relation“ innerhalb von Gesellschaften versteht: „Als eine Version des pictorial turn in der antiken Welt ließe es sich zum Beispiel verstehen, wenn sich die Israeliten von dem Gesetz, das ihnen Moses vom Berg Sinai bringt, abwenden und ein goldenes Kalb als ihr Idol aufrichten. Die Wendung zur Idolatrie ist von den Versionen des pictorial turn diejenige, die die meiste Angst auslöst“ (Mitchell 2008, S. 320).

  43. 43.

    Vgl. z. B. Weber (1980, S. 1) und Luhmann (1997, S. 37–43).

  44. 44.

    Um nur einige zu nennen: Visuelle Wissenssoziologie (Raab 2008), Segmentanalyse (Breckner 2010), Artefaktanalyse (vgl. Lueger 2010), Objektive Hermeneutik (vgl. Englisch 1991), Struktural-hermeneutische Symbolanalyse (Müller-Doohm 1993), Filmanalyse (z. B. Bohnsack/Marotzki/Meuser Hrsg. 2003, S. 62–66), Dokumentarische Methode (Bohnsack 2006), Videoanalyse (Reichertz/Englert 2011, Knoblauch/Tuma/Schnettler Eds. 2015).

  45. 45.

    Indessen verzichte ich im Weiteren gänzlich auf Fallanalysen. Dies geschieht in der Absicht, die grundlegenden Argumentationslinien einer Sozialökologie visueller Kommunikation zu konturieren. Eine Untersuchung, die das hier vorliegende Konzept in eine empirisch-analytische Methode überführt und dabei Fallbeispiele diskutiert, erscheint in Kürze.

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Kautt, Y. (2019). Sozialität und Visualität: Traditionslinien eines Forschungsprogramms. In: Soziologie Visueller Kommunikation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22235-2_1

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