Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich mit Montesquieus Unterscheidung zwischen Form und Prinzip, die als Kritik der klassischen Regierungslehre gelesen werden kann. Im Anschluss an Interpretationen, die Montesquieu als Politischen Soziologen und Politikwissenschaftler verstehen, wird gefragt, in welcher Weise der vorbürgerliche Denker Montesquieu für nachbürgerliche Verhältnisse produktiv gewendet werden kann, insbesondere für die Debatten zur Krise der Demokratie.
Was veraltet ist, ist deswegen nicht falsch.
(Herbert Marcuse 1963, S. 77).
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Notes
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So formuliert er: „Die vernunftbegabten Einzelwesen können Gesetze haben, die sie selbst geschaffen haben, aber sie haben auch solche, die sie nicht selbst gemacht haben. Sie waren möglich, ehe es vernunftbegabte Wesen gab; zwischen ihnen gab es mögliche Beziehungen und mithin auch möglich Gesetze. Noch ehe Gesetze geschaffen wurden, gab es mögliche Beziehungen und mithin auch mögliche Gesetze. Noch eher Gesetze geschaffen wurden, gab es mögliche Rechtsbeziehungen. Zu behaupten, dass es kein Recht oder Unrecht gebe als das, was die positiven Gesetze befehlen oder verbieten, heißt so viel wie behaupten, ehe man den ersten Kreis gezogen habe, seien die Radien nicht gleich gewesen“ (Montesquieu 1992, S. 10). Zum umfassenden Verständnis der Gesetze bei Montesquieu siehe das erste Kapitel Vom Geist der Gesetze Montesquieu (1992, S. 9, 17); vgl. auch Kondylis (1996)
- 2.
Hier wird Althussers Übersetzung des Orignals verwendet, da dies treffender ist.
- 3.
Zur Bedeutung der Geschlechterfrage im Vom Geist der Gesetze siehe Claudia Opitz (2005/1998): Politik und Geselligkeit der Geschlechter in Montesquieus Vom Geist der Gesetze, in: Mass, Edgar/Weihnacht,Paul-Ludwig (2005) Montesquieu-Traditionen in Deutschland. Beiträge zur Erforschung eines Klassikers, Beiträge zur Politischen Wissenschaft Bd. 139, Berlin, S. 251–264.
- 4.
Es ist hier nicht der Ort, um auf Montesquies politische Position näher einzugehen. Sicher ist, dass er gegenüber der Demokratie mehr als skeptisch war.
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Meints-Stender, W. (2018). Form und Prinzip. Die Montesquieusche Unterscheidung als heuristische Hypothese für eine kritische politische Theorie – ein Versuch. In: Juchler, I. (eds) Politische Ideen und politische Bildung. Politische Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20846-2_9
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