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Die Normalisierung der Ausnahme?

15 Jahre Ausnahmezustand in den USA

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Book cover Ausnahmezustand

Part of the book series: Staat – Souveränität – Nation ((SSN))

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Zusammenfassung

In Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 verhängte der damalige Präsident George W. Bush den Ausnahmezustand. Es folgten eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die in Berufung auf die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus exekutive Handlungsspielräume erweiterten und grundlegende Normen des US-amerikanischen politischen Systems suspendierten. Der Beitrag untersucht, inwiefern diese Maßnahmen zu einer Normalisierung der Ausnahme und damit zu einer nachhaltigen Veränderung der politischen Ordnung und Kultur der USA geführt haben. Entlang zentraler Gesetze und Verordnungen zeichnet der Beitrag den Aufbau eines außerrechtlichen Raums sowie dessen partielle Rückgewinnung durch das Recht nach.

Mein Dank gilt David Terwiel, Matthias Lemke und Jürgen Förster für inspirierende Gespräche und Kommentare.

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Notes

  1. 1.

    Rossiter bezeichnet diesen Zustand als ‚constitutional dictatorship‘ (konstitutionelle Diktatur).

  2. 2.

    Der Begriff bezeichnet Personen, die an feindlichen Handlungen gegen die USA oder ihre Verbündeten beteiligt waren oder diese unterstützt haben und die nicht rechtmäßige feindliche Kombattanten in Sinne des Kriegsrechts sind sowie Personen, die von einem Tribunal unter der Autorität des Präsidenten oder des Verteidigungsministers als solche eingestuft wurden (MCA 2006, 948a.).

  3. 3.

    „A national emergency exists by reason of the terrorist attacks at the World Trade Center, New York, New York, and the Pentagon, and the continuing and immediate threat of further attacks on the United States. NOW, THEREFORE, I, GEORGE W. BUSH, […] hereby declare that the national emergency has existed since September 11“ (Bush 2001b).

  4. 4.

    Beweise werden zugelassen „as would, in the opinion of the presiding officer of the military commission (or instead, if any other member of the commission so requests […]), have probative value to a reasonable person“ (4c3) [Hervorhebung A.F.].

  5. 5.

    Der nach dem 11. September 2001 von Bush ausgerufenen Ausnahmezustand wurde mit dem Hinweis darauf, dass die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus anhalte, jährlich verlängert (siehe Obama 2015).

  6. 6.

    Entsprechend entschied der Supreme Court schon in Ex parte Milligan 1866, dass Zivilisten nicht vor Militärtribunalen angeklagt werden dürfen, wenn zivile Gerichte funktionieren (Supreme Court 1866). Durch die Einstufung der Terrorverdächtigen als ungesetzliche feindliche Kombattanten wurde versucht diese Regel zum umgehen.

  7. 7.

    Zwar könne der Kongress Militärkommissionen beschließen; diese müssten allerdings möglichst den Standards von Kriegsgerichten wie im Code of Military Justice vorgesehen (US-Supreme Court 2006 ; siehe auch Elsea 2014, S. 1).

  8. 8.

    Die Bush-Regierung argumentierte, dass Mitglieder terroristischer Organisationen (Al Quaeda) nicht Vertragsparteien der Genfer Konventionen seien und daher auch nicht dem Schutz durch die Konvention unterstehen würden (Bush 2002). Darüber hinaus legte Bush fest, dass „the Taliban detainees are unlawful combatants and, therefore, do not qualify as prisoners of war under Article 4 of Geneva“ (ebd.).

  9. 9.

    Um Folter darzustellen müsse die Handlung Schmerzen verursachen, die schwer auszuhalten seien, sie müssten von ähnlicher Intensität sein wie schweren Verletzungen, Organversagen oder der Tod. Rein psychisches Leid stelle nur Folter dar, wenn es auf Dauer auftrete, über Monate oder Jahre hinweg (Bybee 2002, S. 1).

  10. 10.

    Jenseits von Guantánamo sind Lager in Bagram, Afghanistan und auf der britischen Insel Diego Garcia bekannt sowie Verhörzentren in Ägypten, Jordanien, Saudi Arabien und Syrien vermutet (Scarry 2010, S. 4–5).

  11. 11.

    Dem Fall liegt eine Sammelklage von Guantánamogefangenen zugrunde, denen der Status des unlawful enemy combatant verliehen worden war (US-Supreme Court 2008). Namensgeber ist Lakhdar Boumediene, der verdächtigt wurde an der Planung eines Anschlages beteiligt zu sein, 2004 in Bosnien festgenommen und dann nach Guantánamo gebracht wurde. Dort wurde er unschuldig über sieben Jahre festgehalten und misshandelt (Sayare 2012, A6).

  12. 12.

    Das Recht auf Haftprüfung hat in der Verfassung der USA eine besondere Stellung: „Der Anspruch eines Verhafteten auf Ausstellung eines richterlichen Vorführungsbefehls darf nicht suspendiert werden, es sei denn, daß die öffentliche Sicherheit dies im Falle eines Aufstandes oder einer Invasion erforderlich macht“ (Art. 1, Abs. 9; siehe auch Agamben 2004, S. 28). Die hier vorgebrachten Kriterien sind im Krieg gegen den Terrorismus nicht erfüllt; weder handelt es sich um Aufstand oder Invasion, noch erscheint die Maßnahme notwendig, da eine Haftprüfung möglich wäre.

  13. 13.

    Berichten zufolge kam die Obama-Administration zu dem Ergebnis, dass 50 der Gefangenen auf Guantánamo weiterhin ohne Verfahren festgehalten werden sollen, 40 weitere vor Militärkommissionen angeklagt werden und die verbleibenden 110 Gefangenen freigelassen werden sollten sobald ein geeignetes Aufnahmeland gefunden werde (Elsea 2014, S. 4).

  14. 14.

    Im Juni 2015 verabschiedete der Kongress eine Gesetzesänderung, die die in Army Field Manual on Interrogations – das Folter verbietet – Verhörregeln zum Standard in allen Verhören macht und dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes Zugang zu jedem Gefangenen gewährt.

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Förster, A. (2017). Die Normalisierung der Ausnahme?. In: Lemke, M. (eds) Ausnahmezustand. Staat – Souveränität – Nation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16588-8_18

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  • Print ISBN: 978-3-658-16587-1

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