Zusammenfassung
Die Bayerische Verfassung installierte den aus Berufsrichtern wie nichtberuflichen Mitgliedern zusammengesetzten, 1947 gegründeten Verfassungsgerichtshof als „oberstes Gericht für staatsrechtliche Fragen“ mit weitreichenden Kompetenzen. Neben den für ausgebaute Verfassungsgerichtsbarkeiten üblichen Verfahrensarten (z.B. konkrete Normenkontrolle, Verfassungsbeschwerden, Organstreitigkeiten) ist es vor allem die bayerische Besonderheit der Popularklage, die von allen Bürgern auch ohne persönliche Betroffenheit eingereicht werden kann, die den Verfassungsgerichtshof als „Hüter der Verfassung“ ausweist. Tatsächlich setzte dieser mit seinen streitbaren Urteilen über Jahrzehnte hinweg starke Akzente. Dabei auffällig sind seine selbst auferlegte politische Zurückhaltung, die sich in der Zuweisung eines breiten Entscheidungsspielraums an den Gesetzgeber manifestiert, seine wiederholte Argumentation im Sinne politischer Stabilität und Kontinuität und sein Einsatz für eine explizit als repräsentativ verstandene Demokratie, die sich in einer Stärkung des Parlamentes im Gesamten gegenüber der Regierung ebenso ausdrückt wie in einer oftmals restriktiven Rechtsprechung hinsichtlich der Stärkung direktdemokratischer Elemente. Regierung und Regierungsmehrheit ziehen aus diesem Selbstverständnis des Verfassungsgerichtshofes einen potentiellen Vorteil. Viele Urteile aber zeigen, dass auch von der Opposition wie den Bürgern angestrengte Verfahren zur Kontrolle des Regierungshandelns im Freistaat beitragen.
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