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The Fiction of Money: Geld im zeitgenössischen englischen Roman

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Geld
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Zusammenfassung

Der Beitrag versucht das Verhältnis von Literatur und Geld anders als Hörisch nicht als Konkurrenzverhältnis zu beschreiben, sondern bestenfalls als eine win-win-Situation. Ausgehend von der Iserschen Literaturanthropologie wird hier eine spannungsreiche Beziehung diskutiert, in der sich Texte wie Geld verhalten: Für beide ist ein Potenzial charakteristisch, das sich erst durch transformatorische Akte konkretisieren und realisieren läßt. Aufgrund dieser Gemeinsamkeit von literarischem Text (insbesondere des Romans) und Geld wird am zeitgenössischen englischsprachigen Roman gezeigt, wie Geld innerfiktional in dem Masse seinen virtuellen Charakter verliert, wie die Handlung wieder an traditionelle Handlungsmuster anknüpft. Geld ist nicht nur in der Realität ein Handlungskatalysator, sondern auch in der Fiktion.

“Reading – it’s all I ever do these days. All I ever do is sit about the place reading. But this was different. This was work. This was money”

Martin Amis, Money (1984, S. 223).

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Notes

  1. 1.

    Die Funktion des Beobachterstatus spielt in den Diskursen des Konstruktivismus und der Systemtheorie eine zentrale Rolle, vgl. dazu etwa Schmidt 1996.

  2. 2.

    Ein wichtiger Kontext, der hier aber weniger berücksichtigt wird, ist die Verbindung von Literatur und Geld über die Herstellung, Vertrieb, Vermarktung und die Prestige-trächtige Industrie der Preisverleihungen.

  3. 3.

    Vgl. dazu Vernons These „gold is for misers, paper money for spendthrifts“ (1984, S. 35) und die Diskussion um die Todsünden weiter unten. Typisch für Phänomene der Schatzbildung sind auch Drachenfiguren in Fantasy-Romanen wie z. B. Tolkiens The Hobbit (1937). Drachen hüten dort unermessliche Schätze an Gold, Schmuck und Juwelen, obwohl sie (aus menschlicher Perspektive) gar nichts damit anfangen, bzw. sie gegen vermeintlich Sinnvolleres tauschen können. Auch Disneys Onkel Dagobert, der in Entenhausen gern in seinem Geld badet, ohne etwas damit anzustellen, ist so ein Schatzhüter.

  4. 4.

    Vernons Buch ist von der Kritik weniger gut aufgenommen worden (z. B. Blaschke 2001). Seine Argumente scheinen (obwohl recht eingängig formuliert) theoretisch eher unreflektiert. Vgl. auch meine Kritik an Vernon weiter unten sowie Shell (1993, 1995).

  5. 5.

    Vgl. auch die materialreiche Studie von Thomas Piketty (2015) zum Verhältnis von Literatur und Geld im 19. Jahrhundert, insbesondere S. 546: „[…] [die] monetären Angaben [sind] in der von Balzac und Austen geschilderten Welt ohne Inflation extrem stabil, was es den Romanciers erlaubt, präzise darüber Auskunft zu geben, ab welchem Vermögens- und Einkommensstand man sich ein Minimum an Eleganz zu leisten und der Mittelmäßigkeit zu entrinnen vermag. In beiden Fällen liegt diese zugleich materielle und psychologische Schwelle beim Zwanzig- bis Dreißigfachen des damaligen Durchschnittseinkommens. Unterhalb dieser Schwelle gelingt es den Helden Balzacs und Austens kaum, unbeschwert und in Würde zu leben.“ Obwohl Piketty Austen und Balzac diskutiert, geht er erstaunlicherweise nirgendwo in seiner Studie auf Flauberts Madame Bovary (1857) ein – ein Roman, in dem Geld doch eine beträchtliche Rolle spielt. Aber vielleicht scheidet der Roman gerade deswegen aus der näheren Betrachtung aus, weil Geld hier symbolisch für sexuelle Abhängigkeit und Frustration, für (Ohn-)Macht, bzw. Ausbeutung steht, und weniger reinen Statuscharakter hat. Geld ist hier mit Sexualität konnotiert, Geldmangel ist eng mit sexueller Frustration verknüpft. Aus diesem kontrapunktisch besetzten Spannungsbogen zwischen Hochgefühl und Frustration heraus kristallisiert sich die negative Beziehung zum Geld, die Abhängigkeiten und individualpsychologische Schieflagen zum Ausdruck bringt. Die interessante Verbindung zwischen Geld und Sexualität kann an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden.

  6. 6.

    Zur chiastischen Verschränkung zwischen Geld und Literatur im Zitat von Vernon: „As money was becoming more fictional, fiction was becoming […] more realistic“ (Vgl. Vernon 1984, S. 18).

  7. 7.

    Dieses Muster ist bereits im englischen Industrie-Roman des 19. Jahrhunderts ein Thema, wenn eine schier ausweglose Situation durch ein unverhofftes Erbe gelöst wird (z. B. Elisabeth Gaskell, North and South (1854) – parodiert in David Lodge, Nice Work (1988). In jüngerer Zeit erschienen sind z. B. Grégoire Delacourt, Alle meine Wünsche, Hamburg: Hoffmann & Campe 2012, Keren David, Lia's Guide to Winning the Lottery, München: dtv 2013), Kim Schneyder, Hilfe, ich bin reich, München: Piper 2009, Birgit Hasselbusch, Sechs Richtige und eine Falsche, München: dtv 2014, Thommie Bayer, Eine kurze Geschichte vom Glück, München: Piper 2009, Thomas Cadène, 6 aus 49, Hamburg: Schreiber und Leser 2014; vgl. auch Schefold 1992.

  8. 8.

    Benjamins Gedanken über den Verlust der Aura durch die Reproduktion von Kunstwerken gehört ebenso in diesen Kontext wie Baudrillards Welt der Simulakren.

  9. 9.

    Natürlich gilt der Vergleich auch für andere literarische Gattungen, vielleicht aber nicht in dem umfassenden Maße wie für den Roman mit seinen entwickelten Handlungsschemata und der mehr oder minder detailreich ausgestalteten Außenwelt der Figuren, deren imaginative Aneignung im Prozess des Lesens umfassender ist.

  10. 10.

    Die literarische Anthropologie fragt (zum Beispiel mit Helmut Pfotenhauer 2008) nach den Funktionen, die Literatur in anthropologischen Kontexten zugewiesen wurde (z. B. inwiefern Texte ein Instrument der Selbsterkenntnis sein können). Iser fragt umgekehrt nach der anthropologischen Aussagekraft literarischer Praktiken (warum erzählen Menschen Geschichten und hören ihnen zu?). Für eine differenzierte Darstellung von Isers Literaturanthropologie siehe z. B. Sutrop (1996).

  11. 11.

    Das betont auch Stierstorfer (2002, S. 129): „Den Fiktionen der Literatur kommt so ein unbestimmt oszillierender Zwischenstatus zu zwischen den Polen der lebensweltlich erfahrenen Realität einerseits und einem von jedem Realitätsbezug abgeschnittenen Wolkenkuckucksheim aristophanischer Prägung andererseits. Wolfgang Iser kommt das Verdienst zu, in den Koordinaten seiner literarischen Anthropologie dieser Zwischenstellung eine theoretische Fundierung von hoher Wirkmächtigkeit gegeben zu haben.“

  12. 12.

    Der Begriff geht auf den englischen Kritiker Thomas Rymer im 17. Jahrhundert zurück; die Wirksamkeit von poetic justice wird aber i. d. R. von Kritikern bestritten, da das Konzept der Gerechtigkeit auch und vor allem im Drama mit den Konzeptionen des Tragischen (tragic flaw) unvereinbar ist.

  13. 13.

    David James schreibt über die Platzierung monetärer Gewinne: „The position of inheritance at the beginning, the middle, or at the end of a plot determines whether inheritance concerns disruption or restitution of lineage“ James 2012, S. 5.

  14. 14.

    Allan Hepburn hat sich mit dem Thema des Erbes auseinandergesetzt. Vgl. Hepburn 2007, hier S. 3: „‘Inheritance’ in this volume means, in the first instance, personal bequests of property and estates, but that meaning expands to include the inheritance of national traditions, the conscious choice of literary ancestors, and the nature of dispossession and disinheritance.“

  15. 15.

    Ein in diesem Kontext interessanter Aspekt zur Form des Romans findet sich in David James (2012, S. 209): „Isn’t the problem simply that these histories of disaster require knowledge and understanding that novelists have been so far either unable or unwilling to acquire; with enough linguistic, geographical, sociological or scientific expertise, might they not be capable of writing the great oil novel? Or is form, with cultural history sedimented within it, the problem, perhaps in the way that a city’s geography, which is the result of its history of building and occupancy, is as much obstacle as opportunity for new development? A longstanding tradition in literary studies argues that to understand how and why novels respond to large-scale historical change we must concentrate as much or more on form as on the actual or predicted social changes demanding representation.“

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Peters, S. (2017). The Fiction of Money: Geld im zeitgenössischen englischen Roman. In: Peters, S. (eds) Geld. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15061-7_13

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