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Kritische Psychologie. Kategoriale Grundlagen marxistischer Subjektwissenschaft

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Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung
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Zusammenfassung

Die Erkenntnis, dass die Gesellschaftlichkeit des Menschen eine Naturgrundlage besitzt, liegt nicht auf der Hand. Die historisch-empirische Rekonstruktion des Werdensprozesses des Psychischen von elementaren Formen bis zum gesellschaftlichen Menschen ermöglichte es der Kritischen Psychologie die kategorialen Grundlagen einer emanzipatorischen Psychologie zu entwickeln. Der Aufsatz zeichnet diesen begrifflichen Entwicklungsprozess nach.

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Notes

  1. 1.

    Heute gibt es zahlreiche emanzipatorische Ansätze in der Psychologie, die – würde die Kritische Psychologie noch einmal entstehen – sicher erheblichen Einfluss auf ihre Grundstruktur haben würden.

  2. 2.

    Klaus Holzkamp (1984, S. 37) am Beispiel des Unbewussten:

    „Man wird so die Freudsche Fassung des ‚Unbewußten‘ in ihren metaphysischen und irrationalistischen Momenten zwar zurückzuweisen haben, aber dabei gleichzeitig begreifen, daß ‚unbewußte‘ Aspekte der subjektiven Welt- und Selbsterfahrung aufgrund der unaufhebbaren Widersprüchlichkeit zwischen unmittelbarer Befindlichkeit und gesamtgesellschaftlicher Vermitteltheit individueller Existenz ein notwendiges Bestimmungsstück des Ringens um bewußte Lebensführung ist, womit auch die Weisen und Formen subjektiver Realitätsausklammerung und Widerspruchseliminierung ein zentrales Thema marxistisch fundierter Psychologie sein müssen.“

  3. 3.

    Dass sie tatsächlich nicht determiniert sind und sich u. U. auch ‚instruktionswidrig‘ verhalten, gilt als aus dem Experiment zu exkludierender Fehlerfall, obwohl genau darin – sich auch zu einschränkenden Bedingungen bewusst verhalten zu können – das spezifisch Menschliche liegt.

  4. 4.

    Ausnahmen sind etwa Reflexe.

  5. 5.

    Hieraus entsteht schließlich auch die Sprache als symbolische Repräsentanz verallgemeinert geschaffener Bedeutungen, was allerdings in diesem Text nicht weiter ausgeführt werden kann.

  6. 6.

    Auf kooperativem Niveau in überschaubaren Gruppen war unmittelbar einsichtig und organisatorisch festgelegt, was von wem hergestellt und genutzt wurde. Die Individuen ‚klebten‘ mit ihrem Beitrag und auch mental an ihrer Gruppe. Mit der Integration der Kooperationen zur Gesellschaft entsteht eine Metastruktur, die diese unmittelbare Verknüpfung lockert und schließlich aufhebt. Der Zusammenhang ist nun nur mehr mittelbar oder vermittelt gegeben. Die weitreichenden Konsequenzen dieser Unmittelbarkeitsdurchbrechung für die psychischen Funktionen werden im Folgenden diskutiert.

  7. 7.

    Das ‚bewusste‘ Verhalten ist hier nicht normativ im Sinne externer Rationalitätsmaßstäbe gemeint, sondern im Sinne des Erkennens und Bewertens gemessen an ‚je meinen‘ Maßstäben.

  8. 8.

    Dies hat methodisch die Konsequenz, dass Andere nicht als Erkenntnisgegenstand auf der Objektseite stehen können, sondern es sich um andere Subjekte wie mich handelt. Dem wird durch das Konzept von Forschenden und Mitforschenden Rechnung getragen, was hier nicht ausgeführt werden kann (s. Markard in diesem Band).

  9. 9.

    Ein hungerndes Individuum leidet „nicht nur isoliert ‚Hunger‘ als spezielle Bedürfnis-Spannung, sondern es leidet darin und gleich elementar an seiner Ausgeliefertheit an eine Situation, in welcher es so weitgehend von der vorsorgenden Verfügung über seine eigenen Lebensbedingungen abgeschnitten ist, dass es ‚hungern‘ muß“ (Holzkamp 1983, S. 246).

  10. 10.

    Heute wäre etwa zu fragen, inwieweit ‚Motivationsprobleme‘ auch den prekärer werdenden Zusammenhang von Beitrag zur gesellschaftlichen Vorsorge (im Angesicht von Krisen und sichtbar werdender Ressourcengrenzen, Stichwort ‚Peak Everything‘) und eigener Existenzsicherung widerspiegeln.

  11. 11.

    Es ist durchaus umstritten, ob es sich wirklich um eine Setzung („Apriori“) handelt oder ob sich die Aussage, der Mensch könne sich nicht bewusst selbst schaden, aus dem Bedürfnisbezug der Handlungsgründe ergibt.

  12. 12.

    Obwohl niemand wirklich über den gesellschaftlichen Prozess verfügt, sind gleichwohl Macht, Einfluss und Privilegien in der Gesellschaft sehr ungleich verteilt.

  13. 13.

    Ich verwende den Begriff der Exklusionslogik anstatt der holzkampschen Wendung des „Arrangements mit den Herrschenden“, da dieser mir wesentlich geeigneter auf die strukturellen Bedingungen des Handelns zu verweisen scheint und nicht so leicht der Gefahr der Personifizierung oder Personalisierung erliegt. Zudem wird damit die holzkampsche strukturelle Beschreibung des sich auf Kosten anderer Durchsetzens auf den Begriff gebracht (vgl. dazu ausführlich Meretz 2012, Abschn. 8.5 und 12.2).

  14. 14.

    „Meine Instrumentalisierung des anderen impliziert notwendig, dass auch der andere mich instrumentalisiert. Indem ich ihn von mir isoliere, isoliert er mich von sich. Damit bin ich, im Versuch, mich durch die Kontrolle anderer abzusichern, immer mehr auf mich selbst zurückgeworfen, also immer ohnmächtiger den von mir unverfügbaren Lebensbedingungen ausgeliefert. […] Der Versuch der Fremdkontrolle produziert hier also selbst permanent sein Gegenteil, die Verringerung der ‚zweiten Möglichkeit‘ der Bedingungsverfügung, damit der Absicherung auch der Handlungsmöglichkeiten im jeweils gegebenen Rahmen.“ (Holzkamp 1983, S. 377 f.)

  15. 15.

    Tatsächlich ist die Gemengelage noch komplexer, da im Reproduktionsbereich durchaus nicht-instrumentelle und solidarisch-liebevolle Beziehungen nicht nur subjektiv funktional, sondern auch systemisch erforderlich sind. Würde Familien im Modus der konkurrenzförmigen Verwertungslogik operieren, könnten sie nicht bestehen.

  16. 16.

    Erscheinen soziale Verhältnisse als sachliche, so wird das als Fetisch bezeichnet. So erscheint die Warenproduktion als natürliches Sachverhältnis von tauschenden Produzent*innen und die entstehenden Waren als ihre natürlichen dinglichen Ergebnisse. Tatsächlich sind Warenproduktion und Waren nicht natürlichen, sondern allein sozialen Charakters und damit auch veränderbar. Der Fetisch verschleiert, dass die gesellschaftlichen Lebensbedingungen auch in anderer sozialer Form als der Warenform hergestellt werden können, wodurch die kapitalistischen Verhältnisse als natürlich und ewig erscheinen.

  17. 17.

    Holzkamp (1983, S. 407) formuliert zugespitzt: „Die direkte Bezogenheit auf die eigene Emotionalität, die Vorstellung, man könnte seine emotionalen Möglichkeiten unter Ausklammerung der Wirklichkeitserkenntnis und Realisierung der daraus sich ergebenden Handlungsnotwendigkeiten entwickeln, ist nichts anderes als ideologisch abgesicherter Selbstbetrug.

  18. 18.

    „Der so als Moment des ‚Unbewußten sich herausbildende ‚innere Zwang‘ ist mithin eine ‚motivationsförmige‘ subjektive Mystifizierung der Tatsache der Unterdrückung durch die herrschenden Verhältnisse, durch deren Akzeptieren man an der eigenen Unterdrückung aktiv beteiligt ist“ (Holzkamp 1983, S. 413).

Literatur

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Meretz, S. (2017). Kritische Psychologie. Kategoriale Grundlagen marxistischer Subjektwissenschaft. In: Heseler, D., Iltzsche, R., Rojon, O., Rüppel, J., Uhlig, T. (eds) Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14020-5_5

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  • Publisher Name: Springer, Wiesbaden

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