Zusammenfassung
Zwischen der Diagnose „Bildungskatastrophe“ (1964) und dem „PISA-Schock“ (2001) bestehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Die im internationalen Vergleich zurückbleibenden Leistungen deutscher Schülerinnen und Schüler spielten in der Bildungsreformdiskussion der 1960er noch keine Rolle. Das „Abiturientendefizit“ bezog sich auf das Quantum der Abiturienten in einem Jahrgang, nicht aber auf fachliche, kompetenzbezogene Aspekte. Heute sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ins Bildungssystem zu integrieren, wodurch sich auch die Gruppen verändert haben, deren Bildungschancen als besonders beeinträchtigt gelten. Rainer Geißler bezeichnete diese Veränderung als „Metamorphose der Arbeitertochter zum Migrantensohn“. Neben einer Bilanz der tatsächlichen Erträge der mit anspruchsvollen Zielen realisierten Innovationsanstrengungen im deutschen Bildungssystem, kann eine deutliche Akzentverschiebung in der bildungspolitischen Agenda festgestellt werden. Waren gerade die 90er Jahre noch stark von Ideen wie Schulautonomie, Schulkultur und Schulleben, innere Schulreform und Unterrichtsentwicklung geprägt so wurden derartige Bestrebungen inzwischen in den Hintergrund gedrängt und v.a. in Hinblick auf die Verbesserung der Unterrichtseffektivität umgestaltet.
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Liebenwein, S. (2018). Bildungsreformen in der BRD. In: Barz, H. (eds) Handbuch Bildungsreform und Reformpädagogik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07491-3_11
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