Zusammenfassung
Gewaltprävalenzstudien untersuchen Ausmaß und Verbreitung von Gewalt gegen Menschen (Frauen, Männer, Kinder), zumeist bevölkerungsweit, teilweise aber auch fokussiert auf spezifische Betroffenengruppen und Gewaltkontexte (zum Beispiel Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen in Einrichtungen). Sie werden häufig auch „Dunkelfeldstudien“ genannt, weil sie das Ausmaß der nicht institutionell (etwa polizeilich) registrierten Gewalt erfassen, oder auch „Viktimisierungsstudien“, weil sie Menschen danach fragen, ob sie Opfer unterschiedlicher Formen von Gewalt in bestimmten Erfassungszeiträumen geworden sind. Zusätzlich zu Fragen des Gewaltausmaßes befassen sich Gewaltprävalenzstudien auch mit den Täter-Opfer-Kontexten und den Tatorten, an denen Gewalt erlebt wurde, außerdem mit den Formen und Schweregraden sowie der Häufigkeit und den Folgen von widerfahrener Gewalt; darüber hinaus werden in den Studien zumeist Reaktionen auf Gewalt abgefragt, zum Beispiel, ob eine Gegenwehr erfolgte, eine Anzeige erstattet und/oder der Täter/die Täterin gerichtlich belangt wurde (vgl. zu Methoden und Inhalten im Überblick: Martinez et al. 2006).
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Notes
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Hier geht es unter anderem darum, im Rahmen größerer regelmäßig durchgeführter Befragungen (zum Beispiel in Gesundheitssurveys) die Gewaltausmaße auch außerhalb spezifischer Gewaltprävalenzstudien zu erfassen.
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Sie stellt zudem einen wichtigen Bestandteil für eine forschungsethisch vertretbare Herangehensweise dar, vgl. auch WHO 2004.
- 3.
So wurde auch von Seiten der Autorin des Beitrages für den europäischen FRA-Survey, der von ihr für Deutschland getestet wurde, vorgeschlagen, Befragungsinstrumente einzubeziehen, die eventuelle Tabuisierungen und Hemmungen, über (innerfamiliäre) Gewalt zu sprechen, gezielt mit erfassen. Dem wurde jedoch nicht gefolgt und entsprechend kann auch nachträglich nicht ermittelt werden, ob die hohen Gewaltbetroffenheiten – etwa in den nordeuropäischen Ländern im Vergleich zu einigen osteuropäischen Staaten – tatsächlich Unterschiede im Gewaltausmaß oder im Aussageverhalten widerspiegeln (vgl. FRA 2013).
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Schröttle, M. (2016). Methodische Anforderungen an Gewaltprävalenzstudien im Bereich Gewalt gegen Frauen (und Männer). In: Helfferich, C., Kavemann, B., Kindler, H. (eds) Forschungsmanual Gewalt. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06294-1_6
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