Zusammenfassung
Ob wir uns zu einer der großen Konfessionen in unserem Land bekennen oder nicht, ob wir uns einer der kleineren christlichen Gruppierungen zurechnen oder uns selbst als kirchlich und religiös ungebunden, vielleicht sogar als areligiös und atheistisch bezeichnen würden — unser Bild von der Geschichte der christlichen Kirche im Abendland ist weithin unabhängig davon durchaus dasselbe. Wir denken uns — und dabei sind sicher auch Nachwirkungen romantischer Geschichtsschau mit im Spiel — die mittelalterliche Kirche als einen relativ geschlossenen einheitlichen Block, der erst durch die Reformation im 16. Jahrhundert seinen Riß erhielt und aufgesprengt wurde. Reformation wird von uns deswegen normalerweise als Beginn der Glaubens- und Kirchenspaltung gesehen und verstanden. Nun ist die Tatsache, daß die Kirche des mittleren und westlichen Europa seit dem 16. Jahrhundert konfessionell gespalten ist, natürlich gar nicht wegzuleugnen. Dennoch entspricht jenes Bild der Geschichte, von dem ich gerade gesprochen habe, einer konfessionellen Sicht der abendländischen Geschichte, die so heute jedenfalls nicht mehr vertreten wird. In der Geschichtswissenschaft ist man heute vielfach — meines Erachtens allerdings zu Unrecht — geneigt, den Einschnitt, den die Reformation in der abendländischen Geschichte markiert, in seiner Bedeutung erheblich geringer zu veranschlagen als früher, weil man die Verdichtung staatlicher Macht und die Ausbildung der Nationalstaaten im Westen Europas sowie der großen Fürstentümer im Deutschen Reich für eine weiter- und tieferreichendere Entwicklung hält.
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Seebaß, G. (1996). Die Reformation — Spaltung oder Voraussetzung der Einheit der Kirche. In: Kiesel, H. (eds) Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 40. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-80323-9_1
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