Festvortrag: „Taktstock und Skalpell“

Zusammenfassung

Sie erwarten wahrscheinlich, daß ich unverzüglich von Billroth und Brahms sprechen werde. Wenn ich mir auch durchaus bewußt bin, daß an einem Chirurgenkongreß beide Genies nicht fehlen dürfen, möchte ich zunächst von Mozart erzählen, der als Erster Musik und Medizin vereint hat, und zwar in der Oper „Cosi fan tutte“und in der Person der Zofe Despina. Sie ist zwar ein falscher verkleideter Arzt, es wurden ihr aber erstaunliche Kenntnisse von Da Ponte in den Mund gelegt. Sie begrüßt die Anwesenden küchenlateinisch, bis Fiordiligi und Dorabella eine Bitte aussprechen, die uns Laien und Patienten aus der Seele gesprochen ist: „Herr Doktor, reden Sie daß wir’s verstehn:“

• Die Kommunikation durch die Sprache wird heute, in einer Zeit der sich verstärkenden Sprachlosigkeit und Verarmung von immer größerer Wichtigkeit. Eine Abgrenzung, auch wenn sie nicht bezweckt ist und dem Sachzwang zu folgen scheint, kann Gefahren in sich bergen. Es könnten nämlich negative Phänomene dieser Zeit verstärkt werden. Ich meine Kontaktverlust, Vereinsamung und die Angst des heutigen Menschen. Georg Büchner verdichtet diese existentielle Gefahr in dem armen „Subjekt Wozzek“, indem er ihn uns auch als „Casus“und Experimentierobjekt des „Doctors“vorführt.