Zusammenfassung
In diesem ersten Kapitel des Buches wird ein Überblick über unterschiedliche entscheidungstheoretische Betrachtungsweisen, über Probleme praktischer Entscheidungen sowie über Problemstellungen und Lösungskonzepte der Entscheidungstheorie gegeben. Die Ausführungen sind Grundlage für alle nachfolgenden Kapitel, in denen spezifische Problemstellungen der Entscheidungstheorie dargestellt und Ansätze zu ihrer Lösung beschrieben werden. Sie sollen es erleichtern, die spezielleren Darstellungen in den folgenden Kapiteln zu verstehen und gedanklich einzuordnen.
Dieses Buch befasst sich mit Entscheidungsproblemen, die in vielen Lebensbereichen, insbesondere auch in Unternehmen auftreten. Das Problem der Entscheidung ist für alle Menschen von existentieller Bedeutung. Immer wieder müssen wir Entscheidungen treffen, deren Folgen unsere Lebensbedingungen nachhaltig beeinflussen und die uns deshalb stark in Anspruch nehmen. Die Formulierung und Lösung von Entscheidungsproblemen sind für verschiedene wissenschaftliche Disziplinen zu einem zentralen Thema geworden. Darüber hinaus hat sich als interdisziplinärer Forschungsschwerpunkt die Entscheidungstheorie entwickelt, die sich in systematischer Weise mit dem Entscheidungsverhalten von Individuen und Gruppen befasst. Entscheidungstheoretische Untersuchungen werden in der Absicht vorgenommen, beschreibende (deskriptive) oder vorschreibende (präskriptive) Aussagen zu gewinnen. Entsprechend lässt sich, je nach dem im Vordergrund stehenden Forschungsziel, zwischen deskriptiver und präskriptiver (oder normativer) Entscheidungstheorie unterscheiden.
Die deskriptive Entscheidungstheorie will beschreiben, wie in der Realität Entscheidungen getroffen werden, und erklären, warum sie gerade so und nicht anders zustande kommen. Ihr Ziel ist es, empirisch gehaltvolle Hypothesen über das Verhalten von Individuen und Gruppen im Entscheidungsprozess zu finden, mit deren Hilfe bei Kenntnis der jeweiligen konkreten Entscheidungssituation Entscheidungen prognostiziert bzw. gesteuert werden können.
Die präskriptive (oder normative) Entscheidungstheorie will nicht die tatsächlichen Entscheidungsprozesse beschreiben und erklären, sondern zeigen, wie Entscheidungen „rational“ getroffen werden können und damit Antwort geben auf die Frage, was Entscheider in unterschiedlichen Entscheidungssituationen tun sollen. Im Rahmen der präskriptiven Entscheidungstheorie werden Grundprobleme der Auswahl aus mehreren einander ausschließenden Handlungsalternativen untersucht, die in allen oder zumindest in zahlreichen Entscheidungssituationen entstehen. Dabei stehen Entscheidungen im Vordergrund, die im Hinblick auf mehrere zueinander in Konflikt stehende Ziele und angesichts einer ungewissen Zukunft zu treffen sind.
Auch in der Betriebswirtschaftslehre stehen Entscheidungen im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Daher wird die Betriebswirtschaftslehre überwiegend entscheidungsorientiert gesehen; in diesem Sinne ist sie eine spezielle (oder angewandte) Entscheidungstheorie.
In diesem Kapitel wird der Gegenstand der Entscheidungstheorie erläutert, und die beiden grundlegenden Betrachtungsweisen der Entscheidungstheorie – die normative und die deskriptive – werden charakterisiert. Darüber hinaus werden die grundlegenden Elemente von Entscheidungsproblemen beschrieben, werden gegenseitige Abhängigkeiten zwischen den Elementen aufgezeigt und wird eine Entscheidung als Prozess charakterisiert.
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Spieltheoretische Aspekte bleiben unberücksichtigt. Die Spieltheorie befasst sich mit Entscheidungssituationen, bei denen die Folgen der Handlungsalternativen eines Entscheiders (auch) von den Aktionen eines oder mehrerer rationaler „Gegenspieler“ (z. B. des Gegners beim Schach oder der Konkurrenten in einem Oligopolmarkt) abhängen. Vgl. zur Spieltheorie z. B. Bitz (1981, S. 215–285); Camerer (2003); Güth (1999); Holler und Illing (2009); Wiese (2001).
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Laux, H., Gillenkirch, R., Schenk-Mathes, H. (2014). Probleme und Lösungskonzepte der Entscheidungstheorie: ein Überblick. In: Entscheidungstheorie. Springer-Lehrbuch. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55258-8_1
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