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Zusammenfassung

Welche konkreten politischen Konsequenzen haben Bürgerhaushalte und andere Verfahren der Bürgerbeteiligung? In Porto Alegre gab es wie gesehen beachtliche Auswirkungen: deutliche Verringerung des Klientelismus, Aufkommen einer kooperativen Gegenmacht aus der Zivilgesellschaft heraus, Entstehung einer plebejischen Öffentlichkeit und Etablierung einer institutionalisierten vierten Gewalt, die sich auf ein partizipatives Verfahren stützt. Das von Parteien geprägte politische System wurde dadurch zwar nur geringfügig verändert. Nicht desto trotz handelt es sich in Porto Alegre wie bei den meisten Verfahren der Bürgerbeteiligung in Lateinamerika – selbst dort, wo nur ein kleiner Teil dieser Veränderungen beobachtet werden kann – selten um eine rein administrativ- institutionelle Angelegenheit, sondern sie sind Teil einer breiteren emanzipatorischen Bewegung zur Förderung der unteren sozialen Schichten. In diesem Sinne gehören die Ausbreitung von Bürgerhaushalten und der Linksruck der meisten südamerikanischen Staaten zu demselben Transformationsprozess, infolge dessen die unteren Schichten (häufig handelt es sich um Farbige oder Mestize) nach und nach mehr gesellschaftliche Anerkennung erreichen und den sie bisher diskriminierenden „internen Kolonialismus“ überwinden [Brisset u.a., 2006]. Die Bürgerhaushalte haben diesen politischen Wandel durchaus begünstigt. Sie haben den Versuchen einer bürgerorientierten Verwaltungsreformen Glaubwürdigkeit verliehen, der Idee einer anderen Politik ein konkretes Gesicht gegeben, einen Rückgang der Korruption bewirkt und zu einer Förderung der sozialen Bewegungen der unteren Schichten beigetragen. Umgekehrt hat der Aufschwung der institutionellen Linken entscheidend zur Verbreitung der Idee einer Bürgerbeteiligung am Haushalt und dessen vermehrter Umsetzung beigetragen. Abgesehen von ihren sozialen Auswirkungen sind die Bürgerhaushalte auf dem lateinamerikanischen Kontinent Teil einer grundlegenden Transformation der politischen Machtkonstellationen und der Beziehungen zwischen politischen Eliten und Bürgern. Trotz der großen Differenzen zwischen den einzelnen Fallbeispielen tragen sie folglich zweifellos zur Demokratisierung der Demokratie bei. Kann eine ähnliche Entwicklung, wenn auch in kleinerem Umfang, ebenso in Europa beobachtet werden?

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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH

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Sintomer, Y., Herzberg, C., Röcke, A. (2010). Demokratisierung der Demokratie. In: Der Bürgerhaushalt in Europa – eine realistische Utopie?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92176-1_13

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92176-1_13

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-17083-1

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