Soziale Arbeit als Grenzbearbeiterin. Einige grenzanalytische Vergewisserungen

Der Grenzübertritt ist eine Kindheitserinnerung, mit der sich eine deutliche Aufregung verbindet. Schließlich schienen Grenzübergänge aus Kindersicht doch bestimmt von Sperranlagen und bewaffneten Uniformierten. Zugleich aber schienen sie auch das Tor ins Ausland, in eine ‚andere Kultur‘, die sich den (klein)bürgerlichen Kinderaugen vor allem durch eine andere als die gewohnte Sprache, andere Straßenschilder und anderes Geld zu präsentierten. Die besondere Qualität dieser anderen Welt markierte nicht zuletzt die Anwesenheit der uniformierten Grenzhüter. Schien doch ihre allmächtige Entscheidungskompetenz, symbolisiert in der lässigen Handbewegung des Durchwinkens oder des Stoppgebots für die GrenzgängerInnen, darauf hinzuweisen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, die (Staats)Grenze überqueren zu dürfen. Mystisch wirkte auf Kinderaugen daher auch die weiße Linie auf dem Asphalt, weil man von einem Moment zum anderen‚das Ausland‘ erreicht hatte, sobald man sie passierte. Nur diese Linie trennte das eigene vom fremden Land und ‚die eigene‘ von ‚der anderen Kultur‘.