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Wissen — Macht — Alltag: Wissenssoziologische Anschlüsse

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Das Wissen der Leute
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Auszug

Zwischenergebnisse der bisherigen Untersuchung haben immer wieder auf die Bedeutung der Kategorie ‚Wissen‘ aufmerksam gemacht. So wurde in der Auseinandersetzung mit der Foucault’schen Diskurstheorie (Kap. 3) die enge Verbindung von Diskurs und Wissen deutlich. Diskurse stellen Wissensordnungen dar; sie repräsentieren Politiken des Wissens. Außerdem stießen wir bei der empirischen Analyse auf die zentrale Bedeutung von Wissen; beim Offenen Codieren konnten wir die auffällige Häufung unterschiedlicher Wissensbestände und die Anwendung verschiedener Wissensformen feststellen (Kap. 7). Und nicht zuletzt ließ die diskurstheoretische Verortung des 1000 Fragen-Forums als Ereignis im Interdiskurs zwei Aspekte aufscheinen, die für eine wissenssoziologische Akzentuierung der Studie sprechen: So stimuliert die thematische Vorgabe „Bioethik“ spezialdiskursive Bezüge; das Besondere am Datenkorpus ist aber, dass man hier typischerweise auf alltagsbezogenes Wissen trifft.

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Literatur

  1. In Abgrenzung zum Begriff „Wissensvorrat“, der — da der Berger/Luckmann’schen Terminologie entnommen — phänomenologisch geprägt ist, haben wir uns für den von Stehr (2003, 36) eingeführten Begriff „Wissensbestand“ entschieden, auch wenn dieser von ihm selbst in Anführungszeichen benutzt wird.

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  2. Nicht ohne Grund findet man das Stichwort „Alltag“ (Foucault 2005, 1069) nicht im Index der vierbändigen Ausgabe der Foucaulfschen „Dits et Ecrits“, während es unter „Erfahrung“ (Foucault 2005, 1076) über 50 Einträge gibt.

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  3. Vgl. zu dessen Eigenheiten Stehr (2003, 259).

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  4. Stehr (2003, 36) zufolge sind Macht und Wissen „Alliierte“; gleichzeitig legt er jedoch Wert auf die Feststellung, dass die Verbindung keine symmetrische ist: Demnach hat Wissen nicht immer Macht zur Folge und Macht führt nicht zu Wissen bzw. muss sich nicht immer auf Wissen stützen.

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  5. Unter dem von Stehr verwendeten Begriff der Wissenspolitik wird in der Wissenssoziologie (vgl. etwa Keller 2005, 129ff.; Maasen 1999, 30ff.) die „Regulierung der Anwendung von Wissen“ verstanden.

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  6. Zwar lässt sich fast das gesamte Werk Foucaults als eine wissenssoziologische Abhandlung lesen; bemerkenswert ist jedoch, dass der Themenkomplex ‚Wissen ‘zwar ständig präsent ist, spezielle Reflexionen darüber aber eher sporadisch und kaum zusammenfassend auftauchen, so dass man geneigt ist, die Wissenstheorie Foucaults vorzugsweise als Diskurstheorie darzustellen (Dreyfus/ Rabinow 1994b, 37).

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  7. Foucault (1999a, 212) benutzt auch den Begriff „disziplinarische Wissenspolizei“.

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  8. Für die Analyse dieser Spezialdiskurse hat Foucault vorzugsweise sein Handwerkszeug entwickelt. Auch wenn er sich nicht explizit zu dieser Schwerpunktsetzung geäußert hat, so ist zu vermuten, dass sowohl methodische wie auch inhaltliche Gründe für diese Entscheidung ausschlaggebend waren. Zum einen sind Spezialdiskurse auf Grund ihrer Institutionalisierung und der ihnen innewohnenden Regelhaftigkeit ‚sichtbarer‘, also leichter zugänglich und auch einfacher zu untersuchen, zum anderen gilt sein primäres Interesse den Akten ‚machtvollen Sprechens‘, die nach Keller (2005, 38) in einem „Ordnungsraum des Wissens“ Gesellschaft so strukturieren, dass sich „ihre Positivitäten eingraben und so eine Geschichte manifestieren“ können.

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  9. Ein In-Frage-Stellen beweisgestützter Argumentationen ist also immer voraussetzungsvoll. Auch wenn sich die Vertreter des wissenschaftlichen Paradigmas zunehmend mit Legitimationsproblemen konfrontiert sehen (Bogner/ Torgersen 2005; Fisch/Rudloff 2004; Kuhn 1961), verharrt der Spezialdiskurs vielfach in Selbstreferenzialität.

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  10. „ “ ist für Jäger (1999, 164) eine „Diskursebene“ neben der „akademischen Ebene“, den „Politikern“, den „Medien“ und der „Erziehung“.

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  11. Auch Keller (2005, 41) arbeitet strukturtheoretische Unterschiede bei Berger/Luckmann heraus, wenn er formuliert, dass Wissensproduktion verstanden werden muss als eine „beständige arbeitsteilig-interaktive Tätigkeit der Externalisierung, Stabilisierung, Objektivierung und Wiederaneignung symbolischer Ordnungen.“ Und weiter: „Basale gesellschaftliche Prozesse der Wissenskonstruktion verlaufen als Stufenabfolge der situativen Externalisie rung von Sinnangeboten, der interaktiven Verfestigung von Handlungen und Deutungen in Prozessen der wechselseitigen Typisierung durch unterschiedliche Akteure, der habitualisierten Wiederholung, der Objektivation durch Institutionenbildung etwa in Rollen und der Weitergabe an Dritte in Formen sozialisatorisch vermittelter Aneignung.“

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  12. Auch die Konzipierung des Alltagswissens bei Berger/Luckmann basiert auf dem von Alfred Schütz und Thomas Luckmann (2003, 29) eingeführten Begriff der „alltäglichen Lebenswelt“, welche die „selbstverständliche Wirklichkeit“ des Subjekts ausmacht und als „unbefragter Boden der natürlichen Einstellung“ bzw. als „das fraglos Gegebene“ (Schütz/Luckmann 2003, 35ff.) betrachtet werden kann. Die Lebenswelt ist sozial, sie ist keine Privatwelt, sondern wird als gemeinsame Wirklichkeit intersubjektiv geteilt.

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  13. Nach Berger/Luckmann (2000, 100) ist „Verdinglichung […] eine Modalität des Bewußtseins, oder präziser: eine Modalität der Objektivation der menschlichen Welt durch den Menschen.“

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  14. Bereits Max Weber hat in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ (1922) auf die legitimierende Rolle von Akzeptanz im Machtgeschehen hingewiesen.

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  15. Die von Link (2005, 91) vorgenommene Spezifizierung des „Elementardiskurses“ in „hegemonialen (‚populären‘) Elementardiskurs“, „nicht-hegemoniale diskursive Positionen innerhalb des hegemonialen Elementardiskurses“ und „nicht hegemoniale Elementardiskurse (‚Subkulturen‘)“ die sich auf die vertikale Achse der Macht bezieht, scheint wenig hilfreich, um den alltagsweltlichen Charakter der Fragen und Kommentare im Forum angemessen zu beschreiben.

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  16. Link (2002, 11) beschreibt den „Prozeß selektiver Synthese als Spiel des ‚Interdiskurses ‘und den Prozeß dieser Assimilation in Subjektivitäten als (Subjekt-)‚Applikation‘“.

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  17. „Unter ‚interdiskursiven ‘Komplexen, Formen, Verfahren und Kategorien sollen all jene verstanden werden, die mehreren Spezialdiskursen gemeinsam sind. Dazu gehören alle ‚QuerschnittKategorien ‘(wie etwa ‚Freiheit‘, ‚Gleichheit‘, ‚Fortschritt‘, ‚Entwicklung‘, ‚Charakter‘, heute etwa ‚Normalität ‘und ‚Fairneß‘), alle Kollektivsymbole (wie etwa ‚Maschine‘, ‚Organismus‘, ‚Gefängnis‘, ‚Flut/Deich‘, ‚Schiff‘, ‚Kutsche‘, ‚Eisenbahn‘, heute etwa ‚Auto‘, ‚Flugzeug‘, ‚Computer‘), alle Mythen und elementaren Narrative (wie etwa Geschichten von Aufstieg und Fall, Entwicklungsgeschichten, dialektische Geschichten).“ (Link 2003a, 14) Im Falle unseres empirischen Materials treffen wir beispielsweise auf die Querschnittskategorien „Fortschritt“, „Selbstbestimmung“ und „Normalität“, auf Kollektiv symbole wie „Ersatzteillager“ und „Klon“ wie auch auf unzählige Mythen und Narrative, von denen die „Evolutionstheorie“ besonders hervorsticht.

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  18. Benjamin bindet die Vermittlung von Erfahrungen sogar ausdrücklich an die Erzählung und unterscheidet beispielsweise Erkenntnisse, die aus Romanen gewonnen werden können, von puren Informationen. Narrative seien „in den Stoff des Lebens eingewebt“ (Benjamin 1977, 453), sie seien prinzipiell unabgeschlossen und von Erklärungen freigehalten und würden ein „episches Gedächtnis“ (Benjamin 1977, 453) vermitteln. Derartige Erzählungen seien auf Resonanz angewiesen, den Zuhörern sei die Interpretation jedoch freigestellt. „Mitten in der Fülle des Lebens und durch die Darstellung dieser Fülle“ (Benjamin 1977, 443) wisse die Erzählung Rat; diese nur noch wenig bekannte Form des Wissens sei durch kollektive Gewalterfahrungen weitestgehend zerstört worden.

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  19. Indem sich Foucault (1974, 34f.) auf die Konzepte des „‚Außen ‘und der ‚Grenzüberschreitung‘“ bezieht, kündigt sich ein fremder und verfremdender Blick an — im Sinne einer „‚Ethnologie der eigenen Kultur‘“ (Foucault/Seitter 1974, 150, 152).

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  20. Das Foucault’sche Konzept des ‚unterworfenen Wissens ‘erinnert an das tacit knowing (Molander 1992, 15ff. und 40; Polanyi 1985), einen Wissensvorgang, dessen Ergebnis ‚sagbar ‘ist, während der Prozess selbst ‚tacit ‘oder ‚implicit ‘verläuft. Dieses vorgelagerte ‚stille ‘Wissen ist nach Molander (1992) durch folgende vier Merkmale gekennzeichnet: 1. Nicht-Erklärbarkeit Menschen gegenüber, die damit noch keine Erfahrungen gemacht haben, 2. stillschweigend vorausgesetzte Annahmen in Form von handlungsleitenden Metaphern. 3. Kompetenzen, von denen wir nur ein indirektes Bewusstsein haben, und 4. Kompetenzen bestimmter sozialer Gruppen, denen das Recht auf eine eigene Sprache verweigert wird, die nicht angehört werden oder die es zum eigenen Schutz vorziehen, gegenüber bestimmten Menschen zu schweigen (vgl. Heid 2000, 158f.).

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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2009). Wissen — Macht — Alltag: Wissenssoziologische Anschlüsse. In: Das Wissen der Leute. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91361-2_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91361-2_8

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-15664-4

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  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

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