Naturwissenschaft

Zusammenfassung

1. Naturwissenschaft als Gegenstand eines auf ›Religion‹ ausgerichteten Lexikons scheint Leitbegriffe zweier getrennter ›Kulturen‹ zusammenzubringen: Im Rahmen der Europäischen Religionsgeschichte haben sich — auf den ersten Blick — nicht nur ›Religion‹ und ›Wissenschaft‹ irreversibel auseinander entwickelt, sondern vor allem die Naturwissenschaften einen Erkenntnisgegenstand postuliert und eine Methode entworfen, die ›Reli-gion‹ als ›Gegenstand‹ auszuschließen schien. Mehr noch, wenn beide Bereiche vorgaben, über die gleichen Sachen zu sprechen, schienen sich die Aussagen gegenseitig auszuschließen (›reziprok exklusive oder die Gegenstände ›aufzuheben‹, zu annihilieren. So gehört es zu den landläufigen Ansichten über das Verhältnis von Naturwissenschaften und Religion, christlicher Religion im besonderen, daß sich zumindest seit dem Ende der Aufkärung beide Instanzen in einer ›kognitiven Systemkonkurrenz‹[l], einem Wettbewerb um das Erkenntnismonopol, befänden; mit dem Fortschreiten naturwissenschaftlicher Erklärung der Welt werde der Religion ein Gegenstandsfeld nach dem anderen entzogen. Der Untergang der positiven Religion unter dem Einfluß der Naturwissenschaft [2] sei nur noch ein Frage der Zeit. Daß ein Verdrängungswettbewerb zwischen Naturwissenschaften und Religion existiert hat und existiert, ist sicher nicht zu bezweifeln, — die Akten dieses Streits liegen vielfach aufgearbeitet vor. Doch selbst wenn man Religion auf das kognitivistische Element (›Erkennen‹) beschränkt — und das ist eine die anderen Funktionen vernachlässigende Beschränkung — dürfen die parallelen, komplementären und gegenläufigen Entwicklungen nicht übersehen werden, die einzelne Gegenstände aus dem Bereich bestimmter Religionen, nicht aber von ›Religion‹ überhaupt entziehen. Mit dieser Bemerkung sei keiner ›Wiederverzauberung‹ der Welt das Wort geredet oder umgekehrt die Legitimität der Neuzeit‹ auf Religion begründet, sondern eine angemessene Definition von ›Religion‹ angesprochen, von der auch die Bezugswissenschaften betroffen sind.