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Die Xenien Goethes und Schillers als Teilstück der Frühen Antibürgerlichen Bewegung

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Neues zu Goethe

Zusammenfassung

Im Eingang meines Beitrags zum Marbacher Goethe-Schiller-Symposion 19821 stellte ich fest, daß die dort versuchte Interpretation der Xenien als Generationskampf soziale Fragen nicht ausschließen kann, weil die Kulturgeschichte kein einfacher biologischer Prozeß ist. Wenn wir in der folgenden Untersuchung die sozialgeschichtlichen Fragen des Xenienkampfes in den Vordergrund rücken, so ist umgekehrt zu betonen, daß das zunächst biologisch begründete Phänomen der Begabung und das durch sie begründete Selbstbewußtsein der Klassiker nicht auszuschließen ist. Nur ein total amusischer Literarhistoriker kann Goethes und Schillers Aufstieg zu den deutschen Klassikern, der sich im Laufe des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Stufen vollzog, ausschließlich auf sozialgeschichtliche und sonstige außerliterarische Faktoren zurückführen. Auch wenn wir den vieldeutigen und daher viel mißbrauchten Begriff des Genies nur vorsichtig gebrauchen und die mit dem einseitigen Kult der zwei großen Weimaraner verbundene Ungerechtigkeit gegen andere große Dichter im Auge behalten, verpflichtet uns die außergewöhnliche Leistung Goethes und Schillers zur Vermeidung jeder soziologischen Reduktion.

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Notizen

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  11. Daß es sich bei dem Gegeneinander und Ineinander von Geburtsadel und Verdienstadel — auch der Begriff »Naturadel« taucht auf — nicht allein um ein literarhistorisches, sondern auch um ein politisch-historisches Phänomen handelt, lehren Brunners, Conzes und Kosellecks Geschichtliche Grundbegriffe Bd. 1, 1972, Stichwort Adel, besonders 23–35. Durch den dichtungstheoretischen Geniebegriff wird die No-bilitierung von Dichtern und die dichterische Betätigung von Adeligen höchstens besonders nahegelegt. Schon vor Jahren wies H.O.-Burger in seinem Vortrag Europäisches Adelsideal und deutsche Klassik (In: H. O. B., Dasein heißt eine Rolle spielen. Studien zur deutschen Literaturgeschichte. München 1963, 211–232) auf die starke Beeinflussung der Klassiker durch Persönlichkeiten hin, die das fortlebende Adelsideal der frühen Neuzeit besonders rein verkörperten. Diese verbürgerlichte Adelstradition war kein unnatürlicher »Klassenkompromiss«, sondern eine neue historische Größe, welche die in verschiedenen Gruppen auftauchende Barbarisierung verhinderte oder wenigstens verzögerte. Ähnlich versucht ja heute der deutsche Arbeiter- und Bauernstaat die beste bürgerliche Tradition weiterzuentwickeln. Auch die Säkularisation der Religion ist nicht einfach eine Zerstörung, sondern der Versuch, den Sturz in den Nihilismus zu verhindern. Goethes Weg seit Werthers Leiden war ein fortgesetzter Widerstand gegen das »Ewig-Leere«, das Mephistopheles vertritt.

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  12. Richard Samuel, Der kulturelle Hintergrund des Xenienkampfes (1937)

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Sengle, F. (1989). Die Xenien Goethes und Schillers als Teilstück der Frühen Antibürgerlichen Bewegung. In: Neues zu Goethe. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03293-5_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03293-5_6

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