Zusammenfassung
Auf den Weg gemacht hat sich Heinrich von Kleist im Verlauf seines kurzen Lebens immer wieder. Mitteilungen über Routen und Zeitpläne, Schilderungen von Reiseimpressionen und Reisebegebenheiten gehören zum festen Themenbestand seiner frühen Briefe. An manchen Stellen aber, wo über das Einschlagen von Wegen sinniert wird, wo überstürzte oder verschobene Aufbrüche, erhoffte Ankünfte und in die Ferne rückende Ziele regelrecht in Szene gesetzt werden, drängt sich ein Weiterlesen jenseits der biographischen Rekonstruktion konkreter Reiseverläufe und tatsächlicher Reisegründe geradezu auf. Genau besehen konstituiert sich das, was man — im doppelten Wortsinn — als das Sich-zur-Sprache-Bringen des jungen Kleist bezeichnen könnte, im Zuge eines zunehmend reflektierter werdenden sprachlichen Umgangs mit den Bezugsgrößen Aufbruch, Weg und Ankunft.
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Anmerkungen
Vgl. Walter Müller Seidel, Kleists Weg zur Dichtung. In: Die deutsche Romantik. Poetik, Formen, Motive, hg. von Hans Steffen, Göttingen 1967, S. 112–133. Es gibt in der Tat kaum eine mit dem jungen Kleist befasste Studie, in der diese Formulierung nicht in irgendeiner Weise wiederkehren würde. Die wirkungsmächtige metaphorische Kodierung der dabei im Raum stehenden und nach wie vor umstrittenen Frage, ob Kleists frühen Briefen überbaupt und wenn ja ab wann und inwiefern Aspekte von Literarizität zu attestieren sei, ist jedoch bislang erstaunlich unreflektiert geblieben — ganz zu schweigen davon, dass diese Metaphorik als tropologisch bedeutsames Element in Kleists eigenem Schreiben jemals näher untersucht worden wäre.
Vgl. Dietmar Kamper, Das Verschwinden der heiligen Geographien. In: Expeditionen. Die Unmöglichkeit irgendwo anzukommen, hg. von Frank Böckelmann, Dietmar Kamper und Walter Seitter, Weinheim 1982 (Tumult. Schriften zur Verkehrswissenschaft; 3), S. 39–46.
Heinz Politzer, Auf der Suche nach Identität. Zu Heinrich von Kleists Würzburger Reise. In: Kleists Aktualität. Neue Aufsätze und Essays 1966–1978, hg. von Walter Müller-Seidel, Darmstadt 1981, S. 55–76, hier S. 76.
Dirk Grathoff, Kleists Geheimnisse. Unbekannte Seiten einer Biographie, Opladen 1993. S. 92.
Vgl. George Lakoff und Mark Johnson, Metaphors We Live By, Chicago 1980; dt. Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachhildern, Heidelberg 2004.
Christa Wolf, Kein Ort. Nirgends. In: Dies., Werke, 12 Bde., hg. von Sonja Hilzinger, München 1999ff., Bd. 6. S. 7–105. hier S. 11.
Eine sorgfältige Auslotung des Zusammenhangs von ›Gehen‹ und ›Vorgehen(sweise)‹ unternimmt Thomas Schestag, Piedestal, Vorwort zu: Honoré de Balzac, Theorie des Gehens, Zürich 1997, S. 767.
Diese wichtige Beobachtung stammt von Helmut J. Schneider, Dekonstruktion des hermeneutischen Körpers. Kleists Aufsatz ›Über das Marionettentheater‹ und der Diskurs der klassischen Ästhetik. In: KJb 1998, S. 153–175, hier S. 164.
Vgl. Paul de Man, Ästhetische Formalisierung. Kleists ›Über das Marionettentheater‹. In: Ders., Allegorien des Lesens, Allegorien des Lesens [1979], aus dem Amerikanischen von Werner Hamacher und Peter Krumme, mit einer Einleitung von Werner Hamacher, Frankfurt a.M. 1988, S. 205–231 hier S. 232.
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Cuonz, D. (2007). Die Kunst weiter zu gehen. In: Blamberger, G., Brandstetter, G., Breuer, I., Doering, S., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2007. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00319-5_17
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