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Gleichberechtigung: Marie-Elisabeth Lüders 1878–1966

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Reden, die die Republik bewegten

Zusammenfassung

„Fürchte dich nicht“ — mit diesem ihrem Konfirmationsspruch hat Marie-Elisabeth Luders ihre Lebenserinnerungen überschrieben, und ein treffenderes Motto hätte die ihr Leben lang streitbare und angriffslustige Politikerin nicht finden können. Marie-Elisabeth Luders und ihren vielen Mitkämpferinnen ist es zu verdanken, daß es heute den Gleichheitssatz des Grundgesetzes gibt; aber der Weg bis dahin war lang. Sie wuchs noch in einer Epoche auf, in der ein deutscher Professor ein Buch über den „Physiologischen Schwachsinn des Weibes“ schreiben konnte und in der — es ist gerade 100 Jahre her — das Leitbild für die schulische Mädchenausbildung darin bestand, dass „der deutsche Mann nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herd gelangweilt werde“. Für das intelligente hellwache Mädchen aus großbürgerlichem Haus war die aus solchen seinerzeit keineswegs ungewöhnlichen Sätzen sprechende männliche Anmaßung Anlass genug, sich von früher Jugend an für das Ziel der Frauenbewegung einzusetzen, „anstelle der bisher rein männlichen Welt in Zusammenarbeit mit Männern den Aufbau und die Erhaltung einer menschlicheren Welt zu leisten“, wie sie später schrieb. Auch durch Spott und Hohn ließ sie sich nicht beirren; und dem Autor jenes Werkes über den „Physiologischen Schwachsinn des Weibes“ hielt sie, die lebenslang über einen genauen und bissigen Berliner Mutterwitz verfügte, entgegen, „er habe offenbar übersehen, daß nach seiner Theorie auch er eine mit Schwachsinn belastete Mutter habe“. Und sie schaffte es, schließlich zum Abitur und zum Studium zugelassen zu werden; 1909 wurden sie selbst und eine Gesinnungsgenossin, Agnes von Harnack, als erste Frauen an der Berliner Universität immatrikuliert. Im Zille-Milieu von Alt-Berlin machte sie lebensbestimmende sozialpraktische Erfahrungen, die durch einen Aufenthalt im kriegsbesetzten Belgien erweitert wurden; dort hatte sie für die arbeitslosen belgischen Mädchen und Frauen zu sorgen, „einschließlich solcher“, berichtete sie später, „die mit der Polizei im allgemeinen und der Sittenpolizei im besonderen in Konflikt geraten waren“. Weitere Einblicke in die Problematik der Stellung der Frau in der Arbeitswelt verschafften ihr die Tätigkeit als Geschäftsführerin des Vereins für Mütter- und Säuglingsfürsorge, die Betreuung von Frauen — im Rahmen eines Referats des Kriegsministeriums —, die während der Kriegszeit unter zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen in Fabriken eingesetzt wurden, und schließlich die Leitung der „Niederrheinischen Frauenakademie“ in Düsseldorf (bis 1923).

Sophie zu Octavian:

Freilich, Er ist ein Mann, da ist Er, was er bleibt. Ich aber brauch’ erst einen Mann, daß ich was bin.

Dafiir bin ich dem Mann dann auch gar sehr verschuldet.

Hofmannsthal, Rosenkavalier

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Horst Ferdinand

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© 2002 Leske + Budrich, Opladen

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Ferdinand, H. (2002). Gleichberechtigung: Marie-Elisabeth Lüders 1878–1966. In: Ferdinand, H. (eds) Reden, die die Republik bewegten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97558-4_8

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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