Zusammenfassung
„Der Senat... hält nichts von sogenannten Gegenmaßnahmen, die ein schallendes Gelächter vom Potsdamer Platz bis nach Wladiwostok auslösen würden“, erklärte Willy Brandt als Regierender Bürgermeister von Berlin am 18. August 1961 in der Diskussion des Bundestages über den Bau der Mauer, und in diesem Satz kommt eine unüberhörbare Kritik zum Ausdruck, die weit reichende Folgen haben sollte. Es war die Erkenntnis, dass sich, wie Brandt sagte, „die westlichen Schutzmächte aus den Viermächtevereinbarungen herausdrängen ließen“, die sich auf Berlin als Ganzes beziehen. Dadurch seien die Spannungen in Berlin vergrößert worden. Am Tag nach dieser Bundestagssitzung wurde ein Brief Brandts an den amerikanischen Präsidenten bekannt, in dem er gegenüber Kennedy „Zweifel in die Reaktionsfähigkeit und Entschlossenheit der drei Mächte“ anmeldete; „die ausgesprochen kühle Antwort Kennedys trug wesentlich zu einem Prozeß des Umdenkens bei Willy Brandt bei, der enttäuscht begann, eine,neue Ostpolitik' zu konzipieren“ (Ottfried Hennig). Was aus dieser neuen Konzeption wurde, steht in den Geschichtsbüchern: die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition. Wie tief die Enttäuschung bei Willy Brandt saß, wurde noch nach 26 Jahren deutlich: Als er eine Grußadresse an die Festversammlung richtete, die den 750. Geburtstag Berlins feierte, blieben die westlichen Schutzmächte unerwähnt.
Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, Und würd’ er in Ketten geboren.
Schiller
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Ferdinand, H. (2002). Repräsentant des anderen Deutschland: Willy Brandt (I) 1913–1992. In: Ferdinand, H. (eds) Reden, die die Republik bewegten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97558-4_18
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