Zusammenfassung
Auf der Suche nach den Ursachen für das überproportionale Anwachsen der Anteile von Migrantenkindern an den Schulkindergärten nach 1982 (vgl. Kapitel 5) werden in diesem Kapitel schulische Entscheidungsmuster an der Selektionsschwelle „Einschulung“ untersucht. Sichtbar gemacht werden soll der schulische Umgang mit der sprachlichen und kulturellen Heterogenität beim Eintritt in die Schule und die erhöhte Selektivität, die in dieser institutionellen Schwelle für Migrantenkinder angelegt ist.
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Literatur
Die folgenden Darstellungen beziehen sich auf die Einschulungsregelungen in NRW nach der Neufassung von 1973 (vgl. Kultusministerium NRW 1979, 1980). Diese Bestimmungen waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung für die Hauptuntersuchung der vorliegenden Studie in den Grundschulen gültig (1993–94).
In den alten Bundesländern weist das Einschulungsverfahren ausgeprägte länderspezifische Varianzen auf. Unterschiede bestehen bzgl. der medizinischen oder nicht-medizinischen Definition von Schulfähigkeit (z. T. als Schulreife verstanden), des Zeitpunktes der Feststellung der Schulfähigkeit, des Zusammenwirkens von Schularzt, Pädagogen und Schulpsychologinnen, der Entscheidungsgrundlage (schulärztliches Gutachten, Schulreifetests, Beobachtung, Probeunterricht bei der Einschulung bzw. zusätzliche Gutachten des vorher besuchten Kindergartens, schulpsychologisches Gutachten bei der Zurückstellung), der entscheidenden bzw. beantragenden Instanzen bei der Zurückstellung (Schulamt, Schulleiter, Erziehungsberechtigte) und der Art der Zurückstellung (SKG, Regelkindergarten, Verbleib in Schulklasse im Status des SKG oder Vorklasse); vgl. Überblick bei Hansel (1982, S. 28ff). Für einen Überblick über den Schulanfang in der DDR-Pädagogik s. Geiling (1999).
In einigen Bundesländern ist der Begriff der „Vorklassen“ gebräuchlicher; in der Fachliteratur werden beide Begriffe z. T. synonym gebraucht (z. B. Prielipp 1997).
Zur Kritik am Schulkindergarten als „organisatorische Notlösung“ vgl. z. B. Mader (1989, S. 35).
Einen ausführlichen historischen Überblick zur Thematik des Schulanfangs siehe z. B. Bei Mader (1989), Prielipp (1997), Prengel (1999).
Hansel (1982) zeigt auf, wie sich die konzeptuellen Wandlungen, die die Begriffe Schulfähigkeit und Schulreife seit den fünfziger Jahren erfahren haben, in der multivariaten Auslegung des Begriffspaares Schulreife/Schulfähigkeit in der Schuleingangsdiagnostik von Lehrerinnen niederschlagen. Die verwendeten Interpretationsmuster lägen zwischen den Polen eher biologischer, endogener Reifungskonzepte auf der einen Seite und lernorientierten Entwicklungsmodellen auf der anderen Seite. Neben den heterogenen wissenschaftlichen Bezugsgrößen einzelner Lehrer, die wiederum mit dem spezifischen Alter, dem Ausbildungsstand und der Schulerfahrung zusammenhängen, beobachtet er einen hohen Zusammenhang der Schulreife-/Schulfähigkeitskonzepte mit dem außerschulischen Erfahrungshorizont der Entscheider (z. B. Geschlecht und Erziehungserfahrung).
Für einen Überblick zur Migrationspädagogik im Elementarbereich s. z. B. Diehm 1995.
Eine Benachteiligung ausländischer Kinder aufgrund der konfessionellen Gebundenheit der Kindergärten, wie sie in Deutschland allgemein festgestellt wird (z. B. Thränhardt 1995, S. 10) ließ sich für die Stadt Bielefeld nicht nachweisen (Jugendamt der Stadt Bielefeld 1995).
Zur Passungsthese, sowie zur Defizit-, Kulturkonflikt-und Kulturdifferenzhypothese in der Migrationspädagogik vgl. z. B. Bender-Szymanski/Hesse 1987; Auernheimer 1988; Czock 1993.
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© 2002 Leske + Budrich, Opladen
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Gomolla, M., Radtke, FO. (2002). Entscheidungsstelle: Einschulung. In: Institutionelle Diskriminierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97400-6_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97400-6_8
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