Zusammenfassung
Die Anerkennungswürdigkeit der politischen Ordnung moderner Leistungsgesellschaften stützt sich unter anderem auf die Fundamentalform des Leistungsprinzips, wonach auf offenen Märkten individuelle Leistungen gegen soziale Entschädigungen gerecht getauscht werden können. Solange diese Norm erfüllt wird, ist auch die aus dem Tausch resultierende ungleiche Verteilung sozialer Positionen gerechtfertigt. Wie die Diskussion über Arbeitsund Leistungswerte, über ‚gerechte‘ Verteilungsformen oder über die Offenheit der Zugangschancen vermuten läßt, scheint dieser Legitimationspfeiler brüchig, zumindest aber problematisierungswürdig zu werden. Wenn dermaßen zentrale Orientierungsmuster Vertrauensverluste zu verzeichnen haben, wächst die Gefahr, daß politische Entscheidungen, die im Rahmen der bestehenden Sozialordnung getroffen werden, ihre Bindungskraft für die gesellschaftlichen Subjekte zunehmend einbüßen.
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Anmerkungen
Zu Legitimationskrisen und ihrem Zusammenhang zur Massenloyalität und Konsequenzen für moderne Gesellschaften vgl. die ausführlichen Darstellungen von J. Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt/Main 1973
J. Habermas, Legitimationsprobleme im modernen Staat, in: J. Habermas, Zur Rekonstruktion historischen Materialismus, Frankfurt/Main 1976, S. 271–303
R. Döbert/G. Nunner-Winkler, Adoleszenskrise und Identitätsbildung. Psychische und soziale Aspekte des Jugendalters in modernen Gesellschaften, Frankfurt/Main 1979, besonders Kap. II.
Siehe Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus a.a.O., S. 99.
Vgl. a.a.O., S. 100.
Vgl. zur ‚Systemrelevanz‘ des Legitimitätsglaubens G.C. Behrmann, Die ‚Systemrelevanz‘ politischer Sozialisation: Zur Revision der politischen Theorie politischer Sozialisation, in: G. Schmitt (Bearb.), Individuum und Gesellschaft in der politischen Sozialisation, Tutzing 1980, S. 16–48, besonders S. 42f.
Die an Motiven des Sammeins und Sortierens interessierten Wissenschaftler/innen werden zu dem hier zu behandelnden Thema der politischen Sozialisation durch Sport nur verstreute Hinweise finden. Über die Verzahnung von Politik und Sport, über die Versuche der politischen Einflußnahme auf den Sport gibt es eine Vielzahl von Veröffendichungen, nicht hingegen zur Theorie und Empirie sportbezogener politischer Sozialisation. Vgl. jedoch die wenigstens indirekt aufschlußreiche Standardschrift von H.-J. Winkler, Sport und politische Bildung. Modellfall Olympia, 2. Aufl. Opladen 1973.
Ergänzend siehe auch W. Joch, Politische Leibeserziehung und ihre Theorie im Nationalsozialistischen Deutschland. Voraussetzungen — Begründungszusammenhang — Dokumentation, Frankfurt/Main 1976.
Schließlich siehe noch P. Becker, Sport und Sozialisation, Reinbek 1982.
Im Sinne der ‚Nebeneffekts‘-These vgl. exemplarisch W. Heitmeyer/J.-I. Peter, Jugendliche Fußballfans. Soziale und politische Orientierungen, Gesellungsformen, Gewalt, Weinheim u. München 1988
sowie F. Heitmann u.a., Rechte Tendenzen bei Fußballfans. Eine jugendliche Subkultur in der Risikogesellschaft, in: Deutsche Jugend 39 (1991), S. 11–22.
Zur exemplarischen Illustration N. Seitz, Von Berlin bis Los Angeles. Die politische Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 43 (1994), 24, S. 3–12.
Vgl. dazu H. Tyrell, Anfragen an die Theorie der gesellschaftlichen Differenzierung, in: Zeitschrift für Soziologie 7 (1978), S. 175–193.
Vgl. dazu C. Offe, Die Utopie der Null-Option0, in :J. Berger (Hrsg.), Die Moderne, Göttingen 1986, S. 97–117
H. Willke, Entzauberung des Staats — Überlegungen zu einer sozietalen Steuerungstheorie, Königstein 1983
H. Willke, Gesellschaftssteuerung, in: M. Glagow (Hrsg.) Gesellschaftssteuerung zwischen Korpora-tismus und Subsidiarität, Bielefeld 1984, S. 29–53.
Vgl. J. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft, 4. Aufl. Frankfurt/Main 1987, S. 476f.; Kursivdruck wurde nicht übernommen.
Siehe H. Dubiel Autonomie oder Anomie. Zum Streit über den nachliberalen Sozialcharakter, in: Berger, a.a.O., 263–281, hier S. 278.
Vgl. hierzu auch W. Bonß/H. Dubiel, Zwischen Feudalismus und Post-Industrialismus. Metamorphosen der Leistungsgesellschaft, in: Freibeuter 6 (1987), 2, S. 45–56.
Siehe J. Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, a.a.O., S. 113f.
Zur Lage der Diskussion vgl. auch D. Voigt/F. Thieme, Zum Entwicklungsstand der Sportsoziologie in Deutschland, in: Soziologie 21 (1993), S. 129–139.
Zum Wandel des gesellschaftlichen Stellenwertes siehe V. Ritter, Die ‚success-story‘ des modernen Sports und seine Metamorphosen. Fitneß, Ästhetik und individuelle Selbstdarstellung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 43 (1994), 24, S. 23–30.
Vgl. hierzu P. Becker, Steigerung und Knappheit. Zur Kontingenzformel des Sportsystems und ihren Folgen, in: P. Becker (Hrsg.); Sport und Höchstleistung, Reinbek 1987, S. 17–37
und U. Schimank, Die Entwicklung des Sports zum gesellschaftlichen Teilsystem, in: R. Mayntz u.a., Differenzierung und Verselbständigung, Frankfurt/Main u. New York 1988, S. 181–232.
Zur Funktion der Rangplätze als Kommunikationsmedium vgl. Becker, Sport und Höchstleistung, a.a.O. S. 24ff.
Siehe C. Geertz, ‚Deep play‘. Bemerkungen zum balinesischen Hahnenkampf, in: C. Geertz, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt/Main 1983, S. 202–260.
Vgl. J. Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, a.a.O. S. 70; Kursivdruck wurde nicht übernommen.
Zur konzeptionellen Problematik des Steuerungsmediums ‚Wertbindung‘ vgl. J. Habermas, Handlung und System. Bemerkungen zu Parsons ‚Medientheorie‘ in: W. Schluchter (Hrsg.), Verhalten, Handeln und System, Frankfurt/Main 1980, S. 68–105.
Vgl. hierzu A. K. Treml, Theorie struktureller Erziehung, Weinheim 1982.
Zu den Funktionen der Latenz vgl. N. Luhmann, Soziale Systeme, Frankfurt/Main 1984, besonders Kap. 8.
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© 1996 Leske + Budrich, Opladen
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Becker, P. (1996). Latente politische Sozialisation durch Sport. In: Claußen, B., Geißler, R. (eds) Die Politisierung des Menschen. Reihe: Politische Psychologie, vol 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97272-9_16
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