Zusammenfassung
»Da könnte ja jeder kommen«, ist ein oft gehörter Einwand, wenn Bürger in Deutschland Auskunft von einer Behörde verlangen. Manch mürrischer Beamter verschanzt sich so hinter der deutschen Tradition der so genannten »Amtsverschwiegenheit« und schiebt vielleicht noch die Frage nach: »Warum wollen Sie das eigentlich wissen?« Was vielen nicht bekannt ist: Es gibt mittlerweile eine Reihe von Gesetzen, die es tatsächlich jedem ermöglichen, Auskunft von Behörden zu verlangen oder Akteneinsicht zu nehmen — und zwar ohne dass der Antrag begründet werden muss.1 Bundesweit garantiert das Umweltinformationsgesetz (UIG) dieses Recht für alle Unterlagen, die im weitesten Sinne mit Umweltfragen zu tun haben. In vier Bundesländern gibt es darüber hinaus ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das sich ohne thematische Einschränkung auf alle Akten der Landesbehörden und der kommunalen Stellen bezieht. Zwei geplante Transparenz-Verpflichtungen sind in der ersten Legislaturperiode der rot-grünen Regierung zwar gescheitert, werden laut Koalitionsvertrag 2002 aber weitervefolgt: Das Innenministerium bereitet ein Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene vor. Verbraucherministerin Künast macht sich für ein Gesetz stark, nach dem Verbraucher das Recht erhalten, detaillierte Auskünfte über die Daten der Lebensmittelüberwachung zu bekommen. Und schließlich gibt es bereits Akteneinsichtsrechte, bei denen zwar in der Tat nicht »jeder kommen kann«, die aber zumindest den direkt Betroffenen Einblick ermöglichen, nämlich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz und dem Stasi-Unterlagengesetz.
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Anmerkungen
Links zu den Texten der Datenschutz-und Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland sind zu finden unter: http://www.datenschutz.de/(de)/recht/gesetze/
Vgl. die Fallsammlung des Öko-Instituts, zusammengestellt von Peter Küppers und Carsten Behrendt, Darmstadt 1995.
Richtlinie des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (90/313/EWG), Artikel 1; vgl. http://europa.eu.int/eur-lex/de/lif/dat/1990/ de_390L0313.html
Die höchst unterschiedliche Umsetzung der EU-Richtlinie, je nach der Rechtstradition des jeweiligen Landes, wurde untersucht von Sonja Bugdahn, Developing Capacity Against Tradition: The Implementation of the EU Environmental Information Directive in Germany, Great Britain and Ireland, Dissertation am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Juli 2001.
Umweltinformationsgesetz, § 3, Ziffer 2, Satz 1; vgl. http://jurcom5.juris.de/bundes recht/uig/index.html; am 3. August 2001 ist die hier als Link angegebene Neufassung des UIG in Kraft getreten, die gegenüber dem Gesetz von 1994 einige Verbesserungen bringt.
Vgl. die Fallbeispiele in der Broschüre »Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen. Ein praktischer Leitfaden«, hrsg. von Öko-Institut Darmstadt und Stichting Natuur en Milieu, Utrecht 1994.
Vgl. Peter Küppers, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Informationen über vom Staat finanziell geförderte umweltverbessernde Produktionsverfahren unterliegen dem Anspruch nach dem Umweltinformationsgesetz, in: Koordinationsstelle Genehmigungsverfahren (KGV), Rundbrief 1+2/1999, hrsg. vom Öko-Institut, S. 20-23.
Vgl. Hannelore Schauer, Giftmüllverbrennung, in: KGV-Rundbrief Nr. 1+2/1999, S. 6-9.
UIG, §3, Ziffer 2.
Stefan Becker, Das Schweigen der Ämter, in: Öko-Test, Nr. 8/1995, S. 31–39.
Vgl. als aktuelle Übersicht zur UIG-Rechtsprechung: Bernhard W. Wegener, Freischwimmen für die Informationsfreiheit. Rechtsprechung zum Umweltinformationsgesetz, in: Zeitschrift für Umweltrecht, Nr. 2/2001, S. 93–100.
Foto: Greenpeace.
Erstattung von Kosten der Kommunen in Anwendung des Umweltinformationsgesetzes, Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 29. 7. 1998.
Vgl. die Kritik bei Thomas Schomerus/Christian Schrader/Bernhard W. Wegener, Umweltinformationsgesetz. Kommentar, Baden-Baden 1995, S. 133 ff.
UIG, § 4, Ziffer 1.
Vgl. http://jurcom5.juris.de/bundesrecht/uig/index.html und die Erläuterungen auf S. 7 unter http://www.bmu.de/download/dateien/artikelgesetz.pdf
Vgl. Anm. 6, S. 10.
Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück in der Verwaltungsrechtssache Greenpeace e.V. gegen den Landkreis Grafschaft Bentheim vom 5. Dezember 2001.
Bernhard W. Wegener, Umweltinformationsgesetz — Deutsche Geheimniskrämerei in europäischer Perspektive, in: Europarecht, Heft 2/2000, S. 227–236.
Vgl. http://www.unece.org/env/pp/documents/cep43e.pdf
Vgl. dazu Betty Gebers, Revision der Europäischen Richtlinie über den freien Umgang zu Umweltinformationen. Bewertung der Vorschläge der Europäischen Kommission, in: Rundbrief 1/2000 der Koordinationsstelle Genehmigungsverfahren, hrsg. vom Öko-Institut, S. 21-25.
Vgl. Alexander Dix, Akteneinsicht und Informationszugang in Brandenburg — Erfahrungen der ersten drei Jahre. Vortrag beim 2. MEDIA@Komm-Kongress, Esslingen 2001.
Vgl. http://www.pwcgov.Org/finance/purchasing/contracts/7.txt
Links zu den Gesetzestexten unter: http://www.datenschutz.de/(de)/recht/gesetze/
Vgl. die Bürgerinformation des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein: Das Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein.
Artikel 21 der Landesverfassung, vgl. http://www.brandenburg.de/land/mi/recht/lverf/
Vgl. Anm. 21, S. 7.
§ 14, Ziffer 1 des Berliner IFG.
Vgl. Peter Schubert, Glasnost in der Amtsstube, in: Message, Nr. 3/2001, S. 26–31.
Senatsverwaltung für Inneres: Auswertung der landesweiten Umfrage zum Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin, Berlin 2001.
IFG NRW, § 12.
Vgl. http://www.bmi.bund.de/top/dokumente/Artikel/ix_28349.htm
Vgl. Benno H. Pöppelmann, Transparenz im Amt, in: Journalist, Nr. 7/2001, S. 40–42 und http://www.netzwerkrecherche.de/
Vgl. http://www.staat-modern.de/bmiphorum/list.php?f=8
Vgl. Matthias Krupa, Aufstand der Amtsschimmel. Wie Beamte der Bundesregierung ein Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verhindern, in: Die Zeit vom 4. 4. 2002.
Vgl. Christiane Schulzki-Haddouti, Bundestag verzichtet auf Informationsfreiheit, in: Telepolis vom 8. 6. 2002, http://www.heise.de/tp/deutsch/html/result.xhtml?url=/ tp/deutsch/special/frei/12689/1.html&words=Informationsfreiheitsgesetz
Vgl. Haiko Lietz, Amtsverschwiegenheit — adieu? Hintergrund Politik, Manuskript der Deutschlandfunk-Sendung vom 20. 9. 2001; http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neuhintergrund/532.html
Vgl. Neuer Konfliktkurs, in: Der Spiegel vom 10. Juni 2002, S. 17.
So Bärbel Höhn in der »Tagesschau« am 2. 9. 2001; vgl. http://www.tagesschau.de/archiv/2001/02/09/aktuell/meldungen/bse-hoehn
Vgl. Cordula Meyer/ Barbara Schmid, Archaisches System, in: Der Spiegel vom 2. Juni 2001, S. 50.
Vgl. Der unglaubliche Betrug mit der Wurst, in: Hamburger Abendblatt vom 11. Januar 2001.
Foto: J-P. Boening, Greenpeace.
Vgl. Corinna Emundts, Damit drin ist, was drauf steht, in: Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2001; http://www.verbraucherministerium.de/pressedienst/pd2001-48.htm#01
Text des Gesetzentwurfes: http://www.verbrauchermimsterium.de/verbraucher/ verbraucherinfos.htm
Vgl. Jörg Michel, Der Maulkorb für Beamte wird nicht gelockert, in: Berliner Zeitung vom 31. Mai 2002.
Vgl. http://www.vfd.dk/kontrolinfo/kontrolinformation/
Vgl. Helmut Bäumler, 20 Jahre Datenschutz — ein Rückblick. Rede anläßlich des Festaktes »20 Jahre Datenschutz in Schleswig-Holstein« am 14. Dezember 1998 im Landeshaus in Kiel.
Mechthild Küpper, Noch lange nicht erledigt. Vor zehn Jahren entstand die Gauck-Behörde, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 11. 2001.
Irena Kukutz/Tina Krone/Henry Leide, Wenn wir unsere Akten lesen. Handbuch zum Umgang mit den Stasi-Unterlagen, Berlin 1996, S. 12.
Vgl. Wem gehören die Stasi-Akten? Auszüge aus einer Diskussionsveranstaltung der Frankfurter Rundschau, FR vom 26. März 2001; Stasi-Akten: Daumenschrauben vom Altkanzler, in: Der Spiegel vom 17. Juni 2002, S. 17.
Vgl. http://www.bstu.de/rechtl_grundl/aktenstreit/
Vgl. die Übersicht bei http://www.privacyinternational.org/issues/foia/foia-survey. html; http://home.online.no/~wkeim/informationsfreiheitsgesetze.htm
Vgl. den Beitrag von Christiane Schulzki-Haddouti/Manfred Redelfs in diesem Band.
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Redelfs, M. (2003). Informationsfreiheitsrechte in Deutschland. In: Schulzki-Haddouti, C. (eds) Bürgerrechte im Netz. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92400-1_12
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