Zusammenfassung
Bei der Entstehung von wissenschaftlichen Ideen handelt es sich um einen komplexen Vorgang, der sich in der Regel stufenweise vollzieht und dabei verschiedene Phasen durchläuft. Sinngemäß kann man von einer individuellen Phase sprechen, solange noch kein Austausch mit anderen Fachgenossen stattgefunden hat. Ideen entstehen oft spontan, um nachher, wie Pauli es einmal treffend ausdrückte, „bei Konfrontation mit den Beobachtungsdaten wieder Modifikationen zu erfahren“1, bis schließlich die rationale Fixierung im Kontext der jeweils zugelassenen Normen der Wissenschaft steht. Erst an dieser Stelle beginnt die eigentliche Fachwissenschaft. Mit dem Dialog, der Fachdiskussion, der Korrespondenz und der Veröffentlichung wird dann die kollektive Phase der wissenschaftlichen Tätigkeit eröffnet. Auch hier sind nur einzelne Bruchstücke des Geschehens erfaßbar und einer nachträglichen Rekonstruktion fähig. Der eigentliche Naturforscher ist jedoch nur an einem begrenzten Ausschnitt dieses Vorgangs interessiert, der durch die naturwissenschaftliche Methode vorgegeben ist und den Erfolg seines Unternehmens bestimmt. Dem Historiker fällt andererseits die schwierige und deshalb nur teilweise zu bewältigende Aufgabe zu, das tatsächliche Geschehen anhand fragmentarischer und unzulänglicher Daten möglichst getreu zu beschreiben und zu analysieren.
“We must refer to another aspect of Pauli’s role in modern physics, through his participation in discussions and, above all, in correspondence. The neutrino hypothesis, which was put forward in private discussions and letters,..., but it would be impossible to list all the ideas, constructive or critical, by which be has influenced the work of pupils and colleagues in innumerable letters. Some of these letters are written in reply to requests of advice. Others were spontaneous and written either by way of comment on somebody else’s work or when he had arrivied at some new thought himself and just sat down to put the thoughts to somebody who be knew would be interested to hear of them. All of his pupils and friends are familiar with these letters, invariably written by hand, invariably relating to problems of crucial importance at the time, pungent in criticism.”
Peierls(1960), S. 183 f.
Karl von Meyenn (1937 in Potsdam geboten) ist Physikhistoriker und Herausgeber des Pauli-Briefwechsels. Zur Zeit ist er Gastprofessor am Seminari d’História de les Ciencies der Universität Autónoma in Barcelona.
Vortrag, gehalten an der Universität Wien am 16. November 1983
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Literatur
Pauli [1961/841, S. 102. Mit dem inneren Vorgang der Ideenbildung hat sich Pauli in seinen späteren Jahren eingehend beschäftigt, wie seine Schriften und seine Briefe bezeugen. (Vgl. hierzu auch den in Kapitel XII wiedergegebenen Aufsatz.)
v. Ranke [1874], S. VII
Jordan (1973), S. 292
Siehe SHQP, Interview mit W. Heisenberg, Nr. 2 (7. Februar 1963), S. 1 und Interview mit O. Laporte (29. Januar 1964), S. 9 f.
Sommerfeld an Epstein, 24. September 1922
Vgl. hierzu Borns Schreiben vom 22. März 1922 an Epstein: “Mit der Störungstheorie sind wir jetzt weitergekommen. Wir haben die Methode zur Berechnung des Orthoheliums, die offenbar auch Bohr hat. Pauli ist eben damit beschäftigt, das Spektrum auszurechnen.“
Ehrenfest an Lande, 7. Dezember 1924
Vgl. Interview mit R. Peierls; New York, American Institute of Physics.
Siehe Elsasser (1978), S. 315 f.
Kronig an Goudsmit, Tübingen 16. März 1925
Aus einem Schreiben von Lenz an die Hamburgische Hochschulbehörde vom 29. Oktober 1925
An seiner Stelle vertrat Gregor Wentzel dieses Amt im Wintersemester 1925/26.
Ehrenfest an Born, 25. Oktober 1926
Ehrenfest an Goudsmit, 3. November 1927
Ehrenfest an Casimir, 23. März 1930
Pauli an Fierz, 24. Mai 1950
Pauli an Fierz, 22. Juni 1955
Ehrenfest an Pauli, 25. März 1931. (Vgl. auch den hier wiedergegebenen Aufsatz II,2.)
Robert Oppenheimer (siehe hierzu Paulis Schreiben an Ehrenfest vom 15. Februar 1929), Walter Elsasser (siehe Ehrenfests Schreiben an Goudsmit vom 11. April 1928) und Hendrik Casimir (siehe Ehrenfests Schreiben an Pauli vom 28. November 1932) sind solche Beispiele. Als Gregory Breit zu einem zweiten Forschungsaufenthalt nach Europa kam, riet ihm Ehrenfest in seinem Brief vom 1. Juni 1928: „Pauli ist jetzt in Zürich. Ich glaube, Sie sollten dort arbeiten.“
Ehrenfest an Goudsmit, 28. Feburar 1926. — Vgl. hierzu auch Nishinas Schreiben vom 1. September 1927 an Goudsmit: “In November I shall come to Hamburg to Pauli, to learn a little more on theoretical things. I do not know, how long I stay there.“
Pauli an Bethe, 8. März 1949
Vgl. z.B. Peierls(1960),S. 183 f.; Kemmer (1959); Jordan (1973), S. 292.
15 neu aufgefundene Briefe sind in einem Nachtrag zu Band II der Pauli-Briefedition [1985] abgedruckt.
Pauli an Kramers, 27. Juli 1925
Siehe hierzu Heisenberg an Pauli, 21. Juni 1925.
Siehe hierzu Hund (1967), S. 145, und Wessels (1981).
Vgl. hierzu Goudsmit (1965) und Paulis eigene Äußerungen in einem Schreiben vom 5. April 1935 an Kronig.
Pauli (1925), S. 385
Rasetti und Fermi (1926). — Siehe hierzu auch Pais (1972), S. 85, und Belloni (1981).
Heisenberg an Goudsmit, 21. November 1925
Heisenberg an Pauli, 21. November 1925
Heisenberg an Pauli, 24. November 1925
Heisenberg an Pauli, 24. November 1925
Vgl. Uhlenbeck (1976), S. 47; Pais (1982), S. 143. — Am 9. Dezember schrieb Heisenberg abermals an Goudsmit: „Gegen die wörtliche Anwendung Ihrer Hypothese sprechen, glaub’ ich, doch manche Argumente. Erstens ist da dieser Faktor 2, der wirklich eine direkte Übereinstimmung mit der Erfahrung verhindert.“
Bohr an Ehrenfest, 22. Dezember 1925: „Nicht weniger Freude war es für mich, den Einsatz von Uhlenbeck und Goudsmit kennenzulernen. Ich bin überzeugt, daß es ein überaus großer Fortschritt in der Theorie des Atombaues bedeutet. Auf meiner weiteren Reise fühlte ich mich ganz wie ein Prophet des Elektromagnet-Evangeliums, und ich glaube, daß es mir gelungen ist, Heisenberg und Pauli wenigstens davon zu überzeugen, daß ihre bisherigen Einwände nicht entscheidend sind, und daß es äußerst wahrscheinlich ist, daß die quantenmechanische Durchrechnung alle Einzelheiten richtig wiedergeben wird.“
Heisenberg an Pauli, 24. Dezember 1925. (Vgl. auch das in Amn. 40 zitierte Schreiben Paulis.)
Bohr an Pauli, 24. Dezember 1925
Ehrenfest an Goudsmit, 28. Dezember 1925
Pauli an Bohr, 30. Dezember 1925
Bohr an Ehrenfest, 5. Januar 1926
Pauli an Bohr, 5. Februar 1926
Bohr an Pauli, 20. Feburar 1926
SHQP, Interview mit L. H. Thomas vom 10. März 1962
Eine vereinfachte Ableitung des Thomas-Faktors lieferte Sommerfeld im Oktober 1931 — unter Berufung auf einen durch Pauli rekonstruierten Vortrag von Langevin — auf dem Kernphysikerkongreß in Rom. — Siehe auch Kramers [1937] und Mehra und Rechenberg [1982], I, S. 708 ff. und III, S. 270 ff.
Noch im April, als Pauli sich längst von der Richtigkeit der Rechnung überzeugt hatte, beschwerte sich Heisenberg (am 9. April) bei Jordan: „Daß Sie mir nicht schreiben, weshalb Thomas mit dem verdammten Faktor 2 Recht hat, ist ein schreiender Skandal.“
Bohr an Pauli, 9. März 1926
Pauli an Bohr, 12. März 1926
Pauli an Goudsmit, 13. März 1926
Lande an Goudsmit, 20. Juli 1926
Goudsmit an van der Waerden, 14. Juli 1959
Vgl. hierzu Bohrs Schreiben vom 17. April 1927 an Goudsmit: „Augenblicklich ist Pauli hier und es herrscht im Institut die friedlichste Stimmung, indem ich glaube, daß wir alle ungefähr einig sind, sowohl über was bisher errungen ist wie über die Natur der Schwierigkeiten, die noch zurückstehen. Ich muß aber gestehen, daß es mir sehr schwierig ist, in Ihren Überlegungen eine ausreichende mechanische Begründung zu erkennen. Wenn man sich überhaupt auf Korrespondenzbetrachtungen stützen will, ist es kaum erlaubt sich auf die Quanti-sierbarkeit als ein Argument für eine spezielle Kopplungsart zu berufen. Denn schon von der jetzt altmodischen Theorie der Periodizitätssysteme wissen wir, daß es möglich ist, jeder mechanischen Kopplungsart eine angemessene quantenmechanische Einkleidung zu geben. ... Kramers und Pauli, mit denen ich Ihren Brief diskutiert habe, und die, wie ich glaube, meine Meinung teilen, senden mit mir die besten Grüße.“
Als Kronig im November 1926 nochmals in Kopenhagen während eines allgemein besuchten Vortrags vor der Dänischen Physikalischen Gesellschaft auf seine Spinhypothese zurückkam, fand er auch hier abermals kein Gehör. Vgl. Kronig (1960), S. 26.
Siehe hierzu auch van der Waerden (1960).
Pauli an Kramers, 8. März 1926
Vgl. z.B. auch die in diesem Band wiedergegebenen Würdigungen von Paul Ehrenfest (II,2) und Oskar Klein (II,3).
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v. Meyenn, K. (1988). Paulis Briefe als Wegbereiter wissenschaftlicher Ideen. In: Enz, C.P., v. Meyenn, K. (eds) Wolfgang Pauli. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90270-2_3
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Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
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