Zusammenfassung
In Zeiten des Übergangs haben Metaphern Konjunktur. Und das ist keineswegs verwunderlich. Denn die Metapher, d.h. die Übertragung von einem semantischen Bereich in einen anderen, ist dasjenige sprachliche Instrument, das es uns erlaubt, einen Übergang als Übergang in Worte zu fassen. Die Metapher ist ein Ausdruck, der in sich selbst changiert, d.h. den historischen Übergang als semantischen Übertragungsprozeß zur Darstellung bringt. In Zeiten des Übergangs, in denen mit den Phänomenen auch die Begriffe in Bewegung geraten, gibt es kaum exaktere und angemessenere sprachliche Instrumentarien als Metaphern. Aber auch für Metaphern gilt, wie für alle Worte, die wir benutzen, daß es wichtig ist, uns über den Gebrauch, den wir von ihnen machen, zu verständigen. Geschieht das, dann können Metaphern auf anspruchsvolle Weise zur wissenschaftlichen Erhellung komplexer Phänomene eingesetzt werden. Eine Metapher ist nicht per se unpräzise und schöngeistig, ein Begriff nicht per se präzise und wissenschaftlich. In beiden Fällen ist die Frage der Präzision und der Wissenschaftlichkeit eine Frage des Gebrauchs. Was ich im folgenden versuchen möchte, ist, einige Ausdrücke, die wir gewöhnlich nicht als Metaphern nutzen, metaphorisch so in Bewegung zu setzen, daß sie zu Zwecken der Beschreibung unseres Umgangs mit dem Internet tauglich werden. Als Leitfaden für die methodische Metaphorisierung dieser Ausdrücke, zu denen zeichentheoretische Grundbegriffe wie ‘Bild’, ‘Sprache’ und ‘Schrift’ gehören, dient mir dabei das semantische Feld der Theatralität.
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Literatur
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Sandbothe, M. (1998). Theatrale Aspekte des Internet. In: Willems, H., Jurga, M. (eds) Inszenierungsgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89797-8_32
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