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Zusammenfassung

Die Herausbildung des politischen und Parteiensystems in Bulgarien muß auf die Jahre unmittelbar nach der Befreiung des Landes von der osmanischen Fremdherrschaft datiert werden. Dem Präliminarfrieden von San Stefano folgte 1878 der Berliner Kongreß, auf dem anstelle eines “Großbulgarischen Reiches ” nur ein Fürstentum Bulgarien — ohne die südliche Dobrudsha, ohne Westthrakien und ohne Mazedonien — unter noch immer faktischer Souveränität des Osmanischen Reiches geschaffen wurde. Erst 1885 folgte die Angliederung Ostrumeliens an Bulgarien, 1908 die Unabhängigkeitserklärung, und 1912/13 kam es zu den beiden Balkankriegen. Seit der Revision des Vertrages von San Stefano durch den Berliner Kongreß ist Bulgarien als für die Balkanhalbinsel strategischer, doch zumeist schweigender Spielball der Großmächte ausgenutzt worden (Dardanellen, Politik gegenüber der Türkei, Transitverbindungen usw.). Diese äußere Konstellation spiegelte sich innenpolitisch nicht nur im jeweiligen Grad der Hörigkeit bzw. Abhängigkeit als Satellitenstaat oder im besonderen Verhältnis zu den “Befreiern ” wider. Im Inneren wurde eine eigenstaatliche Entwicklung auch durch die Widersprüche zwischen Germanophilen, Russophilen, Anglophilen und Frankophilen erschwert. Das innenpolitische Anlehnungsbedürfhis an Großmächte verleitete stets auch zur Übernahme verschiedenster Strukturen, Konzepte und Methoden. Selbst die Herrscher wurden zeitweise “importiert”. Die für europäische Verhältnisse relativ fortschrittliche “Verfassung von Târnowo ” (16. April 1879) begründete eigene konstitutionelle Traditionen wie die Narodno Sâbranie (Volksversammlung — Parlament), auf die sich heute — hundert Jahre später — die politischen Parteien stützen. Die am 17. Juli 1991 verabschiedete neue Verfassung Bulgariens ist jedoch nicht so sehr als Sieg liberaler Kräfte, wie das noch 1879 im verhältnismäßig überschaubaren politischen Spektrum war, zu weiten.

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© 1997 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Schliewenz, B. (1997). Das Parteiensystem Bulgariens. In: Segert, D., Stöss, R., Niedermayer, O. (eds) Parteiensysteme in postkommunistischen Gesellschaften Osteuropas. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 82. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85102-4_7

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