Zusammenfassung
Die musikalische Bestimmung der Liederhalle wollen wir uns vor Augen zu halten suchen, wenn wir über die neuen Räume etwas aussagen. Was wäre natürlicher, als die musikalischen Gesetze auch bei der Gestaltung von Konzertsälen anzuwenden, nachdem die Malerei zum Beispiel längst davon ergriffen ist? Die Malerei ist ja mehr als nur Begleiterin der Baukunst. Sie ist zunehmend auch Ausgangspunkt, werden doch besonders Innenräume ebensosehr durch die Farbe gestaltet wie durch die Form. Der bekannte Stuttgarter Maler Hölzel hat bereits vor etwa einem halben Jahrhundert die Zusammenhänge zwischen Form und Farbe in unzähligen Etüden, wie er sie nannte, klargestellt, und es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn von der Farbe und von der Naturbetrachtung her mehr und mehr das Gesicht der Baukunst sich wieder zu wandeln beginnt. Bei den Räumen der Liederhalle ist die Achse bzw. die Symmetrie verlassen. Sie ordnen sich frei im einzelnen wie unter sich ungewohnten Eindrücken, die unserem heutigen Bedürfnis nach Entspannung auch bei Festen sehr entsprechen, dienen diese Räume doch nicht mehr so sehr der Repräsentation als der gelösteren Freude, die irgendwie im weitesten Sinne immer musikalisch ist. Hölzel hat den Kontrapunkt, wie man das Gesetz der gegensätzlichen harmonischen Bewegung nennen kann, schon auf alles ausgedehnt, was außerhalb der Musik vor sich geht, denn es ist ein allgemein gültiges Lebensgesetz. Alle Räume der Liederhalle sind in sich und unter sich auf diesen Gegensatz eingestellt, so sehr, daß man keinen entbehren kann. Darauf beruht die ganze Konzeption der Bauanlage. So wie man keinen Satz einer Symphonie weglassen könnte, ohne den Eindruck zu schwächen, so ist es auch bei den Räumen der Liederhalle! Man kann bei ihr aber auch nichts mehr hinzufügen, ohne ihren Klang empfindlich zu stören.
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© 1991 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden
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Kähler, G. (1991). Liederhalle Adolf Abel, Rolf Gutbrod 1955–1956. In: Kähler, G. (eds) Architektour. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83912-1_13
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83912-1_13
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
Print ISBN: 978-3-528-08723-4
Online ISBN: 978-3-322-83912-1
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