Zusammenfassung
Wenn in der Darstellung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland vom Verbändepluralismus als einem wesentlichen Element des politisch-sozialen Interessenausgleichs die Rede ist, dann werden meist unmittelbar nach der Aufzählung der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände die Kirchen genannt — mehr oder minder bewußt wird damit offenbar eine Rangfolge in der Bedeutung dieser Verbände vorgenommen. Gemessen an den üblichen Kriterien für den politischen Einfluß von Verbänden ist diese Einschätzung vermutlich sehr richtig: die beiden Großkirchen organisieren in der Bundesrepublik ca. 95 % der Bevölkerung, ihre Vertreter fehlen in keinem der pluralistisch zusammengesetzten Gremien, die sich als intermediäre Einflußgrößen zwischen staatlichen Entscheidungsinstanzen und freier bürgerlicher Sphäre etabliert haben, die beiden Großkirchen sind darüber hinaus zusammen mit den ihnen verbundenen Einrichtungen und Verbänden im Bildungs-, Gesundheitsund Wohlfahrtswesen nach der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Gemeinden) der zweitgrößte Arbeitgeber in der Bundesrepublik, und schließlich ist ihren Verlautbarungen zu gesellschaftspolitischen und allgemeinpolitischen Fragen eine große Resonanz in den Medien gewiß. Betrachtet man dagegen ihre „Sanktionsfähigkeit“, d.h. ihr Vermögen, für das ökonomische oder politische System bestandswichtige Leistungen zurückzuhalten, so ist der Befund allerdings weniger eindeutig.
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Preuß, U.K. (1989). Die verfassungsrechtliche Verankerung der Kirchen in der Bundesrepublik und ihre politische Bedeutung. In: Abromeit, H., Wewer, G. (eds) Die Kirchen und die Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83836-0_6
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