Zusammenfassung
Das überlieferte wirtschaftswissenschaftliche Denken ist oft immer noch von einem mechanistischen Leitbild aus der Physik geprägt. Obwohl dieses Prinzip durch die Entwicklung der modernen Physik relativiert wurde, hält man in der Nationalökonomie noch immer daran fest: Der Wirtschaftsprozess wird als Pendelbewegung zwischen Produktion und Konsum dargestellt. Demgegenüber macht der Autor geltend, dass die Dimension der Natur ebenfalls berücksichtigt werden sollte. So haben schon etliche Nationalökonomen darauf hingewiesen, dass der Mensch Materie/ Energie auch in der Wirtschaft weder schaffen noch vernichten könne (entsprechend dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik). Demzufolge kann der Mensch Materielles gar nicht produzieren. Er absorbiert vielmehr Materie/Energie und gibt sie fortwährend wieder von sich. Dabei beschäftigt sich der Autor mit dem Begriff der Entropie, den er — für seinen Zweck — als «Mass der nicht-verfügbaren Energie in einem thermodynamischen System» definiert. Unter diesem Gesichtspunkt treten Materie/Energie in einen Zustand der niedrigen Entropie in den Wirtschaftsprozess und verlassen diesen in einem Zustand der hohen Entropie. Entscheidend ist dabei, dass die verfügbare Energie durch den Abbau und die Verwendung von nicht-erneuerbaren Ressourcen abnimmt. Damit stellt sich aber die Frage nach der Weiterexistenz des industriellen Systems überhaupt.
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Anmerkungen und Literaturangaben
W. Stanley Jevons, The Theory of Political Economy, 4. A., London 1924. S 21
z.B.R. T. Bye, Principles of Economics. 2. A, New York 1956. S 253.
G. L. Bach. Economics 2. A. Englewood Cliffs. N. J. 1957. S. 60.
J. H. Dodd. C. W. Hasek. T. J. Hailstones. Economics. Cincinnati 1957, S. 125.
R. M. Havens. J. S. Henderson. D. L. Cramer, Economics, New York 1966, S. 43.
Paul A. Samuelson, Economics, 8. A. New York 1970, S. 42.
Karl Marx, Capital, 3 Bde, Chicago 1906–1933, Bd I S. 94, 199, 230 und passim.
Ebda Bd. II Kap. XX.
The Economic writings of Sir William Petty, ed. C. H. Hull, 2 Bde. Cambridge 1899, Bd II S 377. Merkwürdigerweise schloss sich Marx Pettys Gedankengang an; er behauptete aber, dass die Natur nur «mithilft, Gebrauchswert zu schaffen, ohne zur Bildung des Tauschwerts beizutragen». Marx a.a.O. Bd I, S. 22 7. Vgl. ebda S. 94.
z. B. Alfred Marshall, Principles of Economics. 8. A., New York 1924, S. 63.
Zum Problem der analytischen Darstellung eines Prozesses siehe N. Georgescu-Roegen. The Entropy Law and the Economic Process, Cambridge. Mass. 1971, S. 211-231.
Diese Unterscheidung, zusammen mit der Tatsache, dass niemand irgendwelche Rohstoffe gegen Abfall eintauschen würde, erledigt Marxens Behauptung, dass «kein Chemiker je Tauschwert in einer Perle oder einem Diamanten entdeckt hat», a.a.O. Bd I, S 95.
D. ter Haar. « The Quantum Nature of Matter and Radiation» in: Turning Points in Physics, ed. R. J. Blin Stoyle et al., Amsterdam 1959. S. 37.
Eine Bedeutung, die den Terminus neuerdings sehr beliebt gemacht hat. ist «the amount of information». Der Begriff wird als irreführend erwiesen und der angebliche Zusammenhang zwischen Information und physikalischer Entropie einer Kritik unterzogen in the Entropy Law and the Economic Process. Appendix B.
Diese Stellungnahme verlangt näher ausgeführt zu werden. Der Gegensatz zwischen dem Entropiesatz (mit seiner einsinnigen qualitativen Veränderung) und der Mechanik (wo jedes Ding sich hin-und herbewegen kann und dabei mit sich selbst identisch bleibt) wird von jedem Physiker und Wissenschaftsphilosophen uneingeschränkt aner kannt. Das mechanistische Dogma behielt (und behält jetzt noch) seinen Einfluss auf das wissen schaftliche Denken, auch als die Physik schon mit ihm aufgeräumt hatte. Das führte dazu, dass die Mechanik zusammen mit dem Zufall bald auch in die Thermodynamik einzog. Das ist das merkwürdigste Paar, das man sich denken kann, denn der Zufall ist die genaue Antithese zum Determinismus, der in den Gesetzen der Mechanik zum Ausdruck kommt. Natürlich kann das neue Begriffsgebäude (das als statistische Mechanik bekannt ist) die Mechanik nicht in sich schliessen und gleichzeitig die Umkehrbarkeit leugnen. So muss denn die statistische Mechanik lehren, dass ein Eimer Wasser beginnen könnte, wieder von selbst zu sieden. Der Gedanke wird allerdings mit dem Argument unter den Teppich gewischt, dass das Wunder seiner äusserst geringen Wahrscheinlichkeit wegen noch nie beobachtet worden sei. Diese hat den Glauben daran genährt, dass es möglich sein würde, gebundene in freie Energie zu verwandeln oder — wie P. W. Bridgman es geist reich formulierte — die Entropie zu unterlaufen. Die logischen Trugschlüsse der statistischen Mechanik und die verschiedenen Flickversuche werden besprochen in the Entropy Law and the Economic Process, Kap. VI.-
Das will nicht heissen, dass jedes Ding mit niedriger Entropie auch wirtschaftlichen Wert besitzen muss. Auch Giftpilze haben niedrige Entropie. Dnr Zusammenhang zwischen niedriger Entropie und (wirtschaftlichem) Wert ist dem zwischen Wert und Preis vergleichbar. Ein Gegenstand kann nur dann einen Preis haben, wenn er wirtschaftlichen Wert besitzt, und diesen kann er nur haben, wenn seine Entropie niedrig ist. Umkehren lässt sich der Satz aber nicht.
S. Anm. 11.
George Gamow. Matter, Earth and Sky. Englewood Cliffs, N. J., 1958, S 493f.
Vier Tage, nach Eugene Ayres «Power from the Sun » in Scientific American, August 1950, S. 16 Die Lage ändert sich sogar dann nicht, wenn wir annehmen, dass die Berechnung ums Tausendfache zu tief gegriffen ist.
Colin Clark. «Agricultural Productivity in Relation to Population» in: Man and His Future, ed. G. Wolstenholme, Boston 1963, S. 35.
Dass die Idee nicht so ausgefallen ist, zeigt die Tatsache, dass in Schweden während des Zweiten Weltkrieges für Autos ein minderwertigerTreibstoff verwendet wurde, den man durch Erhitzung von Holz mittels Holz gewann.
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© 1991 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden
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Georgescu-Roegen, N. (1991). Was geschieht mit der Materie im Wirtschaftsprozess?. In: Seidel, E., Strebel, H. (eds) Umwelt und Ökonomie. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-82545-2_3
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