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Part of the book series: Wirtschaftswissenschaft ((WiWiss))

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Zusammenfassung

Die Frage, in welcher Form und in welcher Stärke sich die Erhebung einer Steuer im Verhalten der besteuerten Individuen niederschlägt, steht seit jeher im Mittelpunkt der empirisch orientierten finanzwissenschaftlichen Literatur. Dieser Abschnitt gibt einen selektiven Überblick über Vorgehen und Ergebnisse vorliegender Untersuchungen zu der Intensität, mit der Steuerpflichtige auf die Besteuerung persönlicher Einkommen durch Strategien zur Minderung der deklarierten Bemessungsgrundlage reagieren. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem methodisch “traditionellen” und bis Mitte der 1990er Jahre dominierenden Strang der relevanten Literatur, der sich meist auf die Effekte einer einzelnen steuerlichen Verzerrung relativer Preise und einer einzelnen Form der Steuervermeidung — typischerweise (aber nicht nur) auf die Wirkung steuerbedingt gesunkener Nettolohnsätze auf das individuelle Arbeitsangebot — konzentriert.

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Literatur

  1. Die größte Beachtung findet daneben das Ausmaß, in dem die Sparentscheidung sowie die unter Unsicherheit getroffene Kapitalanlage- bzw. Portfolioentscheidung auf von der Einkommensteuer ausgehende Anreize reagieren; zu den Ergebnissen vgl. vor allem den Überblick bei Bernheim (2002). Die vorliegende Arbeit beschrfinkt sich auf die Diskussion des Steuervermeidungsverhaltens in einer statischen Perspektive und klammert die steuerliche Beeinflussung in intertemporaler Hinsicht vollzogener Wahlhandlungen aus.

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  2. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere dadurch, daß der Brutto(stunden)lohnsatz von Steuerpflichtigen, die einer regulären Beschäftigung nachgehen, empirisch meist nur mit Mühe zu beobachten ist; und daß die tatsächliche Minderung des Bruttoentgelts als Folge der Besteuerung von komplizierten steuerrechtlichen Vorkehrungen abhängig ist und nicht selten in nicht-stetigen und nicht-konvexen Budgetmengen resultiert (vgl. dazu ausführlich Blundell/MaCurdy, 1999, 1586–1596). Die Höhe des Nettolohnsatzes als wichtigster steuerlich beeinflußter Determinante bei der Wahl des individuellen Arbeitsangebots ist deshalb generell mit erheblicher Unsicherheit behaftet.

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  3. Die Häufung hoher in den 1980er Jahren geschätzter Elastizitätswerte beruhte im besonderen auf der Verwendung einer auf Hausman (1981) zurückgehenden Methode. Die ökonometrischen Schwierigkeiten, die sich mit dieser Methode verbinden, können an dieser Stelle nicht ausführlich diskutiert werden. Darauf hinzuweisen ist dennoch, daß vor allem MaCurdy (1992) und Heckman (1993) die von Hausman (1981) vorgeschlagene Spezifikation mit der Begründung kritisieren, sie lege das Vorzeichen zentraler Verhaltensparameter implizit bereits im Vorhinein fest und ziehe deshalb eine zum Teil drastische Überzeichnung der ermittelten Schätzwerte nach sich. Für die Bundesrepublik ergeben die an Hausman (1981) orientierten Schätzungen von Wagenhals (1990, 476–480) und Kaiser et al. (173–177) eine (kompensierte) Elastizität des Arbeitsangebots verheirateter Frauen, die einen Wert von 1,85 bzw. von 1,22 erreicht. Dieses Bild dürfte die tatsächliche Situation hierzulande deutlich überzeichnen. Jedenfalls beläuft sich der entsprechende Wert in einer jüngeren Arbeit von Wagenhals (2000) auf nur noch 0,28 und unterschreitet das noch von Wagenhals (1990) vorgelegte Ergebnis damit um mehr als das sechsfache.

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  4. Ähnlich wie im Zusammenhang mit der empirischen Literatur zum Arbeitsangebot beschrieben, resultieren jüngere und ökonometrisch elaboriertere Studien auch hier tendenziell in einer Abnahme der geschätzten Verhaltensparameter. So eliminieren die von Greene/McClelland (2001, 443–446) vorgestellten Schätzungen transitorische Anteile am von US-amerikanischen Steuerpflichtigen getätigten Spendenvolumen und weisen nach, daß eine Elastizität in Höhe von nur noch -0,5 bis -0,7 das von lediglich temporären Lebensumständen abstrahierende Verhalten auf realistischere Weise beschreibt.

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  5. Showalter/Thurston (1997) unterziehen die Sensitivität des Arbeitsangebots US-amerikanischer Ärzte in bezug auf die individuelle Residualrate einer empirischen Evaluation. Betrachtet werden dort ausschließlich die einkommensstärksten Vertreter dieser Berufegruppe (mit einem Jahreseinkommen von mehr als 80.000 US-$), die über einen Bruttostundenlohnsatz in vergleichbarer Höhe verfügen dürften. Die Elastizität des Arbeitsangebots selbständig praktizierender Ärzte in bezug auf die individuelle Residualrate nimmt bei Showalter/Thurston (1997, 84) einen signifikanten Wert von 0,33 an. Interessanterweise läßt sich bei in Krankenhäusern angestellten Ärzten dagegen — wie bei abhängig beschäftigten Lohnempfängern allgemein — erneut kein signifikanter Effekt der Besteuerung auf die geleistete Arbeitszeit feststellen.

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  6. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist Triest (1992), der den Zusammenhang zwischen dem Arbeitsangebot US-amerilcanischer Lohnempfänger und der Höhe der steuerlich zum. Abzug gebrachten Konsumgutaufwendungen — die dem Werbungskosten- und Sonderausgabenabzug des deutschen Steuerrechts stark iihnehi — untersucht. Das zentrale Ergebnis dieser Studie besteht darin, daß steuerbegünstigte Konsumgüter eine starker substitutive Beziehung zum Freizeitkonsum aufweisen als aus versteuertem Einkommen erworbene Güter. Die Interdependenz unterschiedlicher Steuervermeidungsstrategien bei der empirischen Schatzung zu vernachlässigen, erscheint deswegen in der Tat problematisch.

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  7. Das beschriebene Simultaneitätsproblem stellt sich auch dann, wenn die empirische Untersuchung mehrere Abzugstatbestände zusammenfassend in den Blick zu nehmen versucht. Dies konzedieren zum Beispiel auch Long/Gwartney (1987, 520), deren Schätzung die Summe der von US-amerikanischen Steuerpflichtigen zum Abzug gebrachten Werbungskosten und Sonderausgaben sowie der durch Steuergestaltung herbeigeführten Verluste auf den individuellen Grenzsteuersatz vor Berücksichtigung der jeweiligen Abzüge regressiert.

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  8. Auch eine als gesamtwirtschaftlich repräsentativ interpretierte Elastizität des zu versteuernden Einkommens in Höhe von Eins hätte weitreichende finanzpolitische Implikationen. So schätzt Feldstein (1995a, 567ff.), daß die 1993 vorgenommene Anhebung des US-amerikanischen Steuertarifs und die damit verbundene Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf fast 40% unter der Annahme einer solch elastischen Reaktion der Bemessungsgrundlage insgesamt nur zu einem geringen Anstieg und bei einer großen Zahl von Steuerpflichtigen sogar zu einem Rückgang des entrichteten Steuerbetrags führte. Feldstein/Feenberg (1996) zeigen, daß die von der gleichen Steuererhöhung hervorgerufenen Substitutionseffekte Effizienzverluste verursachten, die die Höhe des letztlich zusätzlich erzielten Aufkommens um das Doppelte übertrafen. Schließlich führen die verzerrenden Effekte der Einkommensteuer Feldstein (1999, 674–678) zufolge bei einer (kompensierten) Elastizität des zu versteuernden Einkommens in Höhe von Eins zu Zusatzlasten, die sich im Jahr 1994 auf weit über 30 Prozent des insgesamt erzielten Aufkommens belaufen.

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  9. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere dadurch, daß die Zuweisung der Steuerpflichtigen zu Experiment- und Kontrollgruppe des Politikwechsels nach einer nicht eindeutig zu rechtfertigenden, aber die Ergebnisse stark beinflussenden Regel erfolgt. Auch ist der von Feldstein (1995a) verwendete Datensatz mit rund 3.500 erfaßten Steuerfällen vergleichsweise klein, und der Gruppe der reichsten Steuerpflichtigen, auf deren Veranlagungsverhalten seine Schätzergebnisse in erster Linie beruhen, gehören lediglich 57 Beobachtungen an. Es besteht deshalb der begründete Verdacht, daß das Verhalten weniger Ausreißer seine Schätzergebnisse überzeichnet (zu diesbezüglichen Belegen vgl. Slemrod, 1996, 177). Schließlich legt Feldstein (1995a) keine Signifikanztests vor, die Aufschluß über Robustheit und statistische Qualität seiner Schätzungen geben könnten. Methodische Einwände gegen Feldsteins (1995a) Studie und wesentliche Erweiterungen seines Vorgehens werden im Rahmen der von vorliegender Arbeit mithilfe von differences-in-differences ermittelten Elastizität deutscher Steuerpflichtiger ausführlich diskutiert (vgl. Abschnitt 5).

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  10. Goolsbee (1999) untersucht sechs “große” US-amerikanische Steuerreformen im Zeitraum von 1922 bis 1975 und zeigt anhand einer Lindsey (1987) vergleichbaren Methode, daß sich in den meisten Fällen keine auffallende Änderung des Einkommens von der jeweiligen Reform besonders stark betroffener (meist reicher) Steuerzahler feststellen läßt. Andererseits kann diese Beobachtung aber auch auf eine im Vergleich unterschiedlicher historischer Zeitpunkte und unterschiedlicher Steuerpflichtiger differierende Elastizität des zu versteuernden Einkommens zurückzuführen sein (vgl. dazu auch Abschnitt 6.6 dieser Arbeit).

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  11. Daneben vermeidet die von Auten/Carroll (1999) vorgenommene Regressionsanalyse die in Fußnote 114 skizzierten methodischen Probleme, mit denen die difference-in-differences-Berechnungen Feldsteins (1995a) auf unumgängliche Weise verbunden sind. Besonderheiten und Vorteile der Verwendung von fixed effects-Modellen bei der Schätzung der Elastizität des zu versteuernden Einkommens werden in Abschnitt 6 vorliegender Arbeit erläutert, der die Ergebnisse einer vergleichbaren und auf den Fall der deutschen Steuerreform 1990 angewandten empirischen Strategie dokumentiert. Auf die Spezifika der von Auten/ Carroll (1999) vorgelegten Schätzungen wird dort — wie auch auf diejenigen aller im folgenden genannten Untersuchungen — ausführlich eingegangen.

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  12. Darauf hinzuweisen ist andererseits, daß sämtliche vorliegenden Schätzungen lediglich kurzfristige, d. h. in einem der ersten beiden Jahre nach Durchführung der Steueränderung wirksame Anpassungsprozesse an geänderte steuerliche Bedingungen erfassen. Durch Vernachlässigung erst in längerer Frist zu beobachtender Verhaltensänderungen — steuerlich motivierte Entscheidungen von Lohnempfängern, die die Wahl des Arbeitsplatzes oder die berufliche Fort- und Weiterbildung betreffen oder Effekte auf die “Leistungsbereitschaft” unternehmerisch tätiger Individuen, die sich erst mit Verzögerung in einer Änderung der erzielten Einkünfte niederschlagen — werden die ermittelten Schätzwerte in der Tendenz unterzeichnet.

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  13. Feldstein (1995a, 557f.) argumentiert, daß der seiner Arbeit zugrundeliegende Tax Reform Act von 1986 unter der politischen Maßgabe individueller Aufkommensneutralität konzipiert wurde: Die Inzidenz der Kombination aus Tarifsenkung und Maßnahmen zur Verbreiterung der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage sollte — unter der Voraussetzung gegebenen Verhaltens — näherungsweise in einer konstanten Steuerbelastung jedes einzelnen Steuerpflichtigen resultieren. In diesem Fall ließen sich die Ergebnisse Feldsteins (1995a) tatsächlich als kompensierte Elastizitäten interpretieren (vgl. Abschnitt 2.2.2). Gegenläufige empirische Evidenz, nämlich eine mit dem Einkommen zunehmende Steuerentlastung infolge der Steuerreform 1986, findet sich bei Kasten Et Al. (1994).

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  14. Die Reaktion der Bemessungsgrundlage auf die Änderung von Steuerbetrag bzw. Durchschnittsteuersatz eines Steuerpflichtigen ist theoretisch nicht eindeutig. Ist das zusammengefaßte Bündel der steuerbegünstigten Konsumgüter nicht-inferior — wie es die Ergebnisse der empirischen Literatur zum Arbeitsangebot hinsichtlich des Freizeitkonsums nahelegen (vgl. etwa Blundell/MaCurdy, 1999, 1646–1651) -, ließe sich bei steigendem exogenen Einkommen eine Abnahme des zu versteuernden Einkommens erwarten, die dem Substitutionseffekt steigender Residualraten gerade entgegenläuft (vgl. dazu die in Abschnitt 2.2.2 ermittelte Slutsky-Gleichung). Für eine ganze Reihe weiterer steuerbegünstigter Güter, so vor allem für die Freizeitnachfrage nicht lohnabhängig beschäftigter Individuen, sowie für die gesamte Kategorie steuergestaltender Aktivitäten liegen unserer Kenntnis nach bislang keine empirischen Schätzungen des Umfangs steuerinduzierter Einkommenseffekte vor.

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  15. Der von Saez (2003) ermittelte Verhaltensparameter läßt sich deshalb als kompensierte Elastizität der Bemessungsgrundlage interpretieren, weil sich sowohl Experiment- als auch Kontrollgruppe einem (approximativ) identischen Anstieg des entrichteten Steuerbetrags als Folge “kalter Progression” gegenübersahen. Beobachtet man Unterschiede im Verhalten der beiden Gruppen, sind diese dann ausschließlich Folge des Substitutionseffekts steigender Grenzsteuersätze. Zu beachten ist natürlich, daß die von Saez (2003) gewählte empirische Strategie einen entsprechenden Verhaltensparameter für Steuerpflichtige, deren Nominaleinkommen schon vor Inflationierung dem Spitzensteuersatz unterlag, nicht zu ermitteln und einen Vergleich mit der Reaktion einkommensstarker Steuerpflichtiger demzufolge nicht vorzunehmen erlaubt.

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  16. Diese Schätzungen orientieren sich, wie auch die im folgenden vorgestellten Untersuchungen, an einer Variante des in diesem Kontext erstmals von Navratil (1995) und Auten/Carroll (1999) verwendeten fixed effects-Modells (vgl. Abschnitt 4.3). Aarbu/Thoresen (1997, 20–27) zeigen, daß sich die durch diff-in-diff-Berechnungen ermittelten und außerordentlich hohen Elastizitäten Feldsteins (1995a) bei Anwendung dieser Methode im norwegischen Fall ebenfalls nicht replizieren lassen.

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  17. Eine ausführliche Diskussion dieses Arguments findet sich in Slemrod/Kopczuk (2002) und Kopczuk (2003). Abschnitt 2.4 demonstrierte, unter welchen Bedingungen der Steuergesetzgeber die Höhe der Elastizität des zu versteuernden Einkommens durch die absichtsvoll herbeigeführte steuerliche Bevorzugung einzelner Konsumgüter, d. h. durch die bewußte Schaffung steuerlicher “Schlupflöcher” — positiv oder negativ — beeinflussen kann.

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  18. Auf die von Feldstein (1995a), Feldstein/Feenberg (1996) und Feldstein (1999) vorgenommenen Berechnungen zum Ausmaß der durch die US-amerikanische Einkommensteuer bewirkten Effizienzverluste wurde bereits an anderer Stelle verwiesen; unter der Voraussetzung einer Elastizität des zu versteuernden Einkommens in Höhe von Eins fallen diese natürlich dramatisch aus. Feldstein (1997) zeigt, daß sich die selbstgestellte rhetorische Frage “How big should government be?” auf Grundlage der zuvor zitierten Ergebnisse auf naheliegende Weise beantworten läßt. Mit der gleichen Begründung rechtfertigt der Autor in einem Artikel des Wall Street Journals vom 16.02.2001 seine Forderung, den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer auf 28% zu senken.

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Schellhorn, H. (2005). Elastizität des zu versteuernden Einkommens: Literatur. In: Effizienzeffekte der Einkommensteuer bei Steuervermeidung. Wirtschaftswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81169-1_4

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