Zusammenfassung
Zur Moderne gehört die Idee, dass Akteure - Individuen ebenso wie Kollektive oder Organisationen - gezielt gestaltend in ihre Existenzbedingungen eingreifen können, dürfen und sollen. Dies fangt mit der je individuellen Biographie im Sinne der Karriereplanung an und reicht bis hin zur umfassenden Gesellschaftssteuerung wie im real existiert habenden Sozialismus. Nicht nur letzteres Beispiel verweist freilich darauf, dass sich menschliche Steuerungsambitionen zur Hybris auswachsen können. Selbstüberforderung durch Selbstüberschätzung ist eine chronische Neigung jedes Steuerungsakteurs - und zwar, wie eine vor allem an Max Webers Deutung des „okzidentalen Rationalismus“ geschulte Betrachtung lehrt, nicht so sehr entsprechenden individuellen Schwächen geschuldet, sondern kulturell aufgedrängt Zentral dafür ist die moderne Idee des Fortschritts.135
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References
Vgl. die Ausführungen bei Koselleck, Reinhart, 1979: Fortschritt, in: Brunner, Otto/ Conze, Werner/ Koselleek, Reinhart (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politischsozialen Sprache in Deutschland, Bd. 2: E-G, Stuttgart: Klett-Cotta, S. 351–423 (insbesondere Unterkapitel V: Fortschritt als Leitidee im 19. Jahrhundert, 407ff.).
Vgl. Scharpf, Fritz W., 1992: Die Handlungsfähigkeit des Staates am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.), Staat und Demokratie in Europa, Opladen: Leske + Budrich, S. 621–634 (621).
Voigt, Rüdiger, 2001: Steuerung und Staatstheorie, in: Burth/ Görlitz (Hrsg.), a.a.O., S. 133–146 (133).
Vgl. zur Pluralität der Planungsbegriffe z.B. Schneider, Hans K., 1969: Planung und Modell, in: Schäfers, Bernhard (Hrsg.), Gesellschaftliche Planung. Materialien zur Planungsdiskussion in der BRD, Stuttgart, 1973: Enke, S. 42–64 (45)
und Aderhold, Dieter, 1973: Kybernetische Regierungstechnik in der Demokratie. Planung und Erfolgskontrolle, Deutsches Handbuch der Politik Bd. 7, München/ Wien: Olzog, S. 21f.
Ellwein, Thomas, 1987: Politikwissenschaft. Beiträge zur Analyse von Politik und Gesellschaft, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 200.
Vgl. Platon: Politeia 488a–489d (in: gesammelte Werke III, Hamburg, 1988: Rowohlt, S. 203f.), und vgl. ders.: Politikos, 302a (in: gesammelte Werke V, Hamburg, 1985: Rowohlt, S. 61f.).
Vgl. Meichsner, Irene, 1983: Die Logik von Gemeinplätzen. Vorgeführt an Steuermannstopos und Schiffsmetaphorik, Bonn: Bouvier, S. 46ff.
Vgl. hierzu Bellers, Jürgen, 1990: Politikwissenschaft und Planung, in: Haungs (Hrsg.), a.a.O., S. 275–308 (279f.).
Paradigmatisch für solche Erklärungsformen steht Homers Odyssee, für die frühe Neuzeit Leibniz’ Theodizee. Vgl. Wippler, Reinhard, 1978: Nicht-intendierte Folgen individueller Handlungen, in: Soziale Welt, 29. Jg., S. 155–179 (175, FN 61).
Augustinus, Aurelius: Vom Gottesstaat (De civitate dei), 2. Bde., eingel. und übertr. von Wilhelm Thimme, Zürich, 1955: Artemis, XII.4: 67. Der von Augustinus benannte Hauptgrund für die Vergeblichkeit politischer Gestaltungsabsichten, die auf dauerhafte Ordnung zielen, liegt in den Unwägbarkeiten der Zeitunterworfenheit und Endlichkeit allen menschlichen Handelns in der Civitas terrena.
Vgl. Hegel, Georg-Wilhelm-Friedrich, 1821: Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Frankfurt a.M., 1989: Suhrkamp, § 189–208 (S. 346ff.).
Vgl. ebd., § 257 und § 258 (S. 398f.). Zur liberalen Vorstellung der Selbstorganisationsfähigkeit der Erwerbsgesellschaft vgl. Adam Smiths Metapher von der „invisible hand“, in: Smith, Adam, 1776: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of the Nations, Vol. 1, Oxford, 1976: Clarendon Press, S. 456.
Vgl. Vollrath, Ernst, 1990b: Die Kultur des Politischen. Konzepte politischer Wahrnehmung in Deutschland, in: Gerhardt, Volker (Hrsg.), Der Begriff der Politik. Bedingungen und Gründe politischen Handelns, Stuttgart: Metzler, S. 268–290 (283f.).
Vgl. diesbezüglich Engels, Friedrich, 1890: Engels an Joseph Bloch (21./22. September), in: Marx-Engels-Werke (MEW), hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Bd. 37: Friedrich Engels. Briefe, Berlin, 1967: Dietz, S. 462–465 (464).
Vgl. Ullmann-Margalit, Elisabeth, 1978: Invisible-Hand-Explanations, in: Synthese, Vol. 39, S. 263–291
vgl. mit Blick auf diesen Erklärungsansatz und seine Ursprünge im Werk von Adam Smith: Raphael, David D., 1985: Adam Smith, Oxford/ New York: Oxford University Press, S. 72f.: „Adam Smith’s image of the invisible hand is not a piece of theology. No doubt Smith would say, that the benificial results are ultimatively due to nature or the divine author of nature, but he does not mean that a providential God pulls the strings all the time. He uses the phrase for vivid effect, to give us a picture of an imaginary controlling device, but he knows very well that the effect comes about automatically through the interplay of individual interests and the system of exchange [Hervorhebung S.L.].“
Vanberg, Viktor, 1975: Die zwei Soziologien. Individualismus und Kollektivismus in der Sozialtheorie, Tübingen: Mohr, S. 25.
Ferguson, Adam, 1767: An Essay on the History of Civil Society, Edinburgh: Edinburgh University Press, S. 171.
Vgl. Martinsen, Renate, 1992: Theorien politischer Steuerung — auf der Suche nach einem dritten Weg, in: Grimmer, Klaus et al. (Hrsg.), Politische Techniksteuerung, Schriften des Instituts Arbeit und Technik Bd. 5, Opladen: Leske + Budrich, S. 51–73 (53).
Vgl. zur Kumulationsthese Benz, Arthur, 1994: Kooperative Verwaltung. Funktionen, Voraussetzungen und Folgen, Baden-Baden: Nomos, S. 305
vgl. Grimm, Dieter, 1990: Staat und Gesellschaft, in: Ellwein, Thomas/ Hesse, Joachim Jens (Hrsg.), 1990: Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, Baden-Baden: Nomos, S. 13–28 (22).
Kaufmann, Franz-Xaver, 1991: Diskurse über Staatsaufgaben — Gastvortrag —, MPIFG Discussion Paper 91/5, Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, S. 9.
Die Abbildung ist angelehnt an die Typologien in Freiburghaus, Dieter, 1991: Le Developpement des Moyens de l’Action Etatique, in: Morand, Charles Albert (éd.), L’Etat Propulsif. Contribution à l’Etude des Instruments d’Action de l’Etat, Paris: Publisud, S. 63
Willke, Helmut, 1992a: Prinzipien politischer Supervision, in: Bußhoff, Heinrich (Hrsg.), Politische Steuerung. Steuerbarkeit und Steuerungsfähigkeit. Beiträge zur Grundlagendiskussion, Baden-Baden: Nomos, S. 51–80 (69ff.).
Vgl. Mayntz/ Scharpf 1973, a.a.O., S. 115f. Im Wortlaut heißt es hier: „Die heute und in Zukunft eigentlich kritische Anforderung an das politische System richtet sich (…) auf die Fähigkeit zur vorausschauenden, aktiven Regelung und Steuerung jener gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse, deren ungesteuerte Dynamik die für das Gesamtsystem relevanten Probleme und Krisen hervorbringt.“
Vgl. Mannheim, Karl, 1935a: Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus, Leiden: Sijthoff, S. 46f.
Mannheim, Karl, 1935b: Die Umgestaltung des menschlichen Denkens und Handelns, in: Schäfers (Hrsg.), a.a.O., S. 95–101 (98).
Vgl. Lompe, Klaus, 1971: Gesellschaftspolitik und Planung. Probleme politischer Planung in der sozialstaatlichen Demokratie, Freiburg i.Br.: Rombach, S. 119.
Popper, Karl R., 1961: The Poverty of Historicism, 2. rev. ed., London, 1979: Routledge & Kegan Paul, S. 67.
Vgl. Popper, Karl R., 1963: Towards a Rational Theory of Tradition, in: ders., 1972, a.a.O., S. 120–135 (124f.).
Vgl. Lindblom, Charles E., 1959: The Science of „Muddling Through“, in: Etzioni, Amitai (ed.), Readings on Modern Organizations, 2nd print., Englewood Cliffs: Prentice Hall, S. 154–173.
Vgl. hierzu Schelskys einschlägige Aufsätze in: Schelsky, Helmut, 1980: Die Soziologen und das Recht. Abhandlungen und Vorträge zur Soziologie der Planung, Opladen: Westdeutscher Verlag sowie Tenbruck, Friedrich, 1978: Zur Anthropologie des Handelns, in: Lenk, Hans (Hrsg.), Handlungstheorien interdisziplinär II. Handlungserklärungen und philosophische Handlungsinterpretation, 1. Halbband, München: Fink, S. 89–138. Tenbruck betont insbesondere die „Sicherheitsparadoxie“ menschlichen Handelns, derzufolge steigende Sicherheit und Erfolge menschlicher Handlungen zugleich in der subjektiven und — wenn man es auf das politische Problem des Planens und Entscheidens erweitert — in der kollektiven Wahrnehmung zu höher geschraubten Ansprüchen, damit einhergehend auch zu größeren Handlungsambitionen mit wiederum gesteigerter Unsicherheit führt (vgl. ebd., S. 91ff.).
Vgl. Etzioni, Amitai, 1968: The Active Society. A Theory of Societal and Political Processes, New York/ London: The Free Press, S. 282ff.
Hayek, Friedrich August von, 1952: Wahrer und falscher Individualismus, in: ders., Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, 2. erw. Aufl., Salzburg: Neugebauer, S. 9–48 (25).
Vgl. auch die Darstellung bei Heine, Wolfgang, 1983: Methodologischer Individualismus. Zur geschichtsphilosophischen Begründung eines sozialwissenschaftlichen Konzeptes
C. Menger, J.A. Schumpeter, M. Weber, F.A. v. Hayek, K.R. Popper, Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 103ff. (insbes. 133).
Vgl. Hayek, Friedrich August von, 1959: Mißbrauch und Verfall der Vernunft. Ein Fragment, Frankfurt a.M.: Knapp, S. 122f.
Vgl. Lenk, Kurt, 1989: Deutscher Konservatismus, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 209ff.
So der programmatische Buchtitel von Lutz. Vgl. Lutz, Burkart, 1984: Der kurze Traum immerwährender Prosperität: Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des zwanzigsten Jahrhunderts, Frankfurt a.M./ New York: Campus.
Vgl. zusammenfassend Mayntz, Renate, 1983: Zur Einleitung: Probleme der Theoriebildung in der Implementationsforschung, in: dies. (Hrsg.), Implementation politischer Programme 2. Ansätze zur Theoriebildung, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 7–24 (23).
Vgl. Crozier, Michel/ Huntington, Samuel P./ Watanuki, Joji, 1975: The Crisis of Democracy. Report on the Governability to the Trilateral Commission, New York: New York University Press (insbesondere S. 11ff.)
vgl. die Beiträge in Hennis, Wilhelm/ Kielmansegg, Peter Graf/ Matz, Ulrich (Hrsg.), 1977 & 1979: Regierbarkeit. Studien zu ihrer Problematisierung, 2. Bde., Stuttgart: Klett-Cotta.
Vgl. Schmitt, Carl, 1933: Weiterentwicklung des totalen Staates in Deutschland, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924–1954, 3. Aufl., Berlin: Duncker & Humblot, S. 359–365 (361f.). Dieses Motiv der Kritik an Wohlfahrtsstaat und Korporatismus findet sich in stark abgeschwächter Form auch im politischen Diskurs der Nachkriegszeit wieder. Man denke nur beispielhaft an Theodor Eschenburgs Philippika gegen die „Verbändeherrschaft“. Auch die noch zu behandelnde Legitimitätskrisen- und Unregierbarkeitsdebatte der 1970er Jahre hat diesbezüglich in Schmitt einen ihrer Ahnherren. In diesem Sinne lassen sich auch Stolleis’ Reflexionen über den Interventionsstaat interpretieren, der „in seiner Doppelrolle als Garant der Spielregeln und als Mitspieler“ nicht aus Stärke, sondern aus Schwäche in die Gesellschaft interveniert und damit selbst seine innere Souveränität aushöhlt. Siehe Stolleis, Michael, 1989: Die Entstehung des Interventionsstaates und das öffentliche Recht, in: ders., Konstitution und Intervention. Studien zur Geschichte des öffentlichen Rechts im 19. Jahrhundert, Frankfurt a.M., 2001: Suhrkamp, S. 253–282 (264).
Beyme, Klaus von, 1995: Selbstregelung und Steuerung. Zur Entwicklung zweier Paradigmen, in: Journal für Sozialforschung, 35. Jg., S. 197–218 (197).
Vgl. Mayntz, Renate, 1996: Politische Steuerung: Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie, in: Beyme, Klaus von/ Offe, Claus (Hrsg.), Politische Theorien in der Ära der Transformation, PVS-Sonderheft 26, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 148–168 (163).
Ritter, Ernst-Hasso, 1979: Der kooperative Staat. Bemerkungen zum Verhältnis von Staat und Wirtschaft, in: AöR, 104. Jg., S. 389–413 (408f.).
Böhret, Carl/ Konzendorf, Gottfried, 1995: Mehr Sein als Scheinen: Der funktionale Staat, in: Behrens, Fritz et al., Den Staat neu denken. Reformperspektiven für die Landesverwaltungen, Berlin: Edition Sigma, S. 17–40 (24ff.). Da der Begriff des Kooperativen Staates im Schrifttum der Politikwissenschaft inzwischen die größte Verbreitung gefunden hat — vgl. nur die Beiträge in Voigt, Rüdiger (Hrsg.), 1995: Der kooperative Staat: Krisenbewältigung durch Verhandlung?, Baden-Baden: Nomos — wird er hier durchgehend von mir verwendet. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass alle drei Begriffe inhaltlich den gleichen Diskurs bezeichnen.
Vgl. Zöpel, Christoph, 1987: Fragen des Staates an die Zukunftsforschung, in: Hesse, Joachim Jens/ Zöpel, Christoph (Hrsg.), Zukunft und staatliche Verantwortung, Forum Zukunft Bd. 1, Baden-Baden: Nomos, S. 13–44 (15)
vgl. Grimm, Dieter, 1987: Der Staat in der kontinentaleuropäischen Tradition, in: ders., Recht und Staat in der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 53–83 (78f.).
Vgl. zur theoretischen Herleitung solcher Kooperationsformen im Schatten der Hierarchie Scharpf, Fritz W., 1993: Positive und negative Koordination in Verhandlungssystemen, in: Héritier, Adrienne (Hrsg.), Policy-Analyse. Kritik und Neuorientierung, PVS-Sonderheft 24, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 57–83.
Vgl. Hesse, Joachim Jens, 1990: Staatliches Handeln in der Umorientierung. Thesen zur institutions- und verwaltungspolitischen Diskussion, in: Ellwein/ Hesse (Hrsg.), a.a.O., S. 151–172 (168f.)
sowie Ritter, Ernst-Hasso, 1990: Das Recht als Steuerungsmedium im kooperativen Staat, in: Staatswissenschaft und Staatspraxis, 1. Jg., S. 50–88 (83).
Mayntz, Renate, 1993: Policy-Netzwerke und die Logik von Verhandlungssystemen, in: Héritier (Hrsg.), a.a.O., S. 39–56(41).
Mayntz, Renate, 1987: Politische Steuerung und gesellschaftliche Steuerungsprobleme — Anmerkungen zu einem theoretischen Paradigma, in: Ellwein, Thomas et al. (Hrsg.), Jahrbuch zur Staatsund Verwaltungswissenschaft Bd. 1, Baden-Baden: Nomos, S. 89–111 (93).
Vgl. Görlitz, Axel, 1995: Politische Steuerung. Ein Studienbuch, Opladen: Leske + Budrich, S. 38ff.
Scharpf, Fritz W., 1988: Verhandlungssysteme, Verteilungskonflikte und Pathologien der politischen Steuerung, in: Schmidt, Manfred G. (Hrsg.), Staatstätigkeit. International und historisch vergleichende Analysen, PVS-Sonderheft 19, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 61–87 (63).
Mayntz, Renate/ Scharpf, Fritz W., 1995: Steuerung und Selbstorganisation in staatsnahen Sektoren, in: dies. (Hrsg.), Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 9–38 (29).
Im Gegensatz zum oben behandelten Steuerungsdiskurs ist die politische Ideengeschichte der Legitimität politischer Ordnungen sehr breit in einer mittlerweile unübersehbaren Fülle an Literatur erfasst, so daß sich eine vertiefende Auseinandersetzung für die Zwecke dieser Studie erübrigt. Ich verweise an dieser Stelle im Sinne einer Auswahlbibliographie auf den einschlägigen Artikel von Würtemberger, Thomas, 1982: Legitimität, Legalität, in: Brunner/ Conze/ Koselleck (Hrsg.), a.a.O., Bd. 3: H-Me, S. 677–740 sowie die Ausführungen bei Mirbach 1990, a.a.O.
vgl. mit Blick auf die Vertragstheorien Kersting, Wolfgang, 1996: Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags, Darmstadt: Primus
vgl. auf das philosophische Grundlagenverständnis von Legitimation bezogen: Dux, Günter, 1976: Strukturwandel der Legitimation, Freiburg/ München: Alber.
Eine jüngere Studie zur Ideengeschichte politischer Legitimität stammt von Noetzel, Thomas, 1999: Authentizität als politisches Problem. Ein Beitrag zur Theoriegeschichte der Legitimation politischer Ordnung, Berlin: Akademie Verlag.
Vgl. Zippelius, Reinhold, 1981: Legitimation im demokratischen Verfassungsstaat, in: ARSP, Beiheft 15/81, S. 84–94 (85).
Kielmansegg, Peter Graf, 1971: Legitimität als analytische Kategorie, in: PVS, 12. Jg., S. 367–401 (397).
Vgl. Jellinek, Georg, 1900: Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. (6. Neudruck), Darmstadt, 1959: Gentner, S. 394ff.
sowie Weber, Max, 1921: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, 5. Aufl. (Studienausgabe), Tübingen, 1980: Mohr, S. 815ff.
vgl. auch Ellwein, Thomas, 1992: Staatlichkeit im Wandel. Das Staatsmodell des 19. Jahrhunderts als Verständnisbarriere, in: Kohler-Koch (Hrsg.) 1992, a.a.O., S. 73–82 (76ff.)
Kriele, Martin, 1994: Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, 5. Aufl., Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 76ff.
Vgl. Zürn, Michael, 1998: Regieren jenseits des Nationalstaates. Globalisierung und Denationalisierung als Chance, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 17.
Vgl. Weber, Max, 1922b: Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 7. Aufl., Tübingen, 1988: Mohr, S. 475–488 (475).
Vgl. als ideengeschichtliche Studie zur Entwicklung des Legitimitätsbegriffs bei Max Weber: Stallberg, Friedrich Wilhelm, 1975: Herrschaft und Legitimität. Untersuchungen zu Anwendung und Anwendbarkeit zentraler Kategorien Max Webers, Meisenheim am Glan: Hain.
Scheuner, Ulrich, 1981: Die Legitimitätsgrundlage des modernen Staates, in: ARSP, Beiheft 15/81, S. 1–14(3).
Vgl. hierzu auch den Ausgangspunkt der staatsgesellschaftlichen Fixierung des deutschen Legitimitätsdenkens in der frühen deutschen Staatsrechtslehre bei Eduard Albrecht, der den Staat als „Persönlichkeit“ definierte, die „herrscht, handelt, Rechte hat“. Siehe Albrecht, Eduard, 1837: Rezension über Maurenbrechers Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, in: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Jahr 1837, S. 1432. Vgl. für weitere Quellenangaben und eine entsprechende Genealogie des staatsfixierten Legitimitätskonzepts Vollrath 1993, a.a.O.
Vgl. Westle, Bettina, 1989: Politische Legitimität — Theorien, Konzepte, empirische Befunde, Baden-Baden: Nomos, S. 22.
Vgl. Kriele 1994, a.a.O. sowie Breuer, Stefan, 1998: Der Staat. Entstehung, Typen, Organisationsstadien, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 161ff.
Vgl. Stern, Klaus, 1977: Das Staatsrecht der BRD. Bd. 1: Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, München: Beck, S. 67.
Vgl. Fraenkel, Emst, 1968: Deutschland und die westlichen Demokratien, 7. Aufl., Stuttgart et al., 1979: Kohlhammer, S. 200f.
sowie ders. 1976: Pluralismus als Strukturelement der freiheitlichrechtsstaatlichen Demokratie, in: Nuscheler, Franz/ Steffanie, Winfried (Hrsg.), Pluralismus. Konzeptionen und Kontroversen, München: Piper, S. 158–182 (161). Vgl. auch die instruktive ideengeschichtliche und empirische Studie zum „Minimalkonsens“ als Kernelement der freiheitlichdemokratischen politischen Ordnung der BRD von Eisel, Stephan, 1986: Minimalkonsens und freiheitliche Demokratie. Eine Studie zur Akzeptanz der Grundlagen demokratischer Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland, Paderborn et al.: Schöningh.
Die politische Linke — wie sie z.B. Jürgen Habermas verkörpert — betrachtet diese Interpretation geradezu als normativ unhintergehbares Gebot: „Der aus den Grundrechten [der Verfassung] selbst begründete sozialstaatliche Interventionismus erweitert die demokratische Selbstgesetzgebung der Bürger eines Nationalstaates zur demokratischen Selbststeuerung einer nationalstaatlich definierten Gesellschaft.“ Siehe Habermas, Jürgen, 1998: Die postnationale Konstellation. Politische Essays, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 101.
Vgl. zur historischen Transformation des deutschen Rechtsstaates in einen Interventionsstaat Stolleis 1989, a.a.O.
Vgl. Gehlen, Arnold, 1955: Johannes Winckelmann: Legitimität und Legalität in Max Webers Herrschaftssoziologie, in: Deutsches Verwaltungsblatt, 70. Jg., S. 577 sowie ders., 1963: Studien zur Anthropologie und Soziologie, Neuwied: Luchterhand, S. 255f.
Auch Heidorn stellt in seiner theorievergleichenden Studie zum Verhältnis von Legitimität und Regierbarkeit heraus, dass Webers formales Legitimitätskonzept ohne eine zumindest rudimentäre Orientierung an den „Befriedigungschancen menschlicher Interessen der Gesellschaftsmitglieder“ kraftlos bliebe. Siehe Heidorn, Joachim, 1982: Legitimität und Regierbarkeit. Studien zu den Legitimitätstheorien von Max Weber, Niklas Luhmann, Jürgen Habermas und der Unregierbarkeitsforschung, Berlin: Duncker & Humblot, S. 45.
Vgl. hierzu Kopp, Manfred/ Müller, Hans-Peter, 1980: Herrschaft und Legitimität in modernen Industriegesellschaften. Eine Untersuchung der Ansätze von Max Weber, Niklas Luhmann, Claus Offe, Jürgen Habermas, München: tuduv, S. 68.
Vgl. Habermas, Jürgen, 1996: Die Einbeziehung des anderen. Studien zur politischen Theorie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 132.
Vgl. Kaufmann, Franz-Xaver, 1997: Herausforderungen des Sozialstaates, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 141ff.
Kaufmann, Franz-Xaver, 2002: Die Kraft des Nationalcharakters. Warum es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialstaat gibt, in: FAZ v. 29.1.2002, S. 8.
Vgl. nur Greiffenhagen, Martin und Sylvia, 1993: Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur im vereinigten Deutschland, München/ Leipzig: List, S. 189ff.
Eines Legitimitätsprinzips, das abweichend vom herrschaftsaffirmativen Legitimitätsglauben, den Max Weber ansetzt, aber auch abweichend von allen naturrechtlichen Legitimitätstheorien auf „herrschaftsfrei gefundenen, aktiven und deshalb Legitimität verbürgenden Konsensus“ rekurrieren soll. Siehe Narr, Wolf-Dieter/ Offe, Claus, 1975: Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Wohlfahrtsstaat und Massenloyalität, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 9–46 (28).
Vgl. zu den angeführten Positionen Habermas, Jürgen, 1973: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt a.M.: Suhrkamp
Offe, Claus, 1976: Überlegungen und Hypothesen zum Problem politischer Legitimation, in: Ebbighaus, Rolf (Hrsg.), Bürgerlicher Staat und politische Legitimation, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 80–105
die Beiträge in Hennis/ Kielmansegg/ Matz (Hrsg.) 1977 & 1979, a.a.O. Einige der wenigen Äquivalente zu dieser Diskussion, die im angelsächsischen Raum Gehör fanden, stammen von Bell, Daniel, 1976: The Cultural Contradictions of Capitalism, New York: Basic Books sowie Berger, Peter L./ Berger, Brigitte/ Kellner, Hansfried, 1973: The Homeless Mind. Modernization and Consciousness, Harmondsworth: Penguin Books. Auf die ländervergleichende empirische Studie von Crozier/ Huntington/ Watanuki 1975, a.a.O. ist bereits hingewiesen worden.
Vgl. Gehlen, Arnold, 1969: Moral und Hypermoral. Eine pluralistische Ethik, 3. Aufl., Frankfurt a.M., 1973: Athenäum, S. 61f.
Vgl. hierzu Becker, Hartmut, 1994: Die Parlamentarismuskritik bei Carl Schmitt und Jürgen Habermas, Berlin: Duncker & Humblot, vor allem der direkte Vergleich ab S. 132ff.
Vgl. einfuhrend in die diesbezüglichen Positionen seit Max Webers Bürokratisierungsdiagnose Schimank, Uwe, 2001: Organisationsgesellschaft, in: Kneer, Georg/ Nassehi, Armin/ Schroer, Markus (Hrsg.), Klassische Gesellschaftsbegriffe der Soziologie, München: Fink, S. 278–307.
Vgl. Habermas, Jürgen, 2001: Glauben und Wissen, in: FAZ v. 15.10.01, S. 9.
Vgl. Habermas, Jürgen, 1992: Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 348ff.
Vgl. zur politischen Theorie der Deliberation zusammenfassend Schaal, Gary S./ Strecker, David, 1999: Die politische Theorie der Deliberation, in: Brodocz/ Schaal (Hrsg.), a.a.O., S. 69–93.
Vgl. stellvertretend für viele Böckenförde, Emst-Wolfgang, 1967: Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: ders., 1991, a.a.O., S. 92–114. Der durch Daniel Bell (1976, a.a.O.) inspirierte amerikanische Diskurs beklagte eher die Entwertung des für die Arbeitsmoral notwendigen religiösen Desiderats — der protestantischen (Arbeits-)Ethik — durch die gesteigerten Ansprüche auf hedonistische Lebensstile.
Vgl. Reese-Schäfer, Walter, 1996b: Die politische Rezeption des kommunitarischen Denkens in Deutschland, in: APuZ, B36/96, S. 3–11.
Vgl. hierzu mit Blick auf die USA Etzioni, Amitai, 1997: Die Verantwortungsgesellschaft. Individualismus und Moral in der heutigen Demokratie, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 191ff. Bei Böckenförde heißt es zu diesem Problem bereits 1965 wörtlich: Die staatlich gesatzten rechtlichen Normen „müssen bei ihren Adressaten — also in der Gesellschaft selbst — auf einen Fundus treffen, der sie trägt, sie dürfen nicht allein aus ihrer Erzwingbarkeit leben wollen. Sie müssen also der Grundlage nach schon oder noch in der Gesellschaft vorhanden sein, um als rechtliches Sollen aktualisiert werden zu können.“ Siehe Böckenförde, Emst-Wolfgang, 1965: Die historische Rechtsschule und das Problem der Geschichtlichkeit des Rechts, in: ders. 1991, a.a.O., S. 9–41 (38f.). Auch die Gesellschaftstheorie von Talcott Parsons unterstellt, wie in Kap. 2.2.2 skizziert, einen solchen Grundkonsens.
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Lange, S. (2003). Politische Steuerung und Legitimität: Die Grundpfeiler der modernen Staatsgesellschaft. In: Niklas Luhmanns Theorie der Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80510-2_3
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