1 Einleitung

Wer sich an Spieltagen der 1., 2. und 3. deutschen Fußball-Liga in den Städten bewegt, in denen die Spiele stattfinden, dem wird auffallen, dass Fußballspiele vielfach Lärm, Staus, Müll und Krawalle mit sich bringen. Da von diesen negativen Begleiterscheinungen nicht nur die Fußballklubs und Stadionbesucher betroffen sind, sondern auch Gesellschaftsmitglieder, die überhaupt nicht Teil der Wirtschaftstransaktion „Eintrittskarte-gegen-Geld“ sind, stellen diese Begleiterscheinungen aus ökonomischer Sicht negative externe Effekte dar (siehe z. B. Daumann 2012, 2018; Höfer und Mause 2015). In diesem Zusammenhang wird seit einigen Jahren darüber diskutiert, ob es gerechtfertigt ist, dass die Steuerzahler für die Kosten der an Spieltagen anfallenden Polizeieinsätze aufkommen müssen. Dass es sich dabei keineswegs um eine quantité négligeable handelt, mögen einige Zahlen illustrieren. So beliefen sich die Polizeikosten in der Saison 2012/2013 der 1. und 2. Bundesliga nach Angaben der Deutschen Polizeigewerkschaft auf 100 Mio. € (vgl. DPolG 2014). Diese Berechnung basiert auf der Gesamtzahl der Stunden, die Polizisten laut der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze in dieser Saison bei Polizeieinsätzen rund um die Bundesliga-Spiele geleistet haben (1.756.190 Arbeitsstunden; vgl. ZIS 2013). Stellt man alle Spiele, für die Daten vorliegen (d. h. 1./2./3. Liga, Regionalligen, DFB-Pokal, europäische Wettbewerbe plus Nationalmannschaften), in Rechnung, dann kommen insgesamt 2.672.954 Arbeitsstunden zusammen. In der Studie der ZIS (2013) wird berichtet, dass in der Saison 2012/2013 – rein rechnerisch – 1351 Vollzeit-Polizisten allein für die 755 Spiele, bei denen Polizeieinsätze stattfanden (1./2. Bundesliga, DFB-Pokal, europäische Wettbewerbe plus Nationalmannschaften), abgestellt wurden. In der letztgenannten Zahl sind die 2024 Spiele in der 3. Liga und in den fünf Regionalligen (insgesamt 916.764 Arbeitsstunden) also noch gar nicht enthalten.

Seit 2016 war die Polizeikosten-Debatte auch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, in dem sich das Bundesland Bremen und die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) gegenüberstanden. Bei der DFL handelt es sich um ein privates, gewinnorientiertes Unternehmen, welches die 1. und 2. Bundesliga betreibt. Ohne hier auf Details eingehen zu können, wollte das Bundesland Bremen der DFL als Veranstalter den bei sog. „Hochrisikospielen“ wie z. B. dem Nordderby Werder Bremen vs. Hamburger SV anfallenden polizeilichen Mehraufwand in Rechnung stellen – und stellte der DFL im April 2015 erstmals eine Polizeigebühren-Rechnung in Höhe von 425.718,11 € für ein Werder-vs.-HSV-Derby zu; Gebührenbescheide für weitere Werder-Spiele folgten (vgl. BVerwG 2019). Nachdem die DFL mit ihrer Klage gegen die Gebührenbescheide vor dem Verwaltungsgericht Bremen (05/2017) zunächst erfolgreich war, danach jedoch vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen (02/2018) sowie – letztinstanzlich – dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (03/2019) gescheitert ist, beglichen die DFL und Werder Bremen im Herbst 2019 die Bescheide. Allerdings bedeutete dies nicht das Ende der Polizeikosten-Debatte, da Stand heute (02/2020) noch offen ist, ob andere Bundesländer der Bremer Gebührenerhebungspraxis folgen werden. Zudem geht es bislang lediglich um eine Kostenbeteiligung des Profifußballs an Polizeieinsätzen bei sog. „Hochrisikospielen“. Und außerdem erwägen die Vereine bzw. die DFL eine weitergehende juristische Prüfung des Sachverhalts vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Der nach wie vor bestehende Widerstand ist wenig überraschend, denn die (partielle) Übernahme der Polizeikosten, welche bislang – sieht man vom Bremer Fall ab – vollständig sozialisiert bzw. auf den Steuerzahler abgewälzt werden, würde die Ausgaben der Fußballbranche erhöhen und deren Gewinne schmälern. Hingegen scheint – repräsentativen Bevölkerungsumfragen zufolge – eine große Mehrheit der Bürger nicht mit der bislang in Deutschland gängigen Praxis einverstanden zu sein. So befürworteten in einer im März 2019, vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts durchgeführten repräsentativen bundesweiten Umfrage 90 % der Befragten die Bremer Kostenbeteiligungsregelung (vgl. Infratest dimap 2019; n = 1008 Wahlberechtigte in Deutschland).

Der vorliegende Aufsatz leistet einen ökonomischen Beitrag zu der anhaltenden Polizeikosten-Debatte, indem die Hauptargumente der Verteidiger der Kostensozialisierung (d. h. steuerfinanzierte Polizeieinsätze), zu denen insb. die Profiklubs, die DFL und der DFB gehören, aus einer wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive betrachtet und hinterfragt werden. Denn egal, wie das eingangs skizzierte juristische „Spiel“ weitergeht, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen ist, dass auch Steuerzahler, die weder Stadionbesucher noch Anbieter der kommerziellen Veranstaltung „Profifußball-Spiel“ sind, die Kosten für die an Spieltagen anfallenden Polizeieinsätze tragen. Für die ökonomische Analyse spielt es übrigens keine Rolle, ob Polizeieinsätze im Zuge von einzelnen „Hochrisikospielen“ oder bei anderen Partien im Profifußball (z. B. in der 3. Liga, die vom DFB/Deutschen Fußball-Bund e. V. organisiert wird), stattfinden.

Die ökonomische Analyse, dies sei hier bereits vorweggenommen, stützt die juristische Position, die im Rahmen des Rechtsstreits Bremen-vs.-DFL das Oberverwaltungsgericht Bremen sowie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vertreten haben, wonach die Anbieter der kommerziellen Veranstaltung „Profifußball-Spiel“ unter bestimmten Bedingungen an den Polizeikosten zu beteiligen sind (siehe BVerwG 2019). Als weitere Vorbemerkung sei gesagt, dass das offensichtliche Phänomen der negativen externen Effekte von Fußballspielen und anderen (Sport‑)Veranstaltungen in der ökonomischen bzw. sozialwissenschaftlichen Literatur auch in zahlreichen früheren Studien angesprochen wird (siehe, neben vielen anderen, z. B. Barget und Gouguet 2007). Einige wenige haben darüber hinaus bereits ökonomische Argumente in die öffentliche Polizeikosten-Debatte eingebracht, um die Sozialisierung der Kosten für die polizeiliche Überwachung bzw. Begleitung von Fußballspielen in Deutschland in Frage zu stellen (Moser 2009; Daumann 2012, 2018; Pawlowski und Fahrner 2014). Überdies liegen einige juristische Abhandlungen zu dieser Debatte vor (siehe als Überblick z. B. Leines 2018; Mayer 2018; Lampart 2019). Eine systematische ökonomische Analyse der verschiedenen Argumente, die von den Verteidigern der Praxis, dass die Steuerzahler die Kosten solcher Polizeieinsätze tragen, vorgebracht werden, liegt meines Wissens bislang jedoch nicht vor.Footnote 1

2 Die Polizeikosten-Sozialisierung auf dem ökonomischen Prüfstand

2.1 Das Profiklubs-als-Steuerzahler Argument

Befürworter bzw. Verteidiger der Polizeikosten-Sozialisierung in Deutschland weisen häufig darauf hin, dass die Vereine im Profifußball bereits in beträchtlichem Umfang Steuern zahlen, so dass sich – so das Argument – jede Diskussion über zusätzlich zu zahlende Polizeieinsatzgebühren erübrige. Nach Angaben der DFL (2014b) haben die 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga in der Saison 2012/2013 insgesamt Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 850 Mio. € gezahlt. Obwohl unbestritten ist, dass der Profifußball „zu den großen Steuerzahlern in Deutschland [gehört]“ (DFL 2014b, S. 20; so auch DFB 2010, 2014), könnten kritische Beobachter an dieser Stelle argumentieren, dass es viele andere mehr oder weniger große Steuerzahler gibt, die ebenfalls negative Externalitäten erzeugen, die jedoch – im Gegensatz zum Profifußball – sowohl Steuern zahlen und zudem auch die externen Kosten ihrer Aktivitäten internalisieren müssen (z. B. Gebührenzahlungen im Falle von Umweltverschmutzung). In diesem Sinne weist der Journalist Houben (2014) darauf hin, dass steuerpflichtige Vereine oder ihre Verbände keine Gebühren für fußballinduzierte Polizeieinsätze entrichten müssen, während der „normale“ Bürger Steuern entrichtet und eine Gebühr dafür zu zahlen hat, wenn er/sie (i) eine Nacht in einer Ausnüchterungszelle einer deutschen Polizeiwache verbringt (bis zu 180 €), (ii) bei einer Sitzblockade von Polizisten entfernt wird (ab 40 €) oder (iii) als Hauseigentümer für einen Fehlalarm der Alarmanlage, zu dem die Polizei gerufen wird, verantwortlich ist (rund 110 €). Ebenso zahlen Logistikunternehmen Gebühren, wenn Transporte (z. B. Schwer‑/Gefahrgut oder wertvolle Güter) von der Polizei begleitet werden. Die Tarife für diese und andere Polizeidienstleistungen sind in den 16 Bundesländern unterschiedlich hoch (vgl. Houben 2014).

Es besteht allerdings ein Unterschied zwischen (a) steuerpflichtigen Bürgern und Unternehmen, die Gebühren für polizeiliche Aktivitäten zahlen müssen, die unmittelbar mit ihrem Verhalten zusammenhängen (siehe die obigen Beispiele) und (b) steuerpflichtigen Fußballvereinen. Letztere sind nämlich in puncto negative Externalitäten nicht die unmittelbaren „Umweltverschmutzer“ bzw. Verursacher: Einige Besucher der Fußballspiele (insb. Hooligans) und nicht die Vereine selbst verursachen Müll, Lärm und Krawalle, die Polizeieinsätze erfordern (vgl. z. B. Schiffbauer 2014 mit Verweisen auf weitere juristische Beiträge, die dieses Argument vorbringen). Dass „Fußball-Vereine und -Verbände keinesfalls Verursacher oder Veranlasser von Gewalt sind“ (DFL 2014a), verlangt und rechtfertigt jedoch nicht, dass die Vereine gar nichts für an Spieltagen stattfindende Polizeieinsätze zahlen müssen. So müssen z. B. Profifußball-Vereine in Frankreich, der Schweiz und Großbritannien Steuern zahlen und zudem Sicherheitsgebühren entrichten, die zumindest einen Teil der anfallenden Polizeikosten abdecken (Trauthig 2014). Eine in der Finanzwissenschaft gebräuchliche, klassische Unterscheidung liefert ein ökonomisches Argument zur Rechtfertigung dieser Kostenbeteiligungspraxis: Steuern sind Zwangsabgaben an den Staat bzw. „öffentliche Abgaben ohne rechtlichen Anspruch auf Gegenleistung“ (Zimmermann et al. 2017, S. 335; so auch Grossekettler 2007, S. 567; Hyman 2014, S. 22). Sie dienen in einer Gesellschaft u. a. zur Finanzierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen, die – zumindest im Idealfall – von allen Gesellschaftsmitgliedern genutzt werden können. Dagegen müssen Bürger vielfach spezifische Gebühren als Gegenleistung für staatliche Dienstleistungen zahlen, die sie in Anspruch nehmen und von denen sie individuell profitieren. In finanzwissenschaftlicher Terminologie ausgedrückt: „Gebühren sind vom Staat einseitig festgesetzte Abgaben, die bei Inanspruchnahme bestimmter staatlicher Leistungen erhoben werden“ (Zimmermann et al. 2017, S. 328).

Im vorliegenden Fall profitieren die Veranstalter der kommerziellen Veranstaltung „Fußballspiel“ von der staatlichen Dienstleistung „Polizeieinsatz“. Die kostenfreie Nutzung dieser Dienstleistung kann als geldwerter Vorteil für die Vereine interpretiert werden, denn ohne die vom Steuerzahler finanzierte Polizeipräsenz müssten Klubs, die an Erlösen aus Ticketverkäufen interessiert sind, andere Wege finden, um (potentiellen) Stadionbesuchern glaubhaft zu signalisieren, dass ihre Sicherheit gewährleistet ist (z. B. durch Kostenaufwendungen für private Sicherheitsmaßnahmen). Wenn Vereine also Polizeidienstleistungen nutzen, um Fußballspiele zu einem sicheren Ereignis zu machen, dann sollten Klubs in der gerade eingenommenen finanzwissenschaftlichen Perspektive auch dazu verpflichtet sein, eine Gebühr für die Inanspruchnahme dieser staatlichen Dienstleistung zu zahlen. Die Klubs müssten diese Gebühr dann in ihre betriebswirtschaftliche Kalkulation einbeziehen, beispielsweise in Form höherer Ticketpreise oder niedrigerer Gehälter für Spieler, Trainer und Manager.

Verteidiger der Polizeikosten-Sozialisierung werden dieses finanzwissenschaftliche bzw. ökonomische Argument höchstwahrscheinlich aus mindestens zwei Gründen nicht akzeptieren. Erstens argumentieren einige, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung an Spieltagen, genauso wie an jedem anderen Tag des Jahres, eine staatliche Aufgabe sei, die entsprechend der o. g. finanzwissenschaftlichen Definition vom Steuerzahler zu finanzieren sei, da die gesamte Bevölkerung von polizeilichen Maßnahmen zur Absicherung von Fußballspielen, politischen Demonstrationen und anderen Veranstaltungen profitiere (siehe Abschn. 2.3 und 2.4 für eine Diskussion dieses Arguments). Zweitens argumentieren Vereine und ihre Verbände unter der Überschrift „Profifußball als Steuerzahler“ (vgl. z. B. McKinsey 2010, S. 14), dass es ungerecht wäre, wenn sie plötzlich zusätzlich zu ihren Steuerzahlungen auch noch Polizeigebühren entrichten müssten: Denn die jährlichen Steuerzahlungen des Fußballgeschäfts (850 Mio. € gemäß DFL 2014b) decken bzw. übersteigen bei weitem die jährlich anfallenden fußballbedingten Polizeikosten (ca. 100 Mio. € laut DPolG 2014). Ihrer eigenen Ansicht nach kommt die Fußballbranche also keineswegs kostenlos in den Genuss einer staatlichen Dienstleistung, sondern diese Branche habe die in Rede stehende staatliche Dienstleistung (d. h. Polizeieinsätze bei Fußballspielen) bereits durch ihre Steuerzahlungen bezahlt.

Diese Argumentation ignoriert allerdings die Tatsache, dass Fußballvereine und ihre Verbände von ihren Steuerzahlungen außerdem auch noch auf andere Weise profitieren als durch die von Steuerzahlern finanzierten Polizeieinsätze; etwa durch Nutzung der öffentlichen Infrastruktur (Straßen, Parks, öffentliche Verkehrsmittel usw.) in den Städten, in denen sich Stadien und Geschäftsstellen befinden. Diese Infrastruktur wird in Deutschland größtenteils aus öffentlichen Mitteln finanziert. In einer von der DFL in Auftrag gegebenen Studie berichtet McKinsey (2010, S. 14), dass sich die öffentlichen Ausgaben für den Profifußball in Deutschland (z. B. „Polizeieinsätze“, „Investitionen in Stadien“ und „Infrastruktur“, „Unterstützung des öffentlichen Personennahverkehrs“) auf rund 200 Mio. € pro Jahr belaufen (basierend auf Daten für 2007/2008). Leider werden die Zwischensummen und Datenquellen hinter den 200 Mio. € nicht veröffentlicht. Darüber hinaus scheint diese Zahl nicht auf offiziellen Haushaltsdaten zu beruhen. McKinsey (2010, S. 14, FN 2) berichtet in einer wenig vertrauenerweckenden Fußnote, dass für die Berechnung der Kosten „für Polizeieinsätze die höchsten in der Öffentlichkeit genannten Beträge angenommen wurden“. Mir war es nicht möglich, zu überprüfen, ob die 200 Mio. € die tatsächliche Situation widerspiegeln oder möglicherweise (bewusst) zu niedrig angesetzt sind, um die Kluft zwischen den Steuerzahlungen des Profifußball-Gewerbes und den im Vergleich dazu anscheinend in der Tat relativ niedrigen öffentlichen Ausgaben für den Profifußball zu maximieren. Was zur weiteren Klärung wünschenswert wäre, aber nicht öffentlich verfügbar ist, ist ein detaillierter und offizieller Bericht für jeden der 56 Profiklubs in der 1., 2. und 3. Liga, aus dem hervorgeht, (a) inwieweit die einzelnen Vereine von Kommunen, Bundesländern oder Bundesregierung öffentliche Unterstützung erhalten (steuerfinanzierte Polizeieinsätze, staatliche Subventionen, Steuervergünstigungen, Ausgaben für öffentliche Infrastruktur etc.) und (b) wie viel Steuern ein Klub tatsächlich an welche Staatsebene (lokal, Bundesland, national) zahlt.

Festzuhalten ist jedenfalls im Lichte der öffentlich verfügbaren Daten, dass die jährlichen Steuerzahlungen des Profifußball-Gewerbes (850 Mio. € laut DFL 2014b) die jährlichen fußballbedingten öffentlichen Ausgaben (rund 200 Mio. € laut McKinsey 2010) nicht nur decken, sondern weit übersteigen. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht ist diese einfache Berechnung jedoch zu einfach. Denn wie viele andere Wirtschaftsunternehmen auch, müssen Fußballvereine Steuern zahlen, wenn sie mit ihren geschäftlichen Aktivitäten Einnahmen erzielen (z. B. als Veranstalter der kommerziellen Veranstaltung „Fußballspiel“). Der Staat verwendet die Steuerzahlungen der Fußballbranche, zusammen mit den Steuerzahlungen vieler anderer Unternehmen und Bürger, nicht nur zur Finanzierung von öffentlichen Ausgaben im Zusammenhang mit Profifußball (siehe oben), sondern auch für Staatsausgaben in verschiedenen anderen Bereichen (Sozialausgaben, Straßenbau, Landesverteidigung usw.). Wie oben erwähnt, werden Steuern in der finanzwissenschaftlichen Literatur üblicherweise definiert als Zwangsabgaben „ohne rechtlichen Anspruch auf Gegenleistung“ (Zimmermann et al. 2017, S. 335; Hyman 2014, S. 22; Grossekettler 2007, S. 567). Dies bedeutet, dass die Fußballindustrie oder andere Steuerzahler keinen Anspruch darauf haben, selbst zu bestimmen, für welche spezifischen Zwecke (z. B. zur Deckung der Kosten für fußballinduzierte Polizeieinsätze) ihre Steuerzahlungen vom Staat verwendet werden sollten. Aus finanzwissenschaftlicher Perspektive rechtfertigt also die Tatsache, dass die Fußballbranche bereits in beträchtlichem Umfang Steuern zahlt, nicht, dass sich dieser Wirtschaftszweig einem Finanzierungsmodell entziehen möchte, wonach – wie es etwa in Frankreich, der Schweiz und Großbritannien bereits praktiziert wird – die Veranstalter kommerzieller Fußballspiele an den an Spieltagen anfallenden Kosten für Polizeieinsätze in Form von zu zahlenden Polizeigebühren beteiligt werden.

2.2 Das Private-Sicherheitsausgaben Argument

Die Vereine und ihre Verbände argumentieren oft, dass es ungerecht wäre, wenn sie Gebühren für Polizeieinsätze an Spieltagen zahlen müssten, da sie selbst bereits viel Geld dafür ausgeben, dass Fußballspiele für Eltern und ihre Kinder, Senioren und andere Stadionbesucher zu einem sicheren Sportereignis werden. Nach Angaben der DFL (2011) investieren die Klubs der 1. und 2. Bundesliga jährlich mehr als 25 Mio. € in die Sicherheit der Stadionbesucher: und zwar 21 Mio. € für private Sicherheitsdienste, 3 Mio. € für Sicherheits- und Fanbeauftragte sowie 1,3 Mio. € für sozialpädagogische Fanprojekte. In Anbetracht der Krawalle, die an Spieltagen immer wieder in und um Stadien stattfinden, könnten allerdings kritische Beobachter der Ansicht sein, dass die Klubs noch mehr Zeit, Energie und Geld in Sicherheitsmaßnahmen investieren könnten. Natürlich müssten Kostensteigerungen im Bereich der privaten Sicherheitsausgaben in irgendeiner Weise finanziert werden; etwa durch höhere Ticketpreise, niedrigere Spielergehälter oder niedrigere Klubgewinne.

Zur Einordnung der oben genannten, von den Vereinen berichteten Zahlen haben Journalisten des ARD-Fernsehmagazins Plusminus eigene Recherchen angestellt. Demnach erzielt z. B. Werder Bremen einen Jahresumsatz von 89 Mio. € und rangiert damit in puncto Einnahmen im Mittelfeld der 1. Bundesliga (vgl. Houben 2014). Etwa die Hälfte der Bremer Einnahmen wird als Gehalt an die Spieler des Klubs gezahlt. Lediglich rund 1,5 % des Jahresumsatzes (d. h. 1,3 Mio. €) gibt der Verein für private Sicherheitsdienste und Fanprojekte aus. Mit anderen Worten, es ist sicher lobenswert, dass die Vereine bereits einiges an Geld ausgeben, um die externen Kosten von Fußballspielen zu senken und die Spiele für Besucher zu einem sicheren Sportereignis zu machen. Öffentlichkeitswirksame Hinweise der Klubs darauf, dass sie bereits mehr oder weniger viel Geld für private Sicherheitsmaßnahmen ausgeben, verhindern – wie Spieltag für Spieltag beobachtet werden kann – jedoch offensichtlich nicht, dass rund um die Spiele Dinge passieren, die Polizeieinsätze erfordern. Und die dabei anfallenden Polizeikosten könnten den Veranstaltern der Spiele (d. h. Klubs und DFL) in Rechnung gestellt werden. Das in der Polizeikosten-Debatte oft zu hörende Argument der privaten Sicherheitsausgaben ist aus ökonomischer Sicht nicht stichhaltig, um eine Beteiligung der Vereine an den Polizeikosten abzuwenden.

2.3 Das Öffentliche-Sicherheit-als-Staatsaufgabe Argument: Das Veranstaltungsgelände

Verteidiger der Polizeikosten-Sozialisierung argumentieren oft, dass der Übergang zu einem Polizeigebühren-System „mit unseren verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar [ist]. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist unabhängig von der Kassenlage der öffentlichen Haushalte allein Aufgabe des Staates […]. Denn der Polizeieinsatz dient der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und damit dem Interesse der Allgemeinheit“ (DFL 2014a; siehe auch DFB 2014). Aus ökonomischer Sicht ist die Situation jedoch weniger klar. In dieser Hinsicht ist es wichtig, zwischen Polizeieinsätzen (a) auf dem Stadiongelände und (b) im öffentlichen Raum außerhalb dieses Geländes zu unterscheiden. Beginnen wir mit der normativen Fragestellung, wer aus ökonomischer Perspektive für die Kosten von Polizeieinsätzen auf dem Stadiongelände aufkommen sollte. Stadiongäste bezahlen für den Besuch einer kommerziellen Veranstaltung und genießen einen privaten Nutzen aus dem Konsum eines Gutes, welches beide Voraussetzungen eines sog. Klubgutes erfüllt (Cornes und Sandler 1996). Erstens herrscht bis zu einer bestimmten Anzahl an Stadionbesuchern keine Rivalität im Konsum (d. h. jeder Zuschauer kann sehen, was auf dem Spielfeld passiert). Zweitens gilt das Ausschlussprinzip: Der Veranstalter hat das Recht, bestimmten Kunden den Zugang zum Stadion zu verweigern; beispielsweise Fans, die keine Tickets haben, oder notorischen Hooligans. In Stadien, in denen jeder Besucher seinen eigenen Sitzplatz hat (mit uneingeschränktem Blick auf das Spielfeld), kann der Besuch eines Fußballspiels sogar als privates Gut eingestuft werden: Jeder Sitzplatz wird in der Regel nur von einer Person besetzt (d. h. Rivalität im Konsum) und es gilt das Ausschlussprinzip (d. h. Zugang zum Stadion nur für eine begrenzte Anzahl an Besuchern).

Unabhängig davon, ob Fußballspiele nun in ökonomischer Terminologie als private Güter oder Klubgüter klassifiziert werden, können Vereine zur Gewährleistung der Sicherheit der Stadionbesucher Geld für privates Sicherheitspersonal und Sicherheitsausrüstung (Überwachungskameras, Körperscanner am Eingang etc.) ausgeben. Diese privaten Sicherheitskosten können über den Ticketpreis auf die Stadionbesucher abgewälzt werden (so auch Daumann 2018). Darüber hinaus ist in der Regel bei Spielen im deutschen Profifußball ein Polizeiaufgebot im Stadion und auf dem Stadiongelände vorhanden. Die Frage ist nun, wer die Rechnung für diese Polizeieinsätze zahlen muss. Wie wir oben gesehen haben, ist die Antwort für die Vereine und ihre Verbände klar: Der Steuerzahler zahlt. Die klassische finanzwissenschaftliche Unterscheidung zwischen Steuern und Gebühren (siehe z. B. Grossekettler 2007; Hyman 2014; Zimmermann et al. 2017) zeigt jedoch an, dass es die Produzenten und Konsumenten des Wirtschaftsgutes „Fußballspiel“ sein sollten, die die Polizeikosten zahlen sollten – als Gegenleistung für eine staatliche Dienstleistung, von der sie profitieren. In der Praxis würde dies bedeuten, dass die Vereine Rechnungen erhalten; und die Vereine, die Einnahmen aus dem Verkauf des Wirtschaftsgutes „Fußballspiel“ erzielen, müssten dann entscheiden, wie sie diese Rechnungen begleichen möchten. Die Klubs könnten die Polizeiausgaben z. B. über höhere Ticketpreise (zum Teil) auf die Stadionbesucher oder über niedrigere Gehälter (zum Teil) auf Spieler, Trainerstab und Manager überwälzen.

An dieser Stelle könnte eingewendet werden, dass die Klubs auf die Polizei angewiesen sind, da private Sicherheitskräfte nicht immer in der Lage seien, mit aufständischen Fans fertig zu werden. Wenn es auf dem Stadiongelände zu Ausschreitungen kommt und Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen und/oder andere Personen angegriffen werden, dann können die privaten Sicherheitskräfte in dieser Selbstverteidigungssituation allerdings zunächst selbst versuchen, die Unruhestifter mittels Selbstverteidigungsmaßnahmen und der Zuhilfenahme von Schlagstöcken, Pfefferspray, Handschellen etc. zu überwältigen und aus dem Stadion zu entfernen. Auf dem Stadiongelände haben die Vereine nämlich Hausrecht und können kontrollieren, ob sich Besucher im Rahmen der für das Stadion geltenden Hausordnung bewegen. Und Vereine haben die Befugnis, Personen, die gegen diese Regeln verstoßen (z. B. stark alkoholisierte Fans, Randalierer), vom „Konsum“ des Spiels auszuschließen. In Deutschland und anderen Ländern, in denen der Fußball von einer Hooligan-„Kultur“ begleitet wird, kann es natürlich sein, dass einige Fußballfans keinen Respekt vor dem privaten Sicherheitspersonal haben (z. B. dürfen in Deutschland nur Polizisten Schusswaffen mitführen und Hooligans verhaften), so dass die Anwesenheit der Polizei auf dem Stadiongelände offenbar als unumgänglich angesehen wird, um die Stadionsicherheit zu gewährleisten. Die vollständige Sozialisierung dieser Polizeikosten ist jedoch, wie oben erläutert, aus finanzwissenschaftlicher Sicht nicht zu rechtfertigen.

Gegen die obige ökonomische Argumentation könnte ferner eingewendet werden, dass die Klassifizierung von Fußballspielen als Klubgut oder privates Gut zu einfach sei. Wenn sich in einer Gesellschaft auch viele, die nicht ins Stadion gehen, für Profifußball interessieren, dann sei keineswegs klar – so zumindest der potentielle Einwand –, dass Fußballspiele (a) ein Klubgut oder privates Gut sind, und dass (b) die Polizeieinsätze auf dem Stadiongelände nicht vom Steuerzahler, sondern via Polizeigebühren von den Veranstaltern und/oder Besuchern dieses „Events“ zu bezahlen sind. Dieser mögliche Einwand lässt sich auf den ersten Blick durch die oben erwähnte finanzwissenschaftliche Unterscheidung zwischen Steuern und Gebühren (siehe z. B. Grossekettler 2007; Hyman 2014; Zimmermann et al. 2017) begründen. Angewendet auf die hier untersuchte Fragestellung würde sich aus dieser Unterscheidung ergeben, dass die Sozialisierung der Polizeikosten dann gerechtfertigt wäre, wenn alle Gesellschaftsmitglieder von der staatlichen Dienstleistung „polizeiliche Überwachung des Stadiongeländes“ profitieren würden. Die öffentlich verfügbaren Daten legen jedoch nahe, dass dies nicht der Fall ist, und der gerade quasi als Advocatus Diaboli vorgebrachte potentielle Einwand somit nicht stichhaltig ist.

So machten z. B. in der Saison 2012/2013 die 591.100 Menschen, die an einem durchschnittlichen Spieltag ein Ticket kauften, um die neun Fußballspiele in der 1., die neun Spiele in der 2. und die 10 Spiele in der 3. Liga zu sehen (Datenquelle: DFB 2013; DFL 2014b), lediglich 0,74 % der mehr als 80 Mio. Einwohner aus. Zudem schätzt McKinsey (2010), dass in Deutschland durchschnittlich 15 Mio. Menschen (d. h. 18,75 % der Bevölkerung) an einem Spieltag die Spiele der professionellen Fußball-Ligen im Fernsehen verfolgen. Darüber hinaus mag es Bürger geben, die die Spiele nur über das Radio verfolgen oder nur Zeitungsartikel über die Spiele lesen. Gäbe es ein Polizeigebühren-System, dann könnten Vereine die Polizeikosten bzw. Teile davon nicht nur über den Ticketpreis an Stadionbesucher weitergeben, sondern auch an die indirekt Begünstigten der Polizeieinsätze: nämlich Fernsehzuschauer und Radiohörer (via Fernseh‑/Radiolizenzen). Manche mögen trotz dieser Zahlen behaupten, dass nicht nur die gerade aufgezählten Bevölkerungsgruppen, sondern sehr viele oder gar alle Deutsche fußballinteressiert seien. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. In einer 2012 durchgeführten repräsentativen Allensbach-Umfrage interessierten sich 35 % der Befragten „ganz besonders“ für Fußball, 30 % interessierten sich „auch, aber nicht so sehr“, und 34 % interessieren sich „kaum oder gar nicht“ für Fußball (vgl. Allensbach 2012; n = 27.104 Befragte; 1 % „keine Angabe“).

Aber selbst wenn sich 100 % für Fußball interessieren würden, würde dies aus ökonomischer Sicht nicht die vollständige Sozialisierung der Polizeikosten rechtfertigen. Obwohl Verteidiger des Der-Steuerzahler-zahlt-Prinzips diesen Gedanken mögen werden, wäre es meines Erachtens absurd, Bürger, die (a) ein allgemeines Interesse am Fußball äußern, die aber (b) die Spiele weder im Stadion noch im Fernsehen oder Radio verfolgen, zu der Gruppe der direkten Nutznießer (Stadionbesucher) oder indirekten Nutznießer (Fernsehzuschauer, Radiohörer) der staatlichen Dienstleistung „polizeiliche Überwachung des Stadiongeländes“ zu zählen. Dieser Abschnitt dürfte also verdeutlicht haben, dass es aus ökonomischer Perspektive nicht zu rechtfertigen ist, dass die Kosten für Polizeieinsätze auf dem Stadiongelände sozialisiert und auf den Steuerzahler abgewälzt werden. Nebenbei bemerkt ist es in Frankreich, der Schweiz und Großbritannien bereits Praxis, dass Profifußball-Vereine für Polizeieinsätze auf dem Stadiongelände Polizeigebühren zahlen müssen (Trauthig 2014).

2.4 Das Öffentliche-Sicherheit-als-Staatsaufgabe Argument: Der öffentliche Raum

Bleibt die Frage, wer an den Spieltagen für Polizeieinsätze im Bereich außerhalb des Stadiongeländes (d. h. im öffentlichen Raum) aufkommen muss. Folgt man der finanzwissenschaftlichen Steuern-vs.-Gebühren-Unterscheidung, dann ist die Antwort klar: Diese Kosten müssen vom Steuerzahler getragen werden, da alle Gesellschaftsmitglieder von Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum profitieren. Das Fallbeispiel der Tour de France zeigt jedoch, dass der Staat in der Praxis von diesem finanztheoretischen Gebot abweichen kann. So müssen die Veranstalter dieses Radrennens, das offensichtlich größtenteils im öffentlichen Raum stattfindet, Polizeigebühren zahlen, weil es sich (a) um eine kommerzielle Veranstaltung handelt, und weil das dreiwöchige Rennen (b) für die französische Polizei ein erhebliches Maß an Mehrarbeit bedeutet, die ohne das Rennen nicht entstehen würde (Trauthig 2014). Beide Kriterien scheinen auch für die Spiele im deutschen Profifußball zuzutreffen. Anders als bei einem Straßenradrennen finden diese Veranstaltungen zwar in einem Stadion statt, aber sie erfordern häufig auch Polizeieinsätze im öffentlichen Raum. Freilich würde das Akzeptieren der Kriterien (a) und (b) zur Rechtfertigung von Ausnahmen von der o. g. finanzwissenschaftlichen Steuern-vs.-Gebühren-Regel dem Staat einen erheblichen Ermessensspielraum eröffnen. So dürfte es zwar unstrittig sein, dass es sich bei Profifußball-Spielen um kommerzielle Veranstaltungen handelt (Ticket-Verkaufseinnahmen, Sponsoren, Werbung, gewinnorientierte Veranstalter usw.). Aber manche mögen einwenden, dass es relativ schwierig oder gar unmöglich sei, den polizeilichen Mehraufwand exakt zu berechnen, der an Spieltagen anfällt.

So behaupten einige, dass es unmöglich sei, zu bestimmen, welche Polizeieinsätze im öffentlichen Raum an Spieltagen „fußballinduziert“ sind und daher Teil einer Polizeigebühren-Rechnung an die Veranstalter werden sollten. Wie oben erwähnt, findet sich insbesondere in der juristischen Literatur das Argument, dass es unzulässig sei, Fußballklubs oder deren Verbände für die an Spieltagen irgendwo im öffentlichen Raum stattfindenden Krawalle einzelner Fußballfans verantwortlich zu machen. Wäre es z. B. gerechtfertigt, einen Klub zu zwingen, für Polizeieinsätze zu bezahlen, in die Fußballfans außerhalb einer Kneipe in einer Fußgängerzone oder in einem öffentlichen Park involviert sind? Oder sollte ein Klub für Polizeieinsätze bezahlen, die irgendwo im öffentlichen Raum von Menschen verursacht wurden, die (a) überhaupt kein Interesse am Fußball haben (aber womöglich ein starkes Interesse an einer Schlägerei) und (b) sich lediglich als Fußballfans verkleidet haben?

Was jedoch in jedem Falle getan werden könnte, ist, Klubs die an Spieltagen notwendige (zusätzliche) Polizeipräsenz in der Nähe des Stadions und in den von vielen Fußballfans frequentierten Bereichen der Stadt in Rechnung zu stellen (so auch Höfer und Mause 2015; Daumann 2018). Um die fußballbedingten Mehrkosten zu berechnen, könnte man die Kosten für die polizeiliche Überwachung des öffentlichen Raums an einem „normalen“ Tag mit der Situation an einem Spieltag vergleichen. Zum Beispiel scheint eine massive Polizeipräsenz (incl. Wasserwerfer, Polizeipferden usw.) an einem normalen Nicht-Spieltag eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Wenn in einer Stadt am Spieltag andere kommerzielle (Sport‑)Veranstaltungen stattfinden, die polizeilich „begleitet“ werden, dann könnten die polizeilichen (Mehr‑)Kosten für die Überwachung wichtiger öffentlicher Plätze (Stadtzentrum, Bahnhöfe, Einkaufszentren usw.) auf die verschiedenen Veranstalter aufgeteilt werden. Und in dem Fall, dass wichtige öffentliche Plätze an einem Spieltag ohnehin aufgrund einer großen politischen Demonstration (deren Veranstalter vom Staat keine Polizeigebühren in Rechnung gestellt werden, da es sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung handelt) polizeilich überwacht werden, könnten dem Fußballklub nur die Mehrkosten in Rechnung gestellt werden, die aufgrund der Polizeipräsenz in Stadionnähe anfallen.

In Anbetracht der skizzierten Messprobleme, die in der Praxis gelöst werden müssten, mögen manche erwarten, dass Kommunen (insb. finanzschwache) in einem Polizeikosten-Beteiligungssystem einen Anreiz haben, bewusst überhöhte Rechnungen an die Klubs zu schicken (Ashelm et al. 2014). Dies ist ein möglicher Effekt. Allerdings haben Fußballvereine, die den Eindruck haben, dass die erhaltene Polizeikosten-Rechnung zu hoch ausgefallen ist, die Möglichkeit, bei der jeweiligen Kommune Einspruch gegen den Gebührenbescheid einzulegen; im Extremfall wird die Angelegenheit dann vor Gericht geklärt. Im Rahmen eines behördlichen Einspruchs‑/Prüfverfahrens oder Gerichtsverfahrens könnten politisch unabhängige Akteure zu Rate gezogen werden (z. B. Rechnungshöfe, Wirtschaftsprüfer), um die Richtigkeit der Kostenberechnung der Kommune zu überprüfen. Angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit, die dem Thema Fußball in Deutschland zukommt, ist aber ohnehin davon auszugehen, dass Kommunen versuchen werden, möglichst genaue und transparente Polizeikosten-Rechnungen zu verschicken, um negative Berichte in Zeitungen, Radio, Fernsehen sowie in den Social Media zu vermeiden.

Festzuhalten ist, dass gemäß der finanzwissenschaftlichen Steuern-vs.-Gebühren-Unterscheidung die polizeiliche Überwachung des öffentlichen Raums aus Steuermitteln finanziert werden sollte, da die gesamte Bevölkerung von dieser staatlichen Dienstleistung profitiert. Wie das Beispiel der Tour de France zeigt (Trauthig 2014), kann der Staat jedoch von dieser Regel abweichen, indem er den Veranstaltern von Radrennen, Fußballspielen oder anderen (Sport‑)Veranstaltungen die am Veranstaltungstag bei der polizeilichen Überwachung des öffentlichen Raums entstehenden Mehrkosten (im Vergleich zu „normalen“ Polizeiarbeitstagen) in Rechnung stellt. Der Staat könnte diese Ausnahme von der Regel neben dem außergewöhnlichen und beträchtlichen Mehraufwand bei der Polizeiarbeit auch mit dem Argument begründen, dass es sich bei Profifußball-Spielen um kommerzielle Ereignisse handelt, bei denen die privatwirtschaftlichen, gewinnorientierten Veranstalter einiges an Geld einnehmen.

2.5 Das Sozialer-Netto-Nutzen Argument

Die kommerzielle Veranstaltung „Fußballspiel“ verursacht private Kosten und Nutzen für Vereine und Stadionbesucher. Darüber hinaus kann diese Veranstaltung zu externen Kosten bzw. negativen externen Effekten führen, die – zusammen mit den privaten Kosten von Klubs und Stadionbesuchern – die „sozialen Kosten“ (Coase 1960) der Veranstaltung ausmachen. Fußballspiele können jedoch auch externe Nutzen bzw. positive Externalitäten erzeugen, die – zusammen mit den privaten Nutzen von Klubs und Stadionbesuchern – die sozialen Nutzen derartiger Veranstaltungen ergeben. Ausgehend von dieser wohlfahrtsökonomischen Perspektive auf Externalitäten könnte argumentiert werden, dass das entscheidende Kriterium für die Beurteilung des untersuchten Polizeikosten-Falls die soziale bzw. gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt sei. Statt sich, wie in den vorangehenden Abschnitten, lediglich auf negative Externalitäten und deren Internalisierung zu konzentrieren, würde eine wohlfahrtsökonomische Sichtweise in den Blick nehmen, ob das Ereignis „Fußballspiel“ einen sozialen Netto-Nutzen erzeugt (d. h. soziale Nutzen übersteigen soziale Kosten). Dies scheint in der Tat im deutschen Fall zuzutreffen, wo Profifußball-Spiele nach Branchenangaben nicht nur negative, sondern auch beträchtliche positive externe Effekte erzeugen.

So betont McKinsey (2010) in einer von der DFL in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Wirtschaftsfaktor Bundesliga: Die volkswirtschaftliche Bedeutung des professionellen Fußballs in Deutschland“, dass viele andere Wirtschaftszweige davon profitieren (darunter leiden), wenn sich die Fußballklubs wirtschaftlich positiv (schlecht) entwickeln: z. B. die Fernseh- und Radiosender, die Spiele ausstrahlen; die Unternehmen, die mit Medienrechten und Tickets handeln; die vielen Sportjournalisten, die über Fußball berichten; die Kneipen und Restaurants, die (a) Stadionbesucher und (b) sonstige Gäste bewirten, die die Spiele auf den im Gastraum aufgestellten Fernsehern verfolgen; Unternehmen, die den Fußballvereinen Waren und Dienstleistungen liefern (u. a. Baufirmen, Möbelhäuser, Kommunikationsdienstleister, Catering-Unternehmen, Hotels, Taxiunternehmen, private Sicherheitsfirmen sowie Autohändler, die die Dienstwagen für Spieler, Trainer und Manager liefern); die Werbebranche rund um das „Produkt Fußball“; das Sportwettengeschäft; und so weiter und so fort. Unter Berücksichtigung aller Teile dieser Wertschöpfungskette schätzt McKinsey (2010) die gesamte Wertschöpfung des deutschen Profifußballs – basierend auf Daten für die Saison 2007/2008 – auf 5,1 Mrd. € pro Jahr.

Die Zahlen von McKinsey (2010) werden von der DFL und dem DFB in der Polizeikosten-Debatte verwendet, um die wirtschaftliche Bedeutung des Profifußballs hervorzuheben – und die Forderung nach einer Polizeikosten-Beteiligung dieses Wirtschaftszweigs zurückzuweisen. Aus ökonomischer Sicht ist an dieser Stelle allerdings klarzustellen, dass die Vorteile, die die mit der Fußballbranche verknüpften Anbieter von Waren und Dienstleistungen aus Profifußball-Spielen ziehen, nicht notwendigerweise externe Vorteile bzw. Nutzen im wohlfahrtsökonomischen Sinne sind. So müssen z. B. viele der oben aufgezählten Anbieter den Klubs einen bestimmten Geldbetrag als Gegenleistung dafür zahlen, dass sie Teil der Wertschöpfungskette rund um die Spiele sein dürfen (etwa Unternehmen, die Medien- oder Vermarktungsrechte erwerben). Das heißt, viele der positiven Vorteile der kommerziellen Veranstaltung „Fußballspiel“, die in der öffentlichen Debatte oft als positive „externe“ Vorteile klassifiziert werden, sind überhaupt nicht extern, sondern wurden bereits durch die vielfältigen Geschäftsbeziehungen zwischen den Fußballklubs und den mit diesen verknüpften Anbietern von Waren und Dienstleistungen internalisiert.

Jemand mag z. B. eine positive Externalität des Profifußballs darin sehen, dass es neben den Stadionbesuchern auch Millionen von Zuschauern gibt, die die Spiele im Fernsehen oder Internet schauen, und auf diese Weise einen privaten Nutzen aus diesem Konsumereignis ziehen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese anscheinend externen Nutzen der Spiele in gewissem Umfang durch die Gebühren internalisiert werden, die diese Zuschauer an die Medienunternehmen zahlen (z. B. öffentliche Rundfunkgebühren, Pay-TV-Gebühren). Andere sehen sich die Spiele vielleicht in einer Kneipe an, die eine Gebühr an ein Medienunternehmen gezahlt hat: Mit jedem konsumierten Bier, Schnaps, Kamillentee etc. hilft ein Besucher einer solchen Fußballkneipe – mehr oder weniger bewusst – dem Kneipenbetreiber dabei, seine Fernsehübertragungsgebühr zu finanzieren; außerdem werden auf diesem Wege einige der privaten externen Vorteile, die Kneipenbesucher aus dem anscheinend kostenlosen Konsum der im Stadion stattfindenden Spiele ziehen, internalisiert. Und sogar Menschen, die die Spiele scheinbar kostenlos vom Balkon einer Wohnung mit Blick auf das Stadion verfolgen, entschädigen den Fußballklub als Emittenten dieses positiven externen Effekts in gewissem Umfang für die Externalität, weil deutsche Haushalte in der Regel dazu verpflichtet sind, eine Rundfunkgebühr zu zahlen, die u. a. von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Ausstrahlung bestimmter Spiele im öffentlichen Fernsehen und Radio verwendet wird.

Statt in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass die von McKinsey (2010) errechneten 5,1 Mrd. € positive externe Effekte bzw. Nutzen von Profifußball-Spielen seien, müsste die Fußballbranche genauer nachweisen, inwieweit bestimmte Unternehmen und andere Gesellschaftsmitglieder von den Spielen profitieren, ohne dass die Klubs in irgendeiner Form für etwaige positive Externalitäten entschädigt werden. Wenn man sich z. B. auf die lokale Wirtschaft konzentriert, gibt es möglicherweise Kneipen, Restaurants, Einkaufszentren und andere Unternehmen, die keine Geschäftsbeziehung mit dem lokalen Fußballverein haben, aber einen positiven externen Nutzen aus den Spielen ziehen; etwa, weil Stadionbesucher und andere Fußballfans die Stadt besuchen, und die Waren und Dienstleistungen dieser Unternehmen kaufen. Darüber hinaus könnte es sein, dass die vor Ort entstandene „Fußballkultur“ die Lebensqualität vieler Bürger erhöht und das Image von Städten und Regionen verbessert. Gleichzeitig können jedoch Städte, Regionen und viele ihrer Bürger an Spieltagen unter Lärm, Müll, Menschenmassen, Verkehrsstaus und anderen negativen Externalitäten leiden. Die Beispiele veranschaulichen die Schwierigkeiten bei der Quantifizierung der externen Nutzen von Fußballspielen – und mir ist keine empirische Studie bekannt, die überzeugend gezeigt hat, dass „die“ Vereine oder bestimmte Vereine in den deutschen Profifußball-Ligen einen positiven sozialen Netto-Nutzen (d. h. soziale Vorteile übersteigen soziale Kosten) für die Stadt, Region oder das Bundesland schaffen, in dem die kommerziellen Veranstaltungen der Klubs stattfinden.

Neben der Fragestellung, welche Nutzen und Kosten tatsächlich außerhalb der Wirtschaftstransaktionen zwischen den Veranstaltern und Besuchern von Fußballspielen liegen (d. h. soziale Nutzen/Kosten im wohlfahrtsökonomischen Sinne; Coase 1960), könnte auch eine ökonomische Impact- bzw. Wirkungsstudie angestellt werden. Solche Studien versuchen vor einer Veranstaltung (z. B. Fußball-Weltmeisterschaft, Olympische Spiele) so genau wie möglich zu kalkulieren, ob von dem betreffenden Ereignis positive ökonomische Effekte auf die Stadt, Region oder das Land, in dem die Veranstaltung stattfindet, zu erwarten sind (etwa in Form eines Anstiegs des Beschäftigungsniveaus, der Wertschöpfung, des Haushaltseinkommens, der Löhne oder der Immobilienwerte). Neben derartigen Ex-ante-Wirkungsstudien werden häufig auch Ex-post-Studien durchgeführt, um im Nachhinein zu messen, welche ökonomischen Auswirkungen die betreffende Veranstaltung denn nun tatsächlich gezeitigt hat (siehe Davies et al. 2013, für einen Überblick über die umfangreiche Literatur zum Thema Economic-Impact-Studien). Die eben zitierte Studie von McKinsey (2010) ist ein typisches Beispiel für eine Wirkungsstudie. In dieser Studie wird neben dem Hinweis auf die enorme Wertschöpfung der deutschen Fußballbranche (siehe oben) auch hervorgehoben, dass in der Saison 2007/2008 mehr als 110.000 Menschen in dieser Branche beschäftigt waren, was – bereinigt um Teilzeit‑/Aushilfskräfte – mehr als 70.000 Vollzeitstellen entspricht (vgl. McKinsey 2010, S. 13).

Für diese Berechnung wurde die Fußballbranche breit definiert und besteht demnach aus (1) den Angestellten von Fußballvereinen und ihren Verbänden („direkter Effekt“ genannt); (2) in der Fußballbranche tätigen Mitarbeitern, die bei anderen Unternehmen wie z. B. Medienbetrieben, Sponsoren, Vermarktungsagenturen oder Wettfirmen beschäftigt sind („indirekter Effekt“); sowie (3) Arbeitsplätzen „außerhalb des Profifußballs, die durch den Konsum der Beschäftigten des Systems entstehen (beispielsweise Autokauf oder Restaurantbesuch eines Clubmitarbeiters)“ (sog. „induzierter Effekt“; McKinsey 2010, S. 7). Während die direkten Beschäftigungseffekte durch die Recherche bei Vereinen und ihren Verbänden als Auftraggebern der Studie vermutlich relativ leicht zu ermitteln waren, sollten indessen die Zahlen zu den indirekten und induzierten Beschäftigungseffekten des Profifußballs, die in der von der DFL herausgegebenen McKinsey-Broschüre „Wirtschaftsfaktor Bundesliga“ präsentiert werden, mit Skepsis betrachtet werden. Denn die hinter den veröffentlichten aggregierten Beschäftigungszahlen stehenden Berechnungen und Daten(quellen) stehen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Die Leser von McKinsey (2010, S. 8) erfahren lediglich, dass die aggregierten Beschäftigungszahlen aus „öffentlich zugänglichen Quellen, beispielsweise Geschäftsberichten, bezogen [wurden]. Diese Informationen wurden in rund 100 Interviews mit relevanten Experten der beteiligten Parteien (Clubs, Zulieferer, Lizenznehmer etc.) anhand interner Unternehmensdaten validiert“.

Wie dem auch sei, es ist sicher unbestritten, dass Fußball in Deutschland „Big Business“ bzw. ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist und viele Menschen ernährt. Darüber hinaus betonen die Klubs, die DFL, der DFB und andere „Fans“ der Polizeikosten-Sozialisierung den nichtmonetären Wert der von den Vereinen ausgetragenen Spiele. Laut DFL (2014a) ist „der gesellschaftliche Wert des Fußballs auch als Gemeinschaftserlebnis unbestritten. Dies wurde gerade bei der Weltmeisterschaft mit den Spielern aus der Bundesliga bzw. Profis, die in den Nachwuchsleistungszentren der Clubs ausgebildet wurden, noch einmal eindrucksvoll unterstrichen“. Alles zusammengenommen deuten die öffentlich verfügbaren Daten darauf hin, dass die von der Fußballbranche veranstalteten Spiele insgesamt einen positiven Netto-Effekt auf die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt in Deutschland haben. Mir ist jedoch keine empirische soziale Nutzen-Kosten-Analyse bekannt, die überzeugend zeigt, dass die (nicht-)monetären Nutzen (Umsatzerlöse, Beschäftigungszuwachs, Steuereinnahmen, Imagegewinn etc.), die in einer bestimmten Gebietskörperschaft (z. B. Stadt, Region oder Nation) aufgrund der Fußballspiele entstehen, tatsächlich die dort anfallenden (nicht-)monetären Kosten (steuerfinanzierte Polizeiarbeit, Abfallbeseitigung, Verkehrsmanagement, staatliche Subventionen für Stadien, Parkplätze, ÖPNV etc.) dieser Veranstaltungen übersteigen.Footnote 2

Diese Feststellung schließt natürlich nicht aus, dass sich politische Entscheidungsträger und Bürger durch das von Verteidigern der Polizeikosten-Sozialisierung vorgetragene wohlfahrtsökonomische Nutzen/Kosten-Argument überzeugen lassen, wonach „die“ Deutschen ihr Fußballgeschäft doch bitte in puncto Polizeikosten in Ruhe lassen sollten, da im Vergleich zu dem von McKinsey (2010) errechneten enormen positiven sozialen Netto-Effekt, den diese Branche auf die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt habe (in Bezug auf Beschäftigung, Wertschöpfung, Steuereinnahmen usw.), die Kosten für die polizeiliche „Begleitung“ von Fußballspielen eine quantité négligeable darstellen. Andere wiederum mögen die Anreizlogik hinter diesem Argument in Frage stellen, wonach sozusagen Umweltverschmutzer die Umwelt weiterhin belasten dürfen, solange sie insgesamt der Gesellschaft mehr nützen als schaden. Und Bürger, die Barget und Gouguet (2007), Zimbalist (2015) oder andere kritische Studien zu dem in diesem Abschnitt behandelten Themenkomplex aufmerksam gelesen haben, betrachten möglicherweise von nun an jeden für eine (Sport‑)Veranstaltung irgendwie berechneten positiven sozialen Netto-Nutzen oder positiven „Net-Economic-Impact“ mit großer Skepsis – und verlangen stattdessen, dass die Produzenten und Konsumenten des Wirtschaftsgutes „Fußballspiel“ die an Spieltagen anfallenden Polizeikosten in ihren privaten Kosten-Nutzen-Kalkülen berücksichtigen sollten.

3 Fazit

Abschließend ist festzuhalten, dass – wie oben erläutert – die Vereine und/oder ihre Verbände als Veranstalter der kommerziellen Veranstaltung „Fußballspiel“ aus ökonomischer Sicht die Kosten für Polizeieinsätze auf dem Stadiongelände zu tragen haben, während die Kosten für die polizeiliche Überwachung des öffentlichen Raums an den Spieltagen aus öffentlichen Mitteln bzw. vom Steuerzahler zu tragen sind. Diese Kostenaufteilung ist bereits gängige Praxis im Profifußball in Frankreich, der Schweiz und Großbritannien (Trauthig 2014) und ist im Übrigen auch für alle anderen Veranstaltungen angezeigt, die (a) von einem bestimmten, identifizierbaren Veranstalter organisiert werden und (b) an Orten stattfinden, die vom öffentlichen Raum abgetrennt sind (z. B. ein Rockkonzert in einer Halle, ein Musikfestival auf einem abgeschlossenen Gelände).

In einer Demokratie sind politisch-administrative Entscheidungsträger natürlich nicht an das gebunden, was sie gemäß den normativen Handlungsempfehlungen von Ökonomen oder anderen wissenschaftlichen Politikberatern tun oder lassen sollten (Heine und Mause 2008; Kirchgässner 2013; Feld 2018). Bei den obigen Ausführungen handelt es sich um eine ökonomische Analyse, deren Ergebnisse staatlichen Akteuren gefallen oder missfallen mögen, aber nicht – wie im Falle eines Gerichtsurteils – von ihnen verbindlich umzusetzen sind. Dementsprechend können Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung selbstverständlich in der Praxis von der auf der finanzwissenschaftlichen Steuern-vs.-Gebühren-Unterscheidung basierenden und hier vorgeschlagenen wirtschaftstheoretischen Kosten-Allokationsregel abweichen. Beispielsweise könnte der Staat diese Regel auf bestimmte kommerzielle Veranstaltungen anwenden (z. B. ein Musikkonzert, eine Industriemesse oder die Aktionärsversammlung eines Unternehmens), aber vielleicht bestimmte Gründe anführen, warum andere kommerzielle oder nichtkommerzielle Veranstalter von der Pflicht ausgenommen werden, für etwaige Polizeieinsätze auf dem Veranstaltungsgelände Polizeigebühren zu entrichten; etwa im Falle eines von einem gemeinnützigen Verein veranstalteten Theaterstücks, eines Musikkonzerts in einer Kirche oder eines Abendvortrags, der von einer Nichtregierungsorganisation veranstaltet wird. Der deutsche Fall zeigt, dass der Staat auch im Falle des kommerziellen Events „Fußballspiel“, mit dem Profiklubs Erlöse erzielen, eine Ausnahme machen kann, auch wenn aus ökonomischer Sicht die normative Handlungsempfehlung lautet, dass die Veranstalter die Kosten für Polizeieinsätze auf dem Stadiongelände zu tragen haben.

Wie die empirischen Fallbeispiele der Tour de France sowie des Profifußballs in Frankreich, der Schweiz und Großbritannien zeigen (Trauthig 2014), können politisch-administrative Entscheidungsträger in der Praxis natürlich auch von der o. g. finanztheoretischen Kosten-Allokationsregel abweichen, wenn es um Polizeieinsätze im öffentlichen Raum geht. Obwohl alle Bürger von der polizeilich gewährleisteten Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum profitieren, was aus ökonomischer Sicht das Standard-Argument zur Rechtfertigung der Steuerfinanzierung von Polizeieinsätzen in diesem Bereich darstellt, kann der Staat auch hier Ausnahmen machen. So könnten den Veranstaltern von kommerziellen Straßenradrennen oder Fußballspielen zumindest die Mehrkosten der polizeilichen Überwachung des öffentlichen Raums in Rechnung gestellt werden (so auch Höfer und Mause 2015; Daumann 2018); vorausgesetzt, es ergeben sich an Veranstaltungstagen überhaupt beträchtliche Mehrkosten im Vergleich zum Ressourceneinsatz an „normalen“ Einsatztagen der Polizei. Diese Position wurde übrigens auch in dem eingangs skizzierten Rechtsstreit Bremen-vs.-DFL vom Bundesland Bremen vertreten und wurde im Februar 2018 durch das Oberverwaltungsgericht Bremen und im März 2019 durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig juristisch bestätigt (siehe BVerwG 2019). Abzuwarten bleibt, ob andere Bundesländer der nun in Bremen rechtsgültigen Gebührenregelung folgen werden, wonach der Profifußball in gewissem Umfang an den Kosten von Polizeieinsätzen bei sog. „Hochrisikospielen“ beteiligt wird. Zudem könnte die Kostenbeteiligung auf sämtliche Fußballspiele im Profibereich ausgedehnt werden.