Der Wechsel von Hüftendoprothesen wird uns künftig aufgrund des enormen Anstiegs der Primärimplantationen als auch der längeren Lebenserwartung der Patienten immer häufiger im klinischen Alltag beschäftigen. Nach einer Sammelstatistik des Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) betrug im Jahr 2008 die Anzahl der durchgeführten Hüftprothesenwechsel in Deutschland ca.15.000.

Obwohl die aseptischen Prothesenlockerung sicherlich multifaktoriell begründet ist, gilt der Abrieb der Artikulationspartner als wesentlichste Ursache. Hier sind künftig weitere intensive Forschungsarbeiten notwendig, um die abriebsinduzierte „biologische Reaktion“ noch besser zu verstehen und davon ausgehend neben werkstoffkundlichen Verbesserungen die periprothetische Osteolyseaktivität zu unterdrücken.

Lockerungsbedingte Knochendefekte sind das Hauptproblem der Revisionsendoprothetik

Chirurgisch sind die lockerungsbedingten Knochendefekte als das Hauptproblem der Revisionsendoprothetik anzusehen. Revisionsimplantate müssen daher sowohl azetabulär als auch femoral die jeweilige Defektzone „stabil überbrücken“ und gleichzeitig eine biomechanisch korrekte Rekonstruktion der Gelenkgeometrie ermöglichen. Im Pfannenbereich stehen dazu verschiedene Implantattypen zur Verfügung, die „defektadapiert“ zur Anwendung kommen. Dabei ist v. a. die richtige Stellung der Pfanneneingangsebene in der Lewinnekschen „safe zone“ als wesentlichste Voraussetzung für die Stabilität und Funktion des Hüftgelenks anzusehen.

Bezüglich der azetabulären Defektrekonstruktion gibt es derzeit zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, die einerseits komplementär andererseits aber auch konkurrierend gehandhabt werden. Die Befürworter der Defektaugmentation mit Metall sehen die Vorteile vornehmlich in der verkürzten Operationszeit und der stabilen Lasttransmission ohne die Unwägbarkeit eines Knochentransplantatumbaus. Dagegen bewerten die Befürworter einer Defektaugmentation mit Knochentransplantaten gerade das Potential einer „biologischen“ Rekonstruktion mit möglichem „Downsizing“ des Defekts als Hauptvorteil. Da autologer als auch homologer Knochen nur begrenzt zur Verfügung stehen, wird die Entwicklung „intelligenter“ periprothetisch funktionsfähiger Knochenersatzmaterialien eines der künftig wichtigsten Forschungsfelder in der Revisionsendoprothetik sein.

Am Femurschaft ist das „Defektproblem“ sicherlich in gleicher Weise wie am Acetabulum vorhanden, allerdings hat sich hier die biologische Rekonstruktion mit der Verwendung zementfreier modularer Revisionsschäfte und proximaler „Impaction-grafting-Technik“ weitgehend durchgesetzt. Der Vorteil der zementfreien modularen Prothesen liegt insbesondere bei der intraoperativen Möglichkeit eines individuellen „customization“ der Prothese durch Varianz des proximalen femoralen Offsets. Dabei ist jedoch auf die Bauteilsicherheit der modularen Verbindungen zu achten, so dass hier auf Prothesen mit klinischer Erfahrung von über 10 Jahren und ohne „Steck-Konus-Probleme“ zurückgegriffen werden sollte.

Für die Ergebnisqualität in der Hüftrevisionsendoprothetik ist aber nicht nur durch die „beste“ Implantat- und Transplantatwahl wichtig, sondern v. a. auch eine ausgewiesene Operationstechnik. Hier gilt es Tipps und Tricks von erfahrenen Operateuren zur Fehlervermeidung zu beachten und den Vorhandenen „bone stock“ so schonend wie möglich zu behandeln. Ein Revisionsimplantat kann nur an oder in einem vitalen Knochen „halten“, so dass jedes die Blutversorgung kompromittierende Vorgehen zu vermeiden ist. Inwieweit diesbezüglich operationstechnische Hilfen wie die Navigation uns künftig sinnvoller Weise helfen können, bleibt derzeit noch offen. Erste Ansätze in der „Navigation beim Prothesenwechsel“ sind zwar vorhanden, aber in keinster Form in der klinischen Praxis etabliert. Hier gilt es künftig insbesondere unter dem Aspekt des minimal-invasiven Operierens weiterführende Technologien zu entwickeln.

Revisionsendoprothetik heißt auch, nicht nur aseptische Lockerungssituationen zu behandeln, sondern auch Komplikationen wie beispielsweise einen Keramikbruch zu beherrschen. Gleiches gilt für die schwerwiegendste Komplikation des künstlichen Gelenkersatzes überhaupt – der Protheseninfektion. Hier hat sich in einer Vielzahl von Zentren der zweizeitige Prothesenwechsel als Standardverfahren durchgesetzt. Dabei ist als wichtigster Operationsschritt das radikale chirurgische Débridement anzusehen, welches nach dem Prothesenausbau durchaus auch mehrfach in kurzen Abständen wiederholt durchzuführen ist, bis die Weichteile gut vaskularisiert und ohne weitere Infektzeichen sind. Darüber hinaus hat sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Mikrobiologen bewährt, um eine optimale systemische und auch lokale Antibiotikatherapie keimadaptiert anzuwenden.

Das vorliegende Themenheft soll einen Überblick über den derzeitigen „state of the art“ in der Hüftrevisionsendoprothetik geben, obwohl damit sicherlich nicht alle Fragestellungen und Problemfelder behandelt werden können. Dies zeigt die Differenziertheit dieses klinischen Betätigungsfelder, welches wie Eingangs erwähnt, immer mehr unser Handeln in Klinik und Praxis mitbestimmen wird.

Dieter C. Wirtz