SARS-CoV‑2 (COVID-19) hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einer Pandemie im Sinne eines realen VUCA-Szenarios entwickelt, das von allen medizinischen Fächern ein komplettes Umdenken in der Versorgung von Patienten erfordert. VUCA steht für Vulnerabilität, Ungewissheit, Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit). Dieses Akronym aus dem Businessbereich drückt in 4 Begriffen aus, dass das, was gerade passiert, über das individuelle Vorstellungsvermögen der meisten Menschen hinausgeht. Die derzeitige Pandemie ist ein solches VUCA-Szenario, das rasend schnell zu immer neuen Erkenntnissen führt, welche erfordern, dass man die richtigen Informationen aus der Flut aller filtert und daraus durch schnelles Handeln eine fokussierte Optimierung der täglichen Arbeit (Restrukturierung) erwirkt. Derzeit müssen Ressourcen zur Versorgung der COVID-19-positiven und erkrankten Patienten neu definiert und zugeteilt werden. Das Testen dieser Maßnahmen und Erfahrungen anderer, sich in der gleichen Situation Befindender hilft dabei, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen und möglichst breit skalierbar für alle anzuwenden [1].

Die ersten Berichte aus der Provinz Wuhan, China, zeigten einen enormen Anfall von Patienten, die in hoher Zahl an einem sich rapide verschlechternden ARDS („acute respiratory distress syndrome“) litten und häufig verstarben, wenn sie eine schwere COVID-19-Infektion erlitten und dabei bestimmte Begleiterkrankungen aufwiesen [2]. Der wichtigste und primäre Fokus liegt also auf der schnellen und zielgerichteten Intensivtherapie. Hierzu bedarf es einer radikalen Umorganisation in den Strukturen von Krankenhäusern [3,4,5]. Nichtsdestotrotz gibt es Bereiche außerhalb der Intensiveinheiten, die handlungsfähig bleiben müssen, um eine sichere Notfallversorgung auch chirurgischer Patienten zu gewährleisten. Der potenzielle Anfall von chirurgischen Notfallpatienten, die SARS-CoV-2/COVID-19 positiv sind oder einen unklaren Infektionsstatus haben, ist dabei derzeit unklar, sodass es dringend Entscheidungshilfen auf der Basis der besten verfügbaren Evidenz benötigt, die problemlos in Krankenhäusern unabhängig von der Organisationsstruktur umgesetzt werden können.

In diesem Ad-hoc-Review der existierenden Literatur und der Erfahrungsberichte der letzten 3 Monate ergeben sich Best-Evidenz-Entscheidungshilfen und Organisationsvorschläge für das Verhalten im Erstkontakt von Patienten und der Versorgung von Patienten im OP mit unklarem COVID-19-Status oder einer Infektion mit SARS-CoV‑2, die essenziell für den Arbeitsschutz und die Gesundheit der Mitarbeitenden im Gesundheitssystem sind und der Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung sowie dem Schutz der Infrastruktur dienen können.

Methoden

Es erfolgte eine Suche in PubMed und im World Wide Web nach (inter)nationalen chirurgischen COVID-19-Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen ab dem 01.01.2020 bis zum 30.03.2020. Als Suchwörter wurden „covid-19“, „SARS-CoV-2“, „surgery“, „operation“ und „surgical“ verwendet. Zusätzlich wurde nach den Stichwörtern „personal protective equipment“, „PPE“ und „operating room“ gesucht. Aufgrund der rapiden Informationsflut wurden regionale und globale Webinars durchsucht sowie Diskussionen in den sozialen Medien und persönliche Netzwerkkommunikation mit Chirurgen und anderen Berufsgruppen in „Hot Zones“ der Pandemie zur Literaturrecherche herangezogen. In den Review gehen ausschließlich deutsche und englische Literaturempfehlungen ein. Primärer Endpunkt war die Erarbeitung zu Standards zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) für Mitarbeiter in Kliniken bei Erstkontakt mit Patienten mit einem positiven oder unklaren COVID-19-Status. Weiterhin wurde nach Standards für das Vorgehen im OP bei Patienten mit einem positiven oder unklaren COVID-19-Status, falls eine Operation notwendig werden würde, sowie für die perioperativen erforderlichen Maßnahmen zur Weiterversorgung dieser Patienten gesucht. Die Ergebnisse werden in Statements wiedergegeben, die auf einer Zusammenfassung von publizierten Fakten und Beobachtungen aus den frühen Ausbruchsgebieten und den Stellungnahmen und Empfehlungen von Fachgesellschaften beruhen. Dieser Review hat keinen Delphi-Prozess durchlaufen und soll auch keine Leitlinie darstellen. Er soll vielmehr auf Grundlage des derzeitigen Wissenstandes eine Entscheidungshilfe und Zusammenfassung der Informationsflut darstellen, damit man schnell und zügig seine Infrastruktur und den Schutz seiner Mitarbeitenden anpassen kann.

Ergebnisse

Literatursuche

Die Literatursuche ergab 271 Dokumente. Insgesamt wurden 209 Stellen verworfen, die doppelt, nicht in englischer oder deutscher Sprache verfasst oder in der Zusammenfassung ohne jeglichen Hinweis auf die primären Endpunkte waren.

So standen insgesamt 22 Literaturstellen, 13 aus der systematischen Literaturrecherche und zusätzliche 9 aus den oben beschriebenen Ressourcen, zur Auswertung zur Verfügung. Eines dieser Dokumente besteht aus 14 Stellungnahmen, nationale Leitlinien und Korrespondenzen von chirurgischen Fachgesellschaften oder übergeordneten Institutionen zum Thema zusammen.

Grundsätzliche Feststellungen zur Übertragung des Virus auf Mitarbeitende im Gesundheitswesen

SARS-CoV-2/COVID-19

  • hat zahlreiche atypische klinische Manifestationsformen [6],

  • kann in einer angenommenen unbekannten hohen Zahl an asymptomatischen gesunden Trägern vorhanden sein (cave: mögliche Superspreader) [6,7,8,9,10,11,12],

  • unerkannte Fälle können zu schweren Kontaminationen führen [7, 10, 13],

  • ist bis zu 72 h auf Oberflächen stabil [14],

  • ist im Stuhl und anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar und möglicherweise auch dort infektiös [15, 16],

  • 41 % aller Übertragungen von Mensch zu Mensch in Wuhan erfolgten innerhalb der Einrichtungen im Gesundheitswesen [13],

  • in Italien und Spanien sind bis zu 20 % der Infizierten Mitarbeiter im Gesundheitswesen [17],

  • in Deutschland gab es mehrere Ausbrüche an Kliniken, die aufgrund von gehäuften Erkrankungsfällen in der Belegschaft nicht mehr fähig waren Patienten aufzunehmen (Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 30.03.2020, Potsdamer Neueste Nachrichten vom 01.04.2020 etc.).

Aus oben stehenden Statements schlussfolgernd, sollte jeder Patient, der in einem Krankenhaus gesehen wird, bis zum Beweis des Gegenteils als SARS-CoV-2/COVID-19 verdächtig behandelt werden. Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen für die persönliche Schutzausrüstung von Mitarbeitenden im Erstkontakt mit Patienten (z.B. in der Notaufnahme und an den Triagepunkten [Frontlinestaff]) und allen weiteren Mitarbeitenden, die unmittelbar am SARS-CoV-2/COVID-19-positiven Patienten arbeiten müssen (OP, Station, ICU, Funktionseinheiten, Transportdienst, Reinigungs- und Entsorgungsdienst etc.):

  • Eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist zwingend zum Eigenschutz erforderlich (Tab. 1, Empfehlungen der Fachgesellschaften) [3, 6, 13, 17,18,19,20,21,22,23,24].

  • Zur Reduktion des Expositionsrisikos sollten Mitarbeiter zielgerichtet, aber in geringer Zahl an infektiösen oder potenziell infektiösen Patienten eingesetzt werden [21].

  • Mitarbeiter, die symptomatisch sind und positiv getestet werden, müssen in Quarantäne [10].

  • Die PSA besteht aus FFP2- oder FFP3-Masken bei aerosolbildenden Tätigkeiten, doppelten wasserdichten Handschuhen, wasserdichtem Ganzkörperschutz (das können z. B. Kittel, Anzüge oder andere adäquate Kombinationslösungen sein, Kopfschutz, Schutzbrille, wasserdichtes Schuhwerk [Abb. 1; 20]).

  • Das An- und Ausziehen der PSA erfordert Trainieren und Lernen im Buddy-System zur Vermeidung von Kontamination durch falsche Anwendung der PSA (s. CDC-Empfehlungen) [9, 20,21,22]!

Tab. 1 Empfehlungen und Stellungnahmen internationaler Fachgesellschaften (Stand 10.04.2020)
Abb. 1
figure 1

Empfehlungen zur persönlichen Schutzausrüstung und das Vorgehen zum An- und Auskleiden gemäß nationaler und internationaler Empfehlungen

Besondere Maßnahmen und diagnostische Überlegungen zur Vorhaltung eines Operationssaals zur chirurgischen Versorgung von Notfällen mit positivem oder unklarem SARS-CoV-2/COVID-19-Infektionsstatus

  • Eine Operation ist in der Regel eine aerosolbildende Tätigkeit [14, 21,22,23, 23, 25].

  • Direkt am Patienten arbeitende Mitarbeitende im OP sollen bei aerosolträchtiger Tätigkeit die PSA mit FFP3-Maske tragen. Der Arbeitsschutz ist zu beachten, da bei längeren Tragezeiten von FFP-Masken das Risiko der Kontamination durch Konzentrationsmangel und körperliche Symptome (z. B. Unwohlsein) zu einer unsachgemäßen Handhabung führen können (Nutzen-Risiko-Abwägung) [20,21,22, 24, 26].

  • Das Risiko der Übertragung durch Aerosolbildung kann durch niedrigere Einstellung von elektrischen Geräten (z. B. monopolare und bipolare hochfrequenzchirurgische Kauter), Absaugen von CO2 über die Trokare im Rahmen von laparoskopischen Eingriffen und negative Druckverhältnisse im OP reduziert werden [25].

  • Ein CT des Thorax zur Erhärtung des Verdachts einer SARS-CoV-2/COVID-19-Infektion und Ergänzung der Diagnosesicherung hat eine Sensitivität von 98 % und kann ggf. bei Patienten, die ein CT des Abdomens benötigen, unter Berücksichtigung des Strahlenschutzes derzeit eher großzügig indiziert werden [7].

  • Die Trennung der (operativen) Versorgung von SARS-CoV-2/COVID-19-positiven und -negativen Patienten erscheint sinnvoll (COVID-19-Operationseinheit, Pufferzonen, getrennte Spangen, getrennte Krankenhäuser etc.) [4, 7, 9, 18,19,20,21,22,23, 25].

  • Soweit eine Operation noch aufschiebbar ist, sollte das Ergebnis der SARS-CoV-2/COVID-19-Testung abgewartet werden.

  • Weitere mikroorganisatorische wichtige Maßnahmen für die Strukturierung des Operationsbereiches sind in der Abb. 2 dargestellt

Abb. 2
figure 2

Generelle Vorsichtsmaßnahmen im OP, Personalanforderungen und Checks vor und nach der Operation

Diskussion

Die Ausstattung der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen mit adäquater PSA ist eine Conditio sine qua non, um die derzeitige Pandemie möglichst lange erfolgreich und gesund bewältigen zu können. Erfolgt das nicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Mitarbeitende sich infizieren können oder, wie es Christian Rose in seiner Perspektive im NEJM formulierte „eher ein Teil des Problems, als zu einem Teil der Lösung werden können“ [13]. Durch die unklare Dunkelziffer an Infizierten und ansteckenden Gesunden ist es empfehlenswert, dass die Patienten bei Erstkontakt als potenzielle COVID-19-positive Patienten behandelt werden und die Mitarbeitenden eine adäquate PSA tragen. Der Erhalt der Mitarbeitergesundheit durch adäquate PSA wird von zahlreichen chirurgischen Gesellschaften auf der ganzen Welt (Tab. 1) neben den Empfehlungen zur Verschiebung von elektiven und wenig dringlichen Eingriffen und der Reorganisation der Versorgungsstrukturen, angepasst an die derzeitige Situation, dringend empfohlen. Gesunde Mitarbeiter können nicht nur SARS-CoV-2/COVID-19-positive Patienten besser und länger ausdauernd versorgen, sondern auch alle anderen nicht infizierten Patienten, die beispielsweise chronische Erkrankungen oder akute Krebsleiden haben, in sinnvoller Art und Weise weiter behandeln [6]. Zudem kann ein Mensch, der krank oder in Quarantäne ist, in aller Regel kurzfristig nicht adäquat ersetzt werden. Maschinen können neu angeschafft oder produziert werden. Mitarbeitende im Gesundheitssystem nicht ganz so einfach [17]. Allerdings kann es, in die Zukunft blickend, durchaus eine Möglichkeit darstellen, dass Mitarbeitende, die eine Infektion durchgemacht haben und einen entsprechenden Schutz gegen SARS-CoV-2/COVID-19 erworben haben, bevorzugt und mit niedrigem Risiko an erkrankten Patienten eingesetzt werden können. Ob dies vertretbar möglich ist, muss erst noch gezeigt werden.

Die generellen Schutzmaßnahmen für ärztliches Personal, sollten sich aber in jeder Klinik eng an den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) orientieren: demnach ist medizinisches Personal in der Risikokategorie III einzugruppieren und dann gemäß dieser Empfehlung zu testen, zu isolieren und zu schützen. Wichtig ist dabei, dass bei einem Kontakt und Exposition ohne adäquate Schutzausrüstung die Betriebsärzte, die Krankenhaushygiene sowie das Gesundheitsamt zu informieren sind. Eine Isolation sollte nach entsprechender Risikoabschätzung erfolgen. Das RKI empfiehlt weiterhin eine möglichst frühe Testung asymptomatischer Kontaktpersonen zur frühzeitigen Erkennung von prä- oder asymptomatischen Infektionen [27, 28].

Damit die Maßnahmen des Mitarbeiterschutzes greifen, sind Training und Übung und die zentrumsspezifische Definition von Standard Operating Procedures (SOPs) notwendig [19,20,21, 23, 25, 29]. Die PSA kann ansonsten bei unsachgemäßer Handhabung schnell zu einem Infektionsrisiko für die Mitarbeitenden werden und stellt eine potenzielle Kontaminationsquelle für Mensch und Infrastruktur dar [13]. Gute Anleitungen zur optimalen Handhabung bieten die Internetseiten des Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Von besonderer Wichtigkeit ist die Reihenfolge des Ausziehens der PSA [24].

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stabilität des Virus, sein mögliches Auftreten in anderen Körperflüssigkeiten wie Blut, Stuhl, Urin oder Sperma und seine Übertragung durch Tröpfchen [30, 30,31,32,33]. Das RKI äußert sich hierbei dahingehend, dass es eine Warnung für eine erhöhte Infektiosität gemäß Kategorie I ausspricht, wenn man direkten Kontakt zu Sekreten oder Körperflüssigkeiten hatte, ohne diese komplett auf Sekrete des Respirationstrakts zu begrenzen. Hierzu gibt es derzeit noch definitiv zu wenig Evidenz, um eine Körperflüssigkeit komplett als Transmissionsweg auszuschließen.

Allerdings ist die PSA auf dem freien Markt derzeit ein umkämpftes Gut, und es gibt einen deutlichen über das normale Maß hinausgehenden Bedarf in deutschen Kliniken sowie auch global [34]. Neben den erschwerten Versorgungsketten mit einer Vielzahl an potenziellen betrügerischen Wucherangeboten (s. Tagespresse), gibt es auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung darüber, inwiefern man PSA (v. a. Mund-Nasen-Schutz, FFP2-, FFP3-Masken) wiederaufbereiten, in 3‑D-Druckern herstellen oder alltägliche Freizeitgegenstände wie Taucherbrillen in funktionsfähige und sichere Medizinprodukte umfunktionieren kann [35].

Für die chirurgischen Fächer ergeben sich tief greifende Änderungen, die in der Bekämpfung der Pandemie Erfolg versprechen sollen. Die radikale Reduktion von verschiebbaren und gut planbaren Operationen und eine Umstrukturierung hin zu einer Chirurgie des Dringlichen und von Notfällen zur Schaffung von freien Beatmungsplätzen zeigten sich neben anderen Maßnahmen beispielsweise in China, Taiwan und Süd-Korea als Erfolg bringend. Die gesunden wurden von den kranken Patienten getrennt und die verdächtigen in Quarantäne isoliert; es wurden Pufferbereiche in den Krankenhäusern geschaffen, um unterschiedliche Risikogruppen voneinander zu separieren. Andere trennten ganze Krankenhäuser und Versorgungseinheiten in COVID-plus- und COVID-minus-Einheiten [4, 5, 18, 21, 22, 25]. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hat dieses Vorgehen neben vielen anderen Fachgesellschaften in einer Stellungnahme befürwortet und folgt hier den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts [5], ebenso die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, die am 24.04.2020 darüber hinaus Empfehlungen zur Wiederaufnahme des Routinebetriebs beschreibt und somit die Phase des „Chronic-COVID“-Stadiums der Pandemie aktiv mitgestaltet. Über eine Tatsache muss man sich letztlich im Klaren sein: Die COVID-19-Pandemie hat zu einer Absage von Millionen von Operationen in Deutschland und weltweit geführt, und es wird eine unbekannte Zeit andauern, bis diese Lücke für die Patienten wieder geschlossen werden kann [36, 37]. Darüber hinaus zeigt sich bei elektiv chirurgischen Patienten mit unerkannter Infektion, bei Notfallpatienten (bei denen die Frage nach der Infektion aufgrund des Notfallcharakters zweitranging ist) und bei operativen Krebsfällen sowie Patienten unter Chemotherapie mit COVID-19-Infektion eine massiv erhöhte 30-Tages-Mortalität zwischen 13 und 40 %, die bei auftretenden pulmonalen Komplikationen schnell über 50 % gehen kann und die Letalität des Virus widerspiegelt [38,39,40]. Eine Übertragung von COVID-19 positiven Patienten auf COVID-19 negative, dringlich zu behandelnde Patienten oder aber das Wissen über einen negativen Infektionsstatus ist daher derzeit aus chirurgischer Sicht als alternativlos für die sichere Behandlung unserer Patientinnen und Patienten zu betrachten.

Schlussfolgernd und zusammenfassend benötigt es gesunde Mitarbeitende, die geschützt ihrer Arbeit im Kampf gegen SARS-CoV-2/COVID-19 nachgehen können, damit es zu keinem Zusammenbruch der medizinischen Versorgungsfähigkeit für die Bevölkerung kommt. Viele Fachgesellschaften geben dabei klare Empfehlungen bezüglich des Einsatzes und der Ausstattung mit der PSA ab, und der Mut, das klar zu formulieren, ist begrüßenswert und kann Menschenleben retten! Die proaktive optimale Organisation primär nicht vorranging beanspruchter medizinischer Einheiten wie des Operationssaals ist zur Gewährleistung einer hohen Versorgungsqualität notwendig und fördert die Sicherheit von Patienten- und Mitarbeitenden gleichermaßen. Allen an diesen Umstrukturierungsprozessen Beteiligten wird eine maximale Flexibilität und rapide Anpassungsfähigkeit an die hochvolatile Situation auch in Zukunft abverlangt werden. Weiterhin gilt die Maxime: Wenn gute Vorbereitung das einzig Vorwerfbare nach der Pandemie bleibt, dann haben wir alles richtig gemacht.

Kernaussagen

Diese systematische Übersichtsarbeit gibt bei Patienten mit unklarem oder positiven SARS-CoV-2/COVID-19-Status eine unverbindliche Anleitung:

  • über den Umgang mit Patienten in der ZNA und im OP,

  • wie man sein Personal optimal schützen kann,

  • zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) von Mitarbeitern im OP und in der zentralen Notaufnahme,

  • zur Umstrukturierung von Operationseinheiten.

Schlussfolgerungen:

  • Schützen Sie sich mit adäquater persönlicher Schutzausrüstung (PSA).

  • Behandeln Sie jeden Patienten bis zum Beweis des Gegenteils als potenziellen SARS-CoV-2/COVID-19-positiven Patienten.

  • Soweit eine Operation noch aufschiebbar ist, sollte das Ergebnis der SARS-CoV-2/COVID-19-Testung abgewartet werden.

  • Bei Nachweis einer Infektion: Trennen Sie COVID-19-positive von COVID-19-negativen Patienten (Bereiche, unterschiedliche Krankenhäuser etc.).

  • Operationen sind in der Regel aerosolgenerierende Tätigkeiten.

  • Tragen Sie PSA, bestehend aus Kopfschutz, FFP2 (bei nicht aerosolgenerierenden Tätigkeiten)/FFP3 (aerosolgenerierenden Tätigkeiten), wasserabweisender Schutzkleidung (z. B. Kittel, Anzug, andere Kombinationslösungen), doppeltem Paar Handschuhe, wasserdichtem Schuhwerk, Schutzbrille/Maske, unter Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben.

  • Ziehen Sie die PSA im Buddy-System an und aus („donning“ und „doffing“) gemäß den Empfehlungen der Centers for Disease Control and Prevention.

  • Operieren Sie, wenn es technisch möglich ist, in einem Unterdruckoperationssaal.

  • Vermeiden Sie Aerosolbildung (Laparoskopie, übermäßiger Einsatz an elektronischen Instrumenten wie monopolarem Strom).

  • Vermeiden Sie häufiges Umlagern des Patienten (beispielsweise Umlagern auf ICU).

  • Nehmen Sie nur benötigtes Material mit in den Operationssaal und halten Sie einen Außenspringer vor.

  • Kennzeichnen Sie Laborproben als COVID-19-Proben entsprechend der vorgehaltenen Infrastruktur (elektronisch, papierbasiert).