Wenn man von infektiologischen Katastrophen im Zusammenhang mit Intensivmedizin spricht, steht in der Regel nicht die zunehmende Bedrohung durch multiresistente Erreger im Fokus, an denen nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2050 bis zu 10 Mio. Patienten jährlich versterben werden [1]. Vielmehr sind (un)vorhersehbar auftretende Epidemien und Pandemien gemeint, die aufgrund ihres klinischen Verlaufs intensivmedizinische Ressourcen beanspruchen und auch durch mediale Aufmerksamkeit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen.

Die Anfrage zum Schreiben dieses Übersichtsartikels erfolgte im Oktober 2019 durch Prof. Dr. Andreas Valentin. Wohl kaum einer hätte gedacht, dass das Thema so schnell durch die weltweite Pandemie mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV‑2 eine aktuelle Relevanz haben könnte.

Nachfolgend werden einige „infektiologische Katastrophen“, die die Intensivmedizin in der Vergangenheit stark beanspruchten, dargestellt. Dabei soll auf Aspekte wie Übertragungsmodus, Impf- und Expositionsprophylaxe, mögliche Behandlungsoptionen und das daraus resultierende Gefahrenpotenzial für die allgemeine Bevölkerung, das behandelnde Personal und die generelle Rolle der Intensivmedizin eingegangen werden.

Influenza

Influenzaviren besitzen ein mehrfach segmentiertes negativ orientiertes RNA-Genom. Die recht ungenau arbeitende RNA-Polymerase verursacht kontinuierliche Mutationen des Genoms (Gendrift) und der segmentierte Genomaufbau begünstigt den Austausch von ganzen Gensegmenten (Genshift) auch zwischen Viren verschiedener Wirtsspezies und dadurch sprunghafte Veränderungen.

Die Influenza wird durch Tröpfcheninfektion übertragen

Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, wobei infizierte Patienten bereits einen Tag vor Auftreten von Symptomen infektiös sind, was die Unterbrechung der Infektionskette deutlich erschwert. In Abhängigkeit vom Hämagglutinin des Virus infizieren Influenzaviren die respiratorischen Epithelien des oberen oder unteren Respirationstrakts [2]. Neben der primär durch die Virusinfektion ausgelösten Immunantwort stellt die sekundäre Infektion durch Bakterien oder Schimmelpilze die wesentliche Gefahr für die Patienten dar.

Therapeutisch stehen neben Neuraminidasehemmern auch Hemmer der Viruspolymerase zur Verfügung, wobei letztere in der Europäischen Union noch nicht zugelassen sind. Beide Wirkstoffklassen reduzieren die Krankheitsdauer nur unerheblich (im Durchschnitt um 12 h), verkürzen aber die Ausscheidung infektiöser Viren um einige Tage und sind im Sinne einer Postexpositionsprophylaxe einsetzbar. Prophylaktisch stehen mehrere tri- oder quadrivalente Impfungen zur Verfügung, deren Zusammensetzung nach Empfehlung der WHO im Sommer für die kommende Saison der nördlichen Hemisphäre und im Winter für die kommende Saison der südlichen Hemisphäre festgelegt wird. Die Wirksamkeit der Impfung ist abhängig von verschiedenen Faktoren (dominierender Virusstamm, Alter der Geimpften, Impfstofftyp etc.), trägt aber bei der Risikopopulation (Alter >65 Jahre, Schwangere, Immunsupprimierte) deutlich zur Reduktion der Morbidität und Mortalität bei. Bei Mitarbeitern im Gesundheitssystem dient die Impfung zudem der Verminderung der Übertragung.

Die Impfung trägt deutlich zur Reduktion der Morbidität und Mortalität bei

Klinisch beobachtet man bei der Influenza ein breites Spektrum von asymptomatischen Infektionen über milde respiratorische Symptome bis hin zum schweren akuten Lungenversagen, das einer extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) bedarf. Alles dies kann durch die primäre Virusinfektion oder die sekundäre Zweitinfektion bedingt sein. Die Rolle der Intensivmedizin besteht in supportiven Therapiemaßnahmen zur respiratorischen und hämodynamischen Stabilisierung sowie in der antiinfektiven Therapie von Sekundärinfektionen. Schutzmaßnahmen für die intensivmedizinischen Mitarbeiter bestehen in der Impfung, bei ungeimpften Kontaktpersonen ggf. in einer Postexpositionsprophylaxe mit Neuraminidasehemmern sowie der Einhaltung adäquater Hygienemaßnahmen (u. a. Isolation der Patienten, Filtering-face-piece[FFP]-2-Masken).

In der Regel kommt es mit Beginn des Frühlings zu einem Abflauen der Epidemie. Hierfür verantwortlich sind unter anderem die Zunahme der Immunität in der Bevölkerung (zunehmende Serokonversion) sowie die Tatsache, dass die Menschen bei wärmerem Wetter nicht mehr in großen Gruppen in engen Räumen zusammenkommen.

Influenzapandemie A (H1N1) im Jahr 2009

Im Jahr 2009 trat ein neues Influenzavirus (H1N1 – „Schweinegrippevirus“) auf, gegen das keine oder nur eine eingeschränkte Immunität in der Bevölkerung bestand und dadurch die erste Influenzapandemie seit dem Jahr 1968 auslöste. Charakteristika der Pandemie waren eine hohe Kontagiosität sowie das Auftreten viraler Lungenentzündungen mit schweren Verläufen und Todesfällen auch bei jüngeren Menschen ohne Vorerkrankungen. Auffällig war die größere Betroffenheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Vergleich zu Patienten, die älter als 65 Jahre waren. Zudem stand zu Beginn der Pandemie kein Impfstoff zur Verfügung. Häufig fand sich eine bakterielle pulmonale Superinfektion mit Dominanz von Streptococcus pneumoniae. Das führende klinische Syndrom aber, das zur Aufnahme auf Intensivstationen führte, war eine virale Pneumonitis mit schwerer Hypoxämie, „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS) und Multiorganversagen [3].

Das führende klinische Syndrom war eine virale Pneumonitis mit ARDS und Multiorganversagen

Der rasche Anstieg der im Rahmen der H1N1-Pandemie an einem ARDS erkrankten Patienten führte in vielen Ländern auf der ganzen Welt zu einer hohen Auslastung verfügbarer Intensivbehandlungsplätze [4]. In Australien und Neuseeland waren beispielsweise zeitweise 19 % aller Intensivbetten mit H1N1-Patienten belegt [5]. Dabei war aufgrund des schweren hypoxämischen Lungenversagens bei vielen Patienten der Einsatz einer venovenösen ECMO-Therapie erforderlich. Dies führte zu einer Renaissance dieser Therapie, aber gleichzeitig auch zu Lieferengpässen der dafür notwendigen Geräte. Schätzungen gehen davon aus, dass während der H1N1-Pandemie weltweit zwischen 18.500 und 284.500 Menschen verstarben [6]. Von den vorherigen 3 Influenzapandemien 1918, 1957 und 1968 markierte die Pandemie 1918 mit 50–100 Mio. Toten einen dramatischen Höhepunkt [7].

Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)

Infektionen mit enterohämorrhagischem Escherichia (E.) coli (EHEC) sind typisch für eine nahrungsmittelassoziierte Epidemie. Sie treten auf, wenn ein mit Erregern kontaminiertes Lebensmittel in Umlauf kommt. Die EHEC-Erkrankung manifestiert sich in der Mehrzahl der Fälle als Gastroenteritis, mögliche Verlaufsformen sind eine hämorrhagische Kolitis sowie das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS). Wesentlicher Pathogenitätsfaktor ist die Fähigkeit der Bakterien, ein sog. Shiga-like-Toxin zu produzieren, das aus dem Darm der infizierten Patienten aufgenommen wird und in den Endothelien der Blutgefäße die 60S-Untereinheit der Ribosomen inhibiert. Durch die Unterbrechung der Peptidsynthese kommt es zum Untergang der Endothelien. Dieser Endothelschaden führt zur Aktivierung der Blutgerinnung mit Bildung von Mikrothromben und lokalen Hämorrhagien. Je nach betroffenem Organ kann dies zu sekundären Organschäden wie Nierenversagen und intestinalen oder zerebralen Ischämien führen [8].

EHEC-Ausbruch im Jahr 2011

Im Jahr 2011 kam es durch den vorher wenig bekannten EHEC-Serotyp O104:H4 zu einem großen Ausbruch mit Schwerpunkt in Norddeutschland. Innerhalb weniger Tage stiegen die Fallzahlen rasant an, ohne dass eine auslösende Quelle gefunden werden konnte (Abb. 1). Es erkrankten überwiegend weibliche Erwachsene, oft ohne Vorerkrankungen. Mehr als 20 % der Erkrankten entwickelten ein HUS. Daher mussten viele Patienten intensivmedizinisch behandelt werden und benötigten eine Nierenersatztherapie.

Abb. 1
figure 1

Epidemiologische Kurve der Fälle von hämolytisch-urämischem Syndroms (HUS) und enterohämorrhagischem Escherichia coli (EHEC) beim EHEC-O104:H4-Ausbruch in Deutschland 2011. (Modifiziert nach [11])

Der Ausbruch stellte eine enorme Herausforderung für die norddeutschen Krankenhäuser dar

Insgesamt wurden in Deutschland 3793 Erkrankungen erfasst, davon hatten 827 Patienten ein HUS, von denen 53 verstarben [9]. Der Ausbruch stellte eine enorme Herausforderung für die norddeutschen Krankenhäuser dar. Er hob die Bedeutung der optimalen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen und Institutionen innerhalb des Gesundheitssystems hervor. Im Gegensatz zu anderen Ausbrüchen (wie z. B. Schweinegrippe, H1N1) hatte dieser lebensmittelbedingte Ausbruch größere akute Auswirkungen auf die Ressourcen der betroffenen Krankenhäuser und Intensivstationen. Eine hohe Zahl junger, ansonsten gesunder Patienten musste plötzlich und völlig unerwartet auf Intensivstationen aufgenommen werden [8]. Der Anteil der dialysepflichtigen Patienten unter den HUS-Fällen lag bei 57 %, mehr als ein Drittel der Patienten benötigte Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten (36 %) und fast ein Viertel der Patienten musste beatmet werden (23 %). Neurologische und psychiatrische Symptome traten bei der Mehrzahl der Patienten im Lauf der Erkrankung auf und reichten von heftigen Kopfschmerzen über milde Orientierungs- bzw. Bewusstseinsstörungen und kognitive Einschränkungen bis zu wiederholten und teils schwer zu behandelnden Krampfanfällen [10].

Therapeutisch wurden Plasmaaustausch, Immunadsorption sowie der Komplementinhibitor Eculizumab (Soliris®, Alexion, München, Deutschland) eingesetzt. Wichtigste Maßnahme zur Beendigung der Epidemie war die Identifikation des kontaminierten Lebensmittels. Als Infektionsquelle wurden Sprossen von aus Ägypten importierten Bockshornkleesamen identifiziert [11]. Eine Expositionsprophylaxe durch Einhalten allgemeiner Hygienemaßnahmen, wie sie auch bei anderen gastrointestinalen Durchfallerkrankungen gelten, stellte einen ausreichenden Mitarbeiterschutz dar. Eine antimikrobielle Therapie ging, entgegen früherer Annahmen, nicht mit einer Verschlechterung der Prognose einher.

Virale hämorrhagische Fieber – lokale Katastrophen mit internationalem Schreckenspotenzial

Zu den bekanntesten Vertretern der Viren, die das Erkrankungsbild eines viralen hämorrhagischen Fiebers auslösen können, gehören Vertreter der Filoviren, wie das Ebola- (EboV) oder Marburg-Virus (MARV), der Arenaviren, wie das Lassa-Fieber-Virus (LFV), oder der Bunyaviren, wie das Krim-Kongo-Hämorrhagisches-Fieber-Virus, (CCHFV). Ihnen allen gemeinsam ist, dass es sich ausnahmslos um Zoonosen handelt. Die Primärwirte sind Fledermäuse (EboV, MARV), Nagetiere (LFV), oder Nutztiere (CCHFV). Das klinische Bild aller dieser Infektionen ist durch ein Multiorganversagen geprägt, wobei Nierenversagen, Leberversagen und eine massive Endothelschädigung mit daraus resultierendem Flüssigkeitsverlust und unkontrollierter Gerinnungsaktivierung dominieren. Aufgrund des Fehlens einer spezifischen Therapie ist das Management überwiegend supportiv und besteht aus Flüssigkeits- und Sauerstoffgabe sowie Beatmung und Nierenersatztherapie.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt in der Regel durch Schmierinfektion. Dies erklärt, warum insbesondere Familienangehörige und primäre Kontaktpersonen im Gesundheitssystem bei sekundären Infektionen betroffen sind. Ein wirksamer Mitarbeiterschutz besteht in einer entsprechenden „awareness“ (Reiseanamnese) und im Einsatz persönlicher Schutzmaßnahmen [12, 13]. Bei entsprechendem Verdacht sollte umgehend mit dem zuständigen Referenzzentrum Kontakt aufgenommen werden [14]. Dieses berät über die weitere Diagnostik, Isolationsmaßnahmen und die ggf. erforderliche Verlegung des Patienten in das zuständige Behandlungszentrum. Die Behandlung von Patienten mit Krankheiten durch hochpathogene Erreger setzt große infektiologische und insbesondere auch intensivmedizinische Expertise voraus. In Deutschland haben die Länder eine Reihe von Behandlungszentren (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart) eingerichtet, in denen Patienten mit Krankheiten durch hochpathogene Erreger in Sonderisolierstationen versorgt werden können. Sie zeichnen sich durch einen hohen Standard aus, der sich auf die bauliche Infrastruktur, persönliche Schutzausrüstung, geschultes Personal und Labordiagnostik bezieht.

Ebola-Fieber

In den Jahren 2014/2015 kam es in Westafrika zum größten Ebola-Fieber-Ausbruch in der Geschichte, es erkrankten mehr als 28.000 Menschen und es waren mehr als 11.000 Todesfälle zu verzeichnen. Klinische Hauptprobleme der Ebola-Fieber-Erkrankung sind Hypotension, Elektrolytstörungen, akutes Nierenversagen und respiratorisches Versagen. Eine wichtige Rolle bei der Behandlung kommt der intensiven supportiven Therapie zu [15]. Etwa 50 % der betroffenen Patienten benötigen eine intensivmedizinische Therapie. Erforderlich sind bei diesen Patienten vor allem das Monitoring der Vitalparameter, Labortestungen, intravenöse Flüssigkeitsgabe, die Applikation von vasoaktiven Medikamenten und Sauerstoff, Beatmung und Nierenersatztherapie (Abb. 2; [16]). Die Sterblichkeit in Westafrika betrug zwischen 39 und 70 %. Dass die Überlebensrate durch moderne Intensivmedizin deutlich verbessert wird, zeigen die Erfahrungen bei Patienten, die während der Epidemie in andere Industriestaaten evakuiert wurden. So betrug die Sterblichkeit bei in Europa und in den USA behandelten Patienten nur 18,5 % [16, 17]. Der hierfür notwendige klinische und materielle Aufwand ist in den Endemieländern nicht zu leisten.

Abb. 2
figure 2

Anlage eines zentralen Venenkatheters bei einem an Ebola-Fieber erkrankten Patienten im Vollschutzanzug im Behandlungszentrum für hochkontagiöse Erkrankungen in Hamburg

Mit Ausnahme des Zaire-Subtyps des Ebola-Virus existiert für keinen Erreger eine Impfung oder Prophylaxe. Zur spezifischen Therapie wurden in der Vergangenheit mehrere Substanzen (u. a. Favipiravir, ZMapp) eingesetzt. In Folge der letzten Epidemien in Afrika wurden zahlreiche weitere Substanzen entwickelt und in Studien untersucht. Im Rahmen einer im Jahr 2019 publizierten randomisierten kontrollierten Studie zeigte sich eine Sterblichkeitsreduktion durch die Antikörperpräparate REGN-EB3 und MAb114 [18]. Bislang ist allerdings noch keine spezifische Therapie gegen Ebola-Fieber zugelassen.

Coronaviren – SARS-CoV-1, MERS-CoV und SARS-CoV-2

Coronaviren (CoV) können sowohl Menschen als auch Tiere infizieren und sind typische Erreger von respiratorischen Infektionen. Beschrieben wurden die ersten Infektionen mit Coronaviren Mitte der 1960er-Jahre. Mit dem „severe acute respiratory syndrome-related“ (SARS-)CoV‑2 sind insgesamt 7 humanpathogene Coronaviren bekannt. In der Vergangenheit ist es mehrmals zu einem Überschreiten der Speziesbarriere vom Tier auf den Menschen gekommen. Die Viren verfügen über eine Lipidhülle, in der unter anderem das virale Rezeptormolekül verankert ist. Die Erbinformation ist auf einem positiv orientierten einzelsträngigen RNA-Genom kodiert. Gegenüber anderen RNA-Viren ist das Genom wenig mutationsanfällig, da die virale Polymerase über eine Proof-reading-Funktion verfügt.

SARS-CoV-1

Im Jahr 2003 kam es in der chinesischen Provinz Guangdong zu einer Epidemie, bei der mehrere hundert Personen an einem ARDS erkrankten. Als Erreger konnte das SARS-CoV‑1 am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg identifiziert werden, die Erkrankung wurde SARS genannt [19]. Fledermäuse gelten als Primärwirt. Ausgehend von China verbreitete sich die Erkrankung als Pandemie binnen kurzer Zeit über nahezu alle Kontinente, der Großteil der SARS-Fälle ereignete sich aber in Ostasien. Die Übertragungs- und Infektionsraten beim Gesundheitspersonal waren hoch, wobei bis zu 60 % der exponierten Pflegekräfte in einem Krankenhaus in Toronto erkrankten, bevor wirksame Schutzmaßnahmen eingeführt wurden. Bei 10–20 % der hospitalisierten Patienten kam es zu einem hypoxämischen Lungenversagen, das eine mechanische Beatmung erforderte [20]. Laut WHO erkrankten weltweit 8096 Personen, die Sterblichkeit lag bei 9,6 % [21].

MERS-CoV

Im Jahr 2012 wurde ein weiteres Coronavirus beschrieben, das bei Patienten auf der arabischen Halbinsel auftrat [22]. Die klinische Präsentation war neben einer akuten respiratorischen Symptomatik durch ein akutes Nierenversagen geprägt. Als Erreger konnte ein Coronavirus identifiziert werden, das Middle Eastern Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) benannt wurde. Nach aktuellem Stand gelten Fledermäuse als Primärwirt, die es auf Dromedare übertragen können, von wo es bei engem Kontakt auf den Menschen überspringen kann. Besonders gefährdet sind Familienmitglieder von Patienten und Krankenhauspersonal. Im März 2015 kam es in Südkorea durch einen infizierten Reiserückkehrer zu einer Epidemie mit 186 Infizierten, von denen 36 Personen verstarben [23]. Bis Ende Januar 2020 waren der WHO 2519 Erkrankungen bekannt, von denen 866 zum Tod führten (Sterblichkeit 34,3 %; [24]). Insgesamt 84 % der Fälle traten in Saudi-Arabien auf.

SARS-CoV-2

Im Dezember 2019 wurden erstmals in der chinesischen Region um Wuhan Erkrankungen mit einem bis dato nicht bekannten Coronavirus beschrieben. Das neuartige Coronavirus erhielt den offiziellen Namen „SARS-CoV-2“, klinisches Bild und Erkrankung werden als „coronavirus disease 19“ (COVID-19) bezeichnet. Als Primärwirt werden ebenfalls Fledermäuse vermutet. Die Infektion breitete sich schließlich als Pandemie weltweit mit einer hohen Geschwindigkeit aus (Abb. 3). Bei COVID-19 kommt es verglichen mit SARS und MERS zu einer höheren Erregerzahl im oberen Respirationstrakt und die Patienten sind bereits vor dem ersten Auftreten von Symptomen infektiös [25, 26].

Ein hoher Anteil intensivmedizinisch behandelter Patienten benötigt eine invasive Beatmung

Dadurch ist eine Unterbrechung der Infektionskette durch reine Quarantänemaßnahmen und Verwendung persönlicher Schutzausrüstung (FFP2-Masken und Schutzbrillen) auch nicht im selben Maß, wie bei SARS und MERS, möglich. Die Erkrankung manifestiert sich meist als Infektion der Atemwege mit den Leitsymptomen Fieber und Husten, etwa 5 % der Patienten sind kritisch krank und benötigen eine intensivmedizinische Therapie aufgrund eines akuten hypoxämischen Lungenversagens [27]. Es zeigte sich bei den intensivmedizinisch behandelten Patienten ein hoher Anteil an notwendiger invasiver Beatmung (60–70 %) und insbesondere bei beatmeten Patienten eine lange Intensivverweildauer (im Mittel 18 Tage; [28, 29]).

Diese Charakteristika der COVID-19-Pandemie belasteten weltweit die Intensivstationen in einem nie dagewesenen Ausmaß. So kam es in vielen Ländern (u. a. Italien, Spanien, Frankreich, USA) zu erheblichen Engpässen bei der intensivmedizinischen Versorgung. Ressourcenengpässe traten dagegen in Deutschland und Österreich nicht auf. Bedingt war dies u. a. auch durch die hohe Anzahl an Intensivbetten (Deutschland 33,9 Intensivbetten/100.000 Einwohner, Österreich 28,9 Intensivbetten/100.000 Einwohner vs. Italien 8,6 Intensivbetten/100.000 Einwohner, Spanien 9,7 Intensivbetten/100.000 Einwohner). Laut Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) wurden bis zum 07.09.2020 in Deutschland insgesamt 16.817 Patienten mit COVID-19 intensivmedizinisch behandelt, davon verstarben 4054 (24 %: [30]). Eine klinische Wirksamkeit einer medikamentösen Therapie bei schwerer COVID-19-Erkrankung (hospitalisierte Patienten) ist bisher für Remdesivir und Dexamethason nachgewiesen [31]. Ein Impfstoff existiert bislang nicht.

Abb. 3
figure 3

Weltweit bestätigte Fälle von „coronavirus disease 19“ (COVID-19) unterteilt nach Regionen gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO). (Datenquelle: WHO, Genf, Schweiz; modifiziert nach [36])

Aufgrund ihres nachweislichen Potenzials zur Auslösung großer Epidemien mit schweren Folgen für Gesundheits- und Wirtschaftssysteme arbeiten internationale Konsortien, wie z. B. The Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), an der Entwicklung einer Impfstoffplattform, die es zukünftig ermöglichen soll, im Fall einer erneuten Epidemie mit einem unbekannten Coronavirus schnell einen gentechnisch generierten Impfstoff herzustellen [32].

Planung für die erfolgreiche Bewältigung einer Pandemie

Eine Pandemie stellt das Krankenhaus und die Intensivstation vor große Herausforderungen. Wichtige notwendige Voraussetzungen zur erfolgreichen Bewältigung einer Pandemie mit der Aufnahme vieler kritisch kranker Patienten innerhalb kurzer Zeit sind sicherlich entsprechende räumliche Kapazitäten (Einzelzimmer, ggfs. Sonderisolierstationen), eine entsprechende Personalbesetzung, Material (persönliche Schutzausrüstung etc.), Arzneimittel und Geräte (Beatmungsgeräte, Dialysegeräte). Weitere relevante Aspekte sind die enge Verzahnung mit der Mikrobiologie, Hygiene und Infektiologie und Kapazitäten in diesen Bereichen sowie ggf. die Reduktion geplanter (zumeist postoperativer) Intensivstationsaufnahmen.

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurden innerhalb kurzer Zeit in den Krankenhäusern viele neue Intensivbetten geschaffen und Beatmungsgeräte angeschafft (Abb. 4). Hierfür wurden zum Teil Intermediate-care(IMC)-Stationen und „post anesthesia care units“ (PACU) zu Intensivbereichen umgewandelt. Zudem war eine Etablierung von Isolationsbereichen notwendig. Insgesamt ergab sich durch diese Erfordernisse eine erhebliche Änderung der Patientenströme und Infrastruktur im Krankenhaus. Eine Schlüsselrolle kam dem Personal auf der Intensivstation zu. Aufgrund des hohen Bedarfs wurden Mitarbeiter aus externen Krankenhäusern und anderen Abteilungen auf der Intensivstation (wieder) eingearbeitet (Abb. 5).

Abb. 4
figure 4

Regionale Analyse der Zugänglichkeitsindizes (AI) für Intensivbetten in 14 europäischen Ländern. Der AI wurde pro 100.000 Personen berechnet. AUT Österreich, DEU Deutschland, DNK Dänemark, ENG England, EST Estland, FRA Frankreich, HRV Kroatien, ITA Italien, LTU Litauen, LUX Luxemburg, POL Polen, SVK Slowakei, SVN Slowenien, SWE Schweden. (Aus [35], mit freundlicher Genehmigung © J. Bauer et al., CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/; Datenquelle der administrativen Grenzen: © EuroGeographics, Brüssel, Belgien)

Abb. 5
figure 5

Schulung von Mitarbeitern auf der Intensivstation im Rahmen der Pandemie durch „coronavirus disease 19“ (COVID-19) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. (Mit freundlicher Genehmigung © A. Heimken/Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, alle Rechte vorbehalten)

Während der COVID-19-Pandemie wurden innerhalb kurzer Zeit viele neue Intensivbetten geschaffen

Bei der Behandlung der Patienten muss der Mitarbeiterschutz an erster Stelle stehen. Dabei erhöht sich das Risiko einer Übertragung auf das Personal, wenn eine persönliche Schutzausrüstung nicht oder nur eingeschränkt verfügbar ist [33]. Auch in Deutschland kam es, insbesondere am Anfang der Pandemie, zu Lieferengpässen u. a. von FFP2-Masken und Schutzkitteln. Laut Robert Koch-Institut (Stand 07.09.2020) traten bisher 15.289 der übermittelten COVID-19-Fälle in Deutschland bei Tätigkeiten in Krankenhäusern, Praxen, Dialyseeinrichtungen und Rettungsdiensten auf, 23 Mitarbeiter im Gesundheitswesen verstarben [34].

Fazit für die Praxis

  • In einer globalisierten Welt, in der Epidemien und Pandemien immer häufiger auftreten, erfordert die Vorbereitung der Krankenhäuser eine frühzeitige Planung.

  • Die Bereitstellung einer kompetenten intensivmedizinischen Versorgung für Patienten mit hochinfektiösen Krankheiten stellt Krankenhäuser vor besondere Herausforderungen.

  • Multidisziplinäre Teams, die Entwicklung von Protokollen, eine adäquate Personalbesetzung und Schulungen sind erforderlich, um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen.

  • Infektionspräventionskontrollen sind während Pandemien von entscheidender Bedeutung, um das Risiko für das Personal und andere Patienten zu verringern.