top

Implementierung und Evaluation der Blockwoche „Methoden der Versorgungsforschung“ an der Medizinischen Fakultät Tübingen

Während in den Vereinigten Staaten (dem „Mutterland“ der Versorgungsforschung [8,13,16]) seit 2009 mehr als eine Milliarde US-Dollar in Forschungsprojekte investiert wurden, um die Versorgungsforschungskonzepte Comparative Effectiveness Research (CER) und Patient-Centered Outcomes Research (PCOR) im Forschungsalltag zu etablieren [3-7], befindet sich die Versorgungsforschung in Deutschland noch in einem frühen Entwicklungsstadium [8]. Zumindest in Baden-Württemberg besteht seit 2011 ein durch Landesmittel gefördertes Programm zur Förderung der Versorgungsforschung [17,18]. Auch hier wurde die Disziplin jedoch bisher noch nicht flächendeckend in Forschung und Lehre umgesetzt, bis heute wurde die Versorgungsforschung von den Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg nicht als Pflichtfach in die Studienordnungen der Humanmedizin aufgenommen (Stand: Dezember 2013). Die Möglichkeiten, Versorgungsforschung im Studium zu verankern, sind daher begrenzt, zumal auch in dem 2003 in die Approbationsordnungen aufgenommenen Querschnittsbereich (QB) „Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem, öffentliche Gesundheitspflege“ und in der sozialmedizinischen Lehre versorgungsforschungsrelevante Inhalte bisher kaum umgesetzt werden [9-12]. Es stellt sich daher die Frage, wie die Versorgungsforschung erfolgreich in das Medizinstudium implementiert werden kann, um zukünftige Ärztinnen/Ärzte und WissenschaftlerInnen für die Fragestellungen der Disziplin zu sensibilisieren. Neben dem QB und der sozialmedizinischen Lehre könnten entsprechende Lehrinhalte in den klinischen Fächern und im Rahmen einer Wahlpflichtveranstaltung (WPV) realisiert werden. Grundsätzlich sind die Anforderungen an eine Wahlpflichtveranstaltung an den baden-württembergischen Hochschulen unterschiedlich geregelt, in Tübingen wird (gemäß Studienordnung vom 6.5.2013) ein Mindeststundenumfang von 40 Unterrichtseinheiten gefordert.

Mehr lesen
Erstveröffentlichungsdatum: 31.03.2015

Abstrakt: Implementierung und Evaluation der Blockwoche „Methoden der Versorgungsforschung“ an der Medizinischen Fakultät Tübingen

Hintergrund: Ergebnisse aus der Versorgungsforschung dienen im Gesundheitswesen zur Orientierung über Qualität, Therapiesicherheit, Nutzen und Nachhaltigkeit der Versorgung. Obwohl ihr im internationalen Forschungsdiskurs eine immer größere Bedeutung zukommt, hat sich die Disziplin im universitären Lehr- und Forschungebetrieb in Deutschland bisher nur unzureichend etabliert. So gehört das Fach bisher nicht zum üblichen Fächerkanon in den humanmedizinischen Curricula an deutschen Hochschulen. Mit dem Angebot der Blockveranstaltung „Methoden der Versorgungsforschung“, die für Studierende der Humanmedizin als Wahlpflichtveranstaltung angeboten wird, möchte die Koordinierungsstelle Versorgungsforschung / CoreFacility an der Medizinischen Fakultät Tübingen diese Lücke schließen. Material und Methoden: Die Blockveranstaltung wurde im Herbst 2011 als modulare Veranstaltung entwickelt und seit dem Jahr 2012 einmal jährlich angeboten. In den drei durchgeführten Veranstaltungen wurden die einzelnen Module der Blockwoche evaluiert, um die Zufriedenheit der TeilnehmerInnen mit dem Lehrkonzept zu überprüfen und Verbesserungspotentiale aufzuzeigen. Ergebnisse: In allen drei Durchläufen wurden die einzelnen Module gut bis sehr gut bewertet. Die Teilnehmenden wiesen deutlich darauf hin, dass die Veranstaltung aufgrund der hohen inhaltlichen und methodischen Relevanz in den regulären Studienplan aufgenommen werden sollte. Schlussfolgerungen: Nach dreimaliger erfolgreicher Durchführung und Evaluation der Veranstaltung kann die modularisierte Blockwoche als Möglichkeit beschrieben werden, methodische und inhaltliche Grundlagen der Versorgungsforschung ins Medizinstudium zu integrieren und angehende Mediziner für die Effectiveness-Forschung zu sensibilisieren. Das Lehrformat sollte auch zukünftig angeboten werden.

Abstract: Implementation and evaluation of the block week „methods of health services research“ at the Medical Faculty of Tübingen

Background: Results from health services research can be used in the health care system for orientation on quality, therapeutic safety, utility and sustainability of supply. Although it plays an increasingly important role in the internal research discourse, the discipline has been established inadequately in the German university teaching and research. So far, health service research ist not a part in the medical curriculum at German universities. We want to close this gap with offering the block course „methods of health services research“, which is offered for students in human medicine as an elective event. Materials and Methods: The block course was designed as a modular event in 2011 and offered once a year since 2012. In the three years, each module of the block week was evaluated to verify the satisfaction of the participants with the teaching concept and identify improvement potentials. Results: In all three runs, the individual modules were rated good to very good. The participants reported that the event should be included in the regular curriculum because of the high substantive and methodological relevance. Conclusions: After the third successful implementation and evaluation of the event, the modularized block week can be described as a successful way to integrate methodological and substantive foundations of health services research in the medical school and to sensitize prospective doctors for Effectiveness Research. The teaching format should also be offered in the future.

Literatur

[1] Pfaff H (2003): Versorgungsforschung – Begriffsbestimmung, Gegenstand und Aufgaben, in: Pfaff et al (Hrsg.): Gesundheitsversorgung und Disease Management – Grundlagen und Anwendungen der Versorgungsforschung, Bern, S. 13-23. [2] Glaeske G: Versorgungsforschung in Deutschland – mit Blick auf die Ernährungsmedizin, Aktuel Ernahrungsmed 2012; 37(06): 337-342. [3] Gerhardus A: Anderer Name, gleicher Inhalt? Comparative Effectiveness Research und Patient-Centered Outcomes Research in den USA, ZEFQ (2012) 106: 479-483. [4] Schmiemann G: Der vorläufige Methodenbericht des Patient-Centered Outcomes Research Institute, ZEFQ (2012) 106: 496-499. [5] Sawicki PT: Kommentar: Hürden für Comparative Effectiveness Research in Deutschland, ZEFQ (2012) 106: 492-495. [6] Witt CM, Treszl A, Wegscheider K: Comparative Effectiveness Research: Externer Validität auf der Spur, Dtsch Arztebl 2011; 108(46): A 2468–2474. [7] Chalkidou K, Tunis S, Lopert R, Rochaix L, Sawicki PT, Nasser M, Xerri B: Comparative effectiveness research and evidence-based health policy: experience from four countries, Milbank Q. 2009 Jun;87(2): S. 339-367. [8] Pfaff H, Schrappe M (2011): Einführung in die Versorgungsforschung, in: Pfaff/ Neugebauer/ Glaeske/ Schrappe (Hrsg.): Lehrbuch Versorgungsforschung. Systematik – Methodik – Anwendung, Stuttgart: Schattauer Verlag, S. 2-40. [9] Behmann M, Brandes I, Walter U: Die Lehre im Querschnittsbereich „Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem, Öffentliche Gesundheitspflege“ an den medizinischen Fakultäten in Deutschland, Gesundheitswesen 2012; 74(07): 435-441. [10] Jacke CO, Frech J, Eikmann T, Schöffski O, Klose HJ, Sohn S: Was Medizinstudenten vom Gesundheitswesen wissen, Gesundh ökon Qual manag 2012; 17(5): 239-245. [11] Simoes E, Hildenbrand S, Rieger MA: (Inter)nationale und regionale Gesundheitsziele in der sozialmedizinischen Lehre. Lehrkonzeption für Medizinstudierende an der Eberhard Karls Universität Tübingen, Gesundheitswesen 2012; 74(07): 442-448. [12] Behmann M, Bisson S, Walter U: Sozialmedizin an medizinischen Fakultäten: Realisierung des Teilbereichs im Fach „Sozialmedizin, Arbeitsmedizin“, Gesundheitswesen 2011; 73(12): 853-859. [13] DFG (2010): Versorgungsforschung in Deutschland: Stand – Perspektiven – Förderung, URL: http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2010/stellungnahme_versorgungsforschung.pdf (Stand: 22.08.2014). [14] Pfaff H, Abholz H, Glaeske G, Icks A, Klinkhammer-Schalke M et al.: Versorgungsforschung. Unverzichtbar bei Allokationsentscheidungen - eine Stellungnahme, Dtsch Med. Wochenschr 2011 136: 2496-2500. [15] Schmacke N: Versorgungsforschung – auf dem Weg zu einer Theorie der „letzten Meile“, Gesundh ökon Qual manag 2004; 9: 167-171. [16] McCarthy T, White KL : Origins of health services research. Health Serv.Res. 2000; 35(2):375-387. [17] Laux G, Joos S, Becker T, Rieger MA, Salize HJ, Vach W, Szecsenyi J: Ausbau und Koordinierung der Versorgungsforschung in Baden-Württemberg, Monitor Versorgungsforschung 2012; 5(1): 23-25. [18] Jacke CO, Becker T, Fischer J, Joos S, Laux G, Rieger MA, Szecsenyi J, Vach W, Salize HJ: Strukturen und Prozesse der Versorgungsforschung in Baden Württemberg. Psychiatrische Praxis 2012; 39, 193-195.

Plain-Text

Implementierung und Evaluation der Blockwoche „Methoden der Versorgungsforschung“ an der Medizinischen Fakultät Tübingen

Während in den Vereinigten Staaten (dem „Mutterland“ der Versorgungsforschung [8,13,16]) seit 2009 mehr als eine Milliarde US-Dollar in Forschungsprojekte investiert wurden, um die Versorgungsforschungskonzepte Comparative Effectiveness Research (CER) und Patient-Centered Outcomes Research (PCOR) im Forschungsalltag zu etablieren [3-7], befindet sich die Versorgungsforschung in Deutschland noch in einem frühen Entwicklungsstadium [8]. Zumindest in Baden-Württemberg besteht seit 2011 ein durch Landesmittel gefördertes Programm zur Förderung der Versorgungsforschung [17,18]. Auch hier wurde die Disziplin jedoch bisher noch nicht flächendeckend in Forschung und Lehre umgesetzt, bis heute wurde die Versorgungsforschung von den Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg nicht als Pflichtfach in die Studienordnungen der Humanmedizin aufgenommen (Stand: Dezember 2013). Die Möglichkeiten, Versorgungsforschung im Studium zu verankern, sind daher begrenzt, zumal auch in dem 2003 in die Approbationsordnungen aufgenommenen Querschnittsbereich (QB) „Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem, öffentliche Gesundheitspflege“ und in der sozialmedizinischen Lehre versorgungsforschungsrelevante Inhalte bisher kaum umgesetzt werden [9-12]. Es stellt sich daher die Frage, wie die Versorgungsforschung erfolgreich in das Medizinstudium implementiert werden kann, um zukünftige Ärztinnen/Ärzte und WissenschaftlerInnen für die Fragestellungen der Disziplin zu sensibilisieren. Neben dem QB und der sozialmedizinischen Lehre könnten entsprechende Lehrinhalte in den klinischen Fächern und im Rahmen einer Wahlpflichtveranstaltung (WPV) realisiert werden. Grundsätzlich sind die Anforderungen an eine Wahlpflichtveranstaltung an den baden-württembergischen Hochschulen unterschiedlich geregelt, in Tübingen wird (gemäß Studienordnung vom 6.5.2013) ein Mindeststundenumfang von 40 Unterrichtseinheiten gefordert.

>> Die Koordinierungsstelle Versorgungsforschung (KS VF) an der Medizinischen Fakultät in Tübingen wurde 2011 am Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung (Ärztliche Direktorin: Prof. Dr. med. Monika A. Rieger) im Rahmen des Programms zum „Ausbau und Koordinierung der Versorgungsforschung in Baden-Württemberg“ gegründet [17,18]. Auftrag der Koordinierungsstelle ist es, die Disziplin an den Kliniken, Abteilungen und Instituten in Tübingen zu fördern und die Akteure miteinander zu vernetzen. Entsprechend der Bedeutung dieser Aktivitäten für die Medizinische Fakultät wurde die KS VF im Jahr 2014 zur CoreFacility der Medizinischen Fakultät ernannt. Ein Ziel der Arbeit der KS VF war von Anfang an, methodische und inhaltliche Aspekte der Versorgungsforschung auch in die Lehre zu integrieren. Im Rahmen der Graduiertenakademie der Eberhard Karls Universität Tübingen, Sektion Medizin, wurden verschiedene Lehrformate entwickelt und angeboten, die sich auch an Studierende richten (u.a. DoktorandInnen-Seminar Versorgungsforschung, Forschungswerkstatt Qualitative Methoden). Initial handelte es sich aber zunächst um Angebote, die vor allem einzelne methodische Aspekte (vor allem der quantitativen und qualitativen Sozialforschung) fokussierten, ohne die Mehrdimensionalität der Versorgungsforschung sichtbar zu machen.
Entwicklung des innovativen Lehrformats
„Methoden der Versorgungsforschung“
Um Versorgungsforschung auch für Studierende begreifbar zu machen, wurde die einwöchige, modularisierte Blockveranstaltung „Methoden der Versorgungsforschung“ entwickelt, die seit dem Frühjahr 2012 bisher insgesamt dreimal durchgeführt wurde.
Die Blockwoche wird im Rahmen der Graduiertenakademie der Universität Tübingen, Sektion Medizin, und als Fortbildungsveranstaltung für ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen einem breiten Interessentenkreis angeboten. An der Versorgungsforschung interessierte Studierende können einzelne Module der Blockveranstaltung belegen. Darüber hinaus wurde vom Dekanat der Medizinischen Fakultät ein Wahlpflichtfach Sozialmedizin mit dem Fokus „Methoden der Versorgungsforschung“ genehmigt. Diese können Studierende der Humanmedizin absolvieren, wenn alle Module im Umfang von 40 Unterrichtseinheiten belegen. Wie in Tabelle 1 dargestellt, fokussieren die Module inhaltlich methodische Aspekte (u.a. quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung wie z.B. die Erstellung von Fragebögen und Datensätzen oder qualitative Methoden wie z.B. die Interviewführung und -auswertung) und versorgungsforschungsrelevante Fragestellungen (u.a. Einführung in die Versorgungsforschung, Studientypen, gendersensible Versorgungsforschung). Angeboten werden jedoch auch Einführungsworkshops zum Themenbereich wissenschaftliches Arbeiten in der Versorgungsforschung (Literaturbewertung und -recherche, Studienprotokoll, Ethikvotum). Ziel der Blockveranstaltung ist die Abdeckung verschiedener (methodischer) Aspekte der Versorgungsforschung, um Studierende, Graduierte, ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen an dieses Forschungsfeld heranzuführen und einen möglichst breiten Einblick in die Disziplin zu vermitteln. Das Programm wurde für den 2. Durchlauf leicht variiert, da im Jahr 2013 - eingebunden in die Blockveranstaltung - der 1. Tag der Versorgungsforschung an der Medizinischen Fakultät Tübingen statt fand, an dem u.a. aktuell an der Medizinischen Fakultät durchgeführte Projekte aus dem Bereich der Versorgungsforschung vorgestellt wurden und über Workshops die Möglichkeit zur Vernetzung bestand. Dies ermöglichte den teilnehmenden Studierenden den Einblick in praktische Anwendungsbeispiele aus den Kliniken und Instituten und in die Vielfalt der Versorgungsforschung in Tübingen. Um den Studierenden auch in 2014 praxisrelevante Aspekte der Versorgungsforschung zu vermitteln, wurde für den 3. Durchlauf eine Postersession über aktuell am Uniklinikum Tübingen stattfindende Versorgungsforschungs-Projekte in die Veranstaltung integriert.
Methodik der Evaluation und Durchführung der Blockveranstaltung
Entwicklung des Evaluationsbogens
Die Blockveranstaltung wurde im Herbst 2011 als modulare Veranstaltung entwickelt und seit dem Jahr 2012 einmal jährlich angeboten. Um die Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem neuen Angebot zu untersuchen, wurde von einer der Autorinnen (CE) ein Fragebogen entwickelt, der im Verlauf weiterentwickelt wurde (JG, MR). Die Evaluation erfolgte über Globalitems (Schulnoten; 1=sehr gut) bzw. standardisierte Einzelitems (10 Aspekte, 5-stufige Likert-Skala). Daneben gab es fünf offene Fragen zur Bewertung der Inhalte sowie zur Äußerung von Lob, Kritik und Verbesserungsvorschlägen (Tabelle 2). Da viele Teilnehmende nur einzelnen Veranstaltungen, nicht aber an der gesamten Blockveranstaltung teilnahmen, wurden die jeweiligen Module einzeln evaluiert. Eine Differenzierung der Evaluationen nach Status der Teilnehmenden (Medizinstudierende, Graduierte, ÄrztInnen) war aus Datenschutzgründen nicht möglich. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Anmelde- und Teilnahmelisten konnte jedoch für jede Veranstaltung der Anteil der Teilnehmenden aus den jeweiligen Statusgruppen ermittelt werden. Während sich in den Veranstaltungen zu methodischen Aspekten hauptsächlich Studierende und DoktorandInnen fanden, setzte sich das Teilnehmendenkollektiv in den Modulen mit versorgungsforschungsrelevanten Aspekten auch aus WissenschaftlerInnen zusammen.

Auswertung der Evaluationsbögen
Die Angaben zu den standardisierten Items wurden mittels SPSS und Excel deskriptiv ausgewertet. Für jedes Item wurden pro Modul das arithmetische Mittel, der Median und die Spannweite ermittelt. Da eine Normalverteilung vorlag, konnten die Mittelwerte für die Gesamtveranstaltung berechnet werden. Die Angaben zu den offenen Fragen wurden kategorisiert und flossen teilweise in die Ergebnisse mit ein. Ausgewertet wurden nur Veranstaltungen mit einem Mindestrücklauf von 3 Evaluationsbögen.

Durchführung der Blockveranstaltung
Die Blockveranstaltung wurde jeweils im Frühjahr zu Beginn der Semesterferien durchgeführt. In den ersten beiden Jahren lagen dem Veranstalter zu zehn Modulen auswertbare Evaluationsbögen vor, 2014 konnten für 14 Module Evaluationsergebnisse ermittelt werden. Die Gesamtmodulzahl betrug 2012 n=13 und wurde im Jahre 2013 auf n=12 reduziert. Für den 2013 parallel stattfindenden 1. Tag der Versorgungsforschung fand keine Erhebung statt. In 2014 erhöhte sich die Gesamtmodulzahl (inklusive der Posterpräsentation) auf n=15.
Ergebnisse
Teilnehmende der Blockveranstaltung
In Tabelle 3 sind die Charakteristika der Teilnehmenden dargestellt. Die GesamtteilnehmerInnenzahl der Pilotveranstaltung im Februar betrug 2012 insgesamt n=43 Personen, um sich in den beiden Folgejahren bei n=22 einzupendeln. In allen drei Durchläufen entstammten die meisten TeilnehmerInnen dem Universitätsklinikum Tübingen, jedoch nahmen an einigen Veranstaltungen vereinzelt auch Externe teil. Während sich die GesamtteilnehmerInnenzahl im Verlauf verringerte, erhöhte sich die Anzahl derer, die mehrere oder alle Veranstaltungen der Methodenwoche belegten: Während 2012 noch mehr als die Hälfte der Teilnehmenden lediglich 1 bis 2 Veranstaltungen besuchten, waren es in den Folgejahren nur noch 32 Prozent. Umgekehrt stieg der Anteil derer, die 4 bis 11 Veranstaltungen besuchten, von 19 Prozent in 2012 auf 45 Prozent in 2014 an (2013: 27 Prozent). Auch die Anzahl der TeilnehmerInnen, die sämtliche Module besuchten, erhöhte sich deutlich (von 7 Prozent in 2012 auf 23 Prozent in 2014).
Mit leicht abnehmender Tendenz setzte sich das Teilnehmendenkollektiv zu etwas mehr als der Hälfte aus ÄrztInnen (hauptsächlich NachwuchswissenschaftlerInnen) zusammen (2012: 63 Prozent; 2013 und 2014: 55 Prozent). Der Anteil an DoktorandInnen (die hauptsächlich der Graduiertenakademie in Tübingen zugehörig waren) betrug während der Pilotveranstaltung 16 Prozent, verdoppelte sich im Jahre 2013 und sank 2014 leicht auf 14 Prozent ab. Der Anteil der Studierenden (WPV) erhöhte sich gleichzeitig von 14 Prozent (2012 und 2013) auf 18 Prozent (2014).
In allen Durchläufen setzte sich der überwiegende Teil der Teilnehmenden aus Studierenden, DoktorandInnen und NachwuchswissenschaftlerInnen zusammen, weswegen ein prinzipiell hohes Interesse an der Versorgungsforschung bei angehenden Medizinern und in der Medizin tätigen WissenschaftlerInnen postuliert werden kann.

Evaluationsergebnisse
Die durchschnittliche Gesamtbewertung je Item über alle Veranstaltungen ist in Tabelle 4 dargestellt, Tabelle 5 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Bewertungen je Veranstaltung. 2012 wurde die Methodenwoche über alle Module und Kategorien hinweg mit „gut“ (1,7) bewertet, die beste Bewertung erhielt der Workshop „Einstieg in die qualitative Forschung und Interviewführung“ (1,2). Über alle Veranstaltungen hinweg wurde die Kompetenz der Referenten als „sehr gut“ (1,4) angesehen und die Atmosphäre als „sehr positiv“ (1,4) beurteilt, wie auch Zitate aus den offenen Antworten belegen: „Sehr engagierte und kompetente Dozenten, die Begeisterung an ihrem Forschungsbereich sehr gut vermitteln konnten“; „Gute Organisation, sehr angenehme Atmosphäre; abwechslungsreicher Medieneinsatz und Integration der Teilnehmer.“ Kritisiert wurden hingegen lediglich die fehlenden Übungsmöglichkeiten mancher Module bzw. die als nicht ausreichend empfundene Mischung aus Praxis und Theorie (Bewertung 2,9 bzw. 2,2); „War sehr angenehm, mehr Übungsmöglichkeiten wären noch besser; Diskussions-Gesprächsatmosphäre war sehr gut.“
Vereinzelt war das Niveau der Veranstaltungen als zu niedrig oder die Menge des vermittelten Stoffs als zu gering bewertet worden. Handouts zu den einzelnen Veranstaltungen wurden sehr begrüßt. Als Vertiefungsinteressen wurden u.a. Veranstaltungen zur „zukünftigen Entwicklung der Versorgungsforschung“ sowie zu „möglichen Playern und Akteuren“ in der Versorgungsforschung (Kooperations-, Finanzierungsoptionen) gewünscht.
Alles in allem waren die Teilnehmenden der Meinung, dass sich der Besuch der Veranstaltung gelohnt habe („sehr informative Woche“, Bewertung 1,6), vielfach wurden die Veranstalter persönlich wie auch schriftlich (Evaluationsbögen) dazu aufgefordert, die Veranstaltung auch künftig stattfinden zu lassen und die vermittelten Inhalte weiter zu vertiefen („weiterführende/ vertiefende Workshoptermine wären wünschenswert“), insbesondere im Bereich der quantitativen und qualitativen Sozialforschung („Themen vom Dienstag [Fragebogenerstellung, Datenbankerstellung] und Freitag [Einstieg in die qualitative Forschung und Interviewführung] gelegentlich wiederholen, Veranstaltungen und Themen hatten mir sehr gefallen“).
Mehrere DoktorandInnen wiesen explizit darauf hin, dass vor allem die methodischen Kurse bereits in die curriculare Lehre für Studierende eingegliedert werden sollten, da sie eine hervorragende Vorbereitung für die Erstellung der Doktorarbeiten darstellten. Zudem regten sie an, dass die Veranstaltung auch über den Uni-Verteiler beworben werden sollte. Ähnlich äußerten sich die Studierenden, welche die Methodenwoche als Wahlpflichtfach besuchten. Auch die Rückmeldungen durch die ReferentInnen (3 männlich, 8 weiblich) waren durchweg positiv: Den meisten gefiel das Setting der Veranstaltung, weswegen sie bekräftigten, auch in Zukunft an der Methodenwoche mitwirken zu wollen. Die Teilnehmenden wurden als sehr motiviert, engagiert, kritisch und diskussionsfreudig aber auch heterogen erlebt, was in vielen Fällen zur hohen Qualität der Veranstaltung beitrug.
Ähnlich positiv wurde die Methodenwoche in 2013 evaluiert: Auch hier betrug die Gesamtbewertung über alle Module und Kategorien hinweg 1,7, wobei das Modul „gendersensible Versorgungsforschung“ (1,4) am besten bewertet wurde. Bis auf eine Veranstaltung wurden alle Module besser als 2,0 evaluiert (Spanne: 1,4-3,0). Analog zur Pilotveranstaltung 2012 wurde auch 2013 die Kompetenz der Referenten als „sehr gut“ (1,4) angesehen und die Atmosphäre als „positiv“ (1,6) beurteilt. Alle Teilnehmende waren der Auffassung, dass sich der Besuch der Gesamtveranstaltung bzw. der einzelnen Module gelohnt hatte (Note 1,7), ebenfalls wurde (wie bereits im Jahr zuvor) angeregt, methodische Aspekte doch bereits in das curricularen Angebot des Medizinstudiums zu integrieren: „Die Veranstaltung [Einstieg in die qualitative Forschung und Interviewführung] sollte regulär in das Uniprogramm/ den Modulplan mit aufgenommen werden“.
Ein deutlich verbessertes Evaluationsergebnis konnte dann in 2014 erzielt werden, als die Gesamtveranstaltung erstmals mit „sehr gut“ beurteilt wurde (arith. Mittel: 1,3; Spanne: 1,0-2,1). Bis auf ein Modul, wurden alle Veranstaltungen besser als 1,6 bewertet, zwei Veranstaltungen erhielten sogar die Bewertung 1,0 („gendersensible Versorgungsforschung“ und „Literaturbewertung“). Festzuhalten bleibt, dass sich die Bewertung der einzelnen Kategorien als auch der einzelnen Veranstaltungen von 2012 bis 2014 aufgrund der beständigen Weiterentwicklungen des Lehrformats deutlich verbesserte (Tabelle 4 und 5).
Diskussion
Aufgrund der durchgängig positiven Resonanz seitens der Teilnehmenden und der sehr guten Evaluationsergebnisse kann die Blockveranstaltung „Methoden der Versorgungsforschung“ als sinnvolle Maßnahme bezeichnet werden, um Studierende, DoktorandInnen und (Nachwuchs)wissenschaftlerInnen für versorgungsforschungsrelevante Fragestellungen zu sensibilisieren. Mehrere NachwuchswissenschaftlerInnen, die in 2012 und 2013 an der Methodenwoche teilgenommen haben, haben mittlerweile z.T. erfolgreich Förderungsanträge gestellt und werden mittlerweile im Rahmen der „Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Baden-Württemberg“ gefördert. Zwar verringerte sich die Anzahl der Teilnehmenden seit 2012, das Teilnehmendenkollektiv setzte sich jedoch zunehmend aus Studierenden und DoktorandInnen zusammen. Auch zeigte sich, dass der Anteil der Teilnehmenden, die sich für mehrere Aspekte der Gesamtveranstaltung interessierten, deutlich anstieg (2012 besuchten 26 Prozent der Teilnehmenden mindestens 4 Module, 2014 jedoch bereits 68 Prozent). Es bestand also ein zunehmender Trend, nicht nur einzelne (methodische) Aspekte, sondern die Mehrdimensionalität der Disziplin wahrzunehmen, was auch daran lag, dass die einzelnen Module (anhand der jeweiligen Bewertungen) kontinuierlich weiterentwickelt wurden. So wurde die Blockveranstaltung im Frühjahr 2014 zur Verbesserung des Praxis-Theorie-Verhältnisses um eine Postersession ergänzt, bei welcher aktuelle Versorgungsforschungsprojekte des Universitätsklinikums Tübingen vorgestellt wurden.
Der Anteil an WPV-Studierenden am Gesamtkollektiv stieg auf ca. 1/5 an, die durchgängig begeistert von der Veranstaltung waren und anregten, dass Inhalte der Versorgungsforschung regulär in die Curricula des Studienganges Humanmedizin übernommen werden sollten, was die Notwendigkeit des Tübinger Konzepts bestätigte. Insbesondere die Inhaltstrias bestehend aus methodischen Aspekten, versorgungsforschungs-relevanten Fragestellungen und wissenschaftlichem Arbeiten überzeugte die studierenden TeilnehmerInnen, da ähnliche Veranstaltungen bisher nicht im Studium angeboten werden.
Trotz positiver Rückmeldungen bleibt offen, ob das Format auch zukünftig angeboten werden kann, da die Durchführung mit einem hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden war (u.a. aufgrund der Honorare für die externen ReferentInnen, für deren Vorträge sich z.T. nur wenige Teilnehmende interessierten). Aktuell ist Koordinierungsstelle/CoreFacility Versorgungsforschung bemüht, einzelne Formate weiterzuentwickeln, mit denen ein größerer Interessentenkreis erreicht werden kann und diese ggf. dann auch für Studierende kostenfrei offen zu halten.
Dennoch kann die Blockveranstaltung „Methoden der Versorgungs-forschung“ als sinnvolle Intervention bezeichnet werden, die Disziplin im Medizinstudium zu verankern. <<

Sie wollen uns schon verlassen?

Abonnieren Sie doch noch schnell unseren Newsletter. Dann können Sie sicher sein, nichts mehr zu verpassen.

Zum Inhalt springen