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Publicly Available Published by De Gruyter June 15, 2016

Alan McKinnon, Michael Browne, Maja Piecyk und Anthony Whiteing (eds.): Green Logistics – Improving the Environmental Sustainability of Logistics. London u. a.: Kogan Page (3. Auflage, 2015), 426 S., 43,95 €.

Besprochen von: Markus Hesse, Luxemburg

DOI 10.1515/zfw-2016-0013

Wirtschaftlicher Strukturwandel wird in seinen Konsequenzen für die Umwelt unterschiedlich bewertet. In einem Diskursstrang wird auf Umweltentlastung durch den Übergang von der Produktions- zur Dienstleistungsökonomie hingewiesen; andererseits wird kritisiert, dass viele Dienstleistungen keineswegs umweltneutral sind. Dies gilt sehr augenfällig für die Logistik und das damit assoziierte System von Transport, Lagerung und Umschlag von Gütern. Ressourcenverzehr, soziale und ökologische Externalitäten sowie die lange Zeit dokumentierten Wachstumsraten haben die Logistik ins Zentrum einer umweltorientierten Kritik gerückt. Die Forcierung von Welthandel, global arbeitsteiligen Produktionssystemen und damit verbundenen Transportzwängen gilt als wenig nachhaltig.

Dies ist der Kontext des Buchs „Green Logistics“, das logistische Wertschöpfungsprozesse auf ihre Bedeutung für die Umwelt hin untersucht. Neben der Analyse der Umweltaspekte stehen Pfade einer ökologisch nachhaltigen Gestaltung der Logistik im Mittelpunkt. Der Band liegt mittlerweile in dritter Auflage vor. Im Vergleich zu den Vorgängerauflagen soll eine umfassende und vor allem globale Perspektive eingenommen werden. Allerdings stützen sich die Kapitel weitgehend auf Probleme und Handlungsstrategien in Industrieländern und deren Verdichtungsräumen. Ein spezifischer Blick auf den globalen Süden, für den die Logistik gerade als „Leidbranche“ der Globalisierung bezeichnet wurde (1), wird nicht eingenommen.

Das Buch bietet indes eine fundierte Zusammenschau seines Gegenstandes und ist überaus lesenswert. Es enthält 18 anschaulich illustrierte Kapitel in fünf thematischen Sektionen: Teil 1 dient der Analyse und Bewertung der Umweltaspekte der Logistik, während Teil 2 eine strategische Perspektive auf diesen Gegenstand einnimmt. Teil 3 versammelt Beiträge zu einer „operativen“ Perspektive, während in Teil 4 „Key issues“ wie z. B. City-Logistik, E-Logistik oder Recycling behandelt werden. Teil 5 bietet einen Überblick über Politikansätze zum Logistiksystem und einen Ausblick auf künftig anstehende Herausforderungen.

Die Beiträge sind durchweg von hoher Qualität und profitieren von der Forschungserfahrung der Autoren, nahezu alle Kapitel sind empirisch fundiert. Auch ist der Stil, in dem viele Analysen gehalten sind, erfreulich distanziert vom latenten greenwashing durch Unternehmen oder Verbände, das auf ein besseres Image der Logistik zielt. Einige Beiträge sind dezidiert geographisch relevant, etwa die supply chain-Perspektive in Teil 1 und 2, die einen Einblick in die logistische Konstruktion von Unternehmen und Netzwerken sowie deren Umweltrelevanz (carbon auditing) erlaubt, oder das Kapitel zu food miles. Drei Kurzbeiträge im Anschluss an das Schlusskapitel diskutieren als postscript die Bedeutung ganz neuer Trends (Transport per Drohne; 3D-Drucken; physisches Internet), die massive raum-zeitliche Implikationen haben dürften.

Das Buch lässt gleichwohl einige Wünsche offen. Eine Ausweitung des Blickwinkels auf die globale Dimension der Logistik wäre sicher sinnvoll. Obwohl das Buch prinzipiell alle Verkehrsträger anspricht, bezieht sich ein Großteil auf die Logistik des Straßenverkehrs; die umfassenden Umweltwirkungen der Luftfahrt (Flughäfen, flight paths) und des maritim-industriellen Komplexes bleiben ausgespart. Der Beitrag zu politischen Handlungsstrategien bedient sich der Befunde vieler Einzelstudien, fällt aber bezogen auf Governancekonzepte eher unsystematisch aus. Zu Recht wird angemerkt, dass öffentliche Akteure erst – per umfassender Deregulierung – den Geist der globalen Zirkulation aus der Flasche ließen, um ihn dann mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog wieder einzufangen versuchen. Dieser Widerspruch allein bietet schon genug Stoff für eine vierte Auflage.

(1) Schwerpunkt Logistik in Heft 349 der iz3w – Informationszentrum 3. Welt, Juli/August 2015.

Online erschienen: 2016-6-15
Erschienen im Druck: 2016-6-1

© 2016 by De Gruyter

Downloaded on 4.6.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zfw-2016-0013/html
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