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Publicly Available Published by De Gruyter Saur February 8, 2017

Open Access zwischen Revolution und Goldesel

Eine Bilanz fünfzehn Jahre nach der Erklärung der Budapest Open Access Initiative

Open Access between revolution and cash cow. Assessment 15 years after the Budapest Open Access Initiative
L'Open Access entre révolution et poule aux œufs d'or. Un bilan 15 ans après l’Open Access Initiative de Budapest
  • Ulrich Herb EMAIL logo

Zusammenfassung

Die Erklärungen und Positionierungen zu Open Access anfangs der 2000er Jahre waren von Umbruchstimmung, Euphorie und Idealismus getragen, eine Revolution des wissenschaftlichen Publizierens wurde vielfach vorhergesagt. Die Erwartungen an Open Access lagen auf der Hand und waren umrissen: Wissenschaftlern war an rascher Verbreitung ihrer eigenen Texte gelegen sowie an der Verfügbarkeit der Texte ihrer Kollegen, Bibliothekaren an einer Abhilfe für stark steigende Journalpreise, den Wissenschaftseinrichtungen an effizienter und freier Verbreitung ihrer Inhalte. Einzig die Position der kommerziellen Wissenschaftsverlage zu Open Access war überwiegend zögerlich bis ablehnend. Der Artikel versucht sich 15 Jahre nach dem Treffen der Budapest Open Access Initiative 2001 an einer Bilanz zum Open Access. 2016 muss festgehalten werden, dass die von den maßgeblichen Open-Access-Advokaten früherer Tage erhoffte Revolution wohl ausbleiben wird. Vielmehr scheint aktuell die Entwicklung des Open Access weitgehend von den vormals in Open-Access-Szenarien kaum erwähnten kommerziellen Verlagen angetrieben. Zwar findet sich auch Open Access in wissenschaftlicher Selbstverwaltung, dennoch bleiben die Akteure im wissenschaftlichen Publizieren bislang die gleichen wie 2001 und die schon damals bekannten Konzentrationseffekte am Publikationsmarkt setzen sich fort.

Abstract

The declaration and positions on Open Access in the early 2000s spread a mood of upheaval, euphoria, and idealism, a revolution of scientific publishing was regularly predicted. The expectations for Open Access were obvious and clear: scientists wanted to share their own articles immediately with other scientist (and they also wanted to have easy full text access to the texts of their colleagues), librarians needed a remedy for exploding journal prices, the scientific institutions wanted funded research to be efficiently and freely disseminated. Only the position of the commercial publishers to Open Access was predominantly hesitant or even disapproving. This contribution attempts to draw a balance on Open Access 15 years after the Budapest Open Access Initiative meeting in 2001. 2016 it must be noted that the hopes of Open Access advocates for a revolution will be disappointed. On the contrary, today the development of Open Access seems to be largely driven by the commercial publishers, which were barely mentioned in the early Open Access scenarios. Although there non-commercial Open Access in scientific self-administration exists, today the actors in scientific publishing are still the same as in 2001, and the already known concentration effects on the publishing market continue.

Résumé

Les déclarations et les positions sur l'Open Access du début des années 2000 étaient portées par l'esprit de bouleversement, l'euphorie et l'idéalisme : on prédisait souvent une révolution dans le domaine de l'édition scientifique. Les attentes à l’égard de l'Open Access étaient évidentes : les scientifiques étaient intéressés par la diffusion rapide de leurs propres textes et par l’accès aux textes de leurs collègues, les bibliothécaires par une possibilité de contourner la hausse rapide des prix des périodiques, les institutions scientifiques par une diffusion efficace et rapide de leurs contenus. Seule la position de la plupart des éditeurs scientifiques commerciaux était hésitante, voire hostile. L'article tente de tirer un bilan de l’Open Access, 15 ans après la réunion de l'Open Access Initiative de Budapest de 2001. En 2016 nous devons constater que la révolution espérée par les principaux avocats des premiers jours de l’Open Access n’aura probablement pas lieu. Au contraire, aujourd’hui, l’Open Access semble largement poussé par les éditeurs commerciaux qui, auparavant, étaient à peine mentionnés dans les scénarios de l'Open Access. Bien qu’on trouve aussi l’Open Access sous gestion scientifique autonome, les acteurs de l'édition scientifique restent les mêmes qu'en 2001 et les phénomènes de concentration sur le marché de la publication se poursuivent.

Einleitung

2002 verkündete die Budapest Open Access Initiative (BOAI) idealistisch aufgeladen: „Durch das Zusammentreffen einer alten Tradition mit einer neuen Technologie ist ein bisher beispielloses Gemeingut verfügbar geworden. Mit der alten Tradition ist die Bereitschaft von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen gemeint, die Ergebnisse ihres Arbeitens in Fachzeitschriften zu veröffentlichen und diese Veröffentlichungen anderen zur Verfügung zu stellen, ohne hierfür bezahlt zu werden. Die neue Technologie ist das Internet. Das Gemeingut (...) besteht darin, dass Zeitschriftenbeiträge (...) weltweit elektronisch zugänglich gemacht werden können − kostenfrei und ohne Zugangsbeschränkungen für Forschende, Lehrende und Studierende und für alle anderen, die an den Ergebnissen der Wissenschaft interessiert sind.“ (Budapest Open Access Initiative BOAI, 2002).

Die Verlautbarung der BOAI, die den Konsens einer Ende 2001 stattfindenden Zusammenkunft wiedergibt, wirkt, wie Jutta Haider treffend bemerkt, prophetisch: „Die Formulierungen sind im einfachen Futurum gehalten, unzweideutig und klar. So wird es sein. Die Forschung wird beschleunigt, zur Verbesserung von Bildungsmöglichkeiten wird beigetragen, vor allem durch das wechselseitige Lernen von Armen und Reichen voneinander und miteinander. Letzteres wird dadurch zum hauptsächlichen Ergebnis von Open Access.“ (Haider, 2012, S. 69). Der Text, so Haider weiter, habe den Charakter eines „Manifest[es]“ (Haider, 2012, S. 69), man mag hinzufügen: einer Verheißung.

Kostenfrei, offen und revolutionär

Die Open-Access-Protagonisten der frühen 2000er Jahre waren in erster Linie Wissenschaftler, Bibliothekare oder Vertreter von Wissenschaftseinrichtungen. Den Wissenschaftlern war an einer raschen Verbreitung der eigenen Texte gelegen sowie an der Verfügbarkeit der publizierten Ergebnisse ihrer Kollegen, den Bibliothekaren an einem Korrektiv zu den stark steigenden Preisen beim Erwerb wissenschaftlicher Journalliteratur (Herb, 2015 Kapitel B.1.3) und den Wissenschaftseinrichtungen an effizienter und freier Verbreitung ihrer Inhalte. Die Positionierungen sprachen von einem radikalen Wandel des Publikationssystems, in dem Wissenschaftler nun direkt und ohne Umwege oder Intermediäre für andere Wissenschaftler publizieren können sollten. Man verstand zu diesem Zeitpunkt unter Open Access die Möglichkeit, wissenschaftliche Dokumente entgeltfrei nutzen zu können. Von weitergehenden Rechteeinräumungen war nicht explizit die Rede: „Frei zugänglich im Internet sollte all jene Literatur sein, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ohne Erwartung, hierfür bezahlt zu werden, veröffentlichen.“ (Budapest Open Access Initiative BOAI, 2002). Als Agenten des Open Access sah man in erster Linie die Wissenschaftler – implizit in Ausübung einer Art akademischer Selbstverwaltung. Die BOAI postuliert, dass die „Realisierung [des Open Access](...) bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst liegt, die unmittelbar tätig werden können, ohne auf irgendwelche Markt-, Gesetzes- oder sonstige Regulierungen warten zu müssen.“ (Budapest Open Access Initiative BOAI, 2002). Verlage oder andere Akteure, besonders solche mit kommerziellen Interessen, kennt das Open-Access-Szenario der BOAI nicht.

Das 2003 auf die BOAI folgende Bethesda Statement on Open Access Publishing sah weiterreichende Nutzungsmöglichkeiten vor: “The author(s) and copyright holder(s) grant(s) to all users a free, irrevocable, worldwide, perpetual right of access to, and a license to copy, use, distribute, transmit and display the work publicly and to make and distribute derivative works, in any digital medium for any responsible purpose, subject to proper attribution of authorship” (Bethesda Statement, 2003). Es war nicht länger mehr nur von der entgeltfreien Nutzung die Rede, nein, Open-Access-Publikationen sollten die Erstellung abgeleiteter Werke wie Aktualisierungen und Übersetzungen erlauben und zudem die Weiterverbreitung durch Nutzer zulassen. Die ebenfalls 2003 veröffentlichte Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen bekräftigte diese Definition des Open Access nochmals: “The author(s) and right holder(s) of such contributions grant(s) to all users a free, irrevocable, worldwide, right of access to, and a license to copy, use, distribute, transmit and display the work publicly and to make and distribute derivative works, in any digital medium for any responsible purpose, subject to proper attribution of authorship” (Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities, 2003). In beiden Erklärungen des Jahres 2003 tritt das Moment der Selbstverwaltung des Open Access in den Hintergrund, zugleich dominiert eine Ausweitung der Nutzungsoptionen von Open-Access-Dokumenten. Die Nutzungsmöglichkeiten, die nach Bethesda Statement und Berliner Erklärungen für Open Access konstitutiv sind, entsprechen im Wesentlichen denen der Open Source Software; Text wurde durch Open Access quasi zu Software.

Allen drei Erklärungen ist gemeinsam, dass sie zwei Open-Access-Varianten als gleichwertig erachten:

  1. den Green Open Access, dieser bezeichnet das Veröffentlichen von anderweitig erschienenen wissenschaftlichen Dokumenten oder deren Vorabversionen auf digitalen Open Access Repositorien,

  2. den Golden Open Access, dieser beschreibt das Gründen bzw. die Herausgabe wissenschaftlicher, kostenlos zugänglicher Online-Journale bzw. das Publizieren in solchen Zeitschriften. Die Finanzierung dieser Variante sollte durch Article Processing Charges (APCs) oder Institutional Memberships erfolgen.

Als problematisch zeichnete sich bereits 2003 ab, dass der Green Open Access mit dem Bethesda Statement und der Berliner Erklärung nicht so einfach in Einklang zu bringen ist. Nutzen Autoren Repositorien zur Publikation von im klassischen Subskriptionsmodell erschienenen Werken, geschieht dies meist aus Kulanz des publizierenden Verlags. Da dieser sich jedoch in aller Regel bei der Publikation die exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte übertragen lässt, dürfte er schwer davon zu überzeugen sein, dem Autoren mehr als das einfache Nutzungsrechte zur Repository-Publikation zu überlassen – schließlich erwirtschaftet der Verlag ja gerade seinen Gewinn damit die Verbreitung der Inhalte zu kontrollieren, an denen er die Rechte besitzt. Einen in einem Closed-Access-Journal erschienenen Artikel unter einer derart offenen Lizenz auf einem Repository verfügbar zu machen, dürfte rechtlich nur in den seltensten Fällen möglich sein, etwa wenn der Autor dem Verlag nur einfache Rechte überträgt oder sich das Recht zur CC-BY-Lizenzierung vertraglich zusichern lässt.

Trotz solcher Detailfragen: Die Erwartungen an Open Access waren zu Beginn der 2000er Jahre hoch, die Stimmung unter Befürworten euphorisch: Wer im Open-Access-Journal PLOS Biology des Open-Access-Verlages Public Library of Science (PLOS) publizierte, wurde von dessen Herausgebern als Anführer einer Revolution geadelt: “We hope that you will lead the open-access revolution by publishing your most exciting research in PLoS Biology.” (Bernstein et al., 2003). PLOS-Mitbegründer Harold Varmus stieß ins gleiche Horn und erklärte Open Access zur “Revolution in the Publication of Scientific Papers” (Rankin & Franklin, 2004). Auch David Prosser, damals Direktor der Scholarly Publishing and Academic Resources Coalition (SPARC), meinte in Open Access nicht weniger als “[the] next information revolution” (2003) zu erkennen.

Die Antipoden: Kommerzielle Wissenschaftsverlage

Mit der Unterzeichnung der Berliner Erklärung war Open Access kein Spartenthema mehr: Die Erstunterzeichner, darunter die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Wellcome Trust oder das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), waren zu prominent, als dass es etablierten Wissenschaftsverlagen möglich gewesen wäre Open Access zu ignorieren. Da wirtschaftliche Interessen im Open Access dieser Ära kaum Realisierungsoptionen finden konnten, setzten kommerzielle Verlage auf Verunglimpfung: Die Association of American Publishers (AAP) beauftragte Eric Dezenhall, in seiner Branche als PR-Pitbull bekannt, mit der Rufschädigung von Open Access (Giles, 2007). Insbesondere sollte Dezenhall, unter anderem Autor des Werkes “Nail ’Em!: Confronting High-Profile Attacks on Celebrities & Businesses”, Open Access als Werkzeug staatlicher Zensur dämonisieren. Zudem war es Ziel, Open-Access-Werken mangelnde Qualität zu unterstellen. Besonders die lancierten Qualitätsvorbehalte sollten Open Access noch lange und sogar bis in die Gegenwart begleiten. Dabei gilt es zu bedenken, dass im Green Open Access publizierte Texte in aller Regel eine Qualitätsprüfung durch die publizierenden (und meist kommerziellen) Verlage durchlaufen haben und dass Gold Open Access prinzipiell die gleichen Möglichkeiten der Qualitätssicherung nutzt wie Closed Access. Dezenhall hatte in dieser Zeit laut eines Nature-Berichts allem Anschein nach Kontakt zu den Verlagen Elsevier und Wiley sowie der American Chemical Society (ACS), die AAP bestätigte gar, Dezenhall in dieser Angelegenheit engagiert zu haben (Giles, 2007).

Open Access heute

Ende 2016, knapp zehn Jahre nach der PR-Kampagne der AAP gegen Open Access, scheint es, als haben sich Open Access und die Stellung der kommerziellen Verlage zum offenen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen dramatisch gewandelt. Was aber ist zwischen 2007 und 2016 geschehen?

Bereits 2008 wurde der erste der großen kommerziellen Wissenschaftsverlage im Open-Access-Segment aktiv als Springer Publishing den Open-Access-Verlag BioMed Central (BMC) aufkaufte. BMC wurde im Jahr 2000 gegründet und verfolgte schon immer ein wirtschaftliches Interesse: Die Publikation eines Artikels in BMC-Journalen machte seit jeher die Zahlung einer Artikelgebühr erforderlich. Auch der Open-Access-Verlag Frontiers verfolgte von Beginn an ein APC-Modell, seit 2013 hält Macmillan Publishers eine Mehrheitsbeteiligung an Frontiers. Macmillan legt z. B. Nature auf und ist Teil der Holtzbrinck-Gruppe. 2015 fusionierte Macmillan Science and Education mit Springer Science + Business Media. Kommerzieller Open Access wurde so peu à peu zum Geschäftsfeld eingesessener Wissenschaftsverlage. Im Mai 2016 ergab eine Erhebung Heather Morrisons (2016), dass der Verlag, der die meisten Open-Access-Journale auflegt, ein klassisch-kommerzieller Anbieter ist: Elsevier.

Gold Open Access, APCs und CC-BY

Befeuert wurde diese Entwicklung unter anderem durch den Bericht einer Expertengruppe in Großbritanien unter dem Vorsitz von Janet Finch, den sogenannten Finch-Report, der sich deutlich für die Bevorzugung des Gold Open Access Modells in den Open-Access-Leitlinien von Forschungsförderern aussprach. Die Vorgaben des Finch-Reports schlugen sich unter anderem in den Fördervorgaben der Research Councils UK (RCUK) und anderer Einrichtungen nieder (Horstmann, 2013). Bereits vor Erstellen des Finch-Reports waren Forschungsförderer teils dazu übergegangen Gold-Open-Access-Publikationen finanziell zu unterstützten. So fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) seit 2010 die Einrichtung universitärer Fonds zur Finanzierung von Open-Access-Publikationen.[1] Mit dem Finch-Report allerdings existierte nun erstmals eine Art explizite Empfehlung zur finanziellen Unterstützung des Gold Open Access. Im EU-Programm Horizon 2020 ist etwa eine Übernahme derartiger Publikationsgebühren vorgesehen (European Commission, 2016, S. 7), Obergrenzen für APCs werden dabei nicht genannt. Zudem sollen geförderte Publikationen unter der Creative-Commons-Lizenz CC-BY bereitgestellt werden (European IPR Helpdesk, 2014, S. 6). Die Verwendung der CC-BY-Lizenz ergibt sich nahezu zwangsläufig, denn diese Lizenz regelt juristisch die Verfügbarmachung von Dokumenten und anderen Objekten in einem Ausmaß an Offenheit wie es etwa die Berliner Erklärung vorsieht. Da allerdings, wie beschrieben, der für kommerzielle Verlage unattraktive Green Open Access zumeist sowohl mit den Anforderungen der Berliner Erklärung und des Bethesda Statements als auch den Bedingungen der CC-BY-Lizenz kollidiert, wird er durch derartige Vorgaben implizit gegen Gold Open Access abgewertet.

Auch der Wellcome Trust trägt die Kosten projektbezogener Publikationen (Artikel, Monographien, Beiträge zu Anthologien) ohne Obergrenze, zwingende Bedingung ist die Lizenzierung unter CC-BY (Wellcome Trust, 2016a, 2016b). Ähnlich der österreichische Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), der ebenfalls die Kosten projektbezogener Publikationen (Artikel, Monographien, Beiträge zu Anthologien) trägt, allerdings mit Obergrenzen von 2.500 Euro für Artikel und 20.000 Euro für Buchpublikationen; auch beim FWF ist die Nutzung der CC-BY-Lizenz verpflichtend (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung FWF, 2016a, 2016b).

CC-BY als Einnahmequelle

Besonders der mitunter in den Förderrichtlinien verankerte Zwang zur CC-BY-Lizenzierung beschert findigen Verlagen leicht verdiente Gewinne: 2012 gab die Nature Publishing Group (NPG) bekannt, bei Open-Access-Artikeln für die CC-BY-Lizenzierung einen Zuschlag von bis zu 400 € zu verlangen (Baynes, 2012), z. B. bei den Journalen Bone Marrow Transplantation oder Leukemia. Der Grund für den Preisaufschlag ist nicht ersichtlich, hat die NPG doch keinen Mehraufwand durch die Nutzung dieser Lizenz.

Auch die American Association for the Advancement of Science (AAAS), die unter anderem Science herausgibt, nutzt derartige Fördervorgaben: 2014 kostete die Publikation eines Artikels in ihrem neugegründeten Open-Access-Journal Science Advances 3.000 US-Dollar, die sich bei einer Überschreitung der Länge von zehn Seiten um 1.500 US-Dollar und bei CC-BY-Lizenzierung um weitere 1.000 US-Dollar erhöhten (Rutherford, 2014). 2016 sind die Kosten noch höher: Heutzutage schlägt ein Artikel mit 3.450 US-Dollar zu Buche, gegebenenfalls zuzüglich 1.500 US-Dollar bei einem Umfang von mehr als 15 Seiten und 1.150 US-Dollar für eine CC-BY-Lizenzierung (Science Advances, 2016). Da das Journal rein elektronisch erscheint, ist neben dem Lizenz-Aufpreis auch der Längenzuschlag nicht ohne weiteres verständlich.

Big Business: Open-Access-Konsortien

Jedoch sind diese Zusatzverdienste durch die Vergabe von CC-BY-Lizenzen eher Petitessen im Open-Access-Geschäft der kommerziellen Verlage, die zusehends auf konsortiale Lösungen setzen. Was sich heute in landesweiten Open-Access-Deals manifestiert, nahm seinen Anfang bereits vor circa zehn Jahren mit universitären oder disziplinären Open-Access-Deals. 2007 kombinierte die Universität Göttingen die Subskription von Springer-Journalen mit einer Open-Access-Klausel. In einer Pressemitteilung (Georg-August-Universität Göttingen, 2007) hieß es dazu: „Artikel von Wissenschaftlern der Georg-August-Universität in Zeitschriften des Verlages werden automatisch im Internet über Springer Open Choice publiziert.“ Über die Kosten der Vereinbarung wurde nichts bekannt. Während man an der Georg-August-Universität den Zugang zu Springer-Journalen nur für die eigene Einrichtung abonnierte und eigenen Wissenschaftlern Open-Access-Optionen erkaufte, ging das 2014 offiziell gestartete Projekt Sponsoring Consortium for Open Access Publishing in Particle Physics (SCOAP3) noch weiter: Ziel war die Umwandlung von Closed-Access-Journalen der Hochenergiephysik zum Open Access, d. h. Wissenschaftler dieser Disziplinen publizieren in den von SCOAP3 erfassten Zeitschriften immer Open Access, so dass die Journale für jedermann entgeltfrei nutzbar sind.

Nachdem schrittweise die Verknüpfung von Subskription und Open Access erprobt worden war, kam 2014 die Zeit für landesweite Open-Access-Deals, die auf die nun bewährte Verquickung von Subskription und Open Access setzen: 2014 wurde der landesweite Springer-Deal in den Niederlanden publik, der Vertragsabschluss der Vereniging van Universiteiten (VSNU) umfasst die Subskription bzw. Lizenzierung von 1.500 Journalen des Verlages sowie das Recht niederländischer Wissenschaftler, in dessen Zeitschriften Artikel im Open Access publizieren zu können ohne Gebühren entrichten zu müssen.

Mit dem Springer-Deal der niederländischen Universitäten betrat man Neuland: Die Verknüpfung der Open-Access-Publikation an eine bestehende Lizenzierung machte Open Access zum Privileg, denn Forscher aus solventen Nationen, die sich ein landesweites Arrangement leisten können, profitieren von nachweislich hohen Zitationszahlen der Open-Access-Dokumente (in Übersicht Herb, 2015 Kapitel B.1.1), während man in weniger begüterten Regionen nicht nur Springer-Journale subskribiert, sondern zusätzlich APCs für Open Access zahlen muss. Eine Open-Access-Option im Stil des Springer-Deals kommt also einem Rabatt für Institutionen zahlungsfähiger und -williger Nationen gleich. 2015 schließlich schloss die VSNU einen vergleichbaren Deal mit dem Springer-Konkurrenten Elsevier ab, die finanziellen Modalitäten lagen hier genau, wie beim Springer-Vertrag, im Dunkeln. Die offizielle Verlautbarung der VSNU gibt sich selbst folgende Antwort auf diesbezügliche Fragen (Vereniging Van Universiteiten, 2015): “No, we do not comment specifically on the financial agreements that are involved in this agreement because it is, of course, sensitive competitive information.”

Die beiden erwähnten Abmachungen in den Niederlanden sind mit einem White Paper von Schimmer, Geschuhn & Vogler (allesamt Vertreter der Max-Planck-Digital-Library MPDL) kongruent, in dem diese postulieren, ein globales Journal-Flipping, sprich die Transformation aller Closed-Access-Journale zum Open Access, sei ohne finanzielle Mehrbelastung machbar (2015, S. 1): “All the indications are that the money already invested in the research publishing system is sufficient to enable a transformation that will be sustainable for the future.” Die Association of Science, Technology and Medicine Publishers (2015) kritisierte, das MPDL-Paper basiere auf falschen Annahmen zum aktuellen Aufkommen an Subskriptionsjournalen, zudem seien die in ihm veranschlagten APC-Höhen wesentlicher geringer als in Berechnungen des Wellcome Trust. Überdies müssten die APCs bei einer vollkommenen Konversion zu Gold Open Access höher sein als von der MPDL angenommen: “The MPDL median APC figure of € 2000 (...) is too low for a 100 % Gold universe” (Association of Science Technology and Medicine Publishers, 2015, S. 2). David Crotty (2015) hingegen hielt fest, dass es sich bei der MPDL-Veröffentlichung nicht um eine wissenschaftliche Publikation handelt und stufte den Texte als Advocacy Paper ein.

Dennoch hat die Publikation von Schimmer et al., getragen von der institutionellen Herkunft des Autorentrios, großen Einfluss auf die Open-Access-Debatte obwohl das Papier die Reaktanzen des Publikationsmarktes weitgehend ausklammert. Dabei konstatierten Swan & Houghton schon 2012, dass bei APCs über 2.000 Pfund forschungsintensiven Hochschulen Kosten drohen, die über denen des Subskriptionsmodells liegen. Bei weiterem Ansteigen der APCs, so die Autoren, seien auch weniger forschungsintensive Einrichtungen von Mehrausgaben betroffen (Swan & Houghton, 2012, S. 8). Eingedenk der Erfahrungen aus dem Subskriptionsmodell gibt es keinen Grund zur Annahme, dass die Verlage ohne Not preisliche Zurückhaltung an den Tag legen, insbesondere, wenn – wie oben skizziert – teils Publikationskosten ohne Deckelung getragen werden. Gegen eine solche, für ein kommerzielles Unternehmen ohnehin widernatürliche Disziplin sprechen auch etliche Befunde.

  1. Der Verlag Emerald erhöhte im Sommer 2015 die APCs für zwölf Journale um 70 Prozent. Ursächlich für diese Explosion waren selbstredend nicht gestiegene Produktionskosten, sondern schlicht der Marktvergleich, der ergab, dass die APCs dieser Journale verglichen mit anderen Journalen ähnlichen Anspruchs und entsprechender Reputation zu niedrig waren – sprich: der Markt erlaubte höhere Preise. Emerald gab dem britischen Journalisten Richard Poynder (2015a) diesbezüglich folgende Auskunft: “The decision, based on market and competitor analysis, will bring Emerald’s APC pricing in line with the wider market, taking a mid-point position amongst its competitors.”

  2. Informationen von Rieck, Haslinger, Meischke-Ilic, Kirindi-Hentschel, & Reckling (2016), basierend auf Daten des FWF und Wellcome Trust, belegen für den Zeitraum 2014 bis 2015 eine Erhöhung der Gebühren von 1.288 Euro auf 1.682 Euro (und damit um 30,6 Prozent) bei durchschnittlich entrichteten APCs. Zum Vergleich: Bosch & Henderson (2015) ermittelten vergleichsweise moderate Preissteigerungen bei Nicht-Open-Access-Journalen von sechs Prozent für 2015.

  3. Morrison (2014) wies für verschiedene Journale des Verlags BioMed Central deutlich steigende APCs nach, z. B. für Globalization and Health, dessen Gebühren in den Jahren 2013 und 2014 von 1.715 US-Dollar auf 2.155 US-Dollar stiegen, eine Rate von ca. 25 Prozent. Im gleichen Zeitraum, so Morrison an selber Stelle, erzielte der nicht-kommerzielle Open-Access-Verlag PLOS ohne Steigerung seiner APCs einen Gewinn von 23 Prozent.

  4. Kingsley (2014) zufolge zahlte der Wellcome Trust 6,5 Millionen US-Dollar für Publikationen in Open-Access-Journalen oder um einzelne Artikel aus Closed-Access-Journalen für Open Access freizukaufen; die entrichtete Gebühr lag im Schnitt bei 3.055 US-Dollar. Die Daten weisen starke Konzentrationseffekte auf: 63 % der gezahlten Summe gingen an Elsevier, Wiley, PLOS, Springer (inkl. BioMed Central) und Oxford University Press; auf Elsevier alleine entfielen 25 Prozent der entrichteten Gebühren. Ähnliche Tendenzen finden sich in den erwähnten Daten des FWF zu entrichteten APCs (Rieck et al., 2016): Im FWF- Programm Peer Reviewed Publications wurden für Artikel in Gold-Open-Access-Journalen 0,4 Millionen Euro verausgabt, für Artikel im hybriden Open Access 2,4 Millionen Euro und für Artikel in Nicht-Open-Access-Journalen 0,3 Millionen Euro. 58,7 Prozent der Mittel entfielen auf die drei Verlage Elsevier, Springer sowie Wiley-Blackwell.

Da die Fortsetzung der Marktkonzentration im wissenschaftlichen Publikationswesen auch in Zeiten des Open Access anhält und sich gar verstärkt (Larivière, Haustein, & Mongeon, 2015), ist auch nicht von APC-Preiskämpfen oder einem Wettbewerb unter den Verlagen auszugehen.

Open Access: Lukrativ und exklusiv

Den Status Quo des Open Access zu beschreiben fällt schwer, weil neben den hochpreisigen kommerziellen Open-Access-Journalen der großen Verlage auch von Wissenschaftlern in Eigenregie betriebene Zeitschriften zu finden sind, wie die mathematischen Journale der Plattform episciences.org. Ein Stimmungsbild lässt sich dennoch zeichnen.

Erstens wird Open Access aktuell in öffentlicher Diskussion wie medialer Darstellung vor allem als Gold Open Access interpretiert. Dies lässt sich exemplarisch an der Berichterstattung über die Schattenbibliothek sci-hub belegen, in deren Windschatten Open Access eingehend erörtert wurde. Besonderen Stellenwert genoss dabei das erwähnte MPDL-Paper, in dessen Auslegung Gold Open Access durch Journal-Flipping als das Mittel zur Lösung der Krise der Informationsversorgung propagiert wurde. Zweitens (und mit Punkt eins korrespondierend) wird Gold Open Access zunehmend zu einer lukrativen und einfachen Einnahmequelle für kommerzielle Verlage. Neben den beachtlichen Einnahmemöglichkeiten durch APCs bietet Gold Open Access den Verlagen auch nicht zu unterschätzende Einsparmöglichkeiten, u. a. durch:

  1. den Verzicht von Authentifizierungstechniken und -infrastrukturen

  2. den Wegfall aufwändiger Verhandlungen mit einzelnen Einrichtungen oder Konsortien

  3. die vereinfachte Zahlungsabwicklung für APCs ohne Endkundengeschäft im Falle nationaler Deals

Bereits 2010 bezifferte Swan (2010, S. 37) die verlagsseitigen Ersparnisse beim Übergang von Closed-Access-Journalen zu Open-Access-Journalen pro Artikel mit 813 Pfund.

Auf der anderen Seite wird Open Access zusehends exklusiver. In dem Maß, indem (Gold) Open Access der Marktmacht der großen kommerziellen Verlage unterliegt und Wissenschaftlern höhere Zitationszahlen (und damit bessere Perspektiven) beschert, wird er zum Luxus-Gut und Exzellenzmerkmal, das finanzstarke Universitätsstandorte für Wissenschaftler attraktiv macht. Mittels lokaler Fonds und/oder lokaler beziehungsweise nationaler Deals konkurrieren Hochschulen perspektivisch um Forscher. Die finanzstarken unter ihnen locken Wissenschaftler dann mit dem Privileg der Gold-Open-Access-Veröffentlichungen in hochpreisigen Journalen. Bereits heute wird ein Großteil der APCs in Deutschland von allgemein als finanziell gut ausgestattet angesehenen Hochschulen und Einrichtungen getragen (Jahn & Tullney, 2016, S. 8), die so ihre Anziehungskraft für Wissenschaftler weiter steigern.

Die neue Exklusivität des Open Access offenbart sich allerdings auch in anderer Art und Weise: Die Teilnahme an der Berlin 12 Conference, einer turnusmäßig stattfindenden Folgekonferenz der Berlin Conference 2003, anlässlich derer die erwähnte Berliner Erklärung verkündet wurde, war nur auf Einladung möglich, eine Teilnehmerliste war selbst auf Anfrage hin nicht einsehbar (Poynder, 2015b). Auf der Website der Veranstaltung hieß es dazu lapidar (Max-Planck-Gesellschaft, 2015b): “The 12th conference in the Berlin Open Access series will be an invitation-only workshop for high-level representatives of the world’s most eminent research organizations. (...) The central theme will be the transformation of subscription journals to Open Access, as outlined in a recent white paper by the Max Planck Digital Library.” Die Konzentration auf das Flipping von Subskription zu Open Access spiegelt sich in der zitierten Tagungsinformation und auch in den Vortragstiteln der Konferenz, diese sind online einsehbar (Max-Planck-Gesellschaft, 2015a).

Für eine andere, in Amsterdam stattfindende, Open-Access-Konferenz des Jahres 2016 stand die Teilnahme zwar formal jedem offen, faktisch wurde jedoch klar eine Zielgruppe angesprochen, in der sich die Open-Access-Advokaten der ersten Stunde kaum wiederfinden (Open Access Amsterdam, 2016): “The venue will be the spectacular building of the Royal Tropical Institute in Amsterdam. Hundreds of scientists, entrepreneurs, publishers and global thought leaders will come together to further the objectives of Open Access and to discuss the importance of free knowledge sharing in the innovation processes of the interconnected world.” Exklusivität verspricht neben den Räumlichkeiten auch der Adressatenkreis, der ganz offen auch die Kommerzialisierung des Open Access repräsentiert (neben Wissenschaftlern und Verlagen unter anderem Unternehmer), und nicht zuletzt die satte Teilnahmegebühr von 475 Euro. Diese bindet die in Aussicht gestellte Möglichkeit über die Bedeutung des freien Wissens zu diskutieren an ein üppiges Budget und konterkariert – genau wie die Exklusionsstrategie der Berlin 12 – das partizipative Moment des Open Access.

Open Access wird heute in erstaunlichem Ausmaß „hinter verschlossenen Türen“ (Haider, 2012) modelliert, mehr denn je muss man sich daher die Frage stellen, „wessen Offenheit und wessen Wissen Open Access vertritt, an welche Traditionen es anschließt und welche Allianzen es eingeht“ (Haider, 2012, S. 65).

Fear, Uncertainity and Doubt

Offensichtlich scheint, dass die großen kommerziellen Wissenschaftsverlage ihren einträglichen Frieden mit (Gold) Open Access gemacht haben. Hochpreisige APCs spielen ihnen in die Hände und erleichtern ihr Geschäft. Teils nutzen sie immer noch Verunsicherungs- oder FUD-Kampagnen (Fear, Uncertainity, Doubt), um Open Access zu diskreditieren und eigene Open-Access-Angebote als zwar kostspielig, jedoch seriöser als die nicht-kommerziellen oder weniger teuren zu positionieren. Als Beleg ist neben dem erwähnten Dezenhall-Engagement der Open-Access-Sting zu nennen: Unter dieser Bezeichnung machte ein journalistischer Beitrag John Bohannons (2013) im Journal Science Furore. Der Autor nimmt das Geschäftsmodell der vergleichsweise wenigen Open-Access-Journale, die für das Publizieren von Artikeln APCs einstreichen, als Anlass für eine wahre Philippika gegen Open Access. Es ist schon lange bekannt, dass sich unter diesen Journalen unseriöse Anbieter finden, die zwar die Publikationsgebühren einziehen, aber keine Qualitätskontrolle der Inhalte durchführen. Folge ist nun eine Art Bulk Publishing, in dem eine Peer Review nur auf dem Papier existiert und gegen Zahlung mehr oder weniger jeder Inhalt veröffentlicht werden kann. Bohannon unterstellt in seinem Text diese Praktiken nun aber Open Access in toto und brandmarkt ihn als unseriös. Bohannons Veröffentlichung ist zwar methodisch dilettantisch gestaltet und arbeitet mit zahllosen Vereinfachungen (eine detaillierte Analyse findet sich in Herb, 2013), dennoch erntete der Text eine immense mediale Aufmerksamkeit. Es dürften nicht viele journalistische Artikel verfasst worden sein, denen ein eigener Wikipedia-Eintrag gewidmet ist. Kurzum: Der Open-Access-Sting führte zu einer nachhaltigen Verunsicherung bei Wissenschaftlern, die Open-Access-Journale nun sehr kritisch betrachteten und teils fürchteten, bei einer Open-Access-Publikation den eigenen Ruf zu ruinieren. Es sollte aber unbedingt bedacht werden, dass Bohannons Text in Science nichtals wissenschaftlicher Artikel, sondern als journalistischer Beitrag erschien – folglich war dessen Open Access diskreditierender Gehalt redaktionell gedeckt. Angesichts dieser vernichtenden Open-Access-Kritik mag nun die im Februar 2014 erfolgte (und mittlerweile in die Realität umgesetzte) Ankündigung der American Association for the Advancement of Science (AAAS), die u. a. Science herausgibt, überraschen, selbst eine Open-Access-Zeitschrift zu launchen, die bereits erwähnte Science Advances (McNutt & Leshner, 2014).

Ob die Veröffentlichung des Open Access Sting und das Auflegen von Science Advances nun eine konzertierte Aktion war, oder einfach eine zeitliche Koinzidenz vorliegt, bleibt der individuellen Interpretation überlassen. Klar dürfte die Botschaft sein, die kommerzielle Wissenschaftsverlage seit Aufkommen des Open Access mehr oder weniger offen vermitteln: Wissenschaftler, die ihre Reputation nicht schädigen wollen, müssen ihnen als Autoren treu bleiben. Zur Zeit Dezenhalls in Subskriptionsjournalen, heute im hochpreisigen Gold Open Access, in dem eine Publikation z. B. in Science Advances wie beschrieben zwischen 3.450 und 6.100 US-Dollar kosten kann. Diese Profilierung geht zu Kosten der wissenschaftlich integren, nicht-kommerziellen und weniger hochpreisigen Open-Access-Journale.

Open Access: Gewinner und Verlierer

Wie aber konnte es geschehen, dass mit den kommerziellen Wissenschaftsverlagen nun ein Akteurstyp, die Entwicklung von Open Access so stark prägt und so sehr von ihm profitiert, der in den Anfangsjahren des Open Access zum einen nicht als prägend empfunden wurde und zum anderen Open Access (wenn auch aus strategischen Gründen) lange ablehnend gegenüberstand. Ein Grund mag sein, dass die Open-Access-Verfechter der frühen Jahre keine einheitliche Open-Access-Agenda hatten. Abgesehen vom Umstand, dass man (die Wissenschaftsverlage ausgenommen) mehr Open Access wollte, versprachen sich alle Akteure von Open Access unterschiedliche Dinge:

  1. Bibliotheken: Kostenersparnisse

  2. Forschungsförderer: mehr Impact und Verbreitung unterstützter Forschung

  3. Wissenschaftler: entgeltfreie Zugänglichkeit, mehr Impact, mehr Verbreitung (allerdings mitunter gepaart mit Misstrauen gegen neue Publikationsformate/ Journale)

  4. Verlage (ab dem Moment, in dem sie Open Access in Erwägung zogen): Gewinne

Es wirkt heute so, als könne Open Access das Verfügbarkeitsproblem der wissenschaftlichen Informationsversorgung vielleicht lösen, ob er hingegen das Kostenproblem lösen kann, mag bezweifelt werden und wird sich zeigen. Für die genannten Gruppen haben sich die meisten an Open Access geknüpften Hoffnungen wohl nur teilweise erfüllt: Viele Bibliotheken stehen immer noch (und gegebenenfalls durch kommerziellen Open Access perspektivisch mehr als zuvor) vor ungelösten Kostenfragen. Genau diese Kostenfragen dürften auch auf Förderer und Wissenschaftler zukommen. Allein die großen Wissenschaftsverlage haben gute Chancen, dass sich ihre Erwartungen in Form von Gewinnen erfüllen. Letzteres ist wohl kein Zufall, denn wie Poynder im Interview mit Michał Starczewski (2016) feststellt, waren Verlage die wohl einzigen Akteure, die klare Ziele hatten und gut genug organisiert waren, um ihre Ziele erreichen zu können: “The problem is that since publishers appear to be the only ‘stakeholders’ who are relatively organised and coherent about open access it is to them that the paymasters are turning. At the same time, publishers have frightened funders into believing that unless OA is implemented in a way that poses no threat to their profits the entire research process could be jeopardised.”

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Dr. Ulrich Herb ist studierter Soziologe und promovierter Informationswissenschaftler. Er ist seit 2001 an der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek tätig und für die Betreuung von Drittmittelprojekten und elektronischen Publikationsangeboten zuständig. Zudem ist er freiberuflicher Wissenschaftsberater und Journalist.

Online erschienen: 2017-2-8
Erschienen im Druck: 2017-2-1

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 11.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2017-0004/html
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