Thorac Cardiovasc Surg 1987; 35(1): 26-32
DOI: 10.1055/s-2007-1020192
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Impedance Spectroscopy: a Method for Surveillance of Ischemia Tolerance of the Heart

Impedanz-Spektroskopie: eine Methode zur Überwachung der Ischämietoleranz des HerzensM. M. Gebbard, E. Gersing, C. J. Brockhoff, Ph. A. Schnabel, H. J. Bretschneider
  • Center of Physiology and Pathophysiology, University of Göttingen, FRG
Further Information

Publication History

1986

Publication Date:
09 May 2008 (online)

Summary

During myocardial ischemia the phase angle φ of the complex electric impedance of myocardial tissue at 5 kHz AC exhibits a characteristic behaviour, the progress of which depends on the cardioplegic method applied. By extending the frequency range to 200 Hz and 10 MHz and by analyzing in addition to phase and magnitude also real and imaginary part of the impedance it was possible to elucidate which ischemic changes in the myocardium are responsible for the course of φ(5 kHz). This method we call >impedance spectroscopy<. Canine hearts were cardioplegically perfused with either the standard solution HTK[4] or the solution HTK[4] + 50 μmol/l Ca++ . During the following ischemia at 25° C energy-rich phosphate level, the ultrastructur, the real part, imaginary part and phase angle of the impedance between 200 Hz and 10 MHz were analyzed.

Results

1. φ (5 kHz) displays very similar characteristics during the ischemic period to those of the real part of the impedance at 200 Hz, Re (200 Hz). Re (200 Hz) increases, when - according to electron microscopic findings - an intracellular myocardial edema begins to develop. The changes of Re(200 Hz) are always smaller, however, than those of φ(5 kHz). This indicates that φ(5 kHz) increases in the course of ischemia not only as a consequence of confinement of the extracellular space by myocardial cellular edema but also because of changes of passive electncal characteristics of the myocardial cell membranes.

2. Addition of 50 μmol/l Ca++ to the cardioplegic solution HTK[4] does not significantly accelerate the decay of energy-rich phosphates but it causes early water shifts from extra- to intracellular space of the myocardium. This reduction in protective efficacy of the cardioplegic solution can intraischemically be seen in an early increase of Re(200 Hz) and φ(5 kHz).

These results allow to discuss possibilities and limits of impedance spectroscopy as a method to monitor revivability of the heart.

Zusammenfassung

Die Ischämietoleranz des Herzens kann infolge unterschiedlicher Ischämietemperatur, unterschiedlicher Kardioplegie und Myokardprotektion oder auch infolge einer Vorschädigung des Myokards in erheblichem Ausmaß variieren. Insbesondere für komplexere chirurgische Eingriffe am ischämischen Herzen wäre daher eine Kontrollgröße wünschenswert, die unmittelbar intraischämisch Informationen über den Grad der Annäherung an die kritische Grenze der Wiederbelebbarkeit des Herzens geben kann. Sie sollte methodisch einfach und zuverlässig zu überwachen sowie kontinuierlich oder intermittierend in unterschiedlichen Regionen des ischämischen Herzens zu bestimmen sein. Experimentelle Untersuchungen an Hundeherzen haben gezeigt, daß sich der Wechselstromwiderstand, die komplexe elektrische Impedanz, des Myokards im Verlauf einer Ischämie in jeweils charakteristischer Weise ändert. Die Änderung läßt sich mit einer elektrischen Ersatzschaltung beschreiben, in welcher ein Ohmscher Widerstand R0 einer Reihe aus einer Kapazität C1 plus einem Ohmschen Widerstand R1 parallelgeschaltet ist (Abb. 1). R0 steht für den Widerstand der elektrolytischen extrazellulären Leitungswege, C1 für die Kapazität der Zellmembranen, R, steht für den Widerstand der elektrolytischen intrazellulären Leitungswege. Die Stromverteilung über die parallelen Zweige der Schaltung bzw. des Gewebes und damit die komplexe elektrische Impedanz Z wird

1. durch die Frequenz des anliegenden Wechselstromes,

2. durch die Größe der Widerstandskomponenten R0, R1 und C1 bestimmt. Für Wechselstrom einer Frequenz < 500 Hz wird der kapazitive Widerstand der Zellmembranen C1 sehr hoch, der Stromfluß erfolgt im wesentlichen über den elektrolytischen extrazellulären Leiter R0; für Wechselstrom > 1 MHz wird der kapazitive Widerstand der Zellmembranen C1 gegenüber dem Widerstand der elektrolytischen Leiter R0 und R1 minimal, der Stromfluß erfolgt über die Parallelschaltung der elektrolytischen extrazellulären und intrazellulären Leiter R0 und R1. Die komplexe elektrische Impedanz der Schaltung bzw. des Myokards wird daher bei Wechselstromfrequenzen < 500 Hz im wesentlichen durch den Widerstand der elektrolytischen extrazellulären Leitung, bei Wechselstromfrequenzen > 1 MHz durch den Gesamtwiderstand der elektrolytischen extra- und intrazellulären Leitung bestimmt. Die Größe des kapazitiven Widerstandes der Zellmembranen C1 ist zum einen in sehr komplexer Weise frequenzabhängig, zum anderen während einer Ischämiebelastung nicht konstant. Die Größe der Ohmschen Widerstände der elektrolytischen extra- und intrazellulären Leitung R0 und R1 ist eine Funktion des spezifischen Widerstands des jeweiligen Elektrolyten sowie der Geometrie der beiden Leitungswege. Im Verlauf einer Ischämie ändert sich der spezifische Widerstand sowohl des extra- als auch des intrazellulären Elektrolyten infolge steigender Konzentrationen geladener Metabolite des ischämischen Stoffwechsels wie Laktat, H+ oder Phosphat; das Ausmaß der jeweiligen Änderung hängt jedoch von der Verteilung dieser Ladungsträger zwischen beiden Kompartimenten ab. Auch die Geometrie der elektrolytischen Leitungswege ändert sich, da infolge osmotischer Ungleichgewichte zunehmend Wasser aus dem Extra- in den Intrazellularraum des Myokards strömt, der Intrazellularraum demnach auf Kosten des Extrazellularraumes erweitert wird. Aus diesen Überlegungen folgt einerseits, daß die Größe des Widerstands der Parallelschaltung von R0 und R1 im Verlauf einer Ischämie abnehmen muß, da der spezifische Widerstand des intra- wie des extrazellulären Leiters fällt, während die Geometrie des extra- plus intrazellulären Leitungswegs konstant bleibt. Es folgt außerdem, daß der Widerstand R0 ansteigt, sobald es im Verlauf der Ischämie zu nennenswerten Einengungen des Extrazellularraumes durch ein intrazelluläres Myokardödem kommt. Die komplexe elektrische Impedanz des Myokards bei Wechselstromfrequenzen < 500 Hz ist demnach ein Maß für die Funktion der zellulären Volumenregulation des ischämischen Myokards.

Die komplexe elektrische Impedanz einer Parallelschaltung von Ohmschen und kapazitiven Widerständen kann entweder - in kartesischen Koordinaten - als Realteil der Impedanz Re(Z) und Imaginärteil der Impedanz Im(Z), oder - in Polarkoordinaten - als Betrag der Impedanz |Z| und Phasenwinkel der Impedanz φ(Z) angegeben werden. Re(Z) des Myokards ist im wesentlichen eine Funktion der Größe der Ohmschen Komponenten R0 und R1, Im(Z) eine Funktion der kapazitiven Komponente C1,. Die fortlaufende Bestimmung von Re(Z) bei < 500 Hz, Re(< 500 Hz), ermöglicht demnach die Überwachung der zellulären Volumenregulation des Myokards unter Ischämiebedingungen. Da sich Re(Z) allerdings auch z.B. in Abhängigkeit von der Höhe des Andrucks der Arbeits- und Meßelektroden sowie von der Temperatur des Myokards ändert, ist er als Parameter der Impedanz unter Routinebedingungen nicht geeignet. Der Betrag der elektrischen Impedanz |Z| einer Parallelschaltung Ohmscher und kapazitiver Widerstände ist bei Applikation eines sinusförmigen Wechselstroms konstanter Stärke I - in Analogie zum Ohmschen Gesetz - direkt proportional der über der Schaltung abfallenden Spannung U. Gleichzeitig bedingt die Kombination Ohmscher und kapazitiver Widerstände eine Phasenverschiebung φ zwischen U und I. Der Phasenwinkel φ ist eine meßtechnisch leicht und zuverlässig erfaßbare Größe der komplexen elektrischen Impedanz des Myokards. Die größten Änderungen über die Ischämiezeit finden sich bei einer Wechselstromfrequenz nahe 5 kHz: φ(5 kHz) bleibt nach Beginn einer Ischämiebelastung zunächst auf einem primären Plateau konstant, steigt dann um einen Faktor zwischen 1,5 und 3 an, läuft in ein zweites, weniger stabiles Plateau und fällt schließlich im Verlauf von Stunden bis Tagen gegen Null. Die Änderungen von φ(5 kHz) erfolgen um so schneller, je schneller die Konzentration der energiereichen Phosphate im ischämischen Myokard abnimmt und je frühzeitiger Alterationen der myokardialen Feinstruktur nachweisbar werden. Die kritische Grenze der Widerbelebbarkeit des Herzens scheint für die Mehrzahl der Ischämiebedingungen nahe dem Wendepunkt im Anstieg von φ(5 kHz) zu liegen. Die Instabilität des zweiten Plateaus des Phasenwinkels ist vermutlich vor allem durch die beginnende Kontraktur des ischämischen Gewebes bedingt; die sich anschließende Abnahme gegen Null geht der Autolyse des Gewebes parallel. φ(5 kHz) könnte somit eine geeignete Kontrollgröße zur unmittelbar intraischämischen Überwachung der jeweils verfügbaren Ischämietoleranz des Herzens sein.

Zur Untersuchung der Frage, welche ischämiebedingten Veränderungen für das Verhalten des Phasenwinkels der komplexen elektrischen Impedanz des Myokards bei 5 kHz verantwortlich sind, wurden Hundeherzen entweder mit der kardioplegischen Lösung HTK[4] oder mit der Lösung HTK[4] + 50 μmol/l Ca++ perfundiert. Während der anschließenden Ischämie bei 25 °C wurden zu definierten Zeitpunkten

  1. die Konzentration der energiereichen Phosphate,

  2. die Ultrastruktur,

  3. Realteil, Imaginärteil und Phasenwinkel der komplexen elektrischen Impedanz zwischen 200 Hz und 10 MHz

des linksventrikulären Myokards analysiert. Die Untersuchungen ergaben:

1. φ(5 kHz) zeigt im Verlauf einer Ischämiebelastung des Herzens ein sehr ähnliches Verhalten wie Re(200 Hz). Re(200 Hz) beginnt zu steigen, wenn sich im elektronenmikroskopischen Bild des Myokards ein intrazelluläres Ödem auszubilden beginnt. Die Änderungen von Re(200 Hz) sind jedoch immer kleiner als die Änderungen von φ(5 kHz). Dies spricht dafür, daß der Anstieg von φ(5 kHz) im Verlauf einer Ischämiebelastung nicht allein Folge der Einengung des myokardialen Extrazellularraumes durch ein intrazelluläres Ödem, sondern auch Folge von Änderungen der passiven elektrischen Eigenschaften der myokardialen Zellmembranen sein kann.

2. Ein Zusatz von 50 μmol/l Ca++ zu der kardioplegischen Lösung HTK[4] beschleunigt den Zerfall der energiereichen Phosphate nicht nennenswert, führt jedoch sehr frühzeitig im Verlauf einer Ischämiebelastung zu Wasserverschiebungen aus dem Extra- in den Intrazellularraum des Myokards. Dieser Verlust an protektiver Wirksamkeit der kardioplegischen Lösung zeigt sich bereits intraischämisch an einem frühzeitigen Ansteigen von Re(200 Hz) und φ(5 kHz) der komplexen elektrischen Impedanz des Myokards.

Diese Ergebnisse erlauben, die Möglichkeiten und Grenzen der Impedanzspektroskopie als Methode zur intraischämischen Überwachung der Wiederbelebbarkeit des Herzens zu diskutieren.

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