Gesundheitswesen 2015; 77 - A203
DOI: 10.1055/s-0035-1563159

Implementierungsstudien als notwendige Bedingung aussagekräftiger RCTs

B Schwarz 1, J Wienert 1, M Bethge 1
  • 1Universität zu Lübeck

Hintergrund: Der Wirksamkeitsnachweis von Interventionen kann methodisch hochwertig nur über RCTs erfolgen. Ein basaler, in RCTs häufig aber erst im Zuge der Plausibilisierung von Ergebnissen betrachteter Aspekt ist die Umsetzungstreue. Dieser sollte aber insb. dann bereits vor Start der Wirksamkeitsprüfung Beachtung geschenkt werden, wenn 1. komplexe Interventionen im Fokus stehen, 2. in anderen Kontexten entwickelte Interventionen adaptiert werden, 3. mehrere Institutionen als Studienzentren fungieren. RCTs vorgeschaltete Implementierungsstudien können vor der eigentlichen Wirksamkeitsprüfung nicht nur feststellen, ob, sondern auch warum Interventionen (nicht) wie geplant implementiert werden, entsprechende Strategien ergreifen und somit zu aussagekräftigen RCTs beitragen. Am Beispiel einer qualitativ angelegten Implementierungsstudie (im Vorfeld einer clusterrandomisierten Multicenterstudie zur Wirksamkeit der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation bei onkologischen Erkrankungen), soll neben der Relevanz auch eine Möglichkeit der methodischen Umsetzung solcher Studien dargelegt werden. Methodik: Im Rahmen eines ethnographischen Ansatzes kamen in den 4 beteiligten Studienzentren flg. Erhebungsmethoden zum Einsatz: teilnehmende Beobachtungen sowie informelle Interviews im Rahmen mehrtägiger Klinikvisitationen, Fokusgruppen mit Reha-Teams und PatientInnen, weitere formelle und informelle Gespräche und Arbeitskreise, Nutzung vorliegender Dokumente (MBOR-Konzepte, Modulbeschreibungen/-materialien) und Routinedaten. Die Auswertung erfolgte qualitativ-inhaltsanalytisch sowie deskriptiv-statistisch. Erhebung und Auswertung waren zwei wiederkehrende, aufeinander aufbauende Arbeitsschritte im iterativ-zyklischen Analyseprozess. (Zwischen-)Ergebnisse wurden zeitnah aufbereitet, an die Studienzentren kommuniziert und für den weiteren Implementierungsprozess genutzt. Ergebnisse: Der ethnographische Ansatz ermöglichte es uns den Implementierungsprozess mit einem hohen Maß an Gegenstandsnähe, Kontextsensibilität und Einbezug aller Beteiligten zu begleiten, zu evaluieren und zu gestalten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Studienzentren und ihres Austausches untereinander konnten sowohl Optimierungspotentiale bei der Umsetzung der Intervention als auch notwendige Weiterentwicklungen der Intervention selbst identifiziert und ausgeschöpft werden. Gleichzeitig wurde das Commitment aller Beteiligten erhöht und eine vergleichbare Umsetzung der Intervention in den einzelnen Studienzentren erreicht. Schlussfolgerung: RCTs vorgeschaltete Implementierungsstudien bilden die Basis aussagekräftiger Wirksamkeitsnachweise und sollten daher stärkere Berücksichtigung in deren Designs finden.

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