Rofo 2013; 185 - V3_08
DOI: 10.1055/s-0033-1353257

Vorsicht beim Karpaltunnel Syndrom: was die Sonografie misst und ob sie die Therapie bestimmen sollte

L Gruber 1, A Loizides 1, T Djurdjevic 1, P Schullian 1, H Gruber 1
  • 1Medizinische Universität lnnsbruck, Department Radiologie, lnnsbruck/AT

Problemstellung: Die Untersuchbarkeilperipherer Nerven mittels hochauflösender Sonografie (HR-US) ist hinreichend bekannt: die HR-US zeigt verlässlich verletzte Nerven, Restriktionen peripherer Nerven durch z.B. Hämatome, sowie extra- und intraneurale Neoplasmen peripherer Nerven. Sie weist offenbar auch Engpasssyndrome über einen morphologischen Kalibersprung („Wrist-Forearm-Ratio“ [WFR]) nach, die chirurgisch, notwendige Interventionen nach sich zieht; außerdem wird davon ausgegangen, dass alle Maße ohne Geschlechtsunterschied gelten. Ist das auch wahr? Bildet die HR-US wirklich Features ab, die je nach Ausprägungsgrad den Grad der Erkrankung abbilden?

Patienten und Methoden: Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir retrospektiv 126 Patienten (170 Nerven) mit klinisch eindeutigem Karpaltunnelsyndrom (KTS) im Sinne einer Beurteilung (sonographisch) qualifizierbarer Merkmale auch geschlechtergetrennt untersucht (42 Männer, 84 Frauen, mittleres Alter 55,8 Jahre ± 15,5). Untersucht wurden die maximale Dicke des Epineurium, die Morphologie und etwaige innere Texturstörung des Nervus medianus, der maximale, subjektive Schmerz 0/AS), die Anzahl der betroffenen Finger und das Vorliegen typischer, nächtlicher Schmerzepisoden im Verhältnis zum karpalen Kalibersprung („Wrist-Forearm-Ratio“ [WFR]).

Ergebnisse: Es zeigten sich signifikante Unterschiede der WFR für die Merkmale „Geschlecht“, „Texturstörung“, „maximale Epineuriumdicke“ und „Zahl der betroffenen Finger“; keine Signifikanz konnte für die klinisch relevanten Merkmale „maximaler Schmerz VAS)“ (p = 0,6) und „nächtliche Schmerzepisoden“ (p = 0,93) nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung: Sonographische Features sollten mit Vorsicht genossen werden: die eigentlichen klinischen Therapieindikatoren des KTS korrelieren nicht zwingend mit den sonographisch validierbaren Maßen, zusätzlich stellten sich geschlechterspezifische Unterschiede der Features heraus, die eine entsprechende Berücksichtigung der Interpretation nach sich ziehen sollte.