Gesundheitswesen 2011; 73 - A324
DOI: 10.1055/s-0031-1283413

Systematische Bewertung von Gesundheitsinformationen zur Früherkennung von Darmkrebs

B Borutta 1, M Dreier 1, G Seidel 1, S Kramer 1, I Kreusel 1, J Helmstädter 2, J Töppich 3, E Bitzer 2, M-L Dierks 1, U Walter 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 2Pädagogische Hochschule, Freiburg
  • 3Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Köln

Hintergrund: Die Entscheidungsfindung zur Inanspruchnahme von Untersuchungen zur Darmkrebsfrüherkennung kann durch entsprechende Gesundheitsinformationen unterstützt werden. Studienziel ist die systematische Bewertung der Güte dieser Gesundheitsinformationen basierend auf den Vorgaben für evidenzbasierte Patienteninformationen. Methoden: Zur Identifikation von Gesundheitsinformationen wurden in 8/2010 wesentliche Akteure per E-Mail angefragt und eine Internetrecherche auf den Seiten dieser Akteure durchgeführt. Eingeschlossen wurden deutschsprachige, seit 10/2002 erschienene, bundesweit angebotene Printmedien, die sich an Verbraucher mit durchschnittlichem Darmkrebsrisiko richten. Es wurden Kurzinformationen (Flyer) von vertiefenden Informationen (Broschüren) unterschieden. Mit einer aus 235 Items bestehenden Kriterienliste + Manual (basierend auf einer systematischen Literaturrecherche) erfolgte eine Bewertung durch zwei unabhängige Reviewer. Die Kriterienliste deckt folgende Kategorien ab: Formalia, Informationen zur Zielerkrankung, Informationen zur Screening-Koloskopie/fäkaler Okkult-Bluttest, Lesbarkeit/Verständlichkeit, Layout, Neutralität, Richtigkeit der Angaben. Es werden das Vorhandensein einer Information, deren Korrektheit, die Art der Darstellung sowie die Angabe der Evidenzstärke bewertet. Zusätzlich wird die Bewertung im Freitext erläutert. Häufigkeiten der Ausprägung der einzelnen Kriterien werden insgesamt sowie stratifiziert nach Flyer/Broschüre berechnet. Ergebnisse: Von 142 kontaktierten Akteuren antworteten 72 (50,7%). Es wurden 41 Informationsmaterialien eingeschlossen: 28 Flyer und 13 Broschüren. Die Ergebnisse zeigen, dass Informationen häufig nicht enthalten sind (z.B. Risiken, Quantifizierung des Nutzens, Hinweis auf freie Entscheidung, Erstellungsdatum), falsche Angaben gemacht werden (z.B. „Koloskopie ist schmerzfrei„, „... bringt auf alle Fälle einen Gewinn an Lebensjahren und Lebensqualität„), Nutzen und Risiken der Verfahren nicht konkret bzw. ausgewogen dargestellt werden. Informationen sind teilweise irreführend formuliert: Die Testgüte der Koloskopie wird als „sicherste Form der Vorsorge„ bezeichnet, was als niedriges Untersuchungsrisiko missverstanden werden kann. Nur ein Informationsangebot weist keine fehlerhaften Inhalte auf. Schlussfolgerungen: Die Vorgaben für evidenzbasierte Patienteninformationen, die auf eine ausgewogene, unverzerrte, verständliche und evidenzbasierte Informationsvermittlung abzielen, wurden von vielen der untersuchten Flyer und Broschüren nicht erfüllt. Es wurden Hinweise auf Optimierungsbedarf und -möglichkeiten aufgedeckt, die für die Neuauflage von Gesundheitsinformation zur Darmkrebsfrüherkennung genutzt werden können.